Stefano Bollani - Er spielt eben alles
Landsberg. Gibt es etwas, das Stefano Bollani nicht spielen kann? Lässt sich tatsächlich eine Klangsprache finden, die er nicht beherrscht? Schwer vorstellbar. Und wenn doch, dann wäre der italienische Pianist aufgrund seines musikalischen Denkens und spieltechnischen Könnens in der komfortablen Lage, diese scheinbare Lücke in kürzester Zeit zu schließen. Wetten das?
Am Sonntagabend hat der aus Mailand stammende Pianist im Landsberger Stadttheater etwaige Zweifler seines Könnens, sollte es diese überhaupt geben, eines besseren belehrt. Bollani als Virtuose, Bollani im solistischen Stegreifspiel, Bollani als Traditionalist, Bollani als avantgardistischer Entertainer, Bollani im intimen Balladenmodus – und so könnte man die Form der Beschreibung seines Auftritts noch ewig fortführen. Denn all diese, manchmal launenhaft wirkenden Interaktionen, wurden von ihm an diesem Abend in überzeugender Manier geboten. Auch Bollani als Sänger.
Mit an seiner Seite hatte das pianistische Tastengenie, Bollani lernte das Klavierspielen übrigens allein weil er Schlagersänger(!) werden wollte und er sich so entsprechend selbst begleiten konnte, Daniele Sepe (Saxophon, Flöte), Nico Gori (Klarinette) und Bernardo Guerra (Schlagzeug). Eine exzellente Besetzung, die Bollani während aller klanglichen Extravaganzen sicher zur Seite stand, die ihm folgte, ihn inspirierte, ihn auf Augenhöhe begleitete, die selbst solistische Ausrufezeichen setzte und mit der er letztendlich eins wurde.
Das Quartett wirbelte mit Verve durch das „Napoli Trip“-Programm, verströmte ungezügelte Lebenslust und berührende Melancholie im ständigen Wechselspiel. Mal schunkelte die Musik im Walzertakt träge dahin, mal entlud sie sich im fiebrigen Neobop, mal beeindruckte sie mit einer folkloristischen Charmoffensive. Der musikalische Strom an Ideen versiegte jedenfalls nie.
Bollani hatte während des Abends die Fäden des Geschehens fest in seinen Händen. Jedoch nicht, dass er dabei seinen Mitspielern zu wenig Raum gab. Nico Gori erinnerte an der Klarinette allein klanglich immer wieder einmal an die weit zurückliegenden Anfangsjahre des Jazz in New Orleans und Chicago. Bollani fiel es in solchen Momenten nicht schwer, in einen gestenreichen Ragtime-Rhythmus zu verfallen und launenhafte Stride-Zitate zu streuen. Solistisch brillierte Gori mit oft schneidendem Ton in virtuoser Hochenergie. Oder er spielte schwierige, aber federleicht klingende Motive unisono mit seinem Partner am Saxophon Daniele Sepe. Das erinnerte häufig an Straßenmusik oder jene Drehwurmmelodien, die im Süden Italiens an Feiertagen auf den Volksplätzen gespielt wurden. Bernardo Guerra hielt an den Drums die verschiedenen stilistischen Abzweigungen geschickt zusammen. Das war nicht immer ganz leicht, weil immer wieder neue Möglichkeiten im musikalischen Ausdruck spontan genutzt wurden, die zuvor nicht unbedingt abgesprochen wirkten. Einen Sack Flöhe zu hüten, könnte einfacher sein.
Und Bollani? Der wechselte vom Klavier zum E-Piano, sprang auf, klatschte in die Hände, ließ nicht den Hauch eines routinierten Auftritts entstehen. Er spielte das Publikum (und vielleicht auch manchen seiner Musikerkollegen) schwindlig, nutzte mit seinem Können die Möglichkeiten des Musikkabaretts und hatte bei all dem einfach seinen Spaß. Er spielt eben alles. Obwohl – außer vielleicht Ambient- oder Minimal-Music. Da käme er mit seinem Temperament auf jeden Fall in Konflikt.
Jörg Konrad (KultKomplott, Augsburger Allgemeine)
Am Sonntagabend hat der aus Mailand stammende Pianist im Landsberger Stadttheater etwaige Zweifler seines Könnens, sollte es diese überhaupt geben, eines besseren belehrt. Bollani als Virtuose, Bollani im solistischen Stegreifspiel, Bollani als Traditionalist, Bollani als avantgardistischer Entertainer, Bollani im intimen Balladenmodus – und so könnte man die Form der Beschreibung seines Auftritts noch ewig fortführen. Denn all diese, manchmal launenhaft wirkenden Interaktionen, wurden von ihm an diesem Abend in überzeugender Manier geboten. Auch Bollani als Sänger.
Mit an seiner Seite hatte das pianistische Tastengenie, Bollani lernte das Klavierspielen übrigens allein weil er Schlagersänger(!) werden wollte und er sich so entsprechend selbst begleiten konnte, Daniele Sepe (Saxophon, Flöte), Nico Gori (Klarinette) und Bernardo Guerra (Schlagzeug). Eine exzellente Besetzung, die Bollani während aller klanglichen Extravaganzen sicher zur Seite stand, die ihm folgte, ihn inspirierte, ihn auf Augenhöhe begleitete, die selbst solistische Ausrufezeichen setzte und mit der er letztendlich eins wurde.
Das Quartett wirbelte mit Verve durch das „Napoli Trip“-Programm, verströmte ungezügelte Lebenslust und berührende Melancholie im ständigen Wechselspiel. Mal schunkelte die Musik im Walzertakt träge dahin, mal entlud sie sich im fiebrigen Neobop, mal beeindruckte sie mit einer folkloristischen Charmoffensive. Der musikalische Strom an Ideen versiegte jedenfalls nie.
Bollani hatte während des Abends die Fäden des Geschehens fest in seinen Händen. Jedoch nicht, dass er dabei seinen Mitspielern zu wenig Raum gab. Nico Gori erinnerte an der Klarinette allein klanglich immer wieder einmal an die weit zurückliegenden Anfangsjahre des Jazz in New Orleans und Chicago. Bollani fiel es in solchen Momenten nicht schwer, in einen gestenreichen Ragtime-Rhythmus zu verfallen und launenhafte Stride-Zitate zu streuen. Solistisch brillierte Gori mit oft schneidendem Ton in virtuoser Hochenergie. Oder er spielte schwierige, aber federleicht klingende Motive unisono mit seinem Partner am Saxophon Daniele Sepe. Das erinnerte häufig an Straßenmusik oder jene Drehwurmmelodien, die im Süden Italiens an Feiertagen auf den Volksplätzen gespielt wurden. Bernardo Guerra hielt an den Drums die verschiedenen stilistischen Abzweigungen geschickt zusammen. Das war nicht immer ganz leicht, weil immer wieder neue Möglichkeiten im musikalischen Ausdruck spontan genutzt wurden, die zuvor nicht unbedingt abgesprochen wirkten. Einen Sack Flöhe zu hüten, könnte einfacher sein.
Und Bollani? Der wechselte vom Klavier zum E-Piano, sprang auf, klatschte in die Hände, ließ nicht den Hauch eines routinierten Auftritts entstehen. Er spielte das Publikum (und vielleicht auch manchen seiner Musikerkollegen) schwindlig, nutzte mit seinem Können die Möglichkeiten des Musikkabaretts und hatte bei all dem einfach seinen Spaß. Er spielt eben alles. Obwohl – außer vielleicht Ambient- oder Minimal-Music. Da käme er mit seinem Temperament auf jeden Fall in Konflikt.
Jörg Konrad (KultKomplott, Augsburger Allgemeine)