Taal Tantra Experinece - Fernöstlicher Geist
Taal Tantra Experience erinnern ganz entfernt an Zeiten, als sich in den Wohngemeinschaften der urbanen Metropolen junge Instrumentalisten entschieden, sich von Zwängen und Erwartungshaltungen zu lösen und ihre eigene Musik zu spielen. Sie überwanden in dem was sie Taten auch ganz bewusst stilistische wie auch geographische Grenzen. Es waren die Anfänge der sogenannten Weltmusik. Die Individualität des Musikers war weit wichtiger als seine Herkunft.
Ähnliches gilt für Taal Tantra Experience. Was dieses Quintett am letzten Donnerstag in der Reihe „Jazz Around The World“ in Puchheim spielte, war ein großes Potpourie der Stile und Befindlichkeiten. An vorderster Stelle standen natürlich die Aspekte der klassischen indischen Musik. Doch wurden diese nicht all zu streng gehandhabt. Die Offenheit gegenüber einer jazzmusikalischen Geisteshaltung überwog deutlich. Bedenkt man nun, dass auch der Jazz sich aus den unterschiedlichsten Ethnien und Spielweisen zusammensetzt, wird die Vielfalt der Musik, die an diesem Abend präsentiert wurde, deutlich. Sie schien aus einer Art Zwischenreich zu kommen, das nach allen Seiten offen war und wie ein trockener Schwamm jede individuelle Musizierhaltung aufsaugte und verinnerlichte.
Es ist ein halbes Jahrhundert her, da gab es die ersten ernst zu nehmenden Verbindungen zwischen Jazz und indischer Musik. Verantwortlich zeichnete sich damals Yusef Lateef, bekanntgeworden in den Bands um Cannonball Adderley. Es war zudem die Zeit der ersten Interkontinentalflüge, die ein persönliches Treffen zwischen Bud Shank und dem damals noch völlig unbekannten Ravi Shankar zum gemeinsamen musikalischen Gedankenaustausch ermöglichten. Buddhismus und Hinduismus fassten, auch über den Umweg der Literatur, in der westlichen Kultur Fuß. Später waren es John Coltrane, dessen verzehrendes Spiel soviel fernöstlichen Geist atmete, Don Cherry oder John McLaughlin, die für eine Synthese fernöstlicher und westlicher Musik standen. Aber auch in Deutschland gab es Instrumentalisten, die die Herausforderung annahmen und Indo-Jazz-Aufnahmen einspielten, wie der Stuttgarter Pianist Wolfgang Dauner oder der Vibraphon-Spieler Karl Berger, der später in die USA auswanderte und dort eine eigene Jazzschule gründete. Sie alle leisteten Pionierarbeit – auf die die Musik von Taal Tantra Experience letztendlich aufbaut.
In deren Mittelpunkt steht natürlich der Tabla-Meister Tanmoy Bose. Er beherrscht die Kunst rhythmischer Begleitung gnadenlos und er ist der deutlichste wie hörbarste Bezug zur klassischen indischen Musik. Doch zugleich ist die Rolle von Andreas Weiser, dem zweiten Perkussionisten der Band, nicht zu unterschätzen. Er war bei diesem Auftritt der eigentliche Mittler zwischen fernöstlicher und westlicher Welt, ein Scharnier der Kulturen. Ihm folgte Tanmoy Bose außerhalb seiner solistischen Attacken ebenso selbstlos, wie er gemeinsam mit dem Bassisten Max Hughes eine wunderbar treibende Grundlage für den Gitarristen Kai Brückner und den Saxophonisten Bernard Ullrich schuf. In den besten Momenten spielte das Quintett eine Musik, deren lebendiger Charakter faszinierte.
Als Vorband trat diesmal der junge Geiger Nicolas Stegmann mit seiner Band Kimbap auf. Ein gelungener Auftritt, dessen wohltuende musikalische Offenheit ganz im Sinne der folgenden Band lag.
Jörg Konrad