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1. München: Das Triadische Ballett im Prinzregenten-Theater
2. Al Foster (geb. 18. Januar 1943, gest. 28. Mai 2025)
3. Sebastião Salgado (geb. 8. Februar 1944, gest. 23. Mai 2025)
4. Fürstenfeld: Vadim Neselovskyi - Erschütternde Aktualität
5. Germering: Die Dreigroschenoper – Weitab des bürgerlichen Theaters
6. Landsberg: Johannes Enders Trio – Einer der Großen
Freitag 13.06.2025
München: Das Triadische Ballett im Prinzregenten-Theater
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Das Triadische Ballett entstand ab 1912 in Stuttgart. Es war von Beginn an ein experimentelles Ballett von Oskar Schlemmer in Zusammenarbeit mit den Tänzern Albert Burger und Elsa Hötzel, hatte dort am 17. Dezember 1916 eine Teil-Aufführung und am 30. September 1922 seine Uraufführung.

In einer Rekonstruktion, respektive Neufassung und Choreografie von Gerhard Bohner aus dem Jahr 1977/2014 wurde das Triadische Ballett mit dem Bayerischen Junior Ballett München gestern im Münchner Prinzregenten-Theater aufgeführt. Bewegend und inspirierend getanzt, musikalisch allerdings ein wenig "anstrengend" ... daher bleibt beim Rezensenten ein etwas zwiegespaltener Eindruck zurück: ursprünglich wurde das Ballett mit verschiedenen Musikwerken aufgeführt, darunter Werke von Debussy, Haydn, Mozart, Domenico Paradies, Baldassare Galuppi und Händel. Die an dem Abend verwendete Musik von Hans-Joachim Hespos war in der Tat eine Herausforderung, sowohl für den Hörer als auch für die Tänzer. Gewünscht hätte man sich alternativ vielleicht die Musik der Düsseldorfer Neu-Inszenierung 2014/15 des Theaters der Klänge, die den Komponisten Thomas Wansing mit einer Neu-Komposition für kleines Ensemble beauftragt hat (Klavier, Cello, Schlagzeug), einer Besetzung, wie sie Schlemmer bei seinen Aufführungen in ähnlicher Form nutzte. Das wäre für's Ohr und die Stimmung zumindest ein wenig erträglicher gewesen.

Kombiniert wurde der Abend mit der Uraufführung von „The Devil’s Kitchen“, die der großartige Marco Goecke zu Musik von Pink Floyd choreografiert hat. Ohne konkrete Handlung, dafür mit einem Maximum an Einsatz gaben die Tänzer und Tänzerinnen wirklich alles. Unglaublich, mit welcher Disziplin und Radikalität zu „Wish you were here“, „Shine on you crazy diamond“ und „Dogs“ getanzt wurde. Bis zur absoluten Grenze gemeinsam und kompromisslos in Szene gesetzt – BRAVO!
Text & Fotos: Thomas J. Krebs
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Samstag 31.05.2025
Al Foster (geb. 18. Januar 1943, gest. 28. Mai 2025)
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Al Foster in Wolfratshausen

Er legte das Fundament, auf dem jeder aufbauen konnte, und dann hielt er den Groove bis in alle Ewigkeiten durch.“ Das sagte kein geringerer als Miles Davis über Al Foster. Und er musste es wissen. Schließlich spielte der Schlagzeuger zwischen 1972 und 1975 und dann noch einmal ab 1981 in den Bands des Trompeters und war an weit über zehn Alben des berühmtesten aller Jazzmusiker beteiligt.
Gestern trommelte eben jener Al Foster in Wolfratshausen, in der Loisachhalle. Und natürlich hat der heute über Siebzigjährige sein Handwerk nicht verlernt. Vielleicht „groovt“ sein Spiel etwas weniger, dafür „swingt“ er um so stärker. Mit dabei hatte der Autodidakt seine momentan reguläre Band, mit Tivon Pennicott am Saxophon, Adam Birnbaum am Klavier und Doug Weiss am Bass.
Aber Foster, der Star dieses Quartetts, swingt natürlich auf seine Art. Immer wieder brach er aus den fließenden Vierteln und Achteln aus, setzte kantige Ausrufezeichen, messerscharfe Breaks, schwelgte in gebrochenen Takten, stöhnte lustvoll und forcierte das Tempo. Stoisch hielt er dabei die Zeit, ertastete solierend die Felle und Becke seines Instruments und trieb, wie ein geturnter Motor, die Formation pulsierend vor sich her. Unnachgiebig, fest entschlossen. Es war Hardbop im rhythmischen Stolperschritt, faszinierend schroff und wunderschön.
Tivon Pennicott, der in den USA vor wenigen Wochen als Finalist des Thelonious Monk International Jazz Competition, dem wichtigsten Jazzpreis für Nachwuchsmusiker, den 2. Platz erreichte, beherrscht die ganze Palette des Saxophonspiels. Die Kunst der gefühlvollen Ballade ebenso, wie das glühend, feurige Spiel der großen Epigonen dieses Instruments. Er beeindruckte mit einer flüssigen und effektvoll strukturierten Phrasierung, in der sich dramaturgisches Talent und Spontanität die Waage hielten. Pianist Adam Birnbaum ist Romantiker im Zuge eines Bill Evans oder Brad Mehldaus. Er vermittelte musikalisch untereinander, schaffte poetische Stimmungsbilder und spielte überschaubare technische Kabinettstücke. Doug Weiss hat diesen satten, wärmenden Ton am Bass. Er brachte tieftönende Farbe ins Spiel, ruhig dahingleitend, immer Sicherheit vermittelnd.
Nach fast zwei Stunden rauschenden, exzellenten Jazzabenteuern, gab es ganz zum Schluss noch eine Reminiszenz an Miles Davis. Jean Pierre ist eine dieser kleinen, abgespeckten, fast kindhaft wirkenden Melodien, die schon zu Beginn der 1980er Jahre in Miles-Konzerten noch lange in Erinnerung blieben. So auch am gestrigen Abend, mit der heutigen Gewissheit, einem außergewöhnlichen Konzert beigewohnt zu haben.
Jörg Konrad

(KultKomplott, Oktober 2014)
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Freitag 23.05.2025
Sebastião Salgado (geb. 8. Februar 1944, gest. 23. Mai 2025)
Sebastiao Salgado ist Fotoreporter und Umweltaktivist. Vom WWF (World Wide Fund For Nature) wurde er einmal gefragt, wie man denn vom Fotografen zum Umweltschützer werde. Darauf antwortete der Brasilianer: „Ich wurde bei meiner Arbeit, insbesondere in Afrika, mit unfassbarem Leid und Gewalt konfrontiert. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, wurde krank und zog mich ganz von der Fotografie zurück, zumindest für eine Weile. In dieser Zeit vermachten mir meine Eltern, die schon sehr alt waren, die Farm unserer Familie. Zuerst dachte ich, ich würde jetzt Bauer, doch das Land war völlig degradiert und zerstört. Da kam meine Frau Lélia auf die wunderbare Idee, den Wald, der hier mal stand, wieder anzupflanzen. Mit Hilfe von sehr klugen Forstwirten und der Unterstützung der Menschen vor Ort starteten wir unser Projekt. Ich glaube, unter all den Dingen, die ich und meine Frau in unserem Leben geleistet haben, war es das Größte und Wichtigste, diesen Wald wiederzubeleben. Wir pflanzten mehr als 2,5 Millionen Bäume!
Dazu sollte man wissen, dass Saldago, der im Oktober dieses Jahres mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet wird, mit seinen Arbeiten als Fotojournalist schon zuvor und auch danach an vielen Brennpunkten dieser Erde für Aufsehen sorgte. So zum Beispiel mit einer Serie von Bildern aus der weltgrößten Freiluftmine, in der unter unmenschlichen Bedingungen rund 50.000 Goldgräber bis zu vollkommenen Erschöpfung schufteten. Diese Arbeiten sind jetzt in dem beeindruckenden Band „Gold“ im TASCHEN Verlag erschienen.
Als ich zum ersten Mal nach Serra Pelada kam, war ich sprachlos. Vor mir sah ich ein riesiges Loch mit einem Durchmesser von vielleicht 200 Metern und fast genauso tief“, schreibt Salgado in der Einleitung zu diesem „Goldfieber am Amazonas“. Und weiter: „In ihm ein Gewimmel von mehreren zehntausend Männern, kaum bekleidet.
Diese entstellten, surreal wirkenden Szenarien, die sich Salgado geboten haben, hat er meisterhaft in schwarz-weiß-Aufnahmen dokumentiert. Die Bilder sehen aus, als wären sie Teil aus Peter Jacksons Trilogie „Herr der Ringe“, aufgenommen in den dunklen Bergwerken Isengarts. Die Gier nach Gold scheint auch Jahrzehnte nach dem Klondike-Goldrausch sämtliche Grenzen, Vorbehalte und moralische Handlungsmuster des Menschseins mitleidlos auszuhebeln.
Saldago wollte schon im Jahr 1980 die Mine fotografieren, erhielt aber vom brasilianischen Militär, das bis 1985 die Macht im Land diktatorisch ausübte, keine Genehmigung hierfür. Erst 1986 wurde ihm von der Kooperative der Goldsucher die Erlaubnis erteilt. Auf den Bildern sind die einzelnen, ca. 2 x 3 Meter kleinen Parzellen zu sehen, die ein einzelner Besitzer mit dem Schürfrecht ersteigert hat. Er stellt wiederum etliche Tagelöhner ein, die aus allen sozialen Schichten der brasilianischen Gesellschaft stammen. Diese tragen dann die Claims ab, in dem sie die Erde in Säcke zu ungefähr 40 Kilo füllen, die dann allein durch Menschenkraft aus der Grube befördert werden.
Serra Pelade ist heute wieder ein arme Region“, schreibt Saldago in seinem Vorwort weiter. „Geblieben ist eine Landschaft voller Narben und ein riesiger, 200 Meter tiefer See.“
Dieser erschütternde Bildband beinhaltet ein Essay des britischer Autor und Journalisten Alan Riding, der speziell die Wirkung der schwarz-weiß-Ästhetik von Salgados Bildern beleuchtet. „Wie die Bilder der vergangenen Meister haben Saldagos Schwarz-Weiß-Fotografien eine Unmittelbarkeit, die wir als absolut zeitgenössisch erleben.
Jörg Konrad

Sebastiao Salgado
„Gold“
Taschen

(KultKomplott, September 2019)
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Donnerstag 22.05.2025
Fürstenfeld: Vadim Neselovskyi - Erschütternde Aktualität
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Fotos: TJ Krebs
Fürstenfeld. „Jazz ist immer politisch …“ - eine Aussage, die schon vor Jahrzehnten in den Raum gestellt wurde, dabei aber, was zumindest die Gegenwart betrifft, auch einige Fragen aufwirft. Aufgrund seiner Entstehungsgeschichte hatte der Jazz immer eine gesellschaftlich relevante Bedeutung. Seine Herkunft und Entwicklung, somit sein Ausdruck, waren über etliche Zeit durch sein soziales Umfeld geprägt. In der „Neuzeit“, und hier vor allem in Europa, geht es hingegen größtenteils um ästhetische Prinzipien, statt um politisches Bewusstsein. Doch dass auch heute noch enorme Widerständigkeit und Protestpotenzial im Jazz stecken, das wurde am Mittwochabend in der Fürstenfelder Reihe JAZZ FIRST akustisch deutlich. Vadim Neselovskyi, Pianist aus Odessa, der heute in den USA lebt, berührte und beschwor das Publikum - der Veranstalter hatte als Zeichen der Unterstützung für geflüchtete Menschen aus der Ukraine Freikarten angeboten - mit seinem Programm „Odesa - A Musical Walk Through a Legendary City“. Ein Klavier-Recital von unglaublicher Schönheit, Strenge, Freiheit und Provokation.
Dabei hat Neselovskyi diese Suite, bestehend aus verschiedenen Sätzen, die unterschiedliche Orte, geschichtliche und sehr persönliche Ereignisse in Odessa thematisieren, schon vor dem brutalen Angriffskrieg Putins auf die Ukraine komponiert und eingespielt. Bis heute präsentierte der Pianist dieses Werk nach eigenen Angaben über 170 Mal Live auf der Bühne und es hat sich, auch aufgrund der politischen Entwicklungen im Laufe der Zeit, seit seiner Entstehung stark verändert.
Es ist ein Werk, das die Ausgangsbasis des Jazz zwar nutzt, seinen Rahmen jedoch gewaltig sprengt. In diese Suite finden starke Verweise zur (russischen) Klassik, Ausdrucksparameter der Modernen Musik und auch folkloristische Bezüge hörbar Eingang. Es sind strukturierte und organisierte Anordnungen von musikalischen Elementen, wie man sie in der formalen Musik findet. Vadim Neselovskyi ist ein wunderbarer Pianist und Improvisator, der diese verschiedenen Stile und unterschiedlichsten Stimmungen musikalisch grandios umsetzt. So fanden sich in seiner Fürstenfelder Interpretation feine melancholische Themen neben mächtigen Dissonanten Clustern, vertrackte Rhythmen neben verträumten Walzer-Variationen, bezaubernde Klezmer-Melodien neben leichtfüßigen Swingreferenzen. Ob es sich um die (emotionalen) Perspektiven auf den Bahnhof von Odessa handelte, die historischen Treppen hinunter zum Schwarzen Meer, die in Eisensteins Filmklassiker Panzerkreuzer Potemkin Filmgeschichte schrieben, die Judenprogrome zu Beginn der 1940er Jahre, das gesellschaftliche Aufatmen nach dem Ende des Kalten Krieges 1989 oder die euphorische Freude bei einem Rock'n Roll Konzert des in der Ukraine legendären Victor Robertovich Tsoy – all diese Eindrücke verband Vadim Neselovskyi, mal mit harten Brüchen voneinander separatiert oder durch fließende Übergänge miteinander in Beziehung gebracht. Hier wurden enorme Energien freigesetzt und zu gleich die lyrischsten Sequenzen entwickelt.
So entstand insgesamt ein persönliches, ein gewaltiges Bild von Realitäten und Emotionen, ein Porträt einer geschichtsträchtigen Stadt, mit ihren ertragenen Grausamkeiten und ihren Momenten von einzigartiger Poesie. Unter den Eindrücken des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine erhält dieses Opus magnum Vadim Neselovskyis in der Gegenwart eine zusätzliche traurige, eine erschütternde Aktualität.
Jörg Konrad
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Sonntag 11.05.2025
Germering: Die Dreigroschenoper – Weitab des bürgerlichen Theaters
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Germering. Die Solisten und das Ensemble des Freien Landestheaters Bayern haben sich unter Federführung von Rita-Lucia Schneider (Regie) und Rudolf Maier-Kleeblatt (Künstlerische Leitung) Brechts „Die Dreigroschenoper“ angenommen. Uraufgeführt Ende August 1928 im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin, dem heutigen Berliner Ensemble, zementiert dieses „Stück mit Musik in einem Vorspiel und acht Bildern“, den ersten internationalen Erfolg, des vielleicht einflussreichsten deutschen Dramatikers und Lyrikers des 20. Jahrhunderts. Am Samstag präsentierte nun das Freie Landestheater Bayern seine Inszenierung in der Germeringer Stadthalle.
Textlich ist „Die Dreigroschenoper“ ein Meisterwerk, die Handlung skurril, verschroben und provokant, musikalisch durchsetzt mit raffinierten wie populären Songs (Kurt Weill), die im Laufe der Jahrzehnte in den unterschiedlichsten Konstellationen immer wieder ihre Unsterblichkeit unter Beweis stellten.
Zur Handlung nur soviel: Ende der 1920er Jahre eskaliert in London eine Auseinandersetzung innerhalb der Unterwelt. Die straff organisierte Bettlermafia, angeführt von Jonathan Jeremiah Peachum und der Verbrecherkönig Macheath, genannt Mackie Messer, geraten aneinander. Die Situation eskaliert, in dem Peachums Tochter Polly den Gangsterboss ehelicht. Intrigen bringen schließlich Mackie Messer, der enge Kontakte zur Londoner Polizei pflegt, ins Gefängnis. Peachum plant währenddessen mit seinem Heer von Bettlern eine Machtdemonstration in London – genau zum Krönungszug der englischen Königin. Mackie Messer wird währenddessen zum Tode verurteilt, aber anlässlich der Krönung vom Staatsoberhaupt selbst begnadigt.
Brecht findet gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Elisabeth Hauptmann einen ungemein passenden Ton für diesen zwischen Tragik und Humoreske, zwischen Operette und Musical angelegten Kampf zwischen einer Bettlerbande und einer Einbrecherbande. Das Ensemble des Freien Landestheaters Bayern setzt dieses auch politisch wirksame „Schurkenstück“, das sich weitab des bürgerlichen Theaters bewegt, gekonnt und mit Hingabe um. Nicht zuletzt aufgrund der ungezählten Inszenierungen spürt man jedoch auch die Schwierigkeiten, hier eigene Maßstäbe zu setzen, eigene Ansprüche anzumelden. So hält man sich überwiegend an die dramaturgische Vorgabe, findet wenig zusätzliche Bezüge zur Gegenwart – abgesehen von der schon im Original angelegten Korrumpierbarkeit jeglichen menschlichen Seins.
Das Ensemble, aus dem besonders Monika Lachenmeir als ordinäre Celia Peachum und Harald Wurmsdobler als Ganove Mackie Messer herausragen, agiert ansonsten kompetent und sattelfest, in einem von Claudia Weinhart nüchtern entworfenen Bühnenbild.
Wunderbar das Freie Landesorchester Bayern unter dem Dirigat von Stefan Delanoff, das die mittlerweile zu eingängigen Evergreens avancierten Kompositionen auf eine lebendige und dynamische Art und Weise grundierte.
Jörg Konrad
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Montag 05.05.2025
Landsberg: Johannes Enders Trio – Einer der Großen
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Landsberg. Pharoah Sanders hat sein Leben lang mit Mundstücken experimentiert. Der 2022 in Los Angeles verstorbene Jazzmusiker war vom Sound seines Instruments besessen und hat im Laufe seiner Karriere das Klangspektrum des Saxophons radikal erweitert. Sein Tenor war seine spirituelle Fackel, die er zum Glühen brachte - bis sie brannte. Lichterloh. So einer taugt aufgrund seiner schweißtreibenden Leidenschaft und seines musikalischen Naturells zwangsläufig zum Vorbild. Zum Beispiel für Johannes Enders, den Tenor-Colossus aus Weilheim, dem musikalischen Zentralgestirn im Pfaffenwinkel. Zuletzt hat Enders ein Album seinem Favoriten Sonny Rollins gewidmet. In Landsberg präsentierte er am Sonntagabend seinen neusten Streich: The Creator has a Masterplan B - A Tribute to Pharoah Sanders.
Natürlich ist Enders nicht Sanders, auch nicht Rollins und auch nicht Hank Mobley. Aber sie alle waren seine vielleicht wichtigsten Lehrmeister außerhalb des Campus. Sanders, dieser Ethniker, der zu Coltranes späten größeren Besetzungen gehörte und ihm hier Paroli bot. Enders spielte am Sonntag hingegen im Trio, die vielleicht heißblütigste Tenor-Besetzungs-Variante. Die Geschichte bietet hierfür einige beherzte Beispiel.
Der Weilheimer steht als Individualist diesen in nichts nach. Zumal er an seiner Seite Joris Teepe hatte, den niederländischen Bassisten, der die letzten Jahre noch mit Sanders selbst auf Tour war. Der weiß also, wie man einen Taifun begleitet, ihn motiviert, ihn stützt und derartige Bands zusammenhält. Der amerikanische Schlagzeuger Gene Calderazzo, dritter Mann in Enders Trio, trommelte ebenfalls über Jahre an Sanders Seite. Die Liste seines sonstigen Wirkens würde diesen Artikel sprengen.
Enders machte auch in Landsberg deutlich, dass er zu den ganz Großen am Instrument gehört. Wie wenig andere erzählte er packende musikalische Geschichten. Er reflektiert dabei die Tradition des Tenorsaxophons, bewegt sich zugleich im Hier und Jetzt und formt damit das Morgen des Jazz. Er schraubt sich in seinen Chorussen in Höhen, in denen die Luft dünn wird, versteht es zugleich mit seinem vollen, spirituellen Sound wunderbar lyrische Momente zu kreieren. Er spielte Kompositionen aus eigener Feder, von John Coltrane und natürlich Sanders selbst. Letztere stehen selbstverständlich für den Goldenen Schnitt im Jazz. Es gehört allein schon Mut dazu, sich an diesen Giganten zu versuchen.
Doch Enders hatte Calderazzo an seiner Seite, einer, der die Musik ständig verdichtet, sie komprimiert, sie auf einem steten Unruhe-Level hält. Er trommelte flüssig vibrierende Rhythmen, schlug harte Synkopen, spielte dabei ideen- und facettenreich. Seine Vitalität und Differenziertheit gab seinen Mitmusikern ständig neue Impulse und befeuerte die Dynamik enorm. Und Enders besaß in Teepe einen Bassisten der Extraklasse, der alles zusammenhielt, was nach außen drängte, der Zeit hielt. Ein stoisches, Sicherheit gebendes Kraftwerk, ein grundierender Fels in jeder musikalischen Brandung. Und ein Solist, der ebenso bodenständig improvisierte, wie er perfekt immer wieder mit Verzierungen begeisterte. Jazz pur in Landsberg – ein großer wie nachhallender Abend im Stadttheater.
Jörg Konrad
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Autor: Siehe Artikel
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