Das Schlagzeug war ihm nicht in die Wiege gelegt. Als Waise hatte der 1919 geborene Arthur William Blakey eine harte Kindheit. Er arbeitete schon mit zehn Jahren in den Kohlebergwerken von Pittsburgh, heiratete früh und war mit fünfzehn zweimal Vater. Die Vorzeichen für ein glückliches, sorgenfreies Leben standen schlecht.
Blakey begann zu musizieren, probierte sich an Trompete und Klavier aus und landete eher durch Zufall am Schlagzeug. Ein Segen für ihn und die Welt der Musik. Denn in New York entwickelte er sich zu einem der wirkungsvollsten und dynamischsten Schlagzeuger des Jazz. Gelernt hatte er das treibende, anpeitschende Spiel von Chick Webb und Big Sid Catlett. Bei ihnen fand er diesen kraftvollen Stil, der ihm persönlich lag und der ihn auch in Zukunft kennzeichnen sollte. Energie und Vitalität, Differenziertheit (trotz der enormen Wucht und damit auch Lautstärke seines Spiels), sich entladende Spannungsbögen, rhythmische Präzision und dramaturgische Akzentuiertheit waren die äußeren Säulen seiner Schlagzeugarbeit. Damit leitete er seine Bands, feuerte die Solisten an, machte jede Komposition, die eines der Bandmitglieder mit einbrachte, oder bekannte Standards zu Blakey-Messengers-Nummern.
Denn seine über Jahrzehnte in unterschiedlichen Besetzungen geführte Band nannte er „The Jazz Messengers“. Blakey suchte für diese Formation, die anfänglich fast das ganze Jahr hindurch tourte, immer junge, bis dahin unbekannte Musiker, deren kreatives Feuer nicht zu löschen war und die er zugleich mit großer Freude förderte. Nachdem er zu Studien in Westafrika weilte konvertierte er zum Islam und nannte sich Abdullah Ibn Buhaina. Von seinen Musikern, sowie den später zehn eigenen und sieben Adoptivkindern, wurde er entsprechend liebevoll von allen nur „Father Bu“ genannt.
Viele seiner Alben entstanden für das damals wohl wichtigste Jazzlabel Blue Note Records. Hier erschien 1954 ein Live-Mitschnitt aus dem New Yorker Birdland, das als die Geburtsstunde des Hardbop gilt. Blakey spielte sein Leben lang diesen aus afroamerikanischer Volksmusik, Rhythm & Blues und Gospel eingefärbten Stil und ließ sich auch später weder von Moden noch anderen kulturellen Zeitgeistströmungen beeindrucken. Sein vielleicht bekanntestes Werk spielte er im legendären Rudy van Gelder Studio in Hackensack, New Jersey am 30. Oktober 1958 ein. Blakey nannte es einfach „Art Blakey And The Jazz Messengers“. In die Geschichte des Jazz ist es als „Moanin“ eingegangen, entsprechend dem ersten Stück dieses Albums.
Die Besetzung dieser Aufnahme liest sich heute wie ein Who's Who des Jazz der 1960er Jahre: Lee Morgan (Trompete), Benny Golson (Saxophon), Bobby Timmons (Klavier) und Jymie Merritt (Bass). Ein Großteil der Kompositionen auf diesem Album hat Benny Golson geschrieben, der überhaupt die Fäden bei den Messengers während dieser Zeit in den Händen hielt. Einige von diesen Stücken wurden später selbst zu Standards, mit Ausnahme von „Moanin'“, das aus der Feder des damals erst 22jährigen Bobby Timmons stammt. Eine Nummer, in der das Call & Response der Gottesdienste zu spüren war (Timmons wuchs bei seinem Großvater, einem Prediger auf!), das Ekstatische des Funk, Blues und swingende Robustheit. Hervorzuheben bei allen Aufnahmen ist die ausgefeilte Balance zwischen den kompakten Arrangements und den Solis. Die waren dramaturgisch durchweg exzellent aufgebaut, hatten Schmiss und wirkten trotz aller Schärfe beseelt. Einzige Ausnahme auf diesem Album: The Drum Thunder. Eine rhythmische Spielwiese für den Leader, wobei er seine ganze (solistische) Klasse im Kontext mit der Band zum Ausdruck bringt. Neben all den wunderbaren, mitreißenden rhythmischen Figuren und einzigartigen Drum-Licks ist hier besonders der afrikanische Einfluss in seinem Spiel zu spüren (und deutlich zu hören!).
Die britischen Musikzeitschrift Jazzwise kürte das Album 2006 auf Platz 28 der 100 besten Jazz-Alben. Sieben Jahre später wählte das Magazin Rolling Stone „Moanin'“ in seiner Liste der 100 besten Jazz-Alben auf Platz 21.
Alfred Esser
Art Blakey And His Jazz Messengers
„Moanin'“
Blue Note