Im Wonnemonat Mai begleitet uns die strahlend helle Venus weiterhin sehr eindrucksvoll. Bereits in der Zeit der Dämmerung fällt sie auf. Sie hat nun ihren größten Winkelabstand zur Sonne erreicht und steht nach dem Sonnenuntergang hoch über dem Horizont und ist damit deutlich im Südwesten erkennbar und bis nach Mitternacht am Himmel. Für die Beobachtung sollte man in westlicher Richtung allerdings freie Sicht haben. Ihr folgt der Mars, der recht blass neben unserem Abendstern wirkt.
Im Süden zeigt sich noch immer das Frühlingssternbild Löwe mit seinem Hauptstern Regulus. Um Mitternacht ist dann Arktur im Bärenhüter deutlich heller. Diesen Riesenstern - er ist ungefähr 25 Mal so groß wie unsere Sonne - kann man durch die bogenförmige Verlängerung der Deichsel des Großen Wagens leicht aufsuchen.
Eine interessante Beobachtung ist in den Morgenstunden des 13. und 14. Mai möglich. Die abnehmende Mondsichel passiert dabei den Ringplaneten Saturn.
Die Heliopause stellt die Grenze zwischen dem Einflussbereich unserer Sonne und dem interstellaren Medium dar. Die Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 konnten sie schon vor mehr als einem Jahrzehnt passieren und haben somit unser Sonnensystem verlassen. Seit mehr als 45 Jahren sind die Zwillingssonden unterwegs und einige ihrer wissenschaftlichen Instrumente sind noch immer aktiv. Doch das Energieproblem der beiden Satelliten wird immer dringlicher. Weniger als 20 Watt Leistung liegen noch an und die Signale werden immer schwächer. Immerhin ist Voyager 1 schon 160 Astronomische Einheiten (AE) von der Sonne entfernt. Dies entspricht der 160fachen Entfernung Erde-Sonne bzw. der unfassbaren Entfernung von 24 Milliarden Kilometern. Trotzdem hoffen die Techniker im Jet Propulsion Laboratory (JPL) im kalifornischen Pasadena, den 50.Geburtstag der beiden Methusalem-Flugkörper im Frühherbst 2027 noch erleben zu können.
Dafür rückt eine zweite Raumsonde immer mehr in den Fokus der Fernerkundung unseres Sonnensystems, die mittlerweile 55 AE entfernt ist. Vor über 17 Jahren startete am 19. Januar 2006 New Horizons in Richtung Pluto. Man war guter Dinge, denn der neunte Planet des Sonnensystems sollte erstmals genauer unter die Lupe genommen werden. Doch die Sitzung der Internationalen Astronomischen Union (IAU) vom 24.August 2006 in Prag bereitete dieser Tatsache ein jähes Ende. Mit knapper Mehrheit entschieden die stimmberechtigten Mitglieder, dass Pluto von nun an als Zwergplanet eingeordnet werden muss. Für die Missionsleitung ein herber Schlag, denn zu diesem Zeitpunkt musste man immerhin noch neun Jahre warten, bevor Pluto überhaupt in das Blickfeld der Kameras an Bord von New Hoirizons kommen sollte.
Im Juli 2015 war es dann soweit: Mit 14,5 Kilometern pro Sekunde raste die Sonde an Pluto und seinem Hauptmond Charon vorbei. Erst nach einiger Zeit des Wartens – immerhin benötigt die Datenübertragung rund vier Stunden – wurde klar, dass die Mission ein voller Erfolg war. Phantastische Bilder der fernen Eiswelten konnten präsentiert werden.
Das Wissen um die Körper im fernen Sonnensystem revolutionierte sich vollständig. Doch schon wenige Monate nach der Pluto-Charon-Passage deutete die Missionsleitung des Applied Physics Laboratory (APL) in der John-Hopkins-Universität in Baltimore (Maryland) einen ebenso kühnen wie ungewöhnlichen Plan an: Die Reserven der Treibstoff-Tanks, die mit dem in der Raumfahrt üblichen Hydrazin gefüllt sind, waren so hoch, dass man eine weitere Zündung der 16 Raketenmotoren riskieren konnte. Statt untätig durch den Weltraum zu gleiten, könnte man durch eine exakte Kurskorrektur ein noch ferneres Objekt des sogenannten Kuiper-Gürtels ansteuern. Nach dem daraufhin die notwendigen Gelder für die Fortführung der Mission durch die Entscheidungsträger bewilligt waren, wurde das Ziel öffentlich gemacht. Es war ein äußerst interessanter Doppelkörper namens Ultima Thule. Der später (486958) Arrokoth getaufte Asteroid wurde pünktlich zum Jahreswechsel 2018/19 angesteuert und die beim Vorbeiflug entstandenen Bilder konnten der erstaunten Öffentlichkeit bereits Anfang Januar 2019 gezeigt werden.
Ob nun Ultima Thule oder Arrokoth, für die meisten Astronomen wird der eher scherzhaft gemeinte Name „Roter Schneemann“ in Erinnerung bleiben (https://www.nasa.gov/sites/default/files/thumbnails/image/mu69-named-arrokoth.png).
Damit ist aber die Geschichte der NASA–Sonde noch lange nicht zu Ende. Im Moment konzentriert sich das Team zwar nur darauf, Bilder von den fernen Gasplaneten Uranus und Neptun zu gewinnen, doch wie Missionsleiter Allan Stern unlängst erklärte, besteht sogar noch die Chance ein drittes, natürlich noch weiter entferntes Objekt des Kuiper-Gürtels anzusteuern. „Wir haben noch ein Achtel des Hydrazins. Das lässt Platz für Ideen.“ Möglich wurde dieses unerwartete Treibstoff-Reservoir durch ein ausgeklügeltes System von Energiesparmaßnahmen. So wurde die Sonde mehrfach in einen Tiefschlaf (in der Fachsprache „Hibernation“) versetzt. Sie rotiert dabei nur fünf Mal in der Minute, sodass auch andere Prozesse verlangsamt werden konnten. So liegt jetzt ein geringer, aber für das weitere Unterfangen hochwichtiger Überschuss von Energiereserven vor.
Das in die Jahre gekommene und für Raumfahrtverhältnisse hoch betagte Raumfahrzeug könnte somit seinen Dienst ein weiteres Mal verlängern. Auf zu neuen Horizonten – damit scheint der Name „New Horizons“ tatsächlich Programm zu sein.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt