Nun haben die Wintersternbilder die Zeit ihrer besten Sichtbarkeit, denn um Mitternacht kulminiert der hellste Nachtstern Sirius im Großen Hund in 25 Grad Höhe und erreicht somit die größtmögliche Höhe. Neben und über ihm sind dann die Nachbarsternbilder Kleiner Hund, Zwillinge, Fuhrmann, Stier und Orion mit ihren vielen strahlend hellen Objekten zu bewundern.
Die Planeten machen sich im ersten Monat des neuen Jahres etwas rar. Die inneren Planeten Merkur und Venus stehen für den Betrachter so nah an der Sonne, dass sie gewissermaßen mit der Sonne auf- bzw. untergehen. Da sie gegen den Glanz unseres Zentralgestirns nicht ankommen, bleiben sie für das menschliche Auge unsichtbar. Saturn erreicht nur noch einen sehr niedrigen Stand und wird gegen Monatsmitte ebenfalls unsichtbar. Mars ist dagegen in den Morgenstunden am südöstlichen Himmel zu erkennen.
Einzig Jupiter enttäuscht den Planetenfreund nicht, obwohl auch die Zeit des bequemen Aufsuchens langsam abnimmt. Wer ihn dennoch mit einem Feldstecher oder einem kleinen astronomischen Fernrohr auffinden kann, dem wird die wohl schönste aller Planetenbeobachtung zu Teil. Sicher sind der rötliche Mars, der Ringplanet Saturn oder die Phasengestalten der Venus interessante und nachhaltig wirkende Beobachtungsobjekte, doch niemand wird den Augenblick vergessen, wenn er zum ersten Mal die vier großen Jupitermonde Io, Europa, Ganymed und Kallisto aufgereiht wie an einer Perlenschnur erblickt.
Natürlich sind sie unter dem Namen Galileische Monde bekannt geworden. Am 7. Januar 1610 gelang dem großen italienischen Astronomen mit einem von ihm selbst konstruierten Fernrohr anscheinend die erste Beobachtung von vier Himmelskörpern, die sich eindeutig um den Jupiter bewegten. Nicht nur ein bemerkenswerter optischer Effekt, sondern auch eine bahnbrechende Entdeckung für die Astronomie. Das alte geozentrische Weltbild mit der Erde im Zentrum war erstmalig konkret widerlegt worden. 400 Jahre später trug die UNESCO mit der Propagierung des Internationalen Jahres der Astronomie 2009 entscheidend dazu bei, diesen magischen Augenblick der Forschung gebührend zu würdigen.
Nachdem im Dezember 2021 in Kosmos 98 noch die Monde des Saturns im Mittelpunkt der hiesigen Betrachtung standen, drängt sich im Monat ihrer Entdeckung vor nun 412 Jahren ein Blick auf die mittlerweile 80 Jupitermonde regelrecht auf.
Schon der innerste Mond mit dem Namen Io ist für die Vulkanologie des Sonnensystems ein wahrer Glücksfall gewesen. Der erste Schritt für die Enträtselung seiner Geheimnisse wagte am 9.März 1979 die NASA-Mitarbeiterin Linda Morabito-Kelly. Ihr war bei einer eingehenden Betrachtung verschiedenster Fotos der Raumsonde Voyager 1 aufgefallen, dass am Rande der Io-Scheibe immer wieder kleine Ausbuchtungen zu erkennen waren. Schließlich konfrontierte sie ihre ungläubig staunenden, zumeist männlichen Kollegen mit der kühnen Hypothese, dass auf Io - bedingt durch die Gezeitenwirkung des riesigen Jupiters - ein äußerst aktiver Vulkanismus vorhanden sei. Hohn und Spott waren zunächst die Antwort, sogar die Frage, ob sie womöglich auch den „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupery gesichtet hätte, stand witzelnd im Raum. Doch dann traten immer mehr Fotos zu Tage, die keinen anderen Schluss zuließen: Der 3643 km große Io ist der vulkanisch aktivste Himmelskörper des Sonnensystems, denn mehr als 150 tätige Schwefelvulkane konnten nachgewiesen werden. Ihre hochgiftigen und bis zu 1500°C heißen Aschewolken steigen dabei pilzförmig bis zu 500 km in die Höhe.
Damit leitete der gelb-schwarze Jupitermond eine Wende in der astronomischen Forschung ein, denn Planeten waren nun nicht länger die einzigen Quellen des Vulkanismus. Neben Io konnten inzwischen auch auf dem Saturnmond Enceladus (siehe Kosmos 98) und dem Neptunmond Triton vulkanische Aktivitäten nachgewiesen werden. Auch die anderen drei großen jupiternahen Monde, die Galilei einst 1609 entdeckte, geizen nicht mit Superlativen.
Europa ist zum Beispiel fast vollständig mit Eis bedeckt. Die Rillen und Kratzer sehen dabei aus der Ferne so aus, als ob die Eismaschine in der Skating-Arena versagt hätte. Bei noch näherer Betrachtung kamen dann unter den Eismassen plötzlich bläuliche Farben zum Vorschein. Gibt es etwa unter der 100 km dicken Eisschicht einen gigantischen Ozean? Eines der großen Rätsel, die erst in ferner Zukunft gelöst werden können.
Ganymed, so benannt durch den Gunzenhausener Astronomen Simon Marius, ist mit 5262 km Durchmesser der größte Mond des Sonnensystems und besitzt ein ausgeprägtes Magnetfeld. Dabei ist er sogar etwas größer als der Planet Merkur.
Kallisto hingegen ist ein Jupiter-Trabant mit 4820 km Durchmesser. Der drittgrößte Mond des Sonnensystems zeichnet sich dadurch aus, dass die zahlreichen sehr hellen Einschläge von Meteoriten durch die ansonsten sehr dunkle Landschaft deutlich hervorgehoben werden.
Übrigens beansprucht die in Nürnberg ansässige Simon Marius Gesellschaft e.V. nicht ganz zu Unrecht den Status eines Mitentdeckers der vier großen Monde des Jupiters für den „fränkischen Galileo“, der mit bürgerlichen Namen Mayr hieß. In seinen Aufzeichnungen ist der 8. Januar 1610 als Sichtungsdatum verzeichnet und nicht wenige Experten mutmaßen heute, dass der italienische Astronom Galilei daraufhin seine Entdeckung eventuell einen Tag vordatierte. Doch über 400 Jahre später ist die Beweislage so dünn, dass der Streit darüber wohl nie beigelegt werden kann.
Eine weitere Anekdote zum Schluss: In einem Leserbrief an die Fachzeitschrift „Sterne und Weltraum“ freut sich eine mittlerweile 101jährige Leserin ganz besonders darüber, dass sie sich nun schon seit über 80 Jahren mit ihrem Teleskop am Anblick des Gasriesen Jupiter und dem Tanz seiner vier Galileischen Monde erfreuen kann. Zum vergleichenden Verständnis: Im Verlauf dieser mehr als acht Jahrzehnte andauernden begeisterten Beobachtung hat sich der äußerste Mond Kallisto rund 1800mal um den Jupiter bewegt, der innerste Mond Io sogar mehr als 16.500mal.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt