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1. Arvo Pärt „Tractus“
2. Michael Arbenz Meets Andy Sheppard „From Bach To Ellington“
3. Annahstasia „Tether“
4. Maemo „Afropean Nomad Chansons“
5. James Brandon Lewis Quartet „Abstraction Is Deliverance“
6. Thomas Enhco „Mozart Paradox“
Freitag 20.06.2025
Arvo Pärt „Tractus“
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Kurz nachdem Arvo Pärt auf Druck der sowjetischen Regierung mit seiner Familie im Jahr 1980 in den Westen emigrierte, begann die enge Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Münchner ECM-Label. Im September dieses Jahres begeht nun der estnische Komponist, der nach der Unabhängigkeit seines Heimatlandes wieder in Estland lebt, seinen 90. Geburtstag. Aus diesem Anlass veröffentlichte ECM dieser Tage eine hochwertige 2-LP-Vinyl-Edition seines 2022 eingespielten Albums „Tractus“. Zudem enthält das Album sämtliche Texte der einzelnen Kompositionen und zwei Essays in einer edel gedruckten Beilage.
„Tractus“ besteht aus insgesamt acht Kompositionen, die von Arvo Pärt zwischen 1988 und 2019 geschrieben wurden. Eingespielt mit dem Estonian Philharmonic Chamber Choir, dem Tallinn Chamber Orchestra und der glänzenden Sopranistin Maria Listra unter der Leitung von Tonu Kaljuste, bringen diese Aufnahmen den ganzen zwischen tonloser Stille und nachhallenden Klang, zwischen Schweigsamkeit und notierter Diktion angelegten Kosmos des großen Komponisten zum Ausdruck. Pärt selbst versteht einen Großteil seines Schaffens als ein Klang gewordenes Gebet, wobei das Religiöse seiner Musik auch deutlich in einer zeitgenössischen, von spiritueller Tiefe gezeichneten Geisteshaltung rezipiert werden kann.
Pärt drückt in seinen Werken einen Bezug zwischen Leid und Vergebung aus, die in einfachen Formen und Motiven akustisch umgesetzt wird. Trotz aller Simplizität entsteht jedoch ein stark berührender, subjektiver Klangrausch, dessen (stille) Vollkommenheit Erhabenheit ausstrahlt.
Der estnischen Pärt-Experte Tonu Kaljuste führt mit seinen beiden Klangkörpern durch diese akustische Askese von Sehnsucht und Hoffnung, von Verzweiflung und Erlösung. Zu Pärts schlichtem, spirituell aufgeladenen Minimalismus findet man immer Zugang - auch in einer von Überfluss und rasendem Aktionismus gezeichneten Welt. Vielleicht ja auch gerade in einer solchen. Denn hier wird diese reflektierende Schwelgerei in reduzierten Tönen zu einer absoluten sinnlichen Erfahrung.
Jörg Konrad

Arvo Pärt
„Tractus“
ECM New Series
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Freitag 20.06.2025
Michael Arbenz Meets Andy Sheppard „From Bach To Ellington“
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Michael Arbenz gehört zu den großen europäischen Pianisten im Jazz und kann noch immer entdeckt werden. Mit seinem Trio Vein tourte er über viele Jahre quer über den Kontinent und spielte einige großartige Aufnahmen ein. Dabei beeindruckte er mit zeitgenössischem Jazz und tummelte sich immer wieder in unterschiedlichstem Standard-Repertoire. Auf seinem neusten Album bringt er zwei geniale Tonsetzer gegensätzlicher Ausrichtung zusammen: Johann Sebastina Bach und Duke Ellington. Beide gehören in ihrer jeweiligen Sparte sicher mit zum anspruchvollsten als auch gleichzeitig Populärsten ihrer Zunft.
Arbenz rückt auf „From Bach To Ellington“ sowohl dem Meister des barocken Kontrapunktes, als auch dem König des Harlems Cotton Club mit seinem musikalischen Partner Andy Sheppard zu Leibe. Sheppard ist ein international gefeierter, hofierter und oft aufgenommener britischer Saxophonist. Wie Arbenz gilt er als Meister notierter Passagen, sowie als kreativer, melodiebewußter Improvisator. Insofern scheint die gemeinsame Repertoirebasis wie geschaffen für die beiden Instrumentalisten.
Bach dient in diesem Mitschnitt eines Konzerts im Baseler „Bird's Eye“ eher als Impulsgeber, als Inspirationsquelle, von der sich besonders Arbenz lyrisch leiten lässt. Das mag auch daran liegen, dass der Pianist klassisch geschult ist und sich dem Jazz mehr autodidaktisch genähert hat.
In den vier Ellington-Kompositionen stehen hingegen deutlicher die Jazz-Harmonien im Vordergrund. Arbenz und Sheppard finden aber insgesamt ganz ausgezeichnet zusammen. Es ist ein sehr harmonisches Miteinander. Beide Musiker finden über ihr Ausgangsmaterial zu einer wunderbaren instrumentalen Kommunikation. Man könnte in diesem Fall auch von einer Fortführung impressionistischer Kammermusik mit anderen Mitteln sprechen. Die Stile greifen bei ihnen erstaunlich homogen ineinander. Es entstehen poetisch verwehende Klanglandschaften von überwältigendem Reiz, wobei ein Teil ihrer musikalischen Querverbindungen auch eine erfrischende Lebenslust vermittelt.
Jörg Konrad

Michael Arbenz Meets Andy Sheppard
„From Bach To Ellington“
Eigenveröffentlichung (Erhältlich unter https://arbenz.biz)
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Dienstag 17.06.2025
Annahstasia „Tether“
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Dieses Debüt ist ein absoluter Glücksfall. Selten klang ein Album authentischer. „Tether“ ist berührend und zugleich aufwühlend; die Musik ist sparsam arrangiert und vielleicht auch gerade deshalb so gnadenlos unter die Haut zielend; es ist eine Sammlung von Songs voller Poesie und implodierender Sprengkraft; es vermittelt eine schmerzvolle Tiefe und tröstet auf eine besonders nachhaltige Weise.
Annahstasia Enuke ist eine nigerianisch-amerikanische Sängerin und bildende Künstlerin, die heute in Los Angeles, Californien lebt. Stilistisch changiert sie zwischen Neo-Soul und Folk, wobei ihre dunkle und brüchige Stimme die Songs bestimmt.
Aufgenommen wurde „Tether“ in den Valentine Studios in Los Angeles durchgehend als Live-Takes, um die intime Atmosphäre des freundschaftlichen Miteinanders und ein sehr postives Gefühl gemeinschaftlichen Musizierens einzufangen.
Zu Hilfe kam Annahstasia dabei mit Sicherheit ihre Erfahrung als weltweit gebuchtes Model, eine Zeit, in der sie nach eigenen Angaben einiges an Lehrgeld zahlte. Doch letztendlich hat sie ihr Durchsetzungsvermögen schulen können, konnte Erfahrungen sammeln und diese zielstrebig anwenden. Ihr künstlerischer Anspruch ist auf diese Weise enorm gewachsen. „Meine Karriere war eine Lektion in Geduld“ sagt sie heute und tatsächlich spürt man in den Interpretationen ihrer Songs einen Hauch vergangener Zerbrechlichkeit. Zugleich strahlt „Tether“ aufgrund einer Zuversicht – auch dann, wenn sie negativ Erfahrenes thematisiert.
Sicherheit findet Annahstasia nicht zuletzt bei ihren wunderbaren Musikern, wie den Gitarristen Dylan Day und Will Graefe, dem Pianisten Benny Bock oder dem Multiinstrumentalisten Eyvind Kang. Mit ihnen gelingt es ihr, ein Album mit therapeutischem Tiefgang vorzulegen, das schon bei Erscheinen die Aura eines Klassikers umgibt.
Jörg Konrad

Annahstasia
„Tether“
Drink Sum Wtr
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Montag 16.06.2025
Maemo „Afropean Nomad Chansons“
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Die schweizerisch-marokkanische Sängerin Malika Alaoui tourte mit ihrem Projekt Malika über Jahre mit dem Cirque du Soleil rund um die Welt. Ihr Anliegen ist es, mit ihrer Kunst eine grenzenlose Welt musikalisch abzubilden. Sie nimmt sich diese künstlerische Freiheit, weil es ihr unerschütterlicher Wunsch ist, sich kreativ, ohne jede ethnische oder stilistische Einschränkung mitzuteilen.
So besteht Malika aus insgesamt vier Intsrumentalisten unterschiedlichster europäischer Provinienz. Ihre Musik setzt sich aus Einflüssen nord- und westafrikanischer Folkore zusammen, aus Blues und Jazz, aus französischen Chansons, karibischen Rhythmen und osteuropäischen Klezmer- und Gypsy-Klängen. Gesungen wird in französisch, kreolisch, in Darija und Fantasiesprachen. „Afropean Nomad Chansons“ klingt friedlich, vermittelt Empathie, strahlt Wärme und Offenheit aus. Dabei geht es weniger um die instrumentalen Fertigkeiten, obwohl Romeo Natur (Flöten und Perkussion), Gabor Hartyani (Cello), George Birkett (Gitarre) und Malika (Gesang und Perkussion) auf ihrem Gebiet jeweils außergewöhnliches Können hörbar machen. Doch letztendlich beeindruckt die Geschlossenheit der insgesamt fünf Songs und verdeutlicht damit das Anliegen Maemos, die Welt in ihrer Vielseitigkeit und erstrebenswerten Harmonie musikalisch zum Ausdruck zu bringen.
Jörg Konrad

Maemo
„Afropean Noamd Chansons“
Hey!blau
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Montag 16.06.2025
James Brandon Lewis Quartet „Abstraction Is Deliverance“
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James Brandon Lewis ist kein Wegbereiter des Neuen. Er erkundet auch nicht unbedingt stilistisch neues Terrain. Trotzdem ist seine Musik atemberaubend, in dem der 1983 in Buffalo/New York geborene Tenorsaxophonist etwas weiterführt, was fest verankert ist in der Geschichte des modernen Jazz. Er baut von der Tradition ausgehend einen fundamentalen Pfad in die Gegenwart und weist auf ihm in die Zukunft dieser Musik. Dieser überzeugende Ansatz wird besonders auf „Abstraction Is Deliverance“ deutlich.
Brando Lewis hält auf seinem neuen Album inne und lebt trotzdem den Geist der Avantgarde, formt mit seinem Atem Töne und Sounds, die an die Heroen des Jazz erinnern. An Ben Webster, John Coltrane, an Sonny Rollins und auch an Lester Young. Sein Motive zeichnen sich durch Poesie und Schmerz aus, seine Chorusse sind intensiv und elegant zugleich, er verströmt in seinem Spiel eine Spiritualität, wie sie schon lange nicht mehr zu hören war. Brandon Lewis ist sowohl ein Intellektueller am Instrument, als auch jemand, der mit vollem Risiko seine Emotionen ins Spiel bringt. „Abstraction Is Deliverance“ enthält einige Balladen, die er mit Disziplin, überzeugender Dramaturgie und auch Spontanität umsetzt. Ein klassischer Erzähler von Format eben.
Verlassen kann sich der Tenorist dabei auf eine Truppe von eingeschworenen Mitmusikern, die ihm, zumindest in diesem Projekt, schon seit etlichen Jahren zur Seite stehen: Der kubanische Pianist Aruán Ortiz, der Bassist Brad Jones und Schlagzeuger Chad Taylor. Gemeinsam arbeiten sie als Quartett einen Berg an Ideen ab, wirken seelenverwandt, ohne dass ihr Spiel an irgendeiner Stelle vorausschaubar wäre. Ein dynamisches Geben und Nehmen, ein gemeinsames leidenschaftliches Entäußern - wobei am Ende ein neues Meisterwerk entstanden ist.
Jörg Konrad

James Brandon Lewis Quartet
„Abstraction Is Deliverance“
Intakt
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Freitag 13.06.2025
Thomas Enhco „Mozart Paradox“
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Obwohl sich der französische Pianist Thomas Enhco auf dieser Veröffentlichung intensiv mit Mozart beschäftigt, sagt er in den Liner-Notes: „Dieses Album ist für mich ganz und gar Jazz.“ Und tatsächlich klingt „Mozart Paradox“ beim flüchtigen Hören nur wenig nach dem österreichischen Musikgenie. Denn Enhco, der 2022 in die Rolle des Wolfgang Amadeus Mozart für die Show „Mozart, une journée partitulière“ schlüpfte, verjazzt die Vorgaben individuell, gibt ihnen ein völlig neues Gesicht, einen anderen Bezug. Zudem ist der Franzose ein unglaublich versierter Tastenmagier, dessen Virtuosität beeindruckt und dessen stille Leidenschaft vor Sinnlichkeit zu bersten scheint.
Manche der hier interpretierten Kompositionen klingen nach wahren Klassikern des Jazz, nach europäischen Standards, die nur jemand derart „akzentfrei“ spielen kann, der mit beiden Musikformen eng umschlungen aufgewachsen ist. „Mozart hat mich seit meiner Kindheit begleitet“, sagt Thomas Enhco. „Ich höre meine Mutter seine Opernarien singen, und meinen Großvater seine Sinfonien dirigieren. Auf der Geige, meinem ersten Instrument, habe ich Sonaten, Konzerte und Duette geübt, auf dem Klavier Fantasien, Kammermusik und Konzerte, von denen ich einige in den letzten Jahren im Konzert spielen durfte.“ Enhco beherrscht das ganze Spektrum des Jazz, die freie Improvisation, Neobop, die Balladenkunst, er begleitet seelenverwandt und soliert faszinierend.
Geboren 1988 in Paris erhiet er schon als Kind eine klassische Ausbildung. Mit nicht einmal zwölf Jahren arbeitete Enhco mit dem Jazzgeiger Didier Lockwood, mit Mike Stern und Biréli Lagrène zusammen und nahm 2012 in New York unter eigenem Namen ein Album mit John Patitucci und Jack DeJohnette auf. Zudem schreibt Enhco Filmmusiken, komponierte auch drei symphonische Werke und verschiedene Stücke für Klavier, Chor, Streichquartette und Bläserbesetzungen (von denen einige bei Sony, Naïve, Mirare und Klarthe erschienen sind). Die Liste seiner erhaltenen Preise würde jeden Rahmen sprengen. Ein Ausnahmepianist, der selbst Mozarts Dauerbrenner der „Nachtmusik“ wie im vorliegenden Fall noch neue Seiten abgewinnen kann.
Jörg Konrad

Thomas Enhco
„Mozart Paradox“
Sony Classical
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Autor: Siehe Artikel
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