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130. Jupiter gestern und heute
129. Der galaktische Tanz
128. Wirbelsturm als gigantischer Trichter
127. Das größte aller Geheimnisse
126. „Black Hole Sun“
125. Die Rückkehr zum Mond
Bilder
EsWa, Galaxien 303, Digital, 140 x 190, 2024
Sonntag 01.09.2024
130. Jupiter gestern und heute
Die Sonne kreuzt auf ihrer scheinbaren Bahn am 22. September um 14.44 Uhr die Ekliptik - wir haben damit die zweite Tagundnachtgleiche des Jahres und der Herbst beginnt.
Die Tage werden deutlich kürzer und so kann man bereits in den Abendstunden interessante Beobachtungen tätigen. Noch immer dominiert das Sommerdreieck den Nachthimmel. Deneb, als dritter Eckpunkt dieser Formation, ist der lichtschwächste der drei Hauptsterne. Der arabische Ursprung des Namens verweist auf das Hinterteil des Schwanes, womit deutlich wird, dass die frühe Astronomie in allen drei Sternbildern Vögel sah (Wega - „herabstoßender (Adler)“; Atair - „fliegender (Adler)“).
Deneb selbst ist ein blauer Überriesenstern mit fast 200fachem Sonnendurchmesser. Seine jetzige Position am Abendhimmel zeigt in die Richtung des Herbstvierecks, das entsprechend der jahreszeitlichen Veränderung des Firmaments, nun zur bestimmenden Nachtkonstellation wird.
Die Planeten haben sich komplett von ihrer monatelangen Nichtsichtbarkeit verabschiedet. Saturn strahlt die ganze Nacht über. Die Venus als Abendstern kann nur unter den günstigen Bedingungen völlig freier Sicht im Westen erspäht werden. Ähnlich verhält es sich mit dem Morgenstern Merkur im Südosten. Allerdings wird er schon bald von der aufgehenden Sonne überstrahlt. Mars ist in den frühen Morgenstunden als rötliches Objekt gut auszumachen und der Planetenriese Jupiter ist in der zweiten Nachthälfte dominierend. Zwischen den Sternen Beta und Zeta Tauri, die auch als „Hörner“ des Stiers bezeichnet werden, ist er deutlich zu erkennen.

Inwiefern haben Ereignisse, die über 400 Jahre zurückliegen und unmittelbar mit dem Planeten Jupiter zu tun haben, das Leben auf der Erde entscheidend verändert? Kann eine solche Frage so im Raum stehen bleiben? Man muss dies klar und deutlich bejahen, denn was sich in den ersten Januartagen des Jahres 1610 ereignete, war eine astronomische Revolution, die im Nachhinein die Sichtweise auf unsere Welt völlig verändern sollte: Über Jahrtausende beobachtete der Mensch den gestirnten Himmel lediglich mit dem bloßen Auge, doch nun konnte ein Astronom zum ersten Mal überhaupt mit einem Instrument das Firmament betrachten. Es war der berühmte italienische Gelehrte Galileo Galilei, der sich von holländischen Linsenschleifern beraten ließ und sein eigenes „Telescopio“ konstruierte. Natürlich war es nur ein in seiner Vergrößerung noch recht eingeschränktes Linsenfernrohr. Doch als er am 10. Januar in der Nähe von Padua bei gutem Wetter den Jupiter beobachtete, stellte er fest, dass hier etwas passiert, was nicht in das Weltbild der damaligen Zeit passte. Galilei stellte während der ausgiebigen Exkurse in den Nächten fest, dass um den Jupiter vier weitere Himmelskörper aufgereiht waren – die ihre Position Nacht für Nacht veränderten. Schnell folgerte er daraus, dass diese sich einzig und allein um ihren Mutterplaneten Jupiter als Monde bewegen würden. Damit war die über Jahrtausende geltende Theorie, dass die Erde Zentrum aller Bewegungen im Universum sei, im wahrsten Sinne des Wortes von heute auf morgen widerlegt.
Übrigens sieht man die Situation um die Entdeckung der Jupitermonde im fränkischen Ansbach ganz anders. Der zur selben Zeit dort tätige Hofastronom Simon Mayr (latinisiert Simon Marius) beobachtete in den gleichen Nächten ebenfalls mit einem aus Holland stammenden Linsenfernrohr den Himmel über dem Frankenland und soll in seinen Schriften ebenfalls verzeichnet haben, dass sich Objekte um den Jupiter bewegen. Möglicherweise beobachtete Marius zur genau gleichen Zeit die fernen Planeten. Galilei hat sich sehr offensiv gegen die vermeintlichen Entdeckungen des fränkischen Astronomen geäußert und ihn sogar der Lüge bezichtigt. Der Streit eskalierte, doch letztendlich gaben die „Professori“ an der berühmten Universität zu Padua ihrem italienischen Gelehrtenkollegen Recht (siehe Kosmos 99).
Doch einen wahren Sieger gab es bei diesem Streit letztendlich nicht: Galilei hatte schon bald vor der Inquisition zu erscheinen, um dort über seine Beobachtungen zu berichten. Da sich seine Entdeckungen mit den Dogmen der damaligen Zeit nicht in Einklang bringen ließen, blieben die Erde und somit auch Gott im Zentrum allen Seins. Am Ende der Befragungen soll sich Galilei nach und nach von seinen Aussagen distanziert haben, um sich als hochbetagter Mann einer möglichen drakonischen Strafe zu entziehen. Man bedenke, dass nur zehn Jahre vor seinen Entdeckungen der Mönch Giordano Bruno, dessen Behauptungen, dass es mehrere Welten im Kosmos geben könnte, als Gotteslästerung ausgelegt wurden, als Ketzer öffentlich hingerichtet wurde (siehe Rubrik LITERATUR Volker Reinhardt „Der nach den Sternen griff. Giordano Bruno - Ein ketzerisches Leben“)
Galilei wurde, nachdem er seine Lehren verworfen hatte, zu einem lebenslangen Hausarrest verurteilt. In seinen letzten, sehr einsamen acht Lebensjahren soll der inzwischen fast blinde Gelehrte regelrechte Gedächtnisprotokolle diktiert haben. Vielleicht ist es nur seinem genialen Kopf zu verdanken, dass wir heute überhaupt noch etwas von seinen Entdeckungen wissen, denn die Inquisition hatte ihm alle Schriften entrissen.
Über die Jahrhunderte wurde Jupiter natürlich immer genauer beobachtet. Zunächst konnten zwar keine weiteren Monde entdeckt werden, doch schon bald erkannte man mit Spiegelteleskopen, dass die – wie wir heute wissen – gasförmige Oberfläche des Planeten von einer sehr interessanten, von Streifen und Bändern geprägten Struktur umgeben ist. Und schon Galilei hatte gesehen, dass sich ein riesiger Wirbelsturm, den er als großen roten Fleck beschrieb, periodisch um den Planeten bewegt. Noch heute ist er aktiv, trägt als Namen noch immer Galileis Umschreibung und ist zwei Mal so groß wie die Erde.
Mit dem Start der beiden Voyager Sonden vor genau 47 Jahren wurde ein völlig neues Kapitel in der Erforschung des fernen Gasriesen eingeläutet. Die ersten direkten Aufnahmen des Planetengiganten wurden 1979 zur Erde gefunkt und erregten sofort das Interesse der Astronomen in aller Welt.
Seither haben weitere Raumsonden die Fernerkundung übernommen. So lieferten das zu Ehren Galileis benannte Raumschiff Galileo und die noch heute aktive Mission Juno in den darauffolgenden Jahrzehnten immer neue und zum Teil einzigartige Aufnahmen (https://science.nasa.gov/gallery/junocam-images/).
Am 19. und 20.August passierte die Raumsonde JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer; deutsch Jupiter-Eismond-Erkunder) auf ihrem Weg zum Jupiter sowohl unsere Erde als auch den Erdmond in nur einigen hundert Kilometern Abstand. Es handelt sich hierbei um ein europäisches Gemeinschaftsprojekt mit dem ambitionierten Ziel, nach dem Erreichen des Gasplaneten im Jahre 2031 dort für mindestens fünf Jahre tätig zu sein. Besonders spannend wird es dann, wenn JUICE die „Galileischen Monde“ aus aller Nähe betrachten wird. Unter den günstigen Umständen eines Überflugs in geringer Höhe sollte es möglich sein, die Geheimnisse von Io, Europa, Ganymed und Kallisto (so die Namensgebung durch Galilei) zu entlüften. Möglicherweise könnten die vermuteten Wasserreserven der Eismonde aufgespürt werden. Die Beantwortung der Frage, ob es unter den Eispanzern von Europa, Ganymed und Kallisto sogar unterirdische Ozeane mit möglichen außerirdischen Lebensformen gibt, bleibt bis dahin unbeantwortet und ist somit das größte Rätsel in der Fernerkundung unseres Planetensystems.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Donnerstag 01.08.2024
129. Der galaktische Tanz
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EsWa, Galaxien 299, Digital, 156 x 178, 2024
In den Augusttagen ist ein Stern besonders deutlich sichtbar: Es ist die Wega im Sternbild Leier. Sie zählt zu den hellsten Objekten am nächtlichen Firmament und ist bereits mit Einbruch der Dämmerung fast im Zenit stehend gut auszumachen. Sie ist einer von drei Sternen, die das sogenannte Sommerdreieck bilden. Die beiden anderen Sterne sind Deneb aus dem Sternbild Schwan und Atair, der Hauptstern des Adlers, die sich ebenfalls in der Abenddämmerung vom immer dunkler werdenden Himmelshintergrund abheben. Der arabische Name Atair bedeutet soviel wie „der Fliegende“ oder auch „der Flüchtende“. Ein Hinweis auf den Mythos um ein Adlerpaar, das ebenfalls in arabischen Schriften Erwähnung findet. Im Gegensatz zum fallenden Adler (Wega), der vom tödlichen Pfeil des Schützen (Sagittarius) hinweggerafft wird, verfehlt der für das männliche Tier vorgesehene Pfeil sein Ziel und so steigt der Atair zum Himmel empor. Jener fehl geschossene Pfeil ist übrigens als Sternbild Pfeil (Sagitta) direkt oberhalb von Atair sichtbar.
Die Planeten spielen im Monat August nach wie vor nur eine Nebenrolle, einzig Saturn steht um Mitternacht tief in südöstlicher Richtung im Sternbild Wassermann (Aquarius). Dafür kann man in der Nacht vom 12.8. zum 13.8. in der Zeit zwischen 23 und 4 Uhr innerhalb einer Stunde bis zu 100 Sternschnuppen des Perseidenstromes beobachten.

Was war zuerst: Das Ei oder die Henne ? Diese nicht ganz einfach zu beantwortende Frage kann im übertragenen Sinne einer Aufnahme des James-Webb-Space-Telescopes zugeordnet werden, denn schaut man auf das Bild, welches anlässlich des zweiten Geburtstages des leistungsstärksten Weltraumteleskops veröffentlicht wurde, stellt sich unwillkürlich die Frage, welches der beiden im Vordergrund stehenden Objekte als erstes am Himmel sichtbar wurde. In diesem Fall heißt es dann Ei oder Pinguin, denn gemäß einer alten Tradition bekommen solche Himmelskörper von ihren Entdeckern einen nicht allzu Ernst zu nehmenden Spitznamen. In diesem „astronomischen“ Fall ist die Antwort ganz einfach: Beide - Ei und Pinguin - sind interagierende Milchstraßen gleichen Alters. Das im Sternbild Hydra (Wasserschlange) befindliche Galaxienpaar wird astronomisch als Arp 142 bezeichnet. Die beiden Galaxien mit den Katalognamen NGC 2936 und NGC 2937 sind rund 326 Millionen Lichtjahre von uns entfernt, was ungefähr der 130fachen Distanz zu unserer Nachbargalaxis Andromeda entspricht.
Natürlich haben sich die Forscher im JPL (Jet Propulsion Laboratory) im kalifornischen Pasadena anlässlich des Jubiläums etwas Besonderes einfallen lassen. Dabei haben sie versucht Ei und Pinguin in einer dreidimensionalen Simulation vor unseren Augen tanzen zu lassen.
Sehr deutlich sieht man dabei, dass es zwischen den beiden verzerrten und somit in die Klasse der unregelmäßigen Galaxien eingestuften Objekte Materiebrücken gegeben haben muss. Der Austausch von Materie ist bei der Gruppe von kollidierenden Welteninseln üblich, denn am Ende dieses Prozesses hat das Paar ihr Aussehen komplett geändert und ist zu einer einzelnen und somit eigenständigen Galaxie verschmolzen. Wie übrigens eine normale Galaxis aufgebaut ist, hat das Team vom Webb-Teleskop erst vor kurzem der Öffentlichkeit mit der hochauflösenden Darstellung der Galaxie M74 präsentiert.
Natürlich fällt bei der Betrachtung des Bildes von Arp 124 auf, dass der kosmische Tanz vor dem Hintergrund vieler weiter entfernter Milchstraßen geschieht. Man stelle sich das bildlich vor: Beim Fürstenfeldbrucker Festival Dance First geben zwei im Vordergrund agierende Tänzer ein aufsehenerregendes Pas de deux. Nicht nur wir als Zuschauer staunen, auch die im Hintergrund einen Halbkreis bildenden Tänzer der Compagnie sind begeistert. Der Unterschied zwischen dem tänzerischen Duo auf der Bühne in Fürstenfeldbruck und dem kosmischen Tanz bei der Webb-Simulation liegt allerdings darin verborgen, dass die Hintergrundtänzer nicht auf der Bühne zu finden wären, sondern sich irgendwo im weitläufigen Hinterland zwischen München und Nürnberg befinden. Ungefähr so kann man sich die großräumige Verteilung dieser fernen Welten vorstellen, jede einzelne von ihnen eine ferne Milchstraße mit mehreren hundert Millionen Sternen.
Das Webb-Teleskop ist nun auf Dauer unser größtes Fernrohr im Weltall, doch das größte erdgebundene Teleskop lässt in seiner Fertigstellung auf dem 3046 Meter hohen Cerro Armazones in der chilenischen Atacama-Wüste vor allem coronabedingt noch etwas auf sich warten: Es ist das Extremly Large Teleskop (ELT) der europäische Südsternwarte (ESO). Allerdings sind auch hier bereits einige außerordentliche Erfolge zu verkünden. Zunächst gab es die ESO-Pressemitteilung, dass bei der Firma Schott in Mainz der letzte der 969 einzelnen Spiegelrohlinge zur weiteren Bearbeitung ausgeliefert wurde.
Nach dem Feinschliff und der Verspiegelung jedes dieser einzelnen aus Zerodur bestehenden Rohlinge sollen sie dann so zugeschnitten werden, dass sie - im Bienenwabenmuster angeordnet - die gigantische Spiegel-Grundfläche des 39,3 Metern großen Hauptspiegels M1 ergeben.
Zum Vergleich sei hier angefügt, dass die größten derzeit im Dienst befindlichen Spiegel knapp über 10 Meter Durchmesser aufweisen. Diese bisher noch nie bewältigten Dimensionen müssen natürlich auch in einer entsprechenden Sternwartenkuppel untergebracht werden. Hierzu kann man sich bei der ESO ein Bild vom Baufortschritt machen.
Um später die starken Temperaturschwankungen des Wüstenklimas ausgleichen zu können, wurde mit Zerodur ein glaskeramischer Werkstoff von der Firma Schott und dem Max-Planck-Institut für Astronomie entwickelt, der sich selbst so gut wie nicht verformt und somit als „thermisch stabil" anzusehen ist. Dies ist letztlich die Grundvoraussetzung dafür, dass das riesige Teleskop im späteren Dauerbetrieb auch in der kompletten Beobachtungsnacht einsatzbereit bleibt.
Kaum auszudenken, welch großartiges neues Fenster sich öffnen wird, wenn das Großteleskop ELT, das mehr als 10 Millionen Mal empfindlicher als das menschliche Auge sein wird, erstmals nach seiner Fertigstellung im Jahr 2028 in die Fernen des Universums blickt. Dieser große Moment - im Fachjargon nüchtern „First light“ genannt - wird von den Astronomen in der ganzen Welt mit großer Spannung erwartet.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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EsWa, Galaxien 291, Digital, 70 x 180, 2024
Montag 01.07.2024
128. Wirbelsturm als gigantischer Trichter
Im Monat Juli steht im Süden eine außergewöhnliche Konstellation. Es ist das Sternbild Skorpion, das gegen 23 Uhr bei absolut freier Sicht gut zu erkennen sein sollte. Bereits seit dem Altertum wird der Hauptstern Antares durch sein rötliches Licht mit dem Planeten Mars verwechselt. Der Name Antares geht auf die lateinische Wortschöpfung Anti-Mares (Gegen-Mars) zurück.
Die Planeten halten sich weiter rar. Einzig Saturn, der um Mitternacht aufgeht und Mars (Aufgang gegen 2.30 Uhr) sind in der zweiten Nachthälfte zu sehen.
Mit zunehmender Dunkelheit ist auch das Sommerdreieck, gebildet aus den Hauptsternen der Konstellationen Adler, Leier und Schwan, zu beobachten. Die Hauptsterne Atair, Wega und Deneb sind leicht in Zenitnähe auffindbar.
Die Erforschung des wohl größten Wirbelsturms des Sonnensystems ist untrennbar mit dem Namen eines italienischen Astronomen verbunden. Es ist der 1825 in Perinaldo bei Genua geborene Giovanni Domenico Cassini. Dank der Einflussnahme und der Fürsprache bekannter Lehrerkollegen wurde der zwar noch junge, aber als großes Talent geltende Cassini im Jahr 1650 zum Professor für Mathematik und Astronomie an die Universität von Bologna berufen und galt schon bald als begnadeter Beobachter. Mit den für damalige Zeiten hervorragenden Teleskopen der Universitätssternwarte gelangen ihm einige interessante astronomische Beobachtungen, die dazu führten, dass er 1655 in der Basilika San Petronio einen Sonnenmeridian einbauen ließ. Dieser ist noch heute so präzise, dass er den Höchststand der Sonne zur Mittagszeit an jedem Sonnentag des Jahres abbildet, woraus sich die Jahreslänge genau ableiten lässt.
Im Jahr 1661 gelangen ihm erste erfolgreiche Beobachtungen der beiden fernen Planeten Jupiter und Saturn. 1665 fiel ihm auf, dass der Planetenriese Jupiter einen Fleck hatte, der sich periodisch alle 10 Stunden zeigte. Dass dies nur mit der Rotation des riesigen Planeten zusammenhängen konnte, erkannte er sofort, da er selbst die Rotationsperiode des Gasriesen als einer der ersten Astronomen nachgewiesen hatte. In den folgenden Jahren klassifizierte Cassini die Erscheinung als permanent, was sich später für viele Jahrzehnte bewahrheitete. Die Feststellung, dass der dunkle Fleck sich periodisch um den Planeten bewegt, war nicht nur die erste Beobachtung dieser Art von riesigen Wirbelstürmen, sondern der Beginn einer Langzeitstudie dieser atmosphärischen Erscheinung des Jupiters. Die Frage, ob dieser Fleck wirklich seit der Erstbeobachtung durch Cassini immer Bestand hatte, stellt sich heute den Fachleuten neu, denn historischen Forschungen zufolge blieb der Fleck nach dem Jahr seiner letzten Dokumentation 1713 über einen sehr langen Zeitraum unbeobachtet. Genau 118 Jahre später konnte der Dessauer Astronom und Apotheker Heinrich Samuel Schwabe (siehe Kosmos 123) im Jahre 1761 den Fleck erstmals wieder deutlich nachweisen. Seit der Zeit der Beobachtungen durch Schwabe, der auch als erster nicht nur von einem dunklen Fleck sprach, sondern ihn als rötlich beschrieb, gab es auch immer mehr deutliche Hinweise auf periodische Schwankungen der Größe des Objekts zwischen einem und teilweise sogar bis zu dreifachem Erddurchmesser.
Die Zeit der modernen Beobachtung begann mit den Vorbeiflügen der Raumsonden Pioneer 10 und 11. Einige Jahre später waren dann die Planeten-Sonden Voyager 1 und 2 vor Ort. Bei der Geschwindigkeit von mehr als 60.000 Stundenkilometern blieb allerdings nur Zeit für einige Schnappschüsse.
Auch die nach dem Forscher selbst benannte Raumsonde Cassini konnte auf ihrem Weg zum Saturn den Sturm unter die Lupe nehmen.
Die Chance auf eine ganz neue Qualität der Beobachtung ergaben erst jene Raumsonden, die sich in einer Umlaufbahn um den Planeten Jupiter bewegten.
Bei diesen vorher genau vorausberechneten Passagen konnten die Struktur der gigantischen Formation des GRF (Großer Roter Fleck) viel genauer erkundet werden als bei den Stippvisiten der genannten Vorgänger. Zunächst war es die Raumsonde Galileo, benannt nach dem italienischen Astronomen Galileo Galilei, die ihn auf ihrer speziellen elliptischen Bahn detailliert untersuchte. Die Raumsonde Juno konnte dann 2017 und 2019 erstmals direkt über den GRF fliegen. Aus den zur Erde gefunkten Daten errechneten die Wissenschaftler, dass der Ausdehnungsbereich des mit mehr als 1000 Stundenkilometern rasend schnellen Antizyklons noch tiefer in die Atmosphäre des Planeten hinab reicht, als bisher angenommen. Demnach ist er bis zu 500 Kilometer tief und hat somit die Form eines gigantischen Trichters.
Doch was wurde aus Cassini? Sein außerordentlicher Ruf entging selbst dem französischen Sonnenkönig Ludwig XIV nicht. In einem Brief an ihn aus dem Jahre 1668 ernannte er Cassini persönlich zum königlichen Hofastronomen der neuen Sternwarte von Paris. Gerüchten zufolge soll Cassini, der sich jetzt Jean-Dominique nannte, später selbst wie ein Sonnenkönig aufgetreten sein: Nur die allerbesten Erzeugnisse optischer Art waren für ihn gut genug. So stellten sich schon bald erste wissenschaftliche Erfolge ein. Bereits 1671 konnte er mit Iapetus den ersten seiner drei Saturnmonde entdecken.
Wie genau Cassinis Teleskope - die er übrigens in seiner alten Heimat Italien orderte - arbeiteten, zeigte sich 1675, als er in den Ringen des Saturns eine Lücke fand. Diese Entdeckung führte dazu, dass sich sein Ruhm noch weiter steigerte und die Erscheinung noch heute Cassini-Teilung genannt wird. Zeitlebens wurde er vom Sonnenkönig protegiert und Gelehrte aus allen Ländern Europas pilgerten zu ihm in das berühmte Pariser Observatorium. 1712 starb der hochverehrte, aber leider inzwischen erblindete Cassini mit einem für die damalige Zeit biblischen Alter von 87 Jahren als französischer Staatsbürger. Bis zum Jahr 1795 blieb das Pariser Observatorium fest in der Hand der Cassinis, denn sowohl sein Sohn als auch sein Enkel und sein Urenkel waren in einer ununterbrochenen Reihenfolge die späteren Leiter der weltberühmten Sternwarte. Interessant ist, dass sie in den Analen des Oberservatoire de Paris recht nüchtern als Cassini I, II, III und IV verzeichnet sind.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Samstag 01.06.2024
127. Das größte aller Geheimnisse
Bilder
EsWa, Galaxien 278, Digital, 170 x 90, 2024
Im Monat Juni werden die Frühlingssternbilder nach und nach durch die Sternbilder des Sommers abgelöst. Zwar steht noch immer der Löwe abends hoch im Süden, doch im Laufe der Nacht kommen die Sternbilder des Sommerdreiecks immer mehr zur Geltung. Sie bestehen aus der Leier, dem Schwan und dem Adler, wobei jeweils die Hauptsterne Wega, Deneb und Atair miteinander verbunden werden müssen. Die Planeten machen sich nach wie vor sehr rar. Einzig der Saturn entwickelt sich zum Planeten der zweiten Nachthälfte. Da er fast 30 Grad Höhe erreicht, ist er in der Morgendämmerung im Südosten zu erkennen.

Seit fast 50 Jahren arbeitet die europäische Raumfahrtorganisation ESA als Zusammenschluss von 22 Ländern. Am 30.05.1975 unterschrieben die Vertreter von zehn europäischen Ländern die Gründungsurkunde. Seit dem kann man auf viele interessante und zum Teil auch höchst erfolgreiche Missionen zurückblicken.
Schon in den 1980er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte die nach dem italienischen Maler Giotto benannte Kometensonde eine bis dahin ungeahnte Flut an Daten und Fotos zur Erde gesendet, als sie am 14. März 1986 den bekanntesten aller Kometen passierte. Der nach dem englischen Gelehrten Edmond Halley benannte Komet entpuppte sich als ein in Auflösung befindlicher Himmelskörper. Die zur damaligen Zeit wohl bekanntesten Astronomen Fred Whipple, Jan Henrik Oort und Carl Sagan trafen sich in dieser entscheidenden Nacht im Kontrollzentrum in Darmstadt und bezeichneten die Passage am Halleyschen Kometen als das wichtigste Ereignis nach der ersten Mondlandung.
Halley selbst hat den Kometen übrigens nie gesehen, hatte ihn aber, bevor er 1742 verstarb, präzise für das Jahr 1758 vorausgesagt. Der italienische Maler Giotto di Bondone hingegen war vermeintlich der erste Künstler, der den großen Kometen auf einem Bildnis verewigte. Man geht aber davon aus, dass die Wiederkehr des Kometen im Jahre 1066 auf dem berühmten Teppich von Bayeux zu erkennen ist. Höchst erschrocken schauen die Berater des englischen Königs Harold auf den „Istimirant Stella“. Ein klarer Hinweis darauf, dass man den Ursprung des „neuen, wunderbaren Sterns“ nicht deuten konnte und ihn womöglich als Zeichen eines bevorstehenden Unglücks sah. Vielleicht liegt hierin schon der Ursprung des Kometenaberglaubens, denn die furchtbare Niederlage Harold gegen Wilhelm den Eroberer begründete eine fast 300jährige Fremdherrschaft in England.
Mitte der 1990er Jahre wurde die Raumsonde SOHO als Gemeinschaftsprojekt der NASA und der ESA auf den Weg zur Sonne gebracht. Das Solar and Heleospheric Observatory war das erste Raumschiff, welches ausschließlich die Sonne beobachten sollte. Inzwischen ist der Methusalem unter den Raumfahrzeugen das Flaggschiff der Sonnenforschung, denn bis auf einige wenige Ausfälle arbeiten die Bordgeräte bis zum heutigen Tag einwandfrei und die Kameras zeigen immer wieder großartige Bilder. Ein wichtiges Forschungsergebnis war die Entdeckung völlig neuer Kometen. Dies sind zum einen die „Sungrazer“, die bei ihrem Vorbeiflug der Sonnen sehr Nahe kommen. Einige dieser Kometen, stürzen dabei sogar in unser Zentralgestirn.
Der Doppelstart der Raumsonden Herschel und Kepler im Frühjahr 2009 war ein Meilenstein für die Erforschung des interstellaren Raums. Während das nach dem Entdecker des Neptuns benannte Herschel-Weltraumteleskop in erster Linie Aufnahmen im Infrarot-Bereich lieferte, hat die Kepler-Sonde beim Aufspüren und Katalogisieren von Exoplaneten neue Dimensionen erreicht. Von den heute bekannten rund 5500 fernen Welten, von denen allerdings gerade eine Handvoll unserem Heimatplaneten ähneln, hat Kepler mit rund 2600 fast die Hälfte entdeckt. Der bekannteste Exoplanet ist dabei zweifellos Kepler 22b. Er war der erste ferne Planet, der seinen Heimatstern Kepler 22 auf einer erdähnlichen Bahn umläuft und damit in der habitablen Zone, dem Bereich, in dem deutlich erdähnliche Lebensbedingungen vorherrschen, liegt.
Das zweifellos wichtigste derzeitige Projekt der ESA ist die Mission des Weltraumteleskops Euclid. Deren unlängst veröffentlichten Bilder brauchen sich keinesfalls hinter denen des Webb Space Telescopes verstecken. Im Gegenteil: Das Bild des Galaxienhaufens Abell 2390, welcher sich im Sternbild Pegasus befindet, zeigt einmal mehr, dass sich in der Ferne des Universums weit mehr Galaxien aufhalten als bisher angenommen. Im Bild selbst sind deutlich nur noch sehr wenige Sterne aus unserer Milchstraße an ihren optisch bedingten sechseckigen Zacken zu erkennen. Im Hintergrund sind in 2,7 Milliarden Lichtjahren Entfernung weit mehr Galaxien als Sterne zu erkennen. Insgesamt wird die Anzahl der fernen Welten allein in diesem Bild auf mindestens 50.000 geschätzt.
Damit beinhaltet der Bildausschnitt aus dem uns umgebenden Kosmos die kaum vorstellbare von 10 Billionen Sonnenmassen.
Letztlich wird es wahrscheinlich weit mehr Galaxien als bisher angenommen geben, sodass ihre Anzahl deutlich nach oben korrigiert werden müsste. Möglicherweise sind wir von mehr als 500 Milliarden dieser galaktischen Welteninseln umgeben. Es zeigt sich einmal mehr, dass man in diesem Zusammenhang den große Carl Sagan zitieren kann: „Der Kosmos ist alles was ist, je war oder je sein wird. Wir spüren, dass wir vor dem größten aller Geheimnisse stehen“.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Mittwoch 01.05.2024
126. „Black Hole Sun“
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EsWa, Galaxien 195, Digital, 120 x 110, 2023
Da die Bahn der Sonne im Mai nach der astronomischen Dämmerung nur knapp unter dem Horizont verläuft, bleiben nur noch wenige Stunden für die nächtliche Beobachtung übrig.. Im Wonnemonat, der bekanntlich nach warmen Tagen noch kühle Nächte bereithält, kann man neben den bekannten Frühlingssternbildern Löwe und Jungfrau bereits nach Mitternacht das Sommerdreieck mit Atair (Adler), Deneb (Schwan) und Wega (Leier) aufsteigen sehen. Die Planeten stehen allesamt westlich der Sonne, was für ihre Beobachtung äußerst ungünstig ist. Einzig Saturn erhebt sich am Monatsende in der frühen Morgendämmerung in Richtung Südost und ist am 31. Mai knapp neben dem abnehmenden Mond sichtbar.

Man stelle sich vor, man erhält den Auftrag, die Sonnenfinsternisse für die kommenden Jahre vorauszuberechnen. Sicherlich würde man zunächst über die Auswahl eines Teams nachdenken und sich einen Überblick über die Anzahl der zur Verfügung stehenden Computer verschaffen. Man würde über Lösungsansätze diskutieren und sich logischerweise dem Tageshimmel widmen. Doch schon bald würde man bemerken, dass nur eine intensive Beobachtung des Sonnenlaufes über einen sehr langen Zeitraum die Möglichkeiten der Bewältigung dieser höchst anspruchsvollen Aufgabe ermöglichen würde.
Dass die Lösung dieses Rätsels schon vor mehr als 4000 Jahren sumerischen Priesterastronomen gelang, ist höchst erstaunlich. Es gehört zu den unglaublichsten Leistungen der Geschichte der Astronomie, dass die frühen Meister der Beobachtung in den luftigen Höhen der babylonischen Stufenpyramide herausfanden, dass Finsternisse sich nach etwas mehr als 18 Jahren wiederholen. Sicherlich waren diese Berechnungen für die Hauptstadt des Zweistromlandes ausgerichtet, während man heute natürlich den genauen Verlauf der Totalitätszone und die Länge der Verdunklung für jeden Ort auf der Erde festlegen kann. Doch trotzdem kann man nur darüber spekulieren, wie es den Himmelsforschern der damaligen Zeit gelingen konnte, in Kategorien von 36 Jahren und mehr zu rechnen.
Erst nach diesen Zeiträumen zeigt sich nämlich, ob die Abstände zwischen den einzelnen Finsternissen korrekt mit 18,03 Jahren definiert werden können. Heute kennen wir nicht einen Namen dieser einst so akribischen Astronomen und ob sie tatsächlich während der Regentschaft des Königs Saros des Ersten eingeführt wurden. Allerdings existieren Aufzeichnungen auf Tontafeln, die gewissermaßen die ersten Festplatten der Menschheitsgeschichte darstellen. Sie bilden die Grundlage für alle Berechnungen, die später zur Entwicklung eines Kalenders der Finsternisse beitrugen. Ein sogenannter Saros-Zyklus umfasst dabei einen Zeitraum von 1270 Jahren und beinhaltet insgesamt 71 Finsternisse.
Wenn wir in der Geschichte des Saros-Zyklus Nr.145 etwas zurückgehen, fällt ein Datum auf: Es war der 11. August 1999. Damals war in Deutschland schnell von der Jahrhundertfinsternis die Rede. Tausende und Abertausende Menschen waren damals in Baden–Württemberg und Bayern unterwegs, um das nicht einmal zweieinhalbminütige Spektakel miterleben zu können. Nun waren es natürlich die Wetterverhältnisse des damals so heiß erwarteten Sommertages, die diese Finsternis im wahrsten Sinn des Wortes ins Wasser fallen ließen. Doch viele Menschen waren sensibilisiert und schon bald richtete sich der Fokus auf die folgende Eklipse im Jahr 2017 und ihre Sichtbarkeit. Diese fand übrigens genau auf den gleichen Breitengraden der Erde statt, doch da die Erde bekanntlich eine Kugel ist, lagen an diesem Tag 18 Jahre und 12 Tage nach der deutschen Finsternis viele Teile der Vereinigten Staaten von Amerika in einem ungefähr 150 km breiten Streifen der Totalität.
Die Abbildungen für die kommenden Finsternisse 2035 und 2053 zeigen deutlich, dass die 1999 betroffenen Bereiche in Süddeutschland auch bei den nächsten totalen Ereignissen nicht in den Genuss des Ereignisses kommen werden.
Die 2017er Finsternis als Nachfolgerin der in Deutschland sichtbaren 1999er Verdunkelung hatte im Übrigen mit ähnlichen Hindernissen zu kämpfen, denn auch hier gab es an vielen zuvor berechneten Orten schlechte Witterungsbedingungen. Ein Ort in den USA war allerdings besonders begünstigt: Die Universitätsstadt Carbondale im Süden des Bundesstaates Illinois. Dort durfte man bereits am 21. August 2017 bei recht gutem Wetter zwei Minuten und 37 Sekunden lang die totale Sonnenfinsternis des Saroszyklus 145 genießen. Konnte man es da den Stadtvätern verübeln, dass sie nicht einmal 7 Jahre später alle Bürger der Stadt in das Football-Stadion des ortsansässigen Universitätsteams der Carbondale Salukis zum Sonnenfinsternis-Spektakel des Saroszyklus 139 einluden?
Bei besten Bedingungen konnte die Gäste im ausverkauften Stadion eine Totalitätsdauer von 4 Minuten und 10 Sekunden erleben, denn die Stadt lag in einem sehr kleinen Gebiet, in dem der extrem seltene Fall einer „Double Eclipse“ nur wenige Jahre nach der Vorgänger-Finsternis zu sehen war.
Übrigens gab es genau diese Idee damals im Jahr 1999, als sich im alten Olympiastadion von München Tausende zum gemeinsamen Betrachten der Sonnenkorona einfanden. Zu sehen gab es damals aufgrund eines heftigen Gewittergusses leider nichts. Ganz anders vor wenigen Wochen in den USA. Dort raste der 110 km breite Schatten der Finsternis mit unglaublichen 2300 Stundenkilometern von Mexiko kommend über insgesamt 15 Bundesstaten und vier Zeitzonen hinweg. Wer sich die spannenden Augenblicke dieses tatsächlichen Jahrhundertereignisses nachträglich anschauen will, der kann sich noch durch die mehr als dreistündige Übertragung des NASA zappen.
Besonders eindrucksvoll sind dabei neben mehreren komplett gefüllten Stadien die Übertragungen vor den Science Center in Cleveland /Ohio und von den Niagara-Fällen. Sogar eine musikalische Besonderheit ist zur 2024er Finsternis in den USA zu erwähnen: Der Song „Black Hole Sun“ der amerikanischen Rockband Soundgarden ist dreißig Jahre nach seinem Erscheinen von den finsternisbegeisterten Musikfans wieder zur Nummer 1 der US-Charts gewählt worden.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Autor: Siehe Artikel
Montag 01.04.2024
125. Die Rückkehr zum Mond
Bilder
Foto: Martin Gebhardt
Im Monat April verändern sich die abendlichen Beobachtungsbedingungen abrupt. Der natürliche Faktor ist dabei die Verschiebung der Dämmerung und die damit verbundene Zunahme der Tageslänge. Bis zum Ende des Monats nimmt sie auf 14 Stunden und 40 Minuten zu. Ein zweiter, in diesem Falle selbst auferlegter Faktor stellt die Umstellung auf die Sommerzeit dar. Von einem Tag auf den anderen verschiebt sich dadurch die Dämmerung um eine weitere Stunde. Daher ist das Aufsuchen der Sternbilder auf Zeiten nach 20 Uhr beschränkt. Trotzdem ist der Wechsel von den Wintersternbildern zu den Frühlingssternbildern deutlich auszumachen. Der Löwe mit seinem Hauptstern Regulus und die ab Mitternacht sichtbare Jungfrau mit ihrem Hauptstern Spica bestimmen den Anblick in südlicher Richtung. Die Planeten machen sich nun komplett rar. Während Jupiter kurz nach der Sonne untergeht, kommen Mars, Saturn und Venus kaum zur Geltung, da sie flach am Osthimmel stehen. Bereits kurz vor Sonnenaufgang werden sie vom Morgenrot überstrahlt.

Die aktuellen Missionen zu unserem Erdtrabanten sind aufgrund ihrer vielfältigen Ziele und der inzwischen auch privat finanzierten Unternehmungen nicht leicht überschaubar.
Schauen wir zunächst rückblickend auf vergangene Jahre: Im April 2019 stürzte der private israelische Mondlander Beresheet-1 bei seinem Landeversuch ab und im April 2023 schlug der ebenfalls private japanische Mondlander Hakuto-R auf unserem Erdtrabanten unsanft auf.
Recht unrühmlich endete auch der erste Versuch der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos nach 47 Jahren wieder eine wissenschaftliche Mission zu unserem Erdbegleiter zu unternehmen, denn am 20.August zerschellte die russische Raumsonde Luna 25 auf der Mondoberfläche. Die vorhergehende Mission Luna 24 landete übrigens fast punktgenau am 18.8.1976 im Mare Crisium, nur wenige hundert Meter vom Landeort der Vorgängersonde Luna 23 entfernt. Es war die letzte erfolgreiche sowjetische Mondmission, die sogar Proben von der Oberfläche mit Hilfe einer Rückkehrsonde zur Erde brachte. Die 170 Gramm Mondgestein wurden mit Hilfe eines Bohrgerätes aus einer Tiefe von zwei Metern gewonnen.
Warum nun so viele Jahre später nicht einmal mehr die sanfte Landung glückte, lässt viel Raum für Spekulationen. Es scheint, dass die Konzentration der russischen Ingenieure auf das Kerngeschäft des Transports von Kosmonauten zur Internationalen Raumstation ISS keine Möglichkeiten für die Weiterentwicklung der Techniken aus den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zuließ. So scheiterte die eigentlich als das russische Jubiläums-Vorzeigeobjekt konzipierte Luna 25-Mission kläglich.
Dagegen feierte nur drei Tage später, am 23.8.23 Indien die erfolgreiche Landung seiner Sonde Chandrayaan-3. Das indische Raumfahrzeug landete sanft am Südpol des Mondes. Dort hofft man an Kraterrändern, in die aufgrund der hohen südlichen Lage kein Sonnenlicht gelangt, auf Wasser zu stoßen.
Den Start zur diesjährigen Mond-Kampagne bildete mit der Raumsonde Peregrine eine private Mission der US-Firma Astrobotic. Aufgrund eines Treibstofflecks bekam die Sonde bereits Probleme beim Start und verglühte in der Erdatmosphäre. Ein herber Rückschlag für das ambitionierte Team der in Pittsburgh ansässigen Firma.
Erfolgreicher war Mondlandemission IM-1 des privaten Raumfahrtunternehmens Intuitive Machines. Die Mondsonde Odysseus konnte weich landen, kippte aber wenig später um. Nach dem Ende der Mondnacht am 20.März will man versuchen „Odie“, wie die Missionleitung liebevoll das Landemodul nennt, zu reaktivieren.
Die Mission SLIM der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA brachte am 19.Januar eine Mondlandefähre in der Nähe des Kraters Shioli im Mare Nectaris zur Landung. Allerdings musste die Sonde dann in einen Tiefschlaf versetzt werden, um alle Energiereserven in der mit bis zu Minus 160 Grad bitterkalten Mondnacht zu speichern. Die Berechnungen für den „Auftauprozess“ sahen zunächst nicht gut aus, doch dann wurde bald klar, dass der Lander die Mondnacht überraschend gut überstanden hat. Die Bilder stammen übrigens von einem kleinen technischen Meisterwerk. Es ist eine wenige Zentimeter große Minisonde, die sich kurz nach der Landung entfaltete und über den Sender des Mutterschiffs die einzigartigen Daten übertrug.
Die Hintergründe für die erneuten Versuche des Menschen, auf dem Mond Fuß zu fassen liegen klar auf der Hand: Zum einen ist der Mond von großem Interesse, da man Bodenschätze wie Seltene Erden, die für die E-Mobilität auf unserem Planeten so wichtig sind, im großen Stil abbauen will. Zum anderen ergibt sich für die erdzugewandte Seite des Mondes die ideale Möglichkeit einer Startbasis für den Flug zum Mars. Die Vorteile für den Start einer Marsmission sind durch die geringe Schwerkraft begründet. Ein Raumschiff, das für eine mehrjährige Reise von mindestens vier Marsionauten konzipiert wäre, könnte sich aufgrund der gewaltigen Größe nur sehr schwer aus der Erdumlaufbahn heraus zum roten Planeten beschleunigen. Auf der „Moonbase“ könnte es hingegen Modul für Modul zusammengebaut werden, bevor es zu der rund zweijährigen Reise zum Mars startet.
Zuvor allerdings muss man gewissermaßen das Fahrrad noch einmal neu erfinden. Mit dem Artemis-Programm versucht dies die NASA schon seit mehreren Jahren. Nach dem erfolgreichen Test der unbemannten Mondmission "Artemis 1“ Ende 2022 sollte nun im November 2024 der erste bemannte Flug erfolgen: Mit Artemis 2 fliegt die Menschheit wieder zum Mond und diesmal steht mit der Missionsspezialistin Christina Hammock Koch erstmals eine Frau vor dem Flug zu unserem Erdtrabanten. Zur Crew der Artemis 2 gehören weiterhin der Kommandant Reid Wiseman, der Pilot Victor Glover sowie Missionsspezialist Jeremy Hansen.
Anfang des Jahres gab allerdings die NASA bekannt, dass der Start aufgrund technischer Probleme in den September 2025 verschoben werden muss. Seit der letzten Mondmission durch die Besatzung der Apollo 17 sind übrigens 52 Jahre vergangen. Aber nur durch diese Schritte, die unweigerlich an die Abläufe der Apollo Missionen vor mehr als 50 Jahren erinnern, wird es gelingen, eines Tages eine funktionierende Mondbasis aufzubauen.
Skurriel mutet dabei die Auftragsvergabe für die neu zu entwickelnde Mondlandefähre an: Zwei private Firmen sind mit diesem hochsensiblen Projekt betraut worden. Zum einen die Firma Blue Origin des Milliardärs Jeff Bezos, die ihr Projekt „Blue Moon“ bereits relativ weit voran getrieben.
Zum anderen ist natürlich auch Elon Musk mit seiner Firma Space X dabei. Gigantische 47 Meter hoch soll das Landegerät werden, was für die ohnehin problematische Landung auf unserem Erdtrabanten viel zu groß zu sein scheint. Doch hier wird erst die ferne Zukunft zeigen, wer diesen Wettlauf zum Mond gewinnen wird. Interessant ist allerdings der Fakt, dass die NASA für die Entwicklung dieser konkurrierenden Mondlander genau festgelegte Fördersummen verteilt. Experten gehen aber davon aus, dass die hochtechnisierten Projekte mindestens doppelt so teuer werden, sodass die ohnehin nicht zu den Ärmsten zählenden Chefs Bezos und Musk etliche Milliarden aus der eigenen Tasche in die Entwicklung stecken werden. Schon jetzt sind Unsummen für die Fortentwicklung der Projekte angesetzt. Aber für die Befriedigung ihres eigenen Egos ist den beiden Superreichen scheinbar nichts zu teuer und das wiederum ist der Hintergrund des seit Jahren anhaltenden Duells um die Spitzenposition in der Raumfahrt der Zukunft.
Abschließend gibt es einen Grund zum Schmunzeln, denn noch immer wird die B-Variante des ersten Marsbesuches diskutiert. Die Idee: Mit einem „One Way Ticket“ sollen die ersten Marsionauten ausgestattet sein, denn ein Rückflug zur Erde ist bei dieser Variante der Mission nicht geplant. Wie nicht anders zu erwarten, haben sich tatsächlich einige Freiwillige bei der NASA gemeldet. Sie wären dann die ersten Erdenbürger, die auf einem anderen Planeten ihre letzte Ruhestätte erhalten würden – ein letztlich recht abstruser Gedanke.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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