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7. Robert Rook „New Era“
8. David Sylvian & Stephan Mathieu „Wandermüde“
9. Zsófia Boros „El último aliento“
10. GoGo Penguin „Everything Is Going To Be OK“
11. Erik Truffaz „Rollin’“
12. Ryuichi Sakamoto (geb. 17. Januar 1952, gest. 28. März 1923)
Dienstag 02.05.2023
Robert Rook „New Era“
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Phillip McNeely vom amerikanischen Cadence Magazin schrieb über Robert Rook: „Rook erinnert mich an die besseren Seiten von Herbie Hancock“.
Ein gewaltiger Vergleich! Rooks psychedelische Jazz-Grooves vergegenwärtigen tatsächlich jene Zeiten, in denen Hancock die Brücken zwischen Jazz und Kommerzialität neu belebte. Damit entfaltete sich der Jazz wieder in jenen Fahrwasser, die ihn in den 1930er und 1940er Jahren eben auch in den Tanzsälen so populär machte.
Auch Rooks „New Era“ klingt ideal für Clubs und Tanzbars. Gemeinsam mit Efraim Trujilo am Saxophon, dem Bassisten Thomas Winther Andersen und Bart van Helsdingen am Schlagzeug bewegt sich die Musik zwischen Jazz und Rock, Funk und Soul, Acid und Electronic. Unaufgeregt, dabei den Hardbop streifend, ist dieses Instrumentalalbum das Ergebnis induktiver Energie, eine homogene, intelligente wie disziplinierte Umsetzung ästhetischer Klang-Konzepte. Musik, die über stilistische Grenzen hinweg vereinnahmt und beim Hören reihenweise Endorphine freisetzt. Sicher nicht aufgrund von virtuosen Sololäufen. Dafür ist die „New Era“ zu sehr geerdet, elegant und dynamisch. Alles sicher ein wenig konventionell umgesetzt, aber doch auch spannend, wobei das Groove-Gebräu zugleich eine gewisse melancholische Stimmung vermittelt.
Jörg Konrad

Robert Rook
„New Era“
TWA Music
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Dienstag 25.04.2023
David Sylvian & Stephan Mathieu „Wandermüde“
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Wandermüde“ ist eine Musik der Zwischenräume, ein Werk, das Befindlichkeiten und Stimmungen in atmosphärisches Schwingen und Pulsieren übersetzt. Die Sounds dieses Albums klingen ebenso berührend wie rätselhaft. Instrumentale Collagen an der Grenze zur Stille. Es ist, als dehnten David Sylvian und Stephan Mathieu mit diesem Opus Raum und Zeit, als entwickelten sie halluzinierende Farben, losgelöst von rhythmischen Risiken und Songstrukturen. Ein ins Trudeln geratenes musikalisches Gravitationszentrum.
Die Grundlage für das Klangabenteuer „Wandermüde“ entstammt dem Album „Blemish“, das David Sylvian 2003 in einer sehr persönlichen Ausnahmesituation produzierte. Der einstige Sänger der Popband Japan bewegte sich auf diesem Titel als Solokünstler im Grenzbereich von Pop und freier Improvisation. Gemeinsam mit dem Avantgarde-Gitarristen Derek Bailey schuf er spartanische wie kantige Klangkonstrukte, die Schmerz aber auch Reflexion und Würde zum Ausdruck brachten. Die Stimmung dieses Albums war von Melancholie gekennzeichnet und gleichzeitig von einem spürbaren Aufbruch in andere Sphären.
Sylvian überließ 2012 einige der rohen Instrumentalspuren von „Blemsih“ dem deutschen Klangkünstler Stephan Mathieu, der ein Jahr zuvor beim legendären Punkt-Festival im norwegischen Kristiansand einen Live-Remix des Sylvian/Czukay Klassikers „Plight And Premonition“ präsentierte.
Mathieu erzählt über die damaligen „Blemish“-Dateien: „Die Aufnahmen haben eine schöne Klarheit aufgrund ihres einfachen, aber stabilen Rahmens, und ihre offene Architektur macht sie ideal für ein Projekt dieser Art“.
Er nahm für „Wandermüde“ den Drones ein wenig von ihrer Düsternis und Tragik, mischte sie neu, vor allem etwas offener ab und gab den Sounds so mehr schöpferische Luft. Für einen Titel holte sich Mathieu den Wiener Ausnahmegitarristen Christian Fennesz hinzu, der mit seinen schwingenden Mustern dem Stück einen Hauch Sperrigkeit nimmt und eine zusätzliche Klangfarbe gibt.
Doch im Grunde lebt „Wandermüde“ von Verzicht und Selbstbeschränkung. Die Sinnhaftigkeit des Tuns ergibt sich aus der ausgelassenen distanzierten Abstraktheit. Hierdurch entwickeln die Sounds ihre intuitive, befreiende Wirkung. Klangoberflächen die in die Tiefe ziehen.
Jörg Konrad

David Sylvian & Stephan Mathieu
„Wandermüde“
Grönland
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Mittwoch 19.04.2023
Zsófia Boros „El último aliento“
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Gerade erst hat Ralph Towner mit seinen leuchtenden und berührenden Gitarrenfantasien auf dem Album „At First Light“ die Welt verzaubert. Jetzt, nur einige Wochen später, beeindruckt ECM München mit Zsófia Boros „El último aliento“ auf ganz ähnlich berückende Weise. Ein akustisch funkelndes Juwel, so traumverloren schön wie nachhaltig wirkend. Schon ihre 2013 und 2016 veröffentlichten Aufnahmen haben diesen lyrisch zarten, zerbrechlichen Tenor, der jedoch auch Stolz und Entschlossenheit beinhaltet. Damals interpretierte die Ungarin Themen von Leo Brouwer, Martin Reiter, Al Di Meola oder Franghiz Ali-Zadeh. Diesmal beschäftigt sich die Gitarristin überwiegend mit modernen argentinischen Komponisten und mit Stücken des französischen Autodidakten und Multiinstrumentalisten Mathias Duplessy.
Zsófia Boros gibt diesen Vorgaben mit ihrer sehr empathischen und emotionalen Interpretation eine ungemein lyrische und stimmungsvolle Note. Ihr Spiel ist konzentriert und sanft zugleich, es verströmt eine fließende Aura von poetischer Zeitlosigkeit und offensichtlicher Ästhetik. Zugleich spürt man ihren musikalischen Deutungen eine gewisse Freiheit an, die sie als eine Art Kompass nicht nur bei der Auswahl ihres Repertoires leitet. „Ich möchte total frei bleiben“, sagte sie vor wenigen Wochen einem österreichischen Musikmagazin. „Das ist mir sehr wichtig und letztendlich bin ich auch sehr glücklich und dankbar dafür, dass die Komponisten, deren Stücke ich interpretiere, sich noch nicht beschwert haben, mir die Freiheit also auch geben. Das ist nicht selbstverständlich. Die meisten sind sogar offen für kleine Änderungen.“
So hat Zsófia Boros, die heute in Wien lebt, auch keine Schwierigkeiten oder gar Ängste das Ronroco, ein aus den Anden stammendes Saiteninstrument, für ihre innigen Wanderungen durch die rauschenden Arpeggios und melodischen Metamorphosen einzusetzen. „El último aliento“ ist mit Sicherheit eines der bewegendsten und exzellentesten Aufnahmen dieser Saison.
Jörg Konrad

Zsófia Boros
„El último aliento“
ECM New Series
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Freitag 14.04.2023
GoGo Penguin „Everything Is Going To Be OK“
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Dass Musik machen auch wirklich Arbeit bedeutet, hört man dem neuen GoGo Penguin-Album kaum an. Auf „Everything Is Going To Be OK“ klingt alles irgendwie federleicht, wie aus dem Ärmel geschüttelt. Zudem gelingt dem Trio das Kunststück, durchweg auf Augenhöhe zu musizieren. Kein Leader nirgends! Weder gibt Pianist Chris Illingworth den Ton an, noch Bassist Nick Blacka – auch nicht Schlagzeuger Jon Scott. Alle Drei setzen auf ein ausgefeiltes rhythmisches Konzept und lassen einen komplexen Sound voller Hingabe und Optimismus entstehen. Pulsierende Linien, die von ineinandergreifenden Beats leben, von wechselnden, dicht verzahnten Motiven und interdisziplinären Brüchen. So entsteht ein treibender, eklektischer Fluss unterschiedlicher Stimmen und Stimmungen - ein Kaleidoskop aus englischem Club-Jazz, Minimal-Music, Neo-Klassik und Pop. Atmosphärisch dicht, musikalisch gereift, voller Energie und Power.
Man nimmt es dem Trio gern ab, dass es mit „Everything Is Going To Be OK“ ein neues musikalisches Kapitel aufschlägt. Drei Jahre war es um die 2012 gegründeten GoGo Penguins aufgrund persönlicher Umstände und gesellschaftlicher Entwicklungen still. Chris Illingworth und Nick Blacka wussten nicht wie und ob überhaupt weiter. Vielleicht war es ja auch eine Art Trotzreaktion, sich unter dem Motto „jetzt erst recht“ einen neuen Schlagzeuger zu suchen. Und den fanden sie in Jon Scott, einem Musiker, der ihnen den notwendigen, originären Drive gab. Mit ihm schrieben sie alle vierzehn Songs des Albums, mischten es gemeinsam ab und fanden diese akustisch-elektronische Ideallinie, die sowohl vom Zeitgeist geprägt ist und zugleich in die Zukunft weist. Weitab aller Gemeinplätze des Lebens, nah dran am fundamentalen Herzschlag individueller Musikalität.
Jörg Konrad

GoGo Penguin
„Everything Is Going To Be OK“
Sony
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Dienstag 11.04.2023
Erik Truffaz „Rollin’“
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Filmmelodien sind im Grunde dankbare, aber auch herausfordernde Vorgaben. Vorausgesetzt natürlich man beherrscht sein Instrument, man besitzt ausreichend Fantasie und liebt die musikalische Freiheit. Dann bekommen mehr oder weniger bekannte Songs ein völlig neues Gesicht - ohne an der Melancholie bekannter Bilder zu kratzen. Erik Truffaz, der in der Schweiz geborene französische Trompeter hat sich bei seiner Rückkehr zum großen Blue Note-Label für einen Strauß nostalgischer wie bekannter Filmmelodien entschieden. Das cinematische Spektrum reicht von „Fantômas“, über „La Strade“, den Western „Fluß ohne Wiederkehr“, Miles Davis „Fahrstuhl zum Schafott“, den „Ferien des Monsieur Hulot“ und einigen anderen. Truffaz gibt jedem der Songs eine eigene, nicht unbedingt an das Original angelegte Seele. Mit seiner wunderbar aufeinander abgestimmten Band findet er atmosphärische Stimmungen, die den vertrauten Filmmotiven von Großmeistern wie Nino Rota, Michel Magne, Ennio Morricone, Alain Romans, Philippe Sarde, John Barry entsprechen und doch den Spirit des Jazz atmen. Mal stärker elektronisch, mal rein akustisch, mal mit Sängerin Camélia Jordana und dann wieder mit einem gesprochenen Monolog von Sandrine Bonnaire. Es sind Geschichten, die aus (Film-) Geschichte entstehen, Kino-Standards, voller Eleganz und Einfühlsamkeit gespielt.
Jörg Konrad

Erik Truffaz
„Rollin’“
Blue Note
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Sonntag 09.04.2023
Ryuichi Sakamoto (geb. 17. Januar 1952, gest. 28. März 1923)
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Ryuichi Sakamoto
„Async“
Warner

Er hat die Musik zu den Filmen „Der letzte Kaiser“ von Bernardo Bertolucci und „The Revenant – Der Rückkehrer“ von Alejandro G. Iñárritu geschrieben. Seine Zusammenarbeit mit David Sylvian, David Bowie und Robert Wilson sind legendär. Und mit seiner Hymne zu den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona hat er Millionen Menschen weltweit erreicht.
Vor drei Jahren legte Ryuichi Sakamoto aufgrund einer schweren Erkrankung seine gesamten musikalischen Projekte auf Eis. 2015 meldete er sich mit neuen Auftragsarbeiten zurück. Nun hat der Japaner mit „Async“ sein erstes reguläres Studioalbum seit 2009 veröffentlicht. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht seine Vision von Musik, die sich durch großflächige Sounds und minimalistische Assescoirs artikuliert. Es sind subtile Klanglandschaften, traumhafte Sequenzen, in denen all jenes steckt, was die Musik Sakamotos in den letzten Jahrzehnten ausmachte. Das erinnert nicht selten an die frühen Arbeiten Brian Enos. Diese flüchtigen, in die Unendlichkeit driftenden Melancholien, das ambitioniert schwebende in seiner Musik hält immer die Balance zwischen Himmel und Erde. Sakamoto gibt dem Klang eine imaginäre Logik, der Intelligenz die Emotionalität. Musik, die schwer fassbar ist und eine ganz spezielle Stimmung auslöst. Melodien wie in Zeitraffer gespielt, die keiner speziellen Kultur zuzuordnen sind. Soundtracks als eine schonungslose Reise ins „Ich“. Weitab zeitgemäßer Songformate. Stattdessen traumhafte Seelennahrung.
Jörg Konrad
(KK Mai 2017)
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Autor: Siehe Artikel
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