Von Juni bis Juli 2018 findet im Veranstaltungsforum Fürstenfeld das 2. dance-first-festival statt. An sieben Abenden werden nationale und internationale Stars der zeitgenössischen Tanzszene in die Kreisstadt an der Amper kommen. Mit Malandain Ballett, der Compagnie Käfig und Ballet Preljocaj werden gleich drei Ensembles aus Frankreich mit dabei sein. Hinzu kommt die National Dance Company Wales, das Bayerische Junior Ballett München und fünf Tanzstudios der Region Fürstenfeldbruck. Verantwortlich für dieses besondere künstlerische Ereignis ist das Veranstaltungsforum Fürstenfeld in Zusammenarbeit mit Heiner Brummel als künstlerischem Leiter und der Theaterverein Fürstenfeldbruck. Hier wie angekündigt das Interview mit Heiner Brummel.
KultKomplott: Schon in ihrer seit 2010 künstlerisch betreuten Reihe „theater fürstenfeld“, in der große deutschsprachige Theater vor den Toren Münchens zu Gast sind, waren vereinzelt auch (internationale) Tanzgruppen zu erleben. 2016 konnten sie nun ein kleines, hochkarätig besetztes Festival des Tanzes zusammenstellen. 2018 die Fortsetzung. Wie sind sie jetzt an diese Arbeit herangegangen?
Heiner Brummel: Nachdem die Tanzaufführungen im Rahmen der Fürstenfelder Theaterreihe sehr gut angenommen wurden, haben der
Theaterverein Fürstenfeldbruck und das
Veranstaltungsforum den Mut gehabt, dem Tanz mit einem Festival eine noch größere Plattform zu geben. Und dieser Mut hat sich ausgezahlt. ‚
dancefirst‘ hat den Besuchern 2016 hochklassige, spannende Aufführungen geboten. Die meisten Zuschauer waren begeistert und es hat sich eine offene, kommunikative Festivalatmosphäre entwickelt, die zahlreiche Begegnungen zwischen Künstlern, Zuschauern und Veranstaltern ermöglicht hat. Auch die Auslastung war mit nahezu 4.000 Besuchern überragend.
Nach diesem Erfolg waren alle Beteiligten hochmotiviert, dieses Festival als biennale Veranstaltung zu etablieren. Wir sind dankbar, dass viele Unterstützer bei der Stange geblieben sind und wir einige neue Förderer gewinnen konnten.
Ein so junges Festival wie ‚dancefirst‘ kann man bei der Zweitausgabe nicht neu erfinden. Wichtiger ist es, auf der Basis der gemachten Erfahrungen die Festival-Strukturen zu festigen und die verschiedenen Aktivitäten weiterzuentwickeln. Das grundlegende Konzept, im Rahmen des Festivals neben erstklassigen internationalen Tanzgastspielen auch Aufführungen von hochbegabten Nachwuchskräften und regionalen Amateurtänzern zu präsentieren, wollen wir beibehalten, da es für alle Beteiligten bereichernd war.
Die begleitenden pädagogischen Projekte, in denen Laien unter Anleitung von professionellen Tanzpädagogen praktische Tanzerfahrungen sammeln können, werden ebenfalls fortgesetzt. Die Zusammenarbeit mit Schülerinnen der Brucker Pestalozzi-Schule ist wieder aufgenommen worden. Auch die Idee, ein gemeinsames Stück mit Tänzerinnen verschiedener regionaler Studios mit den Profi-Choreographen
David Russo und
Pedro Diaz zu erarbeiten, entstand während des ersten Festivals. Die Uraufführung findet beim gemeinsamen Tanzabend der regionalen Gruppen („Made in FFB“) statt. Desweiteren hat ein neues Tanzprojekt mit älteren Menschen begonnen.
KK: Unter welchen Gesichtspunkten haben Sie das Programm zusammengestellt?HB: Mit dem Festival wollen wir den kulturellen Dialog fördern und die Vielfalt der künstlerischen Stilrichtungen präsentieren. Nachdem 2016 Kompanien aus 3 Kontinenten zu Gast waren, haben wir in diesem Jahr ausschließlich europäische Tanzensembles eingeladen, da wachsende nationalistische Strömungen, Fremdenhass und Eigeninteressen in zunehmendem Maße auch das friedliche Miteinander in Europa gefährden. Diesen Entwicklungen wollen wir entgegentreten, indem wir Tanzkompanien präsentieren, die für Offenheit, internationale Verständigung und künstlerischen Austausch stehen. Die eingeladenen Tanzstücke beschäftigen sich weniger mit tagespolitischen Themen, sie greifen eher grundlegende Fragen des Zusammenlebens auf und suchen nach verbindenden menschlichen Bedürfnissen, Eigenschaften und Konfliktlösungen. Dabei soll die universelle sinnliche Sprache des Tanzes helfen, die sozialen und kulturellen Grenzen zu überwinden.
Inwieweit die tänzerischen Darbietungen die Zuschauer erreichen, berühren oder nachdenklich stimmen, hängt meiner Meinung nach nicht unwesentlich von der künstlerischen Qualität der Aufführungen ab. Dazu gehören für mich eine spannende, kreative Choreographie und erstklassige Tänzer, die hohes technisches Können und eine große künstlerische Ausstrahlung in sich vereinen. Ich liebe die Ästhetik des Tanzes, die Dynamik und Eleganz der Bewegungen, die tiefe Emotionalität von sinnlichen Körperbildern und lasse mich bei der Auswahl der Stücke von der Virtuosität des tänzerischen Ausdrucks beeindrucken.
KK: Können Sie etwas zu den einzelnen Ensembles bzw. Tanzabenden sagen?HB: Da der ästhetische Aspekt bei der Suche nach hochklassigen Aufführungen eine große Rolle spielte, habe ich mich nach Sichtung der französischen Tanzszene letztlich für Arbeiten von
Thierry Malandain (Festivaleröffnung, Dienstag 19. Juni) und
Angelin Preljocaj (Festivalabschluss, Mittwoch 25. Juli) entschieden. Sie offenbaren auf eindringliche Weise nicht nur eine einfühlsame, sinnliche Auseinandersetzung mit den Freuden und Leiden des Lebens, sie haben als Pioniere des modernen Tanzes auch nachfolgende Tanzgenerationen beeinflusst. Ihre Arbeiten markieren den Übergang vom klassischen Ballett zum zeitgenössischen Tanz. Dabei bedienen sie sich stilprägender moderner Ausdrucksformen und dokumentieren so wichtige Phasen der Tanzgeschichte. Die Schönheit und Eleganz ihrer Choreographien ist auf eine einzigartige Weise berührend und berauschend. Thierry Malandain wurde 2017 übrigens zum wiederholten Mal als bester Choreograph Frankreichs ausgezeichnet.
Im Unterschied zu Malandain und Preljocaj repräsentiert die
Compagnie Käfig die kreative, junge urbane Tanzszene Frankreichs (Mittwoch 27. und Donnerstag 28. Juni). Ihr Leiter
Mourad Merzouki sucht immer wieder die Begegnung mit anderen Tanz- und Kunstdisziplinen und hat den Streetdance zusammen mit seinen akrobatischen Tänzern zu einem originären, hochprofessionellen Tanzstil entwickelt. „Pixel“ gehört zu den spektakulärsten Hip-Hop-Kreationen der letzten Jahre und verschmilzt Tanz mit digitalen 3-D-Projektionen.
Die
National Dance Company Wales wiederum präsentiert ein junges, facettenreiches Gesicht der britischen Tanzszene. Da die Kompanie mit verschiedenen Ausnahme-Choreographen zusammenarbeitet, spiegeln sich in deren Stücken auch unterschiedliche künstlerische Handschriften wieder, die vom abstrakten Tanz bis zum Tanztheater reichen. Auch die Tänzerinnen und Tänzer bringen unterschiedliche persönliche Stile ein, die in der Gruppe auf wundersame Weise zu einem harmonischen Ganzen zusammenwachsen (Samstag, 14. Juli).
Viele Facetten des modernen Tanzes zeigen auch die Stücke des
Bayerischen Junior Balletts München unter Leitung des ehemaligen Direktors des Bayerischen Staatsballetts,
Ivan Li¨ka (Mittwoch, 18. Juli). Im Programm „Münchner Freiheit“ werden verschieden zeitgenössische Stücke junger Choreographen gezeigt, unter anderem von
Dustin Klein und
Maged Mohamed, die schon bei „Bavarian Summit“ 2016 ihr Können zeigten. Auch die Kontakte zu den anderen jungen Choreographen sind nicht abgerissen. Daneben stehen Werke renommierter Choreographen wie
Richard Siegal oder T
erence Kohler, neoklassische Stücke runden das Programm ab.
Last but not least werden die regionalen Tanzgruppen am Samstag, den 30. Juni unter dem Titel „Made in FFB“ in verschiedenen Uraufführungen ihr beachtliches Können unter Beweis stellen. Nach deren Aufführung sind alle Festival-Besucher und Tanzbegeisterten eingeladen, eine große Party zu feiern. Für alle Zuschauer, die eine Festival-Veranstaltung besuchen, ist der Eintritt frei.
Nähere Informationen über das Programm finden sich in den öffentlich ausliegenden Programmheften und auf der Festival-Website: www.dancefirst.de
KK: Wer ist ihr ganz persönlicher Favorit?HB: Da ich sehr lange und intensiv nach geeigneten, hochkarätigen Tanzproduktionen gesucht habe, stehe ich natürlich voll und ganz hinter jeder Aufführung und möchte deshalb auch keine herausheben. Jedes Tanzstück hat seinen eigenen Reiz. Aus meiner Sicht kann ich allen Besuchern spannende Aufführungen versprechen, die die ganze Schönheit, Kraft und Sinnlichkeit des Tanzes erlebbar machen und gleichzeitig mit kritischen Augen auf die wechselhaften, emotionalen Momente des menschlichen Zusammenlebens blicken.
Den Fußball-Fans sei noch gesagt, dass sie beim Besuch der Festival-Veranstaltungen kein Spiel der DFB-Elf verpassen.