Dusko Goykovich (geb. 14. Oktober 1931, gest. 05. April 2023)
Mainstream heißt bewahren von WertenDer Trompeter Dusko Goykovich und das Harald Rüschenbaum Trio in PuchheimPuchheim. Sein Ton ist weich und voller Poesie. Selbst dann noch, wenn Dusko Goykovich sich mit verzehrender Energie in die höchsten Lagen schraubt, scheint er innerlich gelassen und immer auf dem Boden der musikalischen Realität des Mainstream. So kann nur jemand Trompete und Flügelhorn spielen, der sein Instrument und dessen Handhabung vollkommen beherrscht, und der zugleich aus einem riesigen Fundus von Erfahrung schöpft.
Es ist eine Freude und Lust, dem Spiel des heute 73-jährigen zu folgen, der, wie am vergangenen Donnerstag im Kulturcentrum PUC mit dem Harald Rüschenbaum Trio, noch immer auf der Bühne steht und Das Publikum an seiner Überzeugung „Jazz ist Freiheit“ teilhaben lässt.
Jazz ist auch bei Dusko Goykovich mit dem bewahren von Werten eng verknüpft. Er hat einen Teil der Geschichte des Jazz in den zurückliegenden fünf Jahrzehnten an den Originalschauplätzen hautnah miterlebt. Und natürlich haben ihn diese Erlebnisse geprägt, fühlte er sich von Bebop und Cooljazz vor Ort besonders angesprochen und persönlich herausgefordert. So ist ein Großteil seines Repertoires auch heute noch von dieser musikalisch so aufregenden Ära stark geprägt. Standards wie „Secret Love“, „Summertime“ oder „Misty“, Kompositionen von Kenny Dorham, Antonio Carlos Jobim und Dizzy Gillespie bestimmen sein Programm.
Vom Ballast befreit
Wie stark sich aber der heutige Leiter der Belgrader Radio Big Band dem lyrischen und sparsamen Spiel eines Miles Davis verbunden fühlt, wird besonders in den Balladen deutlich. Wenn Goykovich mit dem gestopften Horn und ohne jedes Vibrato die Themen schemenhaft anreißt, die Improvisationen, von jedem überflüssigen Ballast befreit, verhangen aber ausdrucksstark gestaltet, dann kommt für kurze Momente das Gefühl auf, am Original teilzuhaben. Dazu trägt auch das Harald Rüschenbaum Trio bei. Weit mehr als eine Sideband musizieren hier drei hervorragende Musiker miteinander. Rüschenbaum selbst ist ein unglaublich dynamischer Schlagzeuger, der jedoch voller Sensibilität die Ränder seines Instruments immer wieder neu zu erkunden versteht. Er trommelt gruppendienlich, nutzt aber Freiräume konsequent für druckvolles Powerplay.
Christian Diener spielt einen wohltemperierten Bass, eher unauffällig, aber gerade deshalb so wichtig, weil verlässlich grundierend. Walter Lang war an diesem Abend ein großartiger pianistischer Begleiter. Vollkommen uneigennützig hat er sich in die Band eingebracht und mit seinensehr verhaltenen pianistischen Motiven doch musikalische Ausrufezeichen gesetzt. Statt virtuosem Tastenzauber ein eher klangmalerischer Äsket und nicht zuletzt aus diesem Grund ein genialer Partner für Dusko Goykovich. Der wiederum adelte Walter Lang an diesem Abend mit dem Prädikat: „Einer der besten Pianisten, die ich kenne.“ Ein gewaltiges Lob an einem insgesamt mitreißenden Konzertabend.
Jörg Konrad
(SZ 12./13.05. 2005)
Jazz auf dem Höhepunkt der Zeit Das Dusko Goykovich Quintett vermeidet jede nostalgische Rückbesinnung Germering. Noch bevor der erste Ton auf der Bühne des Amadeussaales der Germeringer Stadthalle am Freitagabend überhaupt gespielt wurde, konnten die Veranstalter ein positives Echo ziehen. Denn die anfänglichen Zweifel, ob der Jazz nach einer langen Zeit der Abstienenz im Germeringer Kulturtempel vom Publikum gleich als Abo-Reihe angenommen werden würde, zeigten sich als völlig unbegründet. Das Interesse war schon vor Monaten riesig und die Karten im Handumdrehen vergriffen. Ja, es hätten ohne große Schwierigkeiten noch ein paar Dutzend mehr verkauft werden können. So waren zum ersten Konzert der Reihe „Jazz It“ sämtliche zweihundert Plätze im Amadeussaal besetzt und das Dusko Goykovich Quintett konnte vor „vollem Haus“ auftreten.
Der Trompeter fühlte sich mit seiner Band in dieser von gespannter Aufmerksamkeit gekennzeichneten Atmosphäre dann auch hörbar wohl. Andererseits ist Goykovich ein erfahrener und mit sämtlichen Wassern der Musikbranche gewaschener Instrumentalist, der im Laufe seiner über fünf Jahrzehnte andauernden Karriere gelernt hat, alle möglichen und unmöglichen konzertante Begleiterscheinungen zu meistern.
In Germering brachte der in Bosnien geborene Musiker verschiedene Instrumentalisten-Generationen zusammen. So den mit einem relaxt abgehangenen Sound agierenden Jürgen Seefelder am Saxophon, den wunderbar originellen wie virtuosen Pianisten Claus Raible, den Grandseigneur unter den Münchner Bassisten Branko Pejakoviv und am Schlagzeug den jungen und mittlerweile und allen Bereichen erfahrenen Guido May. Das Repertoire setzte sich aus Standard-Melodien von George Gershwin, Dizzy Gillespie und Billy Strayhorn sowie Kompositionen von Goykovich zusammen, die ein breites stilistisches Spektrum abdeckten, wie die Miles Davis gewidmete Ballade „Five o`clock In The Morning“, das ungestüme „Remember Dizzy“ oder die Latin Komposition „Inga“.
Die Band agierte in einer Geschlossenheit und Frische, wie sie für eine flüssige, Bop-orientierte Spielweise auch zwingend notwendig ist. Die Dynamik des Satzspiels, der rhythmisch stabile wie geschmeidig federnde Unterbau, die von Ausdrucksstärke und packender Dramaturgie gekennzeichneten Improvisationen – das Quintett ließ mit seiner Spielauffassung und interpretatorischen Umsetzung nicht den leisesten Verdacht einer nostalgischen Rückbesinnung aufkommen. Dusko Goykovich zeigte sich wieder einmal als der große Melodiker des Jazz. Sein Ansatz und seine Formulierungen an der Trompete sind ebenso elegant, wie sein verhangener, weicher Ton am Flügelhorn. Diesem Instrumentalisten hört man sein Alter nicht an. Oder anders ausgedrückt: Der Jazz hat Dusko jung erhalten.
Jörg Konrad
(SZ 22. Oktober 2007)