Otto Lechner, im niederösterreichischen Melk geborener Akkordeonspieler, stimmte am Donnerstag im Landsberger Stadttheater einen eigenen, sehr speziellen Lobgesang auf dieses Tongemälde, diesen „Bilderrausch in Musik“ an. Er spielte das Jahrhundertwerk im ersten Teil seines Konzertes komplett durch. Das ganze Album in einer knappen dreiviertel Stunde, natürlich mit den bekanntesten (aber nicht unbedingt besten Pink Floyd-) Songs „Money“ und „Time“.
Lechner schafft das Kunststück, dieses Pop-Opus auf eine völlig andere Stufe zu bringen. Was gedanklich kaum möglich scheint, funktioniert bei ihm ganz wunderbar. Mit seinem Akkordeon, für Lechner die „Symbolik von Geselligkeit und Alleinsein“, bringt er die Luft im Theatersaal zum vibrieren, gibt diesen üppigen wie elegant eingespielten Original-Aufnahmen eine melancholische Bodenständigkeit. Er macht sie förmlich zu einer ganz persönlichen Performance, wobei er die allseits bekannte Vorgabe an vielen Stellen aufbricht und mit eigenen, originellen Versatzstücken anreichert. So bringt Lechner Kafka-Texte in das Musik-Stück ein, baut das bis heute absolut unterschätzte Ätherwelleninstrument, das Theremin, gespielt von der Amerikanerin Pamelia Stickney, mit in den musikalischen Kontext und auch der einstige Begleiter des legendären Ostbahn-Kurti, Gitarrist Karl Ritter, war mit von der Partie.
Lechner zaubert, so wie man das von ihm kennt, aus dem Akkordeon eine ganze Welt, in ihren unterschiedlichsten Farben und widersprüchlichsten Gefühlslagen. Er ist einer jener seltenen wie wertvollen Musiker, die finden, statt unablässig zu suchen. Ihm ist die Subtilität des Musikantentums enorm wichtig und wenn er ein solches Projekt, wie die Interpretation eines Pop-Klassikers dieser Größenordnung angeht, dann weiß man, dass es eben nicht um das alleinige Nachspielen von Songs geht - auch wenn die Ohrwürmer der Albums an vielen Stellen vertraut aufblitzen. Aber darauf verlässt sich Lechner eben nicht allein. Sein Repertoire auf der Handorgel geht eben über die Klischees von Neuer Volksmusik, New Mussette oder den Tango Nuevo weit hinaus. Und er flüchtet auch nicht in eine überbordene Virtuosität, die alle Subtilität erbarmungslos niederwalzt. Lechner beherrscht auch die feingesponnene Poesie und grummelnde Nachdenklichkeit.
Das wird im zweiten Teil seines Konzertes deutlich, nachdem er Pamelia Stickney und Karl Ritter zu Anfang die Möglichkeit gibt, sich solistisch vorzustellen. Dann, gemeinsam, fröhnen die Drei einer Art traditionellem Wienerlied, dieser Chimäre aus Blues und Walzertakt, die letztendlich nichts anderes ist als eine funkelnde Seelenlandschaft ohne Pathos.
Jörg Konrad
Hier Bericht in der Augsburger Allgemeinen Zeitung / Landsberg