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37. München: Tower of Power in der Theaterfabrik - Celebrating Funk
38. Germering: Richard Koch Quartett - Auf unterschiedlichen Spuren
39. Ernst-Ludwig Petrowsky (geb. 10. Dezember 1933 in Güstrow, gest. 10. Juli ...
40. Fürstenfeldbruck: Die Brucker Kulturnacht `23 - eine Riesensause für das ...
41. Landsberg: Magnus Öström Group – Außergewöhnliche Dynamik
42. Landsberg: Transit Werther – Klassiker kompakt
Dienstag 18.07.2023
München: Tower of Power in der Theaterfabrik - Celebrating Funk
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Es gibt sie noch - Legenden! Die legendäre Band TOWER OF POWER, gegründet im letzten Jahrtausend 1968 n. Chr. in Oakland, Kalifornien. Fast 600 Jahre musikalische Erfahrung versammeln sich auf der Bühne der Münchner Theaterfabrik und zünden ein Funk & Soul Feuerwerk, das seinesgleichen sucht.

Die Band um die beiden Masterminds Doc Kupka und Emilio Castillo just „Came To Play“ für das Münchner Publikum. Ihre Maxime „Soul With A Capital „S“ “ war Programm des Abends und zog sich wie ein roter Faden durch das ganze Konzert. All were „Having Fun“ und als Sänger und Keyboarder Mike Jerel die Devise „You Got To Funkifize“ ausgab, gab es spätestens jetzt kein Halten mehr. Der Groove fetzte und die Band machte das, was sie bei einer solch ausgelassenen Stimmung unbedingt tun sollte „Don’t Change Horses In The Middle Of A Stream“. Guter Rat, denn gleich danach ging es „Down To The Nightclub“, um einfach weiter zu feiern und Party zu machen. Kurze Verschnaufpause dann mit der Ballade und dem ersten Song, den Kupka und Castillo 1968 gemeinsam komponiert haben: „You’re Still A Young Man“ - passt wie die Faust auf’s Auge, pures Entertainment mit großartigem typischen 60th Sound. Das Alter merkt man keinem der Musiker an, auch nach mehr als einem halben Jahrhundert Bandgeschichte. Dann ein Kompliment an das Publikum „To Say The Least You're the Most“, gleich darauf der Realitätscheck, yes „This Time Is Real“, kein Fake, sondern Funk & Soul pur. Kondenswasser tropft von der Decke der Theaterfabrik. Eine Sauna ist angenehmer, ein Aufguss mit Wodka wäre jetzt nicht schlecht. Gnadenlos geht es mit “Squib Cakes“ weiter, die Ladies wackeln passend dazu mit den Hüften, um es mal vornehm auszudrücken. OK, endlich, yeah, eine kurze Pause, Verschnaufen, die Band wird ausführlich vorgestellt. Zeit sich ein wenig abzukühlen, nope, no chance, denn gleich darauf folgt „Diggin‘ on James Brown“, ein nach wie vor hammermäßig grooviges Funkmedley, James Brown eben, was sonst. Aber jetzt, zur Abwechslung mal wieder eine Ballade „So Very Hard To Go“ … what jetzt soll Schluss sein? Safe not: Frage ins Publikum „So What Is Hip“? Antwort: TOWER OF POWER! Moment mal, wer gesellt sich denn da als Special Guest auf die Bühne: der Saxophonist Thorsten Skringer von den Heavytones - irre! Jetzt drehen alle durch, die Stimmung ist auf dem absoluten Siedepunkt, das Fass mittlerweile fast am Überlaufen, zumindest schweißtechnisch ist bei mir kein Faden am Körper mehr trocken. Die Band verlässt die Bühne, um kurz darauf mit „Souled Out“ allen nochmal zu zeigen wo nach gut 100 Minuten der Soulhammer in der ausverkauften Theaterfabrik hängt.

Mehr ging nun wirklich nicht, ein Abend, so was von funky, hip und absolut serious erlebt man definitiv nicht alle Tage - Meister ihres Fachs eben. Mittlerweile feiern drei Generationen die Band. Kids, ihre Eltern und die Großeltern - so geht Kommunikation und funktioniert ausgelassenes, stimmungsgeladenes Miteinander.

Text & Fotos: Thomas J. Krebs
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Sonntag 16.07.2023
Germering: Richard Koch Quartett - Auf unterschiedlichen Spuren
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Foto: Richard Koch
Germering. Ist die Provinienz einer Person für die Entstehung seines Sounds oder einer Komposition heute noch entscheidend? Der Saxophonist und Musikwissenschaftler Ekkehard Jost stellte diese Frage für den Jazz schon vor Jahren. Seine Antwort lautet: Jein. Denn es gibt derart viele Faktoren, die zusammenwirken und letztendlich eine ganz individuelle Stimme und damit musikalische Grundhaltung herausbilden. Trompeter Richard Koch ist in Tulln an der Donau geboren, hat in Stuttgart und Berlin studiert und lebt heute im ländlichen Umfeld der Hauptstadt. Er spielte mit den kreativen Kraftwerken der Jazzszene, aber auch mit Electronicern wie Nils Frahm und Jimi Tenor und er gehörte zur unglaublich erfolgreichen Begleitband des deutschen Hip Hopers Peter Fox. All diese Erlebnisse haben Spuren hinterlassen – die eben auch in die Arbeit seines Quartetts mit Michael Hornek (Piano), Matthias Pichler (Bass ) und Moritz Baumgärtner (Schlagzeug) einfließen.
Mit dieser Band gastierte Koch am letzten Freitag in der Reihe Jazz It in der Germeringer Stadthalle und präsentierte überwiegend Material aus dem letzten Album „Fluss“. Musik, die von melodisch eingängigen Themen und Groove orientierten Rhythmen lebt. Und auch live kein Hang zu überdimensionierter Virtuosität, keine improvisatorischen Marathonläufe und auch keine idealisierenden Verinnerlichungen. Stattdessen gab es Musik mit Seele, die von einem ständigen Austausch der Instrumentalisten lebte. Koch beeindruckte durch einen raunzigen, knarzigen, oft einen an Lester Bowie erinnernden Sound. Mit diesem Ton bekommt jede eingängige Melodie einen Hauch Blues, wirkt ebenso unerschütterlich wie auch verletzlich. Man spürt ein Spannungsfeld zwischen größtmöglicher Entspanntheit bei größtmöglicher Konzentration. Es wird respektvoll die Tradition geplündert und zugleich nach neuen musikalischen Wegen gesucht. Es geht eben nicht um ein Reinheitsgebot im Jazz, sondern um den individuellen Ausdruck, um kollektive Vitalität und das große Vergnügen, dass diese Musik bereitet – ganz egal welcher Provinienz die Interpreten sind.
Jörg Konrad
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Dienstag 11.07.2023
Ernst-Ludwig Petrowsky (geb. 10. Dezember 1933 in Güstrow, gest. 10. Juli 2023 in Berlin)
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Ernst Ludwig Petrowsky
„Radau!“
„Rabatz!“
„Remmidemmi!“
Alle erschienen auf Euphorium Records
(www.euphorium.de)

Der Abend im Leipziger Kult-Club nato gehörte am 13. Dezember 2015 ganz Ernst Ludwig Petrowsky. Der Saxophonist präsentierte wenige Tage nach seinem 82. Geburtstag drei Besetzungen und machte, selbst in Bestform, deutlich, wie tiefgründig die „flüchtige“ Kunst des Improvisierens sein kann. Petrowsky pur, das bedeutet: Unberechenbarkeit, Hingabe, Intellekt, musikalische Kompetenz auf höchstem Energielevel umgesetzt. Urs Leimgruber, der Schweizer Holzbläser, urteilte über den Abend, dass die Musik ihn an die Strahlkraft des legendären John Coltrane Quintetts mit Pharoah Sanders erinnerte.
Petrowsky hat mit diesen Einspielungen seine ohnehin schon legendäre Lebensleistung zusätzlich gekrönt - im Trio (mit Elan Pauer und Christian Lillinger), im Quintett (Trio plus John Edwards und Robert Landfermann am Bass), im Septett (Quintett plus Urs Leimgruber und Axel Dörner). Es ist ungezähmte Musik, die er mit seinen Mannen bändigt, ständig sich verändernde Musik, mal klar strukturiert, mal frei von allen Konventionen. Aber immer spannend, risikoreich und radikal. In allem, was Petrowsky spielt, ist eine immense Dynamik spürbar, ist ein stetiger musikalischer Veränderungsprozess akustisch nachvollziehbar. Hier gehen Sozialisation und Weltsicht, Konzentration und kreative Unruhe Hand in Hand. In seinen Formationen ist, wie im vorliegenden Fall, stets ein konsequent umgesetztes Gruppengeflecht von Einzelstimmen zu erleben. Ebenso spontan wie kompositorisch durchdacht.
Zu allen Besetzungen in Leipzig gehörten Pianist Elan Pauer alias Oliver Schwerdt und Schlagzeuger Christian Lillinger, der erst im letzten Jahr den SWR-Jazzpreis erhielt. Allein dieses eineinhalb Generationen jüngere Duo strotzt nur so vor Ideenreichtum und rhythmischer Finesse. Beide geben der Musik ständige Impulse, nehmen die Motive Petrowskys auf, entwickeln sie weiter, lenken sie in andere Richtungen – bis Neues entsteht. Sie sind ebenso hervorragende Solisten, wie empathische Sideman. Und sie tragen Petrowskys Gedanken auch in die Quintett- und Septett-Besetzungen, halten die Musik zusammen, oder lassen einfach los und schaffen so Raum für beispielhafte Improvisationen. Ganz dem Ausspruch des britischen Gitarristen Derek Bailey verpflichtend: „Wenn eine Spezies nicht improvisieren kann, stirbt sie aus.“
Der aus Güstrow in Mecklenburg Vorpommern stammende Saxophonist ist einer der Stimmführer im Reigen der europäischen Avantgarde. Ein Berserker am Instrument. Vital und unermüdlich hat er jede Form von Musik spielerisch hinterfragt, ist oft zu neuen, individuellen Ergebnissen gekommen, die er ebenfalls weiterentwickelte. Es gibt wohl keine Musik, die Ernst Ludwig Petrowsky in seinem Leben nicht gespielt hat. Seine ersten musikalischen Gehversuche unternahm er 12jährig noch schüchtern an der Geige. Mit 16 wurde er Mitglied des Domchores seiner Heimatstadt Güstrow. Er spielte Tanzmusik im Orchester Max Reichelt, war Mitglied des legendären Manfred-Ludwig-Sextetts und der Grenzen sprengenden Klaus Lenz Big Band. Dabei hat er alle Höhen und Tiefen eines Jazzmusiker durchlebt. Als Star einer kleinen, überschaubaren Szene in der DDR wurde er staatlich geehrt und spielte für Honorare, die nicht einmal fürs Essen reichten. Doch kreativ und besessen ist Luten, wie man ihn seit Kindheit nennt, trotzdem geblieben. Sein Spiel wurde immer druckvoller, ironisch überspitzt, frei. Ob im Free-Jazz-Quartett Synopsis, das später in Zentralquartett umgetauft wurde, im international besetzten All-Star-Ensemble des stilistischen Tausendsassas George Gruntz und selbst im Duo mit seiner Partnerin, der Sängerin Uschi Brüning.
Der Jazz-Publizist Bert Noglik sagte einmal über ihn: „Petrowskys Stärke besteht auch darin, Risiken zu suchen und zu bewältigen“. Er selbst drückte dies einmal so aus: „Ich bin ein Feind jeder musikalischen Schmalspurphilosophie und ich möchte dies auch bewusst hören lassen.“ Dies kann man auch als Haltung bezeichnen. Eine Haltung die, wie Noglik weiter ausführt, sich und die eigenen Fähigkeiten immer wieder in Frage stellt und jede Möglichkeit ausschließt, sich in einem stilistischen Bereich „einzurichten“.
Allein die Titel der auf dem Leipziger Euphonium Label veröffentlichten Aufnahmen aus der nato machen diese Kompromisslosigkeit deutlich: „Radau!“, „Rabatz!“ und „Remmidemmi“. Einmalig, unwiederholbar und immer mittendrin, im Auge des Jazztaifuns: New Old Luten eben.
Jörg Konrad

(Text erschien Januar 2018 auf KultKomplott)
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Sonntag 09.07.2023
Fürstenfeldbruck: Die Brucker Kulturnacht `23 - eine Riesensause für das Publikum!
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Auch dieses Jahr hat sich die Arbeitsgemeinschaft Brucker Kulturnacht wieder Einiges einfallen lassen. An insgesamt 15 Spielorten fand eine breite Auswahl an unterschiedlichen Events statt. Von Live-Konzerten, Poetry Slam, Kabarett, über Lesungen, Performances, Ausstellungen, Kino, Theater oder Abtanzen bis in die späte Nacht war für jeden etwas dabei, um einen unbeschwerten kulturell einzigartigen Abend zu erleben. Das Wetter spielte auch wieder mit, somit waren die Bedingungen für eine erfolgreiche Veranstaltung optimal. Unterwegs trifft man auf Walk-Acts, zwischendurch schnell einen Kaffee oder kleinen Snack, bevor man sich die nächste Vorstellung anschaut. Das konnte/sollte man im Vorwege mit dem informativen Begleitheft allerdings gut planen, um seine persönlichen Highlights auszuwählen. Unter den gut einhundert der am Abend stattfindenden Programmpunkte hatte man wie immer die Qual der Wahl. Mit dem Fahrrad kommt man schnell vom einen zum anderen Spielort, auch ein Busshuttle und das Brucker Radlmobil bringen die Besucher unkompliziert von A nach B. So war man gut unterwegs und konnte das Angebot der verschiedenen Locations optimal nutzen.
Das Einzigartige an der Brucker Kulturnacht ist, es gibt es jedes Jahr wieder Neues zu entdecken: ob Andrea Pancurs Alpenklezmer im Lichtspielhaus mit anschließenden Kurzfilmen von Studenten der HFF, das grandiose Zusammenspiel von Orgel und Saxophon in der Klosterkirche, ein Performance Experiment mit Alicia Henry oder Kabarett mit Bumillo in der Stadtbiliothek, sowie das Impro Theater mit IN IMPRO VERITAS und dem Impro Nachwuchs des Gymnasiums Fürstenfeldbruck in der Neuen Bühne Bruck - ein erstklassiges Programm! Die Spielstätten waren durchweg gut gefüllt und das Publikum von den abwechslungsreichen Aufführungen begeistert. Es gab kulturell viel zu Erleben an dem Abend, gute Gespräche untereinander und entspannte Begegnungen mit einer Superstimmung. Da darf man schon gespannt sein auf die nächste Brucker Kulturnacht!
TEXT & FOTOS: Thomas J. Krebs
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Fotos: TJ Krebs (aufgenommen am 30. Juni 2023 in der Münchner Unterfahrt)
Sonntag 02.07.2023
Landsberg: Magnus Öström Group – Außergewöhnliche Dynamik
Landsberg. Öström die Fünfte - könnte man den Auftritt des schwedischen Schlagzeugers am letzten Samstag im Stadttheater auch überschreiben. Denn nach den Gastspielen mit seiner Band 2014 und 2016 sowie als Sideman der Trios mit Bugge Wesseltoft und Walter Lang machte Magnus Öström pünktlich nach Erscheinen seines neuen Albums „A Room For Travellers“ auf der dazugehörigen Tour zwischen München und Wien jetzt wieder in Landsberg Station. Zwischenzeitlich fast ein Heimspiel für den Trommler, dessen Musik sich zwar unter dem großen und schützenden Dach des Jazz bewegt, aber mit Harmonien und Melodien aus dem Rock gespickt ist, die ohne große Umwege den Weg direkt ins Ohr finden.
1965 in dem 3000 Seelen-Dorf Skultuna in der Provinz Västmanlands geboren, ist Öström einer dieser Schlagzeuger, die immer auf Augenhöhe mit der Band agieren. Er lebte diese Einstellung musikalisch schon im Esbjörn Svensson Trio, das dann auch deshalb den überwältigenden Erfolg einfuhr. Nachdem diese Formation so tragisch auseinanderbrach, sagte der Schlagzeuger sinngemäß, dass er eher als Taxi- oder Busfahrer arbeiten, als in wechselnden Jazzbands begleiten würde. Austauschbarer Mitarbeiter war er auch bei Wesseltoft und Lang nicht und ist sich und seiner Aussage somit bis heute treu geblieben.
Öström komponiert für seine Group eine Musik, in dem das Schlagzeug ein gleichberechtigter Teil des Ganzen ist. Trotzdem nimmt dieses Instrument die Rolle eines immensen Kraftzentrums ein, von dem die Impulse für die gesamte Musik ausgehen. Edward Vesala, ein anderer skandinavischer Drummer, sagte einmal über das Instrument in einer Jazzband: „Das Schlagzeug ist nicht nur rhythmisch wichtig, sondern auch für die Klangfarben und die Melodik“. Nun mag dies zwar der swingende Derwisch Buddy Rich etwas anders einschätzen. Doch Öström liegt eindeutig auf der Linie Vesalas.
Er gibt mit seinen vertrackten Metren die Richtung des Quartetts vor. Die versetzt gelagerten Harmonien und melodischen Segmente von Daniel Karlsson (Keyboards), Andreas Hourdakis (Gitarre) und Thobias Garbielson (Bass) vervollständigen das Grundgerüst - das anschließend allen improvisatorischen Spielereien locker standhält. Durch ein verdichten der musikalischen Räume nimmt die Musik im Laufe des Abends an Intensität zu. Die Themen wirken hymnisch und streben gegen alle Widerstände fast provokativ ans Licht. Klaviertrio gleich Kammermusik? Nicht bei der Magnus Öström Group. Sie arbeitet zusätzlich mit elektronischen Verfremdungen, klingt in manchen Sequenzen wie ein sinfonisches Rockspektakel, um dann wieder mit wuchtigen Wechseln auf die Ausgangslinie zurückzukommen. Manche Stücke erinnern auch an eine Art Metamorphose, in der sich aus randständigem, manchmal auch belanglos wirkendem Beiwerk wunderschöne Songs entwickeln, voller Leidenschaft und ohne Netz und doppelten Boden.
Die Dynamik des gesamten Konzerts ist außergewöhnlich, zeigt sehr wohl Momente des Durchatmens, um im nächsten Moment den Theatersaal wieder zum überschäumen zu bringen. Die Magnus Öström Group verkörpert etwas, das für ihre Qualität steht: Authentizität. Hier steht jeder Musiker hinter dem, was er spielt und er tut dies mit spürbarer Freude. Diese Einstellung steckt an und ein tobender Saal gibt auch den am Ende erschöpften Musikern ein Gefühl der Verbundenheit.
Jörg Konrad
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Mittwoch 28.06.2023
Landsberg: Transit Werther – Klassiker kompakt
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Foto: Jürgen Bartenschlager
Landsberg. Spielen bei Jugendlichen Konventionen und Moralvorstellungen heute noch eine Rolle? Man sollte meinen, wir leben in aufgeklärten Zeiten, in denen es kein zwischenmenschliches Anspruchsdenken oder förmliche Rituale gibt. Doch weit gefehlt. Jüngere wie auch ältere Menschen fühlen sich oft von gesellschaftlichem Hochmut, sozialem Imponiergehabe, von Wertevorstellungen, ja selbst von Standesdünkel insistiert. Einiges hat sich geändert, doch letztendlich ist das menschliche Miteinander noch immer geprägt von Kastengeist, Privilegien und moralisch fragwürdigen Normen. Trotz CSD und LGBTIQ. Schließlich riefen Bewegungen auch immer schon Gegenbewegungen hervor, egal von welcher Seite. Ansonsten wäre Johann Wolfgang von Goethes Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“ nicht heute noch derart aktuell und als Adaption in Spielplänen zumindest deutschsprachiger Theater zu finden.
Am Dienstag war das Landestheater Schwaben mit Goethes Glanzstück zu Gast in Landsberg. „Transit Werther“ ist deren erster Versuch eines bemerkenswerten Projektes, Klassiker in kompakter Inszenierung (neu) auf die Bühne zu bringen. Textlastig und möglichst kurzweilig in Szene gesetzt. Natürlich möchte man damit vor allem junge Menschen ansprechen und sie, auch durch Schulvorstellungen, in die thematisch noch immer aktuellen Klassiker in die Theatersäle zu locken. Und, das sei an dieser Stelle schon einmal erwähnt: Das Ergebnis gibt den Machern, allen voran Magdalene Schönfeld (Regie) und dem Schauspielerensemble mit Laura Roberta Kuhr, Tobias Loth und Flurina Schlegel absolut recht.
Zum Stück: Das Bühnenbild ist ausgefüllt mit einer an einem Kranhaken hängenden überdimensionierten Klimakiste mit der doppelbödigen Aufschrift „Alles hängt mit Allem zusammen“ (Alexander von Humboldt). Es könnte sich aber auch um einen hölzernen Transitverschlag handeln, der samt Goethes Neuinterpretation mitten in der Gegenwart platziert wird. Ein Koben randvoll mit Konventionen. Die aufbrechenden Seitenwände, über die die Schauspieler ein- und ausgehen, deuten das vor allem emotionale Wechselspiel zwischen Befreiung und Einschränkung an. Die Liebe macht diesen Sittenfilter durchgängig, bringt neben Glückseligkeit aber auch tiefsten Schmerz. Werther wird, in seiner unstillbaren Liebe zur schon vergebenen Lotte, gleich von allen drei Schauspielern verkörpert. Sie deklamieren den Text abwechselnd als Monolog, Unisono, stimmlich versetzt, was eine wunderbare, vitale Dynamik entfacht. So fluten die wechselnden Gefühlslagen förmlich den Raum und die Sehnsucht nach der Freiheit zwischenmenschlicher Beziehungen wird deutlich spürbar.
Zugleich bekommt aber Werthers beinahe zwanghaftes Festhalten an eine Liebe, die letztendlich nur im Unglück enden kann, einen narzisstischen Grundton. Depressionen, die wir doch viel lieber (prosaisch) als Melancholie bezeichnen und die bei Goethe erstmals als „Krankheit“ bezeichnet wurden, machen sich breit und das Schicksal nimmt tragisch seinen Lauf.
Goethe selbst hätte nie geglaubt, dass dieses Stück Erfolg haben, geschweige denn über Jahrhunderte ein begeistertes Publikum finden wird.
Jörg Konrad
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Autor: Siehe Artikel
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