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132. Riskante Manöver am Jupiter
131. Das Wunder der Polarlichter in unseren Breiten
130. Jupiter gestern und heute
129. Der galaktische Tanz
128. Wirbelsturm als gigantischer Trichter
127. Das größte aller Geheimnisse
Bilder
EsWa, Galaxien 310, Digital, 120 x 190, 2024
Sonntag 01.12.2024
132. Riskante Manöver am Jupiter
Die Weihnachtssterne geben sich nun in den Winternächten die Ehre: Unser Wintersechseck als größte Konstellation des nächtlichen Himmels, ist um Heiligabend schon vor Mitternacht in südlicher Richtung zu erkennen. Es besteht aus folgenden Fixsternen (im Uhrzeigersinn): Kapella im Fuhrmann, Aldebaran im Stier, Rigel im Orion, Sirius im Großen Hund, Prokyon im Kleinen Hund und Pollux in den Zwillingen. Der rote Planet Mars steht dabei ganz in der Nähe der Zwillingssterne Kastor und Pollux ein wenig außerhalb des riesigen Hexagonals. Venus zeigt sich als weihnachtlicher Planet, denn unser Abendstern ist bereits in der Dämmerung aufgrund seiner strahlendem Helligkeit im Südwesten schon auf den ersten Blick deutlich sichtbar. Jupiter hingegen steht sehr nah bei Aldebaran und fällt aufgrund seiner überstrahlenden Helligkeit sofort ins Auge.
Der größte Planet unseres Sonnensystems ist nach wie vor auch der Hauptdarsteller bei den Vorbeiflügen der NASA-Raumsonde Juno. Mittlerweile hat das im Jahre 2011 gestartete Raumschiff die 64. Passage beim Gasriesen hinter sich. Im Gegensatz zu den Langzeitsonden Voyager 1 und 2, für die lediglich ein kurzer Vorbeiflug geplant war, näherte sich Juno von Anfang an aufgrund einer ausgeklügelte Bahn dem Planeten Schritt für Schritt, so dass ein Einschwenken in einen permanenten Orbit um Jupiter möglich gemacht werden konnte. Dafür drehte sich Juno nach fünfjähriger Reisezeit am 4.Juli 2016 mit rund 20.000 km/h in eine Pol-zu-Pol-Bahn um den Planeten ein. Nach dem Start hatte die Sonne mit der so genannten Swing-by-Technik weit ausgeholt, um überhaupt in die Situation zu kommen, in eine Langzeitbahn um den Riesenplaneten einzuschwenken.
Übrigens ist Juno die erste Sonde in einer Entfernung von mehr als 750 Millionen Kilometern zu unserem Zentralgestirn (das ist die fünffache Entfernung Erde-Sonne), die ihre Energie nur aus Solarzellen bezieht. Daher wurde ein sehr komplexes Szenario für die Umkreisung des Gasriesen ausgewählt. Es mussten unter anderem zwei Hauptbedingungen erfüllt werden: Zunächst die Vermeidung des Eintritts in den Schatten Jupiters, damit die Solarzellen ununterbrochen Energie liefern können und darüber hinaus eine geringe Distanz zum Jupiter bei größter Annäherung. Diese kann nur durch eine hochelliptische Umlaufbahn erreicht werden, die sich über die Pole des Planeten erstreckt. Daher wird die Raumsonde auch als Jupiter Near Pole Orbiter bezeichnet.
Auch in diesem Jahr standen mit den Orbits Nr. 58-64 recht nahe Vorbeiflüge an. Bei diesen äußerst riskanten Manövern kommt Juno mit weniger als 20.000 km Abstand dem größten Planeten unseres Sonnensystems so nah, wie noch nie eine Raumsonde zuvor.
Dabei konnten Bild-Aufnahmen in einer bisher nicht erreichten Qualität getätigt werden. Auf diesen kann man deutlich erkennen, dass in der Hochatmosphäre des Planeten ein äußerst dynamisches Wettergeschehen herrscht. Wir schauen dabei auf verschiedenste Zyklone und Anti-Zyklone, welche die Schichten der Atmosphäre gewaltig durcheinanderwirbeln.
Auf einem gut vierminütigen Video sind - nach einem Vorbeiflug an Ganymed, dem größten Mond des Sonnensystems - zunächst im Terminator (Gebiet zwischen Licht und Schatten) deutlich elektrische Entladungen zu erkennen. Auch im weiteren Verlauf erkennt man, dass die gewaltigen Blitze in der oberen Atmosphäre des Jupiters eine ganz normale Anomalien zu sein scheinen. Hinsichtlich der Dynamik des Wettergeschehens fällt zu Beginn der dritten Minute eines der größten Wunder unseres Sonnensystems deutlich ins Auge: Fünf fast gleich aussehende weiße Wirbelstürme von jeweils halber Erdgröße reihen sich wie eine Perlenkette innerhalb eines atmosphärischen Bandes auf. Natürlich ist auch zu erkennen, dass sich die Geschwindigkeit mit über 200.000 km/h auf die Qualität der Aufnahmen auswirkt. Bei der größten Annäherung sind diese doch recht verschwommen und müssen der gewaltigen Geschwindigkeit Tribut zollen.
Eine weitere, in diesem Jahr veröffentliche Simulation erlaubt es nun sogar in das bekannteste Objekt des Jupiters, dem nach Galilei benannten Großen Roten Fleck (GRF), regelrecht einzutauchen. Der Blick beginnt etwa 3000 Kilometer über Jupiters Wolkendecke im Süden. Die eigene Position kann man mit dem Display links verfolgen. Während die Höhe abnimmt und die Temperatur gleichzeitig zunimmt, rast man mit hoher Geschwindigkeit in über 220 km Tiefe, um danach wieder in die obere Atmosphäre von Jupiter zu gelangen (https://apod.nasa.gov/apod/ap240519.html). Tatsächlich zeigen die Juno-Daten, dass der Große Rote Fleck bis zu 300 Kilometer tief in die Atmosphäre des Riesenplaneten eindringt. Es handelt sich dabei um den größten Wirbelsturm im Sonnensystem.
Beim bisher letzten Vorbeiflug am 23.Oktober dieses Jahres konnte die JunoCam des Orbiters ein ganz besonderes Bild schießen: Neben dem größten Planeten unseres Sonnensystems ist mit dem kartoffelähnlichen Jupitermond Amalthea eines der kleinsten Objekte des Jupitersystems gerade noch eben zu erkennen. Nur knapp 84 km beträgt die längste Ausdehnung des unregelmäßig geformten Mini-Mondes.
Alles in allem betrachtet, ist die Mission nach mehr als acht Jahren im permanenten Jupiterorbit ein riesiger Erfolg. Doch ein Wermutstropfen gibt es bereits jetzt für die Wissenschaftler: Die im Jahr 2021 genehmigte Weiterführung aller Experimente während der Vorbeiflüge an Jupiter läuft im September 2025 aus. Ob es die Sonde tatsächlich bis zu ihrem 10jährigen Orbit-Jubiläum schafft oder bereits zuvor der Treibstoff für Kurskorrekturen ausgeht, ist höchst fraglich. Möglicherweise wird sie - ähnlich wie im September 2017 die Saturnraumsonde Cassini - in einem finalen Bogen kontrolliert in die Jupiteratmosphäre eintauchen und verglühen. Dann heißt es: Farewell Juno.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Fotos: Planetarium Halberstadt (Julia Rummert und Klaus Huch)
Freitag 01.11.2024
131. Das Wunder der Polarlichter in unseren Breiten
Im Monat November prägen zwar oftmals ungünstige Wetterlagen die Wahrscheinlichkeit für eine genaue Beobachtung des gestirnten Himmels, doch sollte es ab und an auch Möglichkeiten für einen Blick zu den Sternen geben. Bis zum Monatsende sind erste Erkundungen der nördlichen Himmelshalbkugel auch schon vor 18 Uhr gegeben. Dabei sind die im Westen untergehenden Sommersternbilder Leier, Adler und Schwan ebenso zu bewundern, wie das Herbstviereck, gebildet aus den Sternbildern Andromeda und Pegasus. Bereits in den frühen Abendstunden gegen 19 Uhr kommen dann mit den Sternbildern Fuhrmann und Stier die ersten Wintersternbilder hinzu. Sie werden begleitet durch den gleißend hellen Planeten Jupiter, dem derzeit hellsten Planeten am Nachthimmel. Dagegen ist Saturn, der zu diesem Zeitpunkt genau im Süden steht, eher blass.

Die Geschichte der Beobachtung der Sonne verbunden mit dem Aufspüren, Skizzieren und Klassifizieren der Sonnenflecken, war in der Rubrik Kosmos schon mehrfach Thema. Dabei wurde vor allen hervorgehoben, dass der Dessauer Apotheker Samuel Heinrich Schwabe großen Anteil daran hatte, den Zyklus der Sonnenaktivitäten erstmalig genau zu beschreiben (siehe Kosmos 123. „Wandernde Sonnenflecken“). Natürlich sind die 11,2 Jahre Abstand zwischen den einzelnen Maxima immer ein Mittelwert. Es können in manchen Zeiträumen nur neun oder zehn Jahre sein. Anderseits scheint die Sonne aber auch trägere Phasen zu haben und es vergehen zwölf oder gar 13 Jahre zwischen den Spitzen der Aktivität.
Schon im Frühjahr dieses Jahres nahm das Solar Dynamics Observatory (SDO) der NASA eine Sonnenfleckengruppe ins Visier, die zu den größten jemals beobachteten ihrer Art zählt. AR 3664 ist 14mal so groß wie die Erde. Einigen Beobachtern gelang es dabei, diese Fleckengruppe bei Frühnebel mit bloßem Auge zu erkennen. Sonnenflecken bilden sich durch intensive magnetische Kräfte, die einen Teil der im Inneren der Sonnen produzierten Energie daran hindern, die Oberfläche zu erreichen. Dadurch sind Sonnenflecken mit 4300-4800 Kelvin deutlich kälter als die ungestörte, die Sonnenflecken umgebende Sonnenoberfläche mit 5800 Kelvin. Die Flecken sind bestimmt durch ihren zentralen dunklen Bereich, der sogenannten Umbra, die wiederum von einem transparenten Umfeld, der sogenannten Penumbra, umgeben ist.
Die unterdrückte Energie äußert sich dabei in Hunderten von sogenannten Flares. Diese auch Spiculen genannten Energieausstöße sind hochenergetisch, aber zeitlich nur sehr kurz.
Ganz anders verhält es sich hingegen bei den solaren Superstürmen, die als CME (Coronal Mass Ejection, deutsch Koronale Massenauswürfe) bezeichnet werden. Sie stellen die energiereichsten Ereignisse der Sonnenaktivität dar und können – sollte ihre Ausbruchswolke genau in Richtung Erde stehen – auch auf unserem Planeten verschiedene Konsequenzen mit sich bringen. In den vergangenen fünfzehntausend Jahren sind genau drei CMEs aufgetreten, die verheerende Auswirkungen auf die irdische Flora und Fauna gehabt haben müssen. Bei den rochronologischen Untersuchungen konnten die Ereignisse anhand der Jahresringe uralter Baumstümpfe genau nachgewiesen werden. Allerdings liegen diese Ereignisse so weit zurück, dass man nicht auf weitere Hinweise zu eventuellen Zerstörungen in alten Schriftrollen oder Keilschriften hoffen kann.
Aus neuerer Zeit sind Störungen im Bereich des Funkverkehrs oder der Stromversorgung bekannt geworden. So waren zum Beispiel Teile Kanadas Ende der 1980er Jahre durch einen CME weitestgehend ohne Elektrizität. Dieses geschah genau am 13. März 1989: Ein Sonnensturm legte in der kanadischen Provinz Quebec das komplette Stromnetz lahm. Sechs Millionen Menschen saßen im Dunkeln. Neun Stunden lang tauten Kühlschränke auf, Krankenhäuser und Betriebe konnten nur noch mit Notstromversorgung weiterarbeiten und das normale Leben kam zum Erliegen.
Momentan kann man sich allerdings an den weniger gefährlichen Auswirkungen der CMEs erfreuen. Wenn die mit ungefähr 1000 Kilometern pro Sekunde extrem schnellen Sonnenpartikel auf das Magnetfeld der Erde treffen, verbiegen und verzerren sie dieses erheblich.
Normalerweise sind dann nur in der Nähe der Polarkreise Reaktionen dieser hochenergetischen Teilchen mit den in der Hochatmosphäre befindlichen Atomen möglich. Dieser atomare „Crash“ kann dann die wunderbaren Farben der sogenannten Polarlichter erzeugen.
Durch die erhöhte Sonnenaktivität sind in den letzten zwei Jahren vermehrt auch Polarlichter in südlicheren Breiten sichtbar gewesen. Bis hin nach Sizilien konnten dieses Naturphänomen beobachtet werden.
Am 10.Oktober gelangen es dem Autor und seiner Kollegin selbst einige Fotos der Aurora borealis (Nordlicht) in Halberstadt, östlich des Harzes zu machen. Wenige Tage zuvor hatte die Fleckenguppe AR 3664 erneut ein CME-Ereignis ausgelöst und einen breiten Teilchenstrom in Richtung Erde befördert. In großer Höhe reagierten daraufhin die geladenen Sonnenteilchen mit den Sauerstoff- und Stickstoffatomen. Das Nachglühen dieses geomagnetischen Sturmes erzeugte dann die gut sichtbaren grünlichen und rötlichen Farbanteile.
Das grüne Licht entsteht dabei in einer Höhe von 120 Kilometern, währenddessen das rote Licht in 250 Kilometer über der Erdoberfläche strahlt, was man auf einer Aufnahme, die von den Astronauten der Internationalen Raumstation ISS getätigt wurde, sehr gut erkennen kann.
Erlebt man dieses Ereignis jedoch selbst auf Erden, fühlt man sich von diesem Spektakel regelrecht überwältigt. Man kann wieder einmal spüren, direkt erleben, wie klein wir Menschen gegenüber himmlischen Erscheinungen sind, selbst denen gegenüber, die in unserer unmittelbaren „Nachbarschaft“ ausgelöst werden.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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EsWa, Galaxien 303, Digital, 140 x 190, 2024
Sonntag 01.09.2024
130. Jupiter gestern und heute
Die Sonne kreuzt auf ihrer scheinbaren Bahn am 22. September um 14.44 Uhr die Ekliptik - wir haben damit die zweite Tagundnachtgleiche des Jahres und der Herbst beginnt.
Die Tage werden deutlich kürzer und so kann man bereits in den Abendstunden interessante Beobachtungen tätigen. Noch immer dominiert das Sommerdreieck den Nachthimmel. Deneb, als dritter Eckpunkt dieser Formation, ist der lichtschwächste der drei Hauptsterne. Der arabische Ursprung des Namens verweist auf das Hinterteil des Schwanes, womit deutlich wird, dass die frühe Astronomie in allen drei Sternbildern Vögel sah (Wega - „herabstoßender (Adler)“; Atair - „fliegender (Adler)“).
Deneb selbst ist ein blauer Überriesenstern mit fast 200fachem Sonnendurchmesser. Seine jetzige Position am Abendhimmel zeigt in die Richtung des Herbstvierecks, das entsprechend der jahreszeitlichen Veränderung des Firmaments, nun zur bestimmenden Nachtkonstellation wird.
Die Planeten haben sich komplett von ihrer monatelangen Nichtsichtbarkeit verabschiedet. Saturn strahlt die ganze Nacht über. Die Venus als Abendstern kann nur unter den günstigen Bedingungen völlig freier Sicht im Westen erspäht werden. Ähnlich verhält es sich mit dem Morgenstern Merkur im Südosten. Allerdings wird er schon bald von der aufgehenden Sonne überstrahlt. Mars ist in den frühen Morgenstunden als rötliches Objekt gut auszumachen und der Planetenriese Jupiter ist in der zweiten Nachthälfte dominierend. Zwischen den Sternen Beta und Zeta Tauri, die auch als „Hörner“ des Stiers bezeichnet werden, ist er deutlich zu erkennen.

Inwiefern haben Ereignisse, die über 400 Jahre zurückliegen und unmittelbar mit dem Planeten Jupiter zu tun haben, das Leben auf der Erde entscheidend verändert? Kann eine solche Frage so im Raum stehen bleiben? Man muss dies klar und deutlich bejahen, denn was sich in den ersten Januartagen des Jahres 1610 ereignete, war eine astronomische Revolution, die im Nachhinein die Sichtweise auf unsere Welt völlig verändern sollte: Über Jahrtausende beobachtete der Mensch den gestirnten Himmel lediglich mit dem bloßen Auge, doch nun konnte ein Astronom zum ersten Mal überhaupt mit einem Instrument das Firmament betrachten. Es war der berühmte italienische Gelehrte Galileo Galilei, der sich von holländischen Linsenschleifern beraten ließ und sein eigenes „Telescopio“ konstruierte. Natürlich war es nur ein in seiner Vergrößerung noch recht eingeschränktes Linsenfernrohr. Doch als er am 10. Januar in der Nähe von Padua bei gutem Wetter den Jupiter beobachtete, stellte er fest, dass hier etwas passiert, was nicht in das Weltbild der damaligen Zeit passte. Galilei stellte während der ausgiebigen Exkurse in den Nächten fest, dass um den Jupiter vier weitere Himmelskörper aufgereiht waren – die ihre Position Nacht für Nacht veränderten. Schnell folgerte er daraus, dass diese sich einzig und allein um ihren Mutterplaneten Jupiter als Monde bewegen würden. Damit war die über Jahrtausende geltende Theorie, dass die Erde Zentrum aller Bewegungen im Universum sei, im wahrsten Sinne des Wortes von heute auf morgen widerlegt.
Übrigens sieht man die Situation um die Entdeckung der Jupitermonde im fränkischen Ansbach ganz anders. Der zur selben Zeit dort tätige Hofastronom Simon Mayr (latinisiert Simon Marius) beobachtete in den gleichen Nächten ebenfalls mit einem aus Holland stammenden Linsenfernrohr den Himmel über dem Frankenland und soll in seinen Schriften ebenfalls verzeichnet haben, dass sich Objekte um den Jupiter bewegen. Möglicherweise beobachtete Marius zur genau gleichen Zeit die fernen Planeten. Galilei hat sich sehr offensiv gegen die vermeintlichen Entdeckungen des fränkischen Astronomen geäußert und ihn sogar der Lüge bezichtigt. Der Streit eskalierte, doch letztendlich gaben die „Professori“ an der berühmten Universität zu Padua ihrem italienischen Gelehrtenkollegen Recht (siehe Kosmos 99).
Doch einen wahren Sieger gab es bei diesem Streit letztendlich nicht: Galilei hatte schon bald vor der Inquisition zu erscheinen, um dort über seine Beobachtungen zu berichten. Da sich seine Entdeckungen mit den Dogmen der damaligen Zeit nicht in Einklang bringen ließen, blieben die Erde und somit auch Gott im Zentrum allen Seins. Am Ende der Befragungen soll sich Galilei nach und nach von seinen Aussagen distanziert haben, um sich als hochbetagter Mann einer möglichen drakonischen Strafe zu entziehen. Man bedenke, dass nur zehn Jahre vor seinen Entdeckungen der Mönch Giordano Bruno, dessen Behauptungen, dass es mehrere Welten im Kosmos geben könnte, als Gotteslästerung ausgelegt wurden, als Ketzer öffentlich hingerichtet wurde (siehe Rubrik LITERATUR Volker Reinhardt „Der nach den Sternen griff. Giordano Bruno - Ein ketzerisches Leben“)
Galilei wurde, nachdem er seine Lehren verworfen hatte, zu einem lebenslangen Hausarrest verurteilt. In seinen letzten, sehr einsamen acht Lebensjahren soll der inzwischen fast blinde Gelehrte regelrechte Gedächtnisprotokolle diktiert haben. Vielleicht ist es nur seinem genialen Kopf zu verdanken, dass wir heute überhaupt noch etwas von seinen Entdeckungen wissen, denn die Inquisition hatte ihm alle Schriften entrissen.
Über die Jahrhunderte wurde Jupiter natürlich immer genauer beobachtet. Zunächst konnten zwar keine weiteren Monde entdeckt werden, doch schon bald erkannte man mit Spiegelteleskopen, dass die – wie wir heute wissen – gasförmige Oberfläche des Planeten von einer sehr interessanten, von Streifen und Bändern geprägten Struktur umgeben ist. Und schon Galilei hatte gesehen, dass sich ein riesiger Wirbelsturm, den er als großen roten Fleck beschrieb, periodisch um den Planeten bewegt. Noch heute ist er aktiv, trägt als Namen noch immer Galileis Umschreibung und ist zwei Mal so groß wie die Erde.
Mit dem Start der beiden Voyager Sonden vor genau 47 Jahren wurde ein völlig neues Kapitel in der Erforschung des fernen Gasriesen eingeläutet. Die ersten direkten Aufnahmen des Planetengiganten wurden 1979 zur Erde gefunkt und erregten sofort das Interesse der Astronomen in aller Welt.
Seither haben weitere Raumsonden die Fernerkundung übernommen. So lieferten das zu Ehren Galileis benannte Raumschiff Galileo und die noch heute aktive Mission Juno in den darauffolgenden Jahrzehnten immer neue und zum Teil einzigartige Aufnahmen (https://science.nasa.gov/gallery/junocam-images/).
Am 19. und 20.August passierte die Raumsonde JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer; deutsch Jupiter-Eismond-Erkunder) auf ihrem Weg zum Jupiter sowohl unsere Erde als auch den Erdmond in nur einigen hundert Kilometern Abstand. Es handelt sich hierbei um ein europäisches Gemeinschaftsprojekt mit dem ambitionierten Ziel, nach dem Erreichen des Gasplaneten im Jahre 2031 dort für mindestens fünf Jahre tätig zu sein. Besonders spannend wird es dann, wenn JUICE die „Galileischen Monde“ aus aller Nähe betrachten wird. Unter den günstigen Umständen eines Überflugs in geringer Höhe sollte es möglich sein, die Geheimnisse von Io, Europa, Ganymed und Kallisto (so die Namensgebung durch Galilei) zu entlüften. Möglicherweise könnten die vermuteten Wasserreserven der Eismonde aufgespürt werden. Die Beantwortung der Frage, ob es unter den Eispanzern von Europa, Ganymed und Kallisto sogar unterirdische Ozeane mit möglichen außerirdischen Lebensformen gibt, bleibt bis dahin unbeantwortet und ist somit das größte Rätsel in der Fernerkundung unseres Planetensystems.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Donnerstag 01.08.2024
129. Der galaktische Tanz
Bilder
EsWa, Galaxien 299, Digital, 156 x 178, 2024
In den Augusttagen ist ein Stern besonders deutlich sichtbar: Es ist die Wega im Sternbild Leier. Sie zählt zu den hellsten Objekten am nächtlichen Firmament und ist bereits mit Einbruch der Dämmerung fast im Zenit stehend gut auszumachen. Sie ist einer von drei Sternen, die das sogenannte Sommerdreieck bilden. Die beiden anderen Sterne sind Deneb aus dem Sternbild Schwan und Atair, der Hauptstern des Adlers, die sich ebenfalls in der Abenddämmerung vom immer dunkler werdenden Himmelshintergrund abheben. Der arabische Name Atair bedeutet soviel wie „der Fliegende“ oder auch „der Flüchtende“. Ein Hinweis auf den Mythos um ein Adlerpaar, das ebenfalls in arabischen Schriften Erwähnung findet. Im Gegensatz zum fallenden Adler (Wega), der vom tödlichen Pfeil des Schützen (Sagittarius) hinweggerafft wird, verfehlt der für das männliche Tier vorgesehene Pfeil sein Ziel und so steigt der Atair zum Himmel empor. Jener fehl geschossene Pfeil ist übrigens als Sternbild Pfeil (Sagitta) direkt oberhalb von Atair sichtbar.
Die Planeten spielen im Monat August nach wie vor nur eine Nebenrolle, einzig Saturn steht um Mitternacht tief in südöstlicher Richtung im Sternbild Wassermann (Aquarius). Dafür kann man in der Nacht vom 12.8. zum 13.8. in der Zeit zwischen 23 und 4 Uhr innerhalb einer Stunde bis zu 100 Sternschnuppen des Perseidenstromes beobachten.

Was war zuerst: Das Ei oder die Henne ? Diese nicht ganz einfach zu beantwortende Frage kann im übertragenen Sinne einer Aufnahme des James-Webb-Space-Telescopes zugeordnet werden, denn schaut man auf das Bild, welches anlässlich des zweiten Geburtstages des leistungsstärksten Weltraumteleskops veröffentlicht wurde, stellt sich unwillkürlich die Frage, welches der beiden im Vordergrund stehenden Objekte als erstes am Himmel sichtbar wurde. In diesem Fall heißt es dann Ei oder Pinguin, denn gemäß einer alten Tradition bekommen solche Himmelskörper von ihren Entdeckern einen nicht allzu Ernst zu nehmenden Spitznamen. In diesem „astronomischen“ Fall ist die Antwort ganz einfach: Beide - Ei und Pinguin - sind interagierende Milchstraßen gleichen Alters. Das im Sternbild Hydra (Wasserschlange) befindliche Galaxienpaar wird astronomisch als Arp 142 bezeichnet. Die beiden Galaxien mit den Katalognamen NGC 2936 und NGC 2937 sind rund 326 Millionen Lichtjahre von uns entfernt, was ungefähr der 130fachen Distanz zu unserer Nachbargalaxis Andromeda entspricht.
Natürlich haben sich die Forscher im JPL (Jet Propulsion Laboratory) im kalifornischen Pasadena anlässlich des Jubiläums etwas Besonderes einfallen lassen. Dabei haben sie versucht Ei und Pinguin in einer dreidimensionalen Simulation vor unseren Augen tanzen zu lassen.
Sehr deutlich sieht man dabei, dass es zwischen den beiden verzerrten und somit in die Klasse der unregelmäßigen Galaxien eingestuften Objekte Materiebrücken gegeben haben muss. Der Austausch von Materie ist bei der Gruppe von kollidierenden Welteninseln üblich, denn am Ende dieses Prozesses hat das Paar ihr Aussehen komplett geändert und ist zu einer einzelnen und somit eigenständigen Galaxie verschmolzen. Wie übrigens eine normale Galaxis aufgebaut ist, hat das Team vom Webb-Teleskop erst vor kurzem der Öffentlichkeit mit der hochauflösenden Darstellung der Galaxie M74 präsentiert.
Natürlich fällt bei der Betrachtung des Bildes von Arp 124 auf, dass der kosmische Tanz vor dem Hintergrund vieler weiter entfernter Milchstraßen geschieht. Man stelle sich das bildlich vor: Beim Fürstenfeldbrucker Festival Dance First geben zwei im Vordergrund agierende Tänzer ein aufsehenerregendes Pas de deux. Nicht nur wir als Zuschauer staunen, auch die im Hintergrund einen Halbkreis bildenden Tänzer der Compagnie sind begeistert. Der Unterschied zwischen dem tänzerischen Duo auf der Bühne in Fürstenfeldbruck und dem kosmischen Tanz bei der Webb-Simulation liegt allerdings darin verborgen, dass die Hintergrundtänzer nicht auf der Bühne zu finden wären, sondern sich irgendwo im weitläufigen Hinterland zwischen München und Nürnberg befinden. Ungefähr so kann man sich die großräumige Verteilung dieser fernen Welten vorstellen, jede einzelne von ihnen eine ferne Milchstraße mit mehreren hundert Millionen Sternen.
Das Webb-Teleskop ist nun auf Dauer unser größtes Fernrohr im Weltall, doch das größte erdgebundene Teleskop lässt in seiner Fertigstellung auf dem 3046 Meter hohen Cerro Armazones in der chilenischen Atacama-Wüste vor allem coronabedingt noch etwas auf sich warten: Es ist das Extremly Large Teleskop (ELT) der europäische Südsternwarte (ESO). Allerdings sind auch hier bereits einige außerordentliche Erfolge zu verkünden. Zunächst gab es die ESO-Pressemitteilung, dass bei der Firma Schott in Mainz der letzte der 969 einzelnen Spiegelrohlinge zur weiteren Bearbeitung ausgeliefert wurde.
Nach dem Feinschliff und der Verspiegelung jedes dieser einzelnen aus Zerodur bestehenden Rohlinge sollen sie dann so zugeschnitten werden, dass sie - im Bienenwabenmuster angeordnet - die gigantische Spiegel-Grundfläche des 39,3 Metern großen Hauptspiegels M1 ergeben.
Zum Vergleich sei hier angefügt, dass die größten derzeit im Dienst befindlichen Spiegel knapp über 10 Meter Durchmesser aufweisen. Diese bisher noch nie bewältigten Dimensionen müssen natürlich auch in einer entsprechenden Sternwartenkuppel untergebracht werden. Hierzu kann man sich bei der ESO ein Bild vom Baufortschritt machen.
Um später die starken Temperaturschwankungen des Wüstenklimas ausgleichen zu können, wurde mit Zerodur ein glaskeramischer Werkstoff von der Firma Schott und dem Max-Planck-Institut für Astronomie entwickelt, der sich selbst so gut wie nicht verformt und somit als „thermisch stabil" anzusehen ist. Dies ist letztlich die Grundvoraussetzung dafür, dass das riesige Teleskop im späteren Dauerbetrieb auch in der kompletten Beobachtungsnacht einsatzbereit bleibt.
Kaum auszudenken, welch großartiges neues Fenster sich öffnen wird, wenn das Großteleskop ELT, das mehr als 10 Millionen Mal empfindlicher als das menschliche Auge sein wird, erstmals nach seiner Fertigstellung im Jahr 2028 in die Fernen des Universums blickt. Dieser große Moment - im Fachjargon nüchtern „First light“ genannt - wird von den Astronomen in der ganzen Welt mit großer Spannung erwartet.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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EsWa, Galaxien 291, Digital, 70 x 180, 2024
Montag 01.07.2024
128. Wirbelsturm als gigantischer Trichter
Im Monat Juli steht im Süden eine außergewöhnliche Konstellation. Es ist das Sternbild Skorpion, das gegen 23 Uhr bei absolut freier Sicht gut zu erkennen sein sollte. Bereits seit dem Altertum wird der Hauptstern Antares durch sein rötliches Licht mit dem Planeten Mars verwechselt. Der Name Antares geht auf die lateinische Wortschöpfung Anti-Mares (Gegen-Mars) zurück.
Die Planeten halten sich weiter rar. Einzig Saturn, der um Mitternacht aufgeht und Mars (Aufgang gegen 2.30 Uhr) sind in der zweiten Nachthälfte zu sehen.
Mit zunehmender Dunkelheit ist auch das Sommerdreieck, gebildet aus den Hauptsternen der Konstellationen Adler, Leier und Schwan, zu beobachten. Die Hauptsterne Atair, Wega und Deneb sind leicht in Zenitnähe auffindbar.
Die Erforschung des wohl größten Wirbelsturms des Sonnensystems ist untrennbar mit dem Namen eines italienischen Astronomen verbunden. Es ist der 1825 in Perinaldo bei Genua geborene Giovanni Domenico Cassini. Dank der Einflussnahme und der Fürsprache bekannter Lehrerkollegen wurde der zwar noch junge, aber als großes Talent geltende Cassini im Jahr 1650 zum Professor für Mathematik und Astronomie an die Universität von Bologna berufen und galt schon bald als begnadeter Beobachter. Mit den für damalige Zeiten hervorragenden Teleskopen der Universitätssternwarte gelangen ihm einige interessante astronomische Beobachtungen, die dazu führten, dass er 1655 in der Basilika San Petronio einen Sonnenmeridian einbauen ließ. Dieser ist noch heute so präzise, dass er den Höchststand der Sonne zur Mittagszeit an jedem Sonnentag des Jahres abbildet, woraus sich die Jahreslänge genau ableiten lässt.
Im Jahr 1661 gelangen ihm erste erfolgreiche Beobachtungen der beiden fernen Planeten Jupiter und Saturn. 1665 fiel ihm auf, dass der Planetenriese Jupiter einen Fleck hatte, der sich periodisch alle 10 Stunden zeigte. Dass dies nur mit der Rotation des riesigen Planeten zusammenhängen konnte, erkannte er sofort, da er selbst die Rotationsperiode des Gasriesen als einer der ersten Astronomen nachgewiesen hatte. In den folgenden Jahren klassifizierte Cassini die Erscheinung als permanent, was sich später für viele Jahrzehnte bewahrheitete. Die Feststellung, dass der dunkle Fleck sich periodisch um den Planeten bewegt, war nicht nur die erste Beobachtung dieser Art von riesigen Wirbelstürmen, sondern der Beginn einer Langzeitstudie dieser atmosphärischen Erscheinung des Jupiters. Die Frage, ob dieser Fleck wirklich seit der Erstbeobachtung durch Cassini immer Bestand hatte, stellt sich heute den Fachleuten neu, denn historischen Forschungen zufolge blieb der Fleck nach dem Jahr seiner letzten Dokumentation 1713 über einen sehr langen Zeitraum unbeobachtet. Genau 118 Jahre später konnte der Dessauer Astronom und Apotheker Heinrich Samuel Schwabe (siehe Kosmos 123) im Jahre 1761 den Fleck erstmals wieder deutlich nachweisen. Seit der Zeit der Beobachtungen durch Schwabe, der auch als erster nicht nur von einem dunklen Fleck sprach, sondern ihn als rötlich beschrieb, gab es auch immer mehr deutliche Hinweise auf periodische Schwankungen der Größe des Objekts zwischen einem und teilweise sogar bis zu dreifachem Erddurchmesser.
Die Zeit der modernen Beobachtung begann mit den Vorbeiflügen der Raumsonden Pioneer 10 und 11. Einige Jahre später waren dann die Planeten-Sonden Voyager 1 und 2 vor Ort. Bei der Geschwindigkeit von mehr als 60.000 Stundenkilometern blieb allerdings nur Zeit für einige Schnappschüsse.
Auch die nach dem Forscher selbst benannte Raumsonde Cassini konnte auf ihrem Weg zum Saturn den Sturm unter die Lupe nehmen.
Die Chance auf eine ganz neue Qualität der Beobachtung ergaben erst jene Raumsonden, die sich in einer Umlaufbahn um den Planeten Jupiter bewegten.
Bei diesen vorher genau vorausberechneten Passagen konnten die Struktur der gigantischen Formation des GRF (Großer Roter Fleck) viel genauer erkundet werden als bei den Stippvisiten der genannten Vorgänger. Zunächst war es die Raumsonde Galileo, benannt nach dem italienischen Astronomen Galileo Galilei, die ihn auf ihrer speziellen elliptischen Bahn detailliert untersuchte. Die Raumsonde Juno konnte dann 2017 und 2019 erstmals direkt über den GRF fliegen. Aus den zur Erde gefunkten Daten errechneten die Wissenschaftler, dass der Ausdehnungsbereich des mit mehr als 1000 Stundenkilometern rasend schnellen Antizyklons noch tiefer in die Atmosphäre des Planeten hinab reicht, als bisher angenommen. Demnach ist er bis zu 500 Kilometer tief und hat somit die Form eines gigantischen Trichters.
Doch was wurde aus Cassini? Sein außerordentlicher Ruf entging selbst dem französischen Sonnenkönig Ludwig XIV nicht. In einem Brief an ihn aus dem Jahre 1668 ernannte er Cassini persönlich zum königlichen Hofastronomen der neuen Sternwarte von Paris. Gerüchten zufolge soll Cassini, der sich jetzt Jean-Dominique nannte, später selbst wie ein Sonnenkönig aufgetreten sein: Nur die allerbesten Erzeugnisse optischer Art waren für ihn gut genug. So stellten sich schon bald erste wissenschaftliche Erfolge ein. Bereits 1671 konnte er mit Iapetus den ersten seiner drei Saturnmonde entdecken.
Wie genau Cassinis Teleskope - die er übrigens in seiner alten Heimat Italien orderte - arbeiteten, zeigte sich 1675, als er in den Ringen des Saturns eine Lücke fand. Diese Entdeckung führte dazu, dass sich sein Ruhm noch weiter steigerte und die Erscheinung noch heute Cassini-Teilung genannt wird. Zeitlebens wurde er vom Sonnenkönig protegiert und Gelehrte aus allen Ländern Europas pilgerten zu ihm in das berühmte Pariser Observatorium. 1712 starb der hochverehrte, aber leider inzwischen erblindete Cassini mit einem für die damalige Zeit biblischen Alter von 87 Jahren als französischer Staatsbürger. Bis zum Jahr 1795 blieb das Pariser Observatorium fest in der Hand der Cassinis, denn sowohl sein Sohn als auch sein Enkel und sein Urenkel waren in einer ununterbrochenen Reihenfolge die späteren Leiter der weltberühmten Sternwarte. Interessant ist, dass sie in den Analen des Oberservatoire de Paris recht nüchtern als Cassini I, II, III und IV verzeichnet sind.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Samstag 01.06.2024
127. Das größte aller Geheimnisse
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EsWa, Galaxien 278, Digital, 170 x 90, 2024
Im Monat Juni werden die Frühlingssternbilder nach und nach durch die Sternbilder des Sommers abgelöst. Zwar steht noch immer der Löwe abends hoch im Süden, doch im Laufe der Nacht kommen die Sternbilder des Sommerdreiecks immer mehr zur Geltung. Sie bestehen aus der Leier, dem Schwan und dem Adler, wobei jeweils die Hauptsterne Wega, Deneb und Atair miteinander verbunden werden müssen. Die Planeten machen sich nach wie vor sehr rar. Einzig der Saturn entwickelt sich zum Planeten der zweiten Nachthälfte. Da er fast 30 Grad Höhe erreicht, ist er in der Morgendämmerung im Südosten zu erkennen.

Seit fast 50 Jahren arbeitet die europäische Raumfahrtorganisation ESA als Zusammenschluss von 22 Ländern. Am 30.05.1975 unterschrieben die Vertreter von zehn europäischen Ländern die Gründungsurkunde. Seit dem kann man auf viele interessante und zum Teil auch höchst erfolgreiche Missionen zurückblicken.
Schon in den 1980er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte die nach dem italienischen Maler Giotto benannte Kometensonde eine bis dahin ungeahnte Flut an Daten und Fotos zur Erde gesendet, als sie am 14. März 1986 den bekanntesten aller Kometen passierte. Der nach dem englischen Gelehrten Edmond Halley benannte Komet entpuppte sich als ein in Auflösung befindlicher Himmelskörper. Die zur damaligen Zeit wohl bekanntesten Astronomen Fred Whipple, Jan Henrik Oort und Carl Sagan trafen sich in dieser entscheidenden Nacht im Kontrollzentrum in Darmstadt und bezeichneten die Passage am Halleyschen Kometen als das wichtigste Ereignis nach der ersten Mondlandung.
Halley selbst hat den Kometen übrigens nie gesehen, hatte ihn aber, bevor er 1742 verstarb, präzise für das Jahr 1758 vorausgesagt. Der italienische Maler Giotto di Bondone hingegen war vermeintlich der erste Künstler, der den großen Kometen auf einem Bildnis verewigte. Man geht aber davon aus, dass die Wiederkehr des Kometen im Jahre 1066 auf dem berühmten Teppich von Bayeux zu erkennen ist. Höchst erschrocken schauen die Berater des englischen Königs Harold auf den „Istimirant Stella“. Ein klarer Hinweis darauf, dass man den Ursprung des „neuen, wunderbaren Sterns“ nicht deuten konnte und ihn womöglich als Zeichen eines bevorstehenden Unglücks sah. Vielleicht liegt hierin schon der Ursprung des Kometenaberglaubens, denn die furchtbare Niederlage Harold gegen Wilhelm den Eroberer begründete eine fast 300jährige Fremdherrschaft in England.
Mitte der 1990er Jahre wurde die Raumsonde SOHO als Gemeinschaftsprojekt der NASA und der ESA auf den Weg zur Sonne gebracht. Das Solar and Heleospheric Observatory war das erste Raumschiff, welches ausschließlich die Sonne beobachten sollte. Inzwischen ist der Methusalem unter den Raumfahrzeugen das Flaggschiff der Sonnenforschung, denn bis auf einige wenige Ausfälle arbeiten die Bordgeräte bis zum heutigen Tag einwandfrei und die Kameras zeigen immer wieder großartige Bilder. Ein wichtiges Forschungsergebnis war die Entdeckung völlig neuer Kometen. Dies sind zum einen die „Sungrazer“, die bei ihrem Vorbeiflug der Sonnen sehr Nahe kommen. Einige dieser Kometen, stürzen dabei sogar in unser Zentralgestirn.
Der Doppelstart der Raumsonden Herschel und Kepler im Frühjahr 2009 war ein Meilenstein für die Erforschung des interstellaren Raums. Während das nach dem Entdecker des Neptuns benannte Herschel-Weltraumteleskop in erster Linie Aufnahmen im Infrarot-Bereich lieferte, hat die Kepler-Sonde beim Aufspüren und Katalogisieren von Exoplaneten neue Dimensionen erreicht. Von den heute bekannten rund 5500 fernen Welten, von denen allerdings gerade eine Handvoll unserem Heimatplaneten ähneln, hat Kepler mit rund 2600 fast die Hälfte entdeckt. Der bekannteste Exoplanet ist dabei zweifellos Kepler 22b. Er war der erste ferne Planet, der seinen Heimatstern Kepler 22 auf einer erdähnlichen Bahn umläuft und damit in der habitablen Zone, dem Bereich, in dem deutlich erdähnliche Lebensbedingungen vorherrschen, liegt.
Das zweifellos wichtigste derzeitige Projekt der ESA ist die Mission des Weltraumteleskops Euclid. Deren unlängst veröffentlichten Bilder brauchen sich keinesfalls hinter denen des Webb Space Telescopes verstecken. Im Gegenteil: Das Bild des Galaxienhaufens Abell 2390, welcher sich im Sternbild Pegasus befindet, zeigt einmal mehr, dass sich in der Ferne des Universums weit mehr Galaxien aufhalten als bisher angenommen. Im Bild selbst sind deutlich nur noch sehr wenige Sterne aus unserer Milchstraße an ihren optisch bedingten sechseckigen Zacken zu erkennen. Im Hintergrund sind in 2,7 Milliarden Lichtjahren Entfernung weit mehr Galaxien als Sterne zu erkennen. Insgesamt wird die Anzahl der fernen Welten allein in diesem Bild auf mindestens 50.000 geschätzt.
Damit beinhaltet der Bildausschnitt aus dem uns umgebenden Kosmos die kaum vorstellbare von 10 Billionen Sonnenmassen.
Letztlich wird es wahrscheinlich weit mehr Galaxien als bisher angenommen geben, sodass ihre Anzahl deutlich nach oben korrigiert werden müsste. Möglicherweise sind wir von mehr als 500 Milliarden dieser galaktischen Welteninseln umgeben. Es zeigt sich einmal mehr, dass man in diesem Zusammenhang den große Carl Sagan zitieren kann: „Der Kosmos ist alles was ist, je war oder je sein wird. Wir spüren, dass wir vor dem größten aller Geheimnisse stehen“.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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