Beide kannten sich nicht nur gut. Ihre künstlerische Haltung wies, trotz eines Altersunterschiedes von dreizehn Jahren, enorme Parallelen auf. Jean Françaix (1912-1996) und Francis Poulenc (1899-1996) haben in einer Zeit, die gekennzeichnet war von großen gesellschaftlichen Umbrüchen sowie künstlerischen Neuorientierungen, an ihren eigenen Überzeugungen festgehalten. Sie haben sich von neuen, avantgardistischen Strömungen in der Musik nicht beeindrucken lassen, sondern pflegten einen melodisch-eleganten und rhythmisch prägnanten Stil. In ihrem gesamten Schaffensprozess als Komponisten waren sie der Tonalität verbunden, sahen speziell die Kammermusik als einen Hort, in dem eine gewisse Leichtigkeit, eine Klarheit und auch Humor einen hörbaren Ausdruck finden.
Die vorliegenden Kompositionen, eingespielt von Sarah Rumer (Flöte), Joël Marosi (Cello) und Ulrich Koella (Klavier), stammen aus unterschiedlichen Schaffensperioden der Franzosen. Jean Françaix eröffnendes „Trio für Flöte, Cello und Piano“ ist ein Spätwerk des Komponisten, das seinem lebenslangen Motto „ernste Musik ohne Schwermut“ zu komponieren, voll gerecht wird. Überhaupt ist die Transparenz im Aufbau der Françaix-Stücke beeindruckend. Hier versteckt sich niemand hinter spieltechnisch schwierig umzusetzenden Passagen, oder fordert durch ständige Wechsel der Gefühlsstimmungen heraus.
Traditionellen Hörgewohnheiten entgegen kommt auch Poulenc mit seinen beiden Sonaten für Flöte und Piano und Cello und Piano. Poulenc, der eine Zeitlang Mitglied der „Group des Six“ war, einer Vereinigung von Kunstschaffenden, die sich unter Jean Cocteau zusammenfanden und „Antiakademismus und raffinierten Diletantismus“ als oberstes Prinzip formulierten. Ihre Forderung war, die Grenzen zwischen ernstem Anspruch und leichter Muse aufzulösen. So wundert es wenig, dass manche von Poulenc Kompositionen etwas Populäres beinhalten, angesiedelt sind, ganz in der Nähe der französischem Liedkunst, dem Chanson.
Die drei Instrumentalisten auf dieser auch grafisch wunderbar gestalteten CD glänzen durch eine gewisse Kühnheit, mit der sie sich das kompositorische Material mit Schwung und Gradlinigkeit erobern. Sie schaffen unterschiedliche Klangbilder, deren Lebendigkeit, Offenheit und mit ihrer Präzision beeindrucken.
Jörg Konrad
Jean Françaix / Francis Poulenc
„Chamber Music“
Prospero