Im Weihnachtsmonat Dezember wird uns die strahlend helle Venus leider nur den Morgenhimmel erhellen. Gegen 6 Uhr ist sie hoch im Südosten auszumachen. Saturn taugt auch nicht so recht zum Weihnachtsstern, denn gegen 21 Uhr verschwindet er in der Dämmerung am westlichen Himmel. Somit bleibt der Planetenriese Jupiter das hellste Objekt am nächtlichen Himmel. Gegen 21.30 Uhr steht er hoch im Süden und bleibt bis gegen 3 Uhr früh sichtbar.
Das Wintersechseck, das durch die Verbindung der Hauptsterne der Sternbilder Fuhrmann, Zwillinge, Kleiner Hund, Großer Hund, Orion und Stier zu Stande kommt, ist nun bereits um 22 Uhr vollständig sichtbar und damit für den Beobachter fast die ganze Nacht deutlich zu erkennen.
„Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten“ - diesen Satz hat vielleicht jeder schon einmal in seinem Leben gehört. Von Merkur bis Pluto konnte man sich so anhand der Anfangsbuchstaben die Reihenfolge der die Sonne umlaufenden Wanderer (so die Bedeutung des namens Planet) gut einprägen. In unserem Sonnensystem schien Ordnung eingezogen zu sein. Als dann aber Pluto im Jahre 2006 durch einen Beschluss der IAU (Internationale Astronomische Union) seinen Planetenstatus verlor, gab es plötzlich eine strukturierte Reihung, die mit der Zahl 4 einherging: Die vier Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars bewegen sich auf elliptischen Bahnen in Sonnennähe und werden Gesteinsplaneten genannt. Die vier wesentlichen größeren Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun brauchen auf ihren sonnenfernen Bahnen viele Jahre oder gar Jahrhunderte, ehe sie unser Zentralgestirn einmal umlaufen haben. Unter den vier Zwergplaneten war Pluto plötzlich sogar die Nummer Eins. Haumea, Makemake und Eris sind die weiteren Mitglieder dieser illustren Gesellschaft.
Doch gerade mit der Benennung des Kleinkörpers Eris, der nach der griechischen Göttin der Zwietracht benannt ist, begann der große Krach unter den Astronomen selbst: Welche Kriterien setzt man bei diesen kleinen Körpern nun an? Für Zwergplaneten galt zumindest bis auf weiteres, dass ein Durchmesser von mindestens 1000 km Voraussetzung für die Aufnahme sei.
Genau dieses Kriterium wurde mit dem fünften Zwergplaneten Ceres im Nachgang wieder aufgeweicht, denn mit 973 km ist er um 27 km zu klein. Doch der IAU war es wichtig, einen Zwergplaneten in relativer Sonnennähe zu haben. Übrigens wurde Ceres nach seiner Entdeckung durch Giuseppe Piazzi am 1.Januar des Jahres 1801 für kurze Zeit als Planet betrachtet. Doch die schon kurze Zeit später von den deutschen Astronomen Olbers und Harding entdeckten Asteroiden Pallas, Juno und Vesta zeigten auf, dass es keine neuen Planeten, sondern eben Asteroiden sind.
Noch heute streiten die Astronomen ziemlich verbittert um die genaue Nomenklatur ihrer kleinen Körper. Eines ist aber gewiss: Ihre Erforschung ist in den letzten Jahrzehnten entscheidend vorangetrieben worden und es vergeht kaum ein Jahr ohne sensationelle Entdeckungen, denn gerade die Asteroiden (auch Planetoiden oder Kleinkörper genannt) sind die meistbereisten „Spezies“ des Sonnensystems.
Für die Astronomen sind diese „small bodies“ so außerordentlich interessant, weil diese Körper so etwas wie Urstoff darstellen. Seit den Frühzeiten der Sonnenentstehung hat sich das Material, aus dem sie bestehen, nicht mehr verändert.
Daher war es auch nicht verwunderlich, dass die NASA unlängst sogar eine Sondersendung auf den Weg brachte, als ihre Sonde OSIRIS Rex praktisch im Vorbeiflug eine Materialprobe vom Asteroiden Bennu sicher auf der Erde absetzte. Seither werden die knapp 250 Gramm Gestein genausten Prüfungen in den verschiedensten Laboren der Welt unterzogen.
Eine weitere NASA-Sonde namens Lucy hat auf ihrem Weg zu insgesamt sechs Asteroiden aus der Gruppe der Jupiter-Trojaner, unlängst den Asteroiden Dinkinesh fotografiert. Die Sensation war perfekt, als die Bilder plötzlich einen Zwillingskörper zeigten. Hinter dem Hauptkörper Dinkinesh verbarg sich ein Asteroidenmond. „Dinkinesh hat seinem Namen wirklich alle Ehre gemacht; das ist wunderbar“, freut sich der leitende Forscher der „Lucy“-Mission, Hal Levison. Er bezieht sich dabei auf die Bedeutung von Dinkinesh in der amharischen Sprache: „wunderbar“. Dinkinesh ist ein kleiner Asteroid, der bis zu „Lucys“ kurzem Besuch nur ein verschwommener Fleck in den Teleskopen von Astronomen war.
Aber auch andere Raumfahrtnationen haben in der Erforschung der Körper des Hauptgürtels große Erfolge aufzuweisen. Allen voran die japanische Raumfahrtbehörde JAXA, die mit den beiden Hayabusa-Missionen Neuland betrat, denn auch sie schafften es, Probenmaterial von Asteroiden zur Erde zu bringen. Vor allem aber gelang es, die ungewöhnliche Form des angesteuerten Asteroiden Ryugu durch dessen Rotation besonders deutlich zu machen.
Abschließend sei die NASA-Mission DART (Double Asteroid Redirection Test, englisch für „Doppelasteroiden-Umleitungstest“) erwähnt. Sie hat mit all dem Unfug um die Bekämpfung von Asteroiden, die sich der Erde auf Kollisionskurs nähern und sie vielleicht sogar stark in Mitleidenschaft ziehen könnten, erfolgreich aufgeräumt. Ihre Aufgabe bestand 2021 darin, bei einem Zwillingsasteroiden die Flugbahn des kleineren der beiden Körper durch ein gezieltes Anstoßen zu verändern. Dies gelang großartig, denn Dimorphos umrundet seine Hauptkörper Dydimos nun auf einer viel größeren Bahn.
Somit wird es zukünftig durch den Erfolg von DART weder einen „Deep Impact“ oder ein „Armageddon“ a la Hollywood geben. Heute wissen die Raumfahrtingenieure, dass ein kleiner Anstoß reicht, um ein großes Unglück zu vermeiden. Einmal mehr zeigte sich dabei, dass seriöse Wissenschaft doch besser ist, als blühende Phantasie.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt