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92. Reisezeiten von mehreren 100.000 Jahren
91. Nur ein einziger Versuch
90. „Die Weinleserin“ im Frühjahr
89. Familienporträt unseres Sonnensystems
88. Pluto, der Zwergplanet
87. Störfaktoren aus der Mikrowelle?
Dienstag 01.06.2021
92. Reisezeiten von mehreren 100.000 Jahren
Bilder
EsWa, Galaxien 7, Digital, 300 x 300, 2021
Nach wie vor beherrschen die Frühlingssternbilder den abendlichen Himmel. Neben dem Löwen zählt man den Bärenhüter Bootes und die Jungfrau zu den Frühlingsboten. Aus den Hauptsternen dieser Konstellationen könnte man ein Frühlingsdreieck bilden. Aufgrund seiner enormen Ausdehnung wird es jedoch nur mit Hilfe einer Sternkarte nachvollziehbar. Das nachfolgende und wesentlich leichter zu erfassende Sommerdreieck tritt momentan erst nach Mitternacht in Erscheinung.
Über einen recht langen Zeitraum haben sich die Planeten rar gemacht. Doch nun beginnen sie langsam wieder in das Blickfeld des abendlichen Beobachters zu geraten. Dabei nimmt vor allem die Helligkeit der Venus zu, doch sollte man auf jeden Fall einen freien Blick in westliche Richtung haben, denn unser Abendstern geht noch immer recht bald nach der Sonne unter.
Die Riesenplaneten des Sonnensystems sind hingegen erst gegen Morgen gut sichtbar, wobei der auffällig helle Jupiter am 19. Juni ganz in der Nähe des abnehmenden Mondes in der Konstellation Steinbock zu sehen ist. Saturn ist zwar deutlich blasser, dafür aber die ganze Nacht über sichtbar. Der Mars hingegen zieht sich mehr und mehr vom Abendhimmel zurück.
In Kosmos 91. (Nur ein einziger Versuch) konnte man erfahren, dass nur der rote Wüstenplanet Mars in der Nähe der habitablen Zone um unsere Sonne kreist und so ausschließlich unsere Erde die Vorteile dieses Sektors des Lebens genießt.
Wie sieht es nun hinsichtlich der habitablen Zone bei unserem nächsten Nachbarstern Proxoma Centauri aus? Mit der heutigen Technik würden wir zu diesem Sternensystem zwar Reisezeiten von mehreren 100.000 Jahren einplanen müssen, doch geht man davon aus, dass Konstrukteure späterer Jahrhunderte in der Lage sind, Raumschiffe mit Antrieben zu konstruieren, die die Distanzen zu den uns am nächsten gelegenen Nachbarplaneten in überschaubaren Zeiten überwinden können, wäre ein Abstecher zu unserem nächsten gelegenen Nachbarplaneten durchaus möglich.
Unsere nächstgelegene Nachbarsonne gehört einer Klasse von Sternen an, die im Universum recht häufig anzutreffen sind. Proxima Centauri – dieser Sternname ist übrigens nur einmal vergeben, denn er soll den Umstand des nächstgelegenen Sterns näher umschreiben – ist ein Roter Zwergstern. Diese zeichnen sich in erster Linie dadurch aus, dass die Temperatur in der äußeren Hülle gerade einmal knapp 3000° C beträgt, was wiederum rund die Hälfte des Wertes der Photosphäre der Sonne darstellt. Mithin also ein Stern „kälteren“ Typs, dessen habitable Zone somit auch viel näher am Stern selbst liegt. Jüngsten Forschungsergebnissen zufolge befindet sich nur der zweite Planet des Systems mit dem Namen Proxima Centauri b genau in diesem Bereich relativ überschaubarer Schwankungen der Temperatur.
Der von dem finnischen Astronomen Mikko Tuomi 2016 entdeckte Exoplanet befindet sich in rund vier Lichtjahren Entfernung von der Erde. Der schon bald „Super Earth“ genannte Himmelskörper ist mit 1,1 Erdradien und der 1,27 fachen Erdmasse unserem blauen Planeten in Bezug auf seine wichtigsten physikalischen Eigenschaften tatsächlich sehr ähnlich. Allerdings braucht er nur 11 Tage, um den erdnächsten Exoplaneten zu umrunden, was wiederum nahelegt, dass er sich in sehr enger Distanz um die Proxima-Sonne bewegt. Wie lebensfreundlich wäre nun diese unmittelbare Nähe zum Zentralgestirn ? Diese Frage konnte unlängst durch ein Forscherteam um Meredith MacGregor von der University of Colorado in Boulder präziser beschrieben werden. Schon ohne große Veränderungen der Aktivität des Hauptsterns ist die Lage in nur 7 Millionen Kilometern Abstand recht gefährlich. Da Proxima Centauri b somit 20 mal näher um seine Sonne kreist als unsere Erde, ist die Strahlungsintensität in diesem Bereich bereits außerordentlich hoch. Doch am 1.Mai 2019 stieg diese durch einen gewaltigen Strahlungsausbruch des Sterns auf das teilweise 1000fache an. Schon seit längerem war bekannt, dass Rote Zwergsterne nicht solch ruhige Vertreter wie die gelblichen Hauptreihensterne sind, zu denen auch unsere Sonne zählt. Doch dieser sogenannte Superflare, das sind enorm starke Strahlungsemissionen eines Sterns in nur sieben Sekunden, übertraf alle bisher gemessenen Erscheinungen dieser Art um ein Vielfaches. Obwohl es im sichtbaren Bereich der elektromagnetischen Strahlung nur eine schwache Helligkeitserhöhung gab, konnten gleich neun verschiedene Instrumente nachweisen, dass der Impuls besonders im Bereich der Radiostrahlung so extrem war, dass sich für den nahegelegenen Exoplaneten ein wahres Horrorszenario ergibt. Die Schockwelle war so stark, dass eine eventuell existierende Atmosphäre des Exoplaneten in wenigen Sekunden weggeblasen und damit größtenteils zerstört worden wäre. Hätte sich dort jemals eine Form von Leben entwickelt, so hätte diese in jenem Moment keine Chance mehr auf die weitere Existenz gehabt. Würden also in ferner Zukunft irdische Raumfahrer das Wagnis einer interstellaren Reise zur Destination Proxima Centauri b antreten, so hätten sie auf unserem „Zwillingsplaneten“ letztlich auch nur die Möglichkeit, nach fossilen Lebensformen Ausschau zu halten – eine wenig aussichtsreiche Perspektive, vom Aufwand und Nutzen für diese Fernerkundung ganz zu schweigen.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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EsWa, Galaxien 4, Digital, 180 x 360, 2021 (Vergeben!)
Samstag 01.05.2021
91. Nur ein einziger Versuch
Die Wintersternbilder verabschieden sich im Monat Mai. Da es nun täglich später dunkel wird, verschwinden ihre Sterne mehr und mehr in der Dämmerung. Nur noch der obere Teil des Wintersechsecks bleibt dann in der einsetzenden Dunkelheit sichtbar, wobei hier mit Kastor und Pollux die beiden Hauptsterne der Zwillinge und die noch hellere Kapella aus dem Sternbild Fuhrmann am deutlichsten zu erkennen sind.
Eine sehr schöne Beobachtungsmöglichkeit in südlicher Richtung ergibt sich am 19. Mai gegen 21 Uhr, wenn Regulus - der Hauptstern in der Konstellation Löwe - eine sehr enge Begegnung mit dem zunehmenden Halbmond hat.
Mit etwas Glück und freier Sicht nach Südwesten kann man noch Mars in den Zwillingen sehen, bevor auch er dem Untergang entgegenstrebt. Auch der scheue Planet Merkur zeigt sich im Nordwesten für gut eine halbe Stunde nach dem Sonnenuntergang. Die Abendsichtbarkeit der Venus beginnt im Mai, allerdings kann man erst Ende des Monats in westlicher Richtung einen Blick auf den Abendstern erhaschen. Die Planetenriesen Jupiter und Saturn werden zu Planeten der zweiten Nachthälfte.
Innerhalb der in Kosmos 90 beschriebenen habitablen Zone liegt keiner der genannten Planeten. Lediglich der Mars bewegt sich knapp außerhalb dieses Bereichs des möglichen Lebens. Mit 225 Mill. Kilometer Entfernung ist er rund eineinhalb Mal weiter entfernt von der Sonne als die Erde und umläuft in 687 Tagen unseren Zentralstern.
Wie hoch sind nun eigentlich die Chancen für das Auffinden von Leben auf dem Wüstenplaneten? Man muss sagen, dass die Chancen hierfür relativ gering sind, denn das Wasser des Planeten, welches einstmals in recht großen Mengen durch die heute ausgetrockneten Flussbetten geströmt sein muss, hat sich im Permafrostboden in rund einem Meter Tiefe festgesetzt. Sicherlich sind damit die Möglichkeiten für das Aufspüren fossiler Lebensformen gegeben, doch ob es überhaupt jemals selbst nur einfache Bioformen gegeben hat, ist höchst ungewiss. Daher ist es eine der vordringlichsten Aufgaben des am 18. Februar in der Region Syrtis Major gelandeten NASA-Rovers „Perseverance“ danach Ausschau zu halten. Die Forscher im Jet Propulsion Laboratory in Pasadena träumen sogar davon, die durch den Robotergreifarm gewonnenen Bodenproben nicht nur vor Ort in der Laboreinheit der automatischen Station zu untersuchen. Eines fernen Tages in den 30er Jahren unseres Jahrhunderts sollen die insgesamt 36 kleinen Probenkolben mittels einer kleinen Rakete zunächst in die Umlaufbahn des Mars katapultiert werden. Dann soll ein noch zu konstruierendes Transportraumschiff die wertvolle Fracht übernehmen und sicher zur Erde bringen. Dieses ambitionierte europäisch-amerikanische „Sample Return Programm“ wird schon jetzt mit mehreren Milliarden Dollar veranschlagt.
Hinterfragt man nun die hochgesteckten Ziele hinsichtlich eines persönlichen Besuches des Wüstenplaneten durch „Marsionauten“ oder die Vision einer zukünftigen Besiedlung, so ist festzustellen, dass unsere menschliche Spezies hier in der Fantasie der Wirklichkeit um Längen voraus ist. Was gibt es da nicht für farbenprächtige SciFi-Filmchen, die mit großem Aufwand in Hollywood produziert wurden und dem verwunderten Betrachter vorgaukeln, wie einfach doch dieser Sprung zum Nachbarplaneten sei. In Wahrheit existiert noch nicht einmal ein entsprechendes Raumschiff, dass die knapp zweijährige Mission mit ca. 10 Expeditionsteilnehmern zu unserem kleinen Planetenbruder durchführen könnte. Außerdem wurde bisher nur der Hinflug von der schnelleren Erde zum langsameren Mars und die äußerst anspruchsvolle Landung durch unbemannte Raumsonden realisiert.
Der Rückflug ist dagegen noch komplizierter, denn für die Impulsbeschleunigung des Erdtransfers ist ein Geschwindigkeitszuwachs von fast 10 Kilometern pro Sekunde notwendig. 90 mal schneller als eine Gewehrkugel würde sich dann das Raumschiff mit rund 40.000 Stundenkilometern der Erde nähern. Dabei ist noch zu beachten, dass sich genau im diesem Moment des Kontakts mit der Atmosphäre, die Erde selbst mit knapp 30 Kilometern pro Sekunde um die Sonne bewegt. Letztendlich gibt es für den Austritt aus der Marsumlaufbahn ebenso wie für den Eintritt in die Erdumlaufbahn nur einen einzigen Versuch: Ein höchst gefährliches Unternehmen für die Raumfahrer der Zukunft.
Bei der Suche nach Leben auf anderen Himmelskörpern unseres Sonnensystems ist eher Ernüchterung eingetreten. Steht der sonnennahe Merkur unter ständigem Beschuss mit tödlicher Strahlung, so ist es bei der Venus der gigantische Treibhauseffekt, der Leben praktisch unmöglich macht. Die recht warmen Temperaturen auf Io, dem innersten der vier gallileischen Jupitermonde, werden durch hochgiftige Schwefelvulkane produziert. Dies ist ebenso lebensfeindlich wie die -180°C kalte Methanatmosphäre des größten Saturnmondes Titan. Lediglich unter einer kilometerdicken Eisdecke des Jupitermondes Europa wird ein riesiger Ozean vermutet, der vielleicht einfache Lebensformen beherbergen könnte.
Die Hoffnung, Leben auf nahen Himmelskörpern zu finden, ist also mehr als gering. Ein weiterer Grund dafür, dass die Menschheit einsehen muss, dass ihr nur die Erde als Lebensraum gegeben ist. Doch leider gibt es auch für den Erhalt des Lebens auf unserem blauen Planeten nur einen Versuch.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Donnerstag 01.04.2021
90. „Die Weinleserin“ im Frühjahr
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EsWa, Galaxien 3, Digital, 200 x 260cm, 2021 (Vergeben!)
Im Frühlingsmonat April werden die Tage wieder merklich länger. Die Sonne hat am 20.März den Frühlingspunkt durchlaufen und der Winter ist, zumindest aus astronomischer Sicht, vorüber. Die Beobachtungszeiten für den gestirnten Himmel verändern sich wieder dramatisch, denn innerhalb des Monats nimmt die Tageslänge um eineinhalb Stunden zu. Rechnet man nun auch noch die von der großen Mehrheit der europäischen Bürger ungewollte Sommerzeit hinzu, verschiebt sich die Möglichkeit für den Blick auf das Wintersechseck mehr und mehr in die späteren Abendstunden. Das riesige Gebilde der Wintersternbilder bleibt so nur noch in südwestlicher Richtung sichtbar. Zwischen den Sternbildern Stier und Zwillinge kann man den roten Planeten Mars finden. Da er schon kurz nach Mitternacht untergeht, haben wir dann eine nahezu planetenfreie Nacht, denn alle anderen Begleiter der Sonne bleiben für uns unauffindbar.
Die Frühlingssternbilder sind nun in südlicher Richtung erkennbar, allen voran der Löwe mit seinem Hauptstern Regulus. Aber auch das Sternbild der Jungfrau tritt noch vor Mitternacht in Erscheinung. Zwischen den Sternbildern Löwe und Bärenhüter befindet sich mit Epsilon Virginis ein Objekt aus dem Sternbild der Jungfrau, das in jeder Hinsicht interessant ist, denn sein Sternname Vindemiatrix ist der wohl klangvollste unter den historischen Bezeichnungen. Die lateinische Übersetzung „Die Weinleserin“ wird so gedeutet, dass mit dem Beginn der Sichtbarkeit von Vindemiatrix das Sprießen der ersten Triebe der Weinstöcke einhergeht und sein letztes Erscheinen im Herbst mit der Traubenernte zusammenfällt.
Das in Kosmos 87 (Störfaktoren aus der Mikrowelle?) erwähnte Ende des Arcebo-Radioteleskops zeigte deutlich die Verletzlichkeit der in die Jahre gekommenen Observatorien. Schon seit längerem erwartet die Fachwelt aufgrund der Tatsache fehlender Reparaturmöglichkeiten, dass das berühmte Hubble Space Telescope seine letzten Signale zur Erde sendet. Doch nun sind die verheerenden Ereignisse in Puerto Rico in aller Munde. Die 1963 dort stationierte „Satellitenschüssel“ war mit 304 Meter im Durchmesser ja bekanntlich bis 2019 das größte Radioteleskop der Welt und wurde zum Schutz vor den Unbilden der Natur innerhalb der Caldera eines erloschenen Vulkanes errichtet. Dieses Versteck nutze allerdings recht wenig gegen den Wirbelsturm, der im August 2020 das Observatorium heimsuchte und eine langsame Kettenreaktion von Tragekabelrissen auslöste. Letztendlich führte die aus dem Ruder gelaufene Statik am 1.Dezember 2020 zum endgültigen Zusammensturz.
Zu den größten wissenschaftlichen Leistungen der Arecibo-Wissenschaftler gehörte sicherlich die Entdeckung des ersten Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Schon vor mittlerweile fast 30 Jahren wurde der erste Exoplanet detektiert. Heute sind fast 4700 solcher Objekte bekannt. Sie umrunden auf mehr oder weniger recht unterschiedlichen Bahnen ihren Zentralstern. Allerdings sind kaum eine Handvoll Kandidaten darunter, die alle Kriterien für das Vorhandsein von Leben auf einem solchen Exoplaneten erfüllen. Eine Vielzahl von Gegebenheiten wie zum Beispiel stabile Atmosphärentemperaturen, geringe Strahlungsintensität und das Vorhandsein von flüssigem Wasser müssen dabei erfüllt sein, wenn in der sogenannten habitablen Zone ein erdähnlicher Planet X seine Bahn um einen fernen Stern ziehen soll.
Eines der ambitionierten Nachfolger des Arecibo -Teleskops ist das Projekt TESS. Hierbei handelt es sich um ein Weltraumteleskop, das erst vor knapp zwei Jahren von einer Falcon 9 Rakete in einen speziellen Orbit gebracht wurde. Auf seiner hochelliptischen Bahn können die Instrumente von TESS nun relativ ungestört von irdischen Einflüssen bei rund 200.000 Sternen nach fernen Planeten Ausschau halten. Schon die ersten Ergebnisse ließen aufhorchen, denn mehrere sogenannte Hot-Jupiter-Exoplaneten wurden beschrieben. Hierbei handelt es sich um riesige jupiterähnliche Planeten, die so nah an ihrem Stern vorbeiziehen, dass lebensfeindliche Temperaturen von mehr als 1000 Grad in der Hochatmosphäre erreicht werden. Im Sommer 2019 gab es eine historische Schlagzeile, denn der erst 17 jährige Schülerpraktikant Wolf Cukier von der New Yorker Scarsdale Highschool entdeckte mit TOI 1338b den ersten Exoplaneten, der gleich zwei Sonnen umrundet. Der zirkumbinäre Planet braucht dabei nur gut zwei Wochen für einen Umlauf um die eng beieinanderstehenden Doppelsterne und hat ungefähr die sechsfache Masse der Erde. Leben dürfte es auf diesem Himmelskörper aufgrund der extremen Strahlung von gleich zwei Sonnen allerdings nicht geben.
Noch exotischer ist nun die neueste Entdeckung mit dem TESS-Teleskop. Ein Team von Wissenschaftlern um David Armstrong von der University of Warwick (England) konnte mit TOI 849b den bisher schwersten Exoplanet-Giganten ausfindig machen, der die unglaubliche Masse von 39 Erden besitzt. Er umkreist dabei in nur 19 Stunden gleich drei Sonnen.
Ein weiterer Beweis dafür, dass ebenso ausdauernde wie exakte astronomische Forschungen auch immer wieder ungeahnte und zugleich höchst exotische Entdeckungen an den Tag bringen können.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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EsWa, Galaxien 2, Digital, 250 x 180cm, 2021 (Vergeben!)
Montag 01.03.2021
89. Familienporträt unseres Sonnensystems
Bevor sich der Winter mit seinen besonderen Beobachtungsmöglichkeiten vom Abendhimmel verabschiedet, wird uns das Wintersechseck mit der Pracht seiner hell leuchtenden Sterne noch einmal verwöhnen. Mitten in dieser Formation strahlt Beteigeuze als zweithellster Stern des Orions direkt über den drei leicht zu erkennenden Gürtelsternen. Noch vor einem Jahr sorgte dieser rote Gigant für großes Aufsehen, als er für Monate seinen Glanz verlor (siehe Kosmos 77). Inzwischen kennt man den Hintergrund: Eine starke Veränderung in seiner äußeren Hülle führte dazu, dass sich eine Gas- und Staubwolke bildete, die den Stern teilweise umnebelte und zufällig in unserer Sichtachse zum Abdunkeln führte. Heute ist diese Wolke längst diffundiert und er strahlt wieder als neunthellster Stern des Nachthimmels.
Die Planeten machen sich dagegen am abendlichen Himmel rar. Einzig der rote Planet Mars, der im Februar gleich von drei Raumsonden angesteuert wurde, ist im Sternbild Stier in der Nähe der Plejaden sichtbar.
Als am 20.August 1977 mit Voyager 2 die zweite der Zwillingssonden gut vierzehn Tage vor Voyager 1 startete, gab es bei den Journalisten viele offene Fragen, denn normalerweise sollte die Sonde Nr.2 der ersten Variante in gebührendem Abstand folgen. Was hatten die Forscher vom JPL im kalifornischen Pasadena dabei im Sinn? Plausible Antworten wurden dahingehend erst viele Jahre später gegeben. Zu diesem Zeitpunkt hatten beide Raumsonden schon die Welt des Gasriesen Jupiter und seiner riesigen Gefolgschaft von Monden ausgiebig untersucht. Großartige Bilder hatten die Menschen auf der Erde in ihren Bann gezogen, denn so scharf und genau waren die Wolkenbänder des Gasriesen noch nie fotografiert worden. Der Große Rote Fleck, 1609 von Galileo Galilei entdeckt, entpuppte sich als gigantischer Wirbelsturm mit zweifacher Erdgröße und einer kontinuierlichen Stabilität von Jahrhunderten. Als dann noch die Entdeckung von mehreren neuen Monden bekannt gemacht wurde, waren auch die letzten Zweifler verstummt, denn damit waren schon die ersten beiden Passagen ein großartiger Erfolg.
Ein Vergleich soll an dieser Stelle verdeutlichen, wie schwer es ist, Bilder bei solchen Vorbeiflügen zu gewinnen. Man stelle sich vor, man sitzt in einem ICE und soll einen Bahnhof aus dem fahrenden Zug heraus fotografieren. Das allein kann schon überfordern. Für die Techniker im Mission Control Center war die Aufgabe jedoch wesentlich schwieriger, denn ihre Sonde bewegt sich mit mehr als 60.000 Stundenkilometern rund 200mal schneller als ein ICE und dreht sich zur Lagestabilität dabei auch noch um die eigene Achse.
So war die Spannung groß, als das Tandem den Ringplaneten Saturn in den Jahren 1980 und 1981 anflog. Inzwischen hatte Voyager 1 trotz des späteren Starts die Schwestersonde schon längst überholt und funkte so die ersten Bilder von einem traumhaft schönen Ringsystem, das wie eine kosmische Schallplatte den Gasplaneten umsäumt. Es ist mit 134.000 km das größte Gebilde des Sonnensystems. Erneut konnten die Kameras der Doppelsonden neue Monde entdecken und die Fotos vom größten Mond Titan, ungefähr eineinhalb Mal größer als unser Erdmond, zeigten eindeutig eine dichte Atmosphäre und deuteten somit auf eine mögliche zweite Erde hin.
Nach der Passage von Voyager 1 hatte die Leitzentrale in Pasadena aufgrund der soeben gewonnenen Daten die zweite und nun nachfolgende Sonde so programmiert, dass sie nach einem sehr nahen und somit gefährlichen Vorbeiflug Schaden nehmen konnte. Doch das sogenannte Swing-by-Manöver, bei dem die enorme Schwerkraft des Saturn für die Bahnumlenkung genutzt wurde, gelang so präzise, dass das Raumfahrzeug genau in Richtung Uranus katapultiert werden konnte. Nun zog das Team im kalifornischen Jet Propulsion Laboratory sein Ass aus dem Ärmel: Von Beginn an hatte man die Idee, dass Voyager 2 auch noch die beiden anderen Gasplaneten Uranus und Neptun anfliegen könnte. Genau dafür waren aber der verfrühte Start, die langsamere Geschwindigkeit gegenüber Voyager 1 und die nun spätere Passage mit der entsprechenden Bahnumlenkung notwendig gewesen. Als man im zuständigen Senatsausschuss darauf hinwies, dass Voyager 1 nun in Richtung Heliopause hinausfliegt und mit Voyager 2 nur noch eine Sonde „zum halben Preis“ zu betreuen sei, wurden die notwendigen Gelder umgehend genehmigt. Auf der so um ein Jahrzehnt verlängerten Mission gelangen in den Jahren 1985 (Uranus) und 1989 (Neptun) die bisher einzigen Bilder der fernen Gasplaneten, die beide rund vierfache Erdgröße aufweisen.
Nach dem Vorbeiflug bei Neptun wäre es normalerweise sehr ruhig um die nun in den interstellaren Raum hinausjagenden Sonden geworden, doch der weltweit bekannte Wissenschaftler und Sachbuchautor Carl Sagan hatte wieder eine geniale Idee. Schon zu Beginn der Doppelmission hatte er mit der „Golden Record“, die an die Außenhaut der Voyager-Sonden montiert wurden, einen PR-Volltreffer gelandet. Auf dieser Laser Disc, einer Art überdimensionaler DVD, waren neben den verschiedenartigsten Musikstücken auch viele Informationen über die Menschheit gespeichert, die, sollten sie jemals von einer anderen intelligenten Lebensform gefunden werden, in vielfältiger Weise Kunde von unserem Dasein geben sollten (Golden Record).
Jetzt fragte er sich, warum die Voyager-Sonden für die Öffentlichkeit weiter „nutzlos“ durch das All fliegen sollten ? Da vor allem Voyager 1 noch völlig intakt war, konnte man doch noch ein letztes Foto wagen.
Sagan gelang es, seine Idee dem Team näher zu bringen: Die letzten verbliebenen Hydrazin-Reserven der Steuerdüsen wurden verwendet, um die Sonde in Richtung unserer Sonne zu drehen. Diese wurde dann, um eine Überblendung zu vermeiden, abgedeckt und das Farewell-Foto des Sonnensystems konnte entstehen.
Nun kam für Carl Sagan der große Augenblick: Er konnte das „Familien- Porträt“ unseres Sonnensystems auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorstellen (https://www.starobserver.org/image/1902/ssportrait_vg1_big.jpg).
Ein einzelnes Bild des Fotomosaiks vergrößerte er dann abermals, um den sichtlich überraschten Pressevertretern einen kleinen, nahezu unscheinbaren Punkt in weiter Ferne zu offenbaren: Unsere Erde (https://www.starobserver.org/image/2002/PIA23645PaleBlueDot.jpg).
„Pale Blue Dot“, so wurde dieses Foto fortan genannt, mehr als dieses verschwindend kleine, blaßblaue Pünktchen in den unvorstellbaren Weiten des Universums sind wir nicht und doch ist es unser einzigartiger und schützenswerter Heimatplanet.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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EsWa, Galaxien 1, Digital, 250 x 180cm, 2021 (Vergeben!)
Montag 01.02.2021
88. Pluto, der Zwergplanet
Mit Beginn des zweiten Monats des Jahres ziehen sich die Planeten mehr und mehr vom nächtlichen Sternhimmel zurück. Während der morgendlichen Dämmerung steigen Saturn, Jupiter, Merkur und Venus fast gemeinsam mit der Sonne über den östlichen Horizont und sind dadurch mit dem Auge kaum zu erfassen. Einzig Mars erfreut uns an der Grenze der Sternbilder Widder und Stier mit seinem rötlichen Schein. Da er zur Zeit sehr hoch auf der Ekliptik steht, ist er problemlos auffindbar. Im Februar werden die Wintersternbilder das Firmament mit ihrem Glanz beherrschen. Verbindet man eine gedachte Linie über die Hauptsterne Sirius (Großer Hund), Prokyon (Kleiner Hund), Kastor (Zwillinge), Kapella (Fuhrmann), Aldebaran (Stier) und Rigel (Orion), so erhält man eine geometrische Form, die als Wintersechseck bezeichnet wird.
Ihrer Definition nach sind sie Asteroiden, denn sie bewegen sich auf Kepler-Ellipsen um die Sonnen, ihnen wurden exotische Namen wie Varda, Ixion, Dysnomia und Deucallion gegeben und sie haben den englischen Musiker James Clements so stark beeinflusst, dass er unter seinem Künstlernamen ASC gleich zwei Alben unter dem Titel Transneptunian Objects“ veröffentlichte. Gemeint sind die Transneptunischen Objekte, kurz auch TNO`s genannt.
Natürlich geht von ihnen auch eine enorme Faszination aus, sind sie doch die fernsten und zugleich kältesten Himmelskörper unseres Sonnensystems. Dabei findet sich in dieser Liste auch ein seit 1930 bekannter Himmelskörper wieder, der immerhin mehr als 75 Jahre als neunter Planet der Sonne galt. Es ist Pluto, der 1930 von dem Amerikaner Clyde Tombaugh entdeckt wurde. In seiner Zeit als Planet war er mit seinem Durchmesser von 2380 km und einer mittleren Entfernung von 39 AE mit Abstand der kleinste und am weitesten von der Sonne entfernte Planet des Sonnensystems. (Eine Astronomische Einheit ist dabei die Entfernung der Erde von der Sonne und ist mit rund 150 Mill.km vermessen.)
Nun ist er die Nummer 1 der Transneptunischen Objekte und trägt zusätzlich noch den Namen Zwergplanet. Mit Eris, Makemake und Haumea können sich gerade einmal drei weitere TNO's dieses zusätzlichen Titels „Dwarf Planet“ erfreuen, da sie das entscheidende Kriterium hierfür erfüllen. Ihr Durchmesser muss mindestens 1000 km betragen. Lange Zeit war es sogar so, dass die von einem Team amerikanischen Astronomen im Jahre 2005 entdeckte Eris, benannt nach der griechischen Göttin der Zwietracht und des Streits, auch für gehörige Dissonanzen unter den Wissenschaftlern sorgte. Eris sollte mit 2600 km Durchmesser sogar größer als Pluto sein. Da sich aber die Entfernung des neuentdeckten Himmelskörpers zwischen 38 und 97 AE bewegt, waren die ersten Messungen zur Größenbestimmung noch sehr ungenau. Heute gilt es als sicher, dass Eris tatsächlich nur ganze 50 km kleiner ist als Pluto und sich somit als Nummer 2 der fernen Zwergplaneten einordnen lässt.
Erstaunlich ist auch, dass alle vier Zwergplaneten teilweise winzige Monde besitzen. Von daher würden sie sogar ein Kriterium der Definition eines normalen Planeten erfüllen, doch sind die Monde meist so klein, dass sie auf hochauflösenden Aufnahmen ihrer Mutterkörper eher zufällig entdeckt wurden.
Fast unvorstellbar sind bei den TNO'S? zwei weitere Parameter. Während ihres Vorbeifluges an Pluto im Jahr 2015 konnte die amerikanische Tiefraumsonde New Horizons erstmals eine genaue Oberflächentemperatur messen. Mit -242°C ist es die tiefste jemals gemessene Temperatur. Da die meisten anderen Transneptunischen Objekte zum Teil sogar noch weiter von der Sonne entfernt sind, werden dort aller Voraussicht nach die Temperaturen unter -250°C liegen und sich somit eventuell sogar dem absoluten Nullpunkt von -273°C nähern. Auch die Umläufe um die Sonne dauern halbe Ewigkeiten. Ist die Jahreslänge bei Pluto mit fast 248 Jahren noch halbwegs überschaubar, so beträgt sie bei Eris schon 560 Jahre. Bei Sedna, der mit 995 km äußerst knapp unter der Zwergplanetengrenze liegt, dauert der komplette Sonnenumlauf mehr als 10.000 Jahre. Das bisher namenlose TN-Objekt 2014 FE 72 entfernt sich in seinem Aphel (sonnenfernster Punkt der Ellipse) auf mehr als 3800 AE und gilt damit als das entfernteste bekannte Objekt unseres Sonnensystems.
Es könnte damit fast 100.000 Jahre für einen Sonnenumlauf benötigen. Dies sind Werte, die uns zeigen, dass unsere irdischen Maßstäbe von Zeit schon innerhalb unseres Sonnensystems ad absurdum geführt werden. Das Transneptunischen Objekt 229762 mit dem fast unaussprechlichem G?kún?’hòmdímà erlaubt sogar einen zeitlich nachvollziehbaren Vergleich. Er braucht für den Umlauf um unser Zentralgestirn fast genauso lange wie das längste Musikstück der Welt. Es ist die 639 Jahre andauernde Komposition „As slow as possible“, einem Teil des John Cage Organ Project in der Halberstädter Burchardikirche.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Freitag 01.01.2021
87. Störfaktoren aus der Mikrowelle?
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EsWa
Ein sicherlich in jeder Hinsicht ereignisreiches Jahr 2020 liegt nun hinter uns und in jeder journalistischen Retrospektive spielt die Corona-Pandemie die tragende Rolle. Ein guter Grund, um auch einen astronomischen Rückblick auf die vergangenen 12 Monate zu werfen.
Beginnen wir damit, dass selbst Fachredakteure einer angesehenen Fachzeitschrift wie „Sterne und Weltraum“, die immerhin auf eine mehr als 50jährige Geschichte zurückblicken kann, sich von Zeit zu Zeit nicht zurückhalten können. So bejubelten sie denn auch die Verleihung der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung an den deutschen Astrophysiker Norbert Genzel in ihrer Dezember-Ausgabe mit den Worten „Nobelpreis für Schwarze Löcher“.
Doch schaut man genauer hin, ist dies irgendwie auch nachvollziehbar, denn mit dieser Auszeichnung wird die jahrelange und intensive Forschung der Astronomen gewürdigt. Wichtig ist auch, dass mit Andrea M. Ghez einer Frau diese Ehrung zuteil wurde. Das ist eine großartige Meldung, denn der Weg der Frauen in der Astronomie war in den vergangenen Jahrhunderten oft eher steinig (vgl. Kosmos 82).
Die endgültige Bestätigung der Expansion des Universums ist tatsächlich ein gewaltiger Meilenstein in der Geschichte der Astronomie. Er hat den Blick auf die Ausdehnung des Kosmos in hohem Maße geschärft und ist von seiner Dimension durchaus mit der bahnbrechenden Entdeckung Edwin Powell Hubbles zu vergleichen, der einer ebenso staunenden wie irritierten Fachwelt vor rund 100 Jahren als erster die gigantische Ausdehnung des Kosmos weit über unsere Milchstraße hinaus erstmalig vor Augen hielt.
Ebenso lohnt sich eine Betrachtung der von der Rubrik Kosmos schon mehrfach vorgestellten Erfassung der Gravitationswellen-Ereignisse durch die LIGO- und Virgo-Detektoren. Waren die ersten Nachweise der von Albert Einstein postulierten Erschütterungen der Raumzeit durch die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher (vgl. Kosmos 67) oder der Zusammensturz zweier Neutronensternen zu einer erstmals beobachteten Kilonova (vgl. Kosmos 73) noch absolut bahnbrechende Entdeckungen, so ist nun auch im Bereich dieser Feldforschung so etwas wie der Alltag angebrochen. Bereits mehr als 50 Ereignisse mit unvorstellbaren Energiefreisetzungen konnten durch das länderübergreifende Forschungsteam veröffentlicht werden. Dabei ist Versuchsaufbau des LIGO-Experiments noch in der Aufbauphase und soll zukünftig noch erheblich verbessert werden.
Ebenso sensationell ist auch die Veröffentlichung des dritten Datensatzes EDR3 der Mission GAIA. Unvorstellbare ein Petabyte (1.000.000.000.000.000 Byte) hat das im Langrange-Punkt 2 stationierte Weltraumteleskop dabei gespeichert. Dahinter verbergen sich mehr als 1,8 Milliarden Positionen und Entfernungen von Sternen unserer Heimatgalaxis. Auch hier hat das Instrument erst einen Teil seiner Gesamtarbeit bewältigt, denn trotz der enormen Datenmenge sind mit den vorhandenen Katalogen noch nicht einmal 4 Prozent aller Sterne unserer Milchstraße erfasst.
Neben der Konjunktion der beiden Planeten Jupiter und Saturn im Dezember und der damit verbundenen engen Passage ist die unvorhersehbare Entwicklung des Kometen Neowise im Juli des Jahres natürlich das große Ereignis in der beobachtenden Astronomie gewesen. Letztlich war natürlich auch für jeden, der diesen Kometen zumindest einmal am gestirnten Himmel aufgesucht hat, das Auffinden mit dem Fernrohr oder dem Feldstecher ein unvergessliches „Selbstentdecken“.
Im Jahr 2020 kam es auch zu einem schleichenden Abschiednehmen von dem bekanntesten Radioteleskop der Welt. Die über 300m große Arecibo-Schüssel, die im SciFi-Klassiker „Contact“ sogar Hollywood-Berühmtheit erlangte, hatte bereits im Frühjahr einen schweren Hurrican-Schaden erlitten. Das in die Jahre gekommene Instrument sollte daraufhin aufwendig saniert werden, doch der Riss eines tragenden Stahlseiles verhinderte dies. Am 1. Dezember rissen nun auch noch die restlichen vier Tragseile, sodass die 900 Tonnen schwere Sekundäreinheit mit ohrenbetäubendem Lärm in die Hauptschüssel stürzte. Die von den Überwachungskameras gemachten Aufnahmen lassen selbst dem hartgesottensten Astronomen das Herz bluten, denn es ist nicht nur das Ende einer 57 Jahre währenden Ära höchst erfolgreicher Radioastronomie, es hat auch etlichen Fachkollegen den Job gekostet.
Ganz anders könnte es um das neue Zauberwort der Radioastronomie bestellt sein: BLC1 (Breakthrough Listen Candidate 1).
Was könnte sich alles hinter dieser Meldung verbergen? Zunächst scheint es aber eine Bestätigung dafür zu sein, dass man mit dem Projekt SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence) nichts unversucht gelassen hat, nach Spuren außerirdischen Lebens zu suchen.
Nun aber liegen mehrere Dinge auf der Hand, die Raum für viele Spekulationen geben. Immerhin kommt das Signal BLC1 aus der direkten Umgebung unseres unmittelbaren Nachbarsterns Proxima Centauri. Erstaunlich ist hierbei die Tatsache, dass das ankommende Signal auf der extrem präzisen Frequenz von 982,002 Megahertz empfangen wurde. Merkwürdig ist dabei, dass dieser Frequenzbereich nicht für die Kommunikation mit irdischen Satelliten benutzt wird. Es ist übrigens nach dem sogenannten „Wow“-Signal aus dem Jahr 1977 die erst zweite Entdeckung einer nichtirdischen Signatur.
Es bleibt allerdings zu hoffen, dass es sich nicht wie bei den letztlich bekannt gewordenen haarsträubenden Fehlern bei der Offenbarung der möglichen Existenz von Lebensformen in der Atmosphäre des Planeten Venus um eine übereilte und nicht genügend verifizierte Meldung handelt (vgl. Kosmos 86). Sollte das so überaus interessante Signal BLC1 nur der Störfaktor einer eingeschalteten Mikrowelle aus der Mitarbeiter-Kantine sein, wäre der Spott vorprogrammiert. Das Beste wäre also, man findet das Signal ein zweites Mal.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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