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Donnerstag 19.10.2023
INGEBORG BACHMANN – REISE IN DIE WÜSTE
Ab 19. Oktober 2023 im Kino
Als sich Ingeborg Bachmann (VICKY KRIEPS) und der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (RONALD ZEHRFELD) 1958 in Paris begegnen, ist es der Anfang einer leidenschaftlichen und zerstörerischen Liebesgeschichte. Vier Jahre lang führen beide eine aufreibende Beziehung, die in Paris beginnt und über Zürich nach Rom führt. Doch künstlerische Auseinandersetzungen und die verschlingende Eifersucht von Max Frisch beginnen, die Harmonie allmählich zu zerstören.
Jahre später lässt Ingeborg Bachmann die Erinnerung an ihre Liebe zu Max Frisch nicht los. Bei einer Reise in die Wüste versucht sie, ihre Beziehung zu Max Frisch zu verarbeiten und sich langsam davon zu lösen.
Nach Rosa Luxemburg und Hannah Arendt widmet sich Margarethe von Trotta in INGEBORG BACHMANN – REISE IN DIE WÜSTE erneut einer weiblichen Lichtgestalt des 20. Jahrhunderts: Unverändert gilt die österreichische Lyrikerin, die vor 50 Jahren im Alter von nur 47 Jahren unter tragischen Umständen aus dem Leben schied, als eine der bedeutendsten Dichterinnen des 20. Jahrhunderts. Mit Vicky Krieps (CORSAGE, BERGMAN ISLAND) und Ronald Zehrfeld (BARBARA) in den Hauptrollen, zeichnet von Trotta nach eigenem Drehbuch die toxische Beziehung von Ingeborg Bachmann und dem Schweizer Literaten Max Frisch nach, in einem ebenso eleganten wie aufwühlenden Film, der unter großem Aufwand in sechs Ländern entstand.
Seine Weltpremiere wird der Film bei den diesjährigen Internationalen Filmfestspielen Berlin im Wettbewerb feiern. Der Film wurde von tellfilm, AMOUR FOU Vienna, Heimatfilm und AMOUR FOU Luxembourg produziert.
Ein Film von MARGARETHE VON TROTTA
Mit VICKY KRIEPS, RONALD ZEHRFELD, TOBIAS RESCH, BASIL EIDENBENZ u.a.
Inhalt
Ein Telefon läutet. Eine Frau geht wie im Traum langsam durch einen dunklen Flur. Am Telefon die Stimme eines Mannes, der auf ihre verzweifelten Fragen, wann er zu ihr zurückkommt, nur schallend lacht.
Die Träumerin ist Ingeborg Bachmann (VICKY KRIEPS). Sie erwacht in einem Krankenhaus, greift hilfesuchend nach ihren Zigaretten.
Mit dem sie behandelnden Psychoanalytiker spricht sie über ihre Alpträume. Dabei fällt ein Name, der Name eines Hundes, von dem sie sich besonders bedroht fühlt: Max.
Ein Bus fährt durch die Wüste. Ingeborg Bachmann sieht aus dem Fenster, und erinnert sich an ihr erstes Treffen mit Max Frisch (RONALD ZEHRFELD) in einem Pariser Hotel. Er hatte sie zu seiner Premiere von „Biedermann und die Brandstifter“ eingeladen, weil ihn ihr Hörspiel „Der gute Gott von Manhattan“ sehr beeindruckt hatte: „Eine ganz neue Stimme, die Stimme einer Frau.“
Die erste Begegnung ist geprägt von gegenseitigem Respekt und spürbarer Faszination füreinander. Es ist der Beginn einer jahrelangen Liebesbeziehung, die sie erst befreit und beflügelt, als Menschen wie als Künstler, dann aber zu vernichten droht.
In Ägypten ist Ingeborg Bachmann unterwegs mit dem jüngeren Adolf Opel (TOBIAS RESCH), etwas mehr als ein Jahr ist vergangen seit ihrer endgültigen Trennung von Max Frisch. Immer noch ist sie gezeichnet von dieser Erfahrung; körperlich und geistig geschwächt. Wieder denkt sie zurück an den ersten Abend in Paris, wie sie durch die Straßen gingen, sich näherkamen und den Abend in einem Bistrot beendeten. Sie ist die einzige Frau, außer einer Alten, die einsam an ihrem Tisch sitzt und ein Lied über Liebesleid singt. Später küssen sich Ingeborg und Frisch erstmals auf dem Gang im Hotel.
In einem Restaurant unter freiem Himmel reden Ingeborg und Adolf Opel über diesen ersten Abend, den sie rückblickend aber als Beginn ihrer Tragödie empfindet. Im Hotel angekommen, möchte Opel einen gemeinsamen Spaziergang machen. Sie möchte lieber allein bleiben. Sie legt sich auf ihr Bett und denkt an einen Anruf von Frisch, der sie nach der gemeinsamen Zeit in Paris zu sich nach Zürich einlädt. Ohne sie bei sich zu wissen, könne er nicht mehr arbeiten.
Ingeborg ist bei Max Frisch und erstaunt, wie aufgeräumt und geordnet sein Arbeitszimmer ist. Im Gegensatz zu ihr scheint er seine Texte kaum zu überarbeiten. Als Schriftsteller leben sie beide vom geschriebenen Wort. Und doch könnten sie kaum unterschiedlicher sein. Vielleicht sind sie gerade deswegen fasziniert voneinander und verliebt. Erstmals verbringen sie eine gemeinsame Nacht.
In Rom besucht Ingeborg ihren Freund, den Komponisten Hans Werner Henze (BASIL EIDENBENZ). Ihre Vertrautheit spürt man sofort. Sie reden deutsch miteinander, verfallen aber immer wieder ins Italienische. Er erkennt, dass sie verliebt ist. Frisch? Dieser Biedermann! Er hält Frisch für einen Spießer mit tradierten Rollenbildern und fürchtet, er könnte Ingeborgs Kreativität beschädigen: Denn noch ist das Libretto für seine nächste Oper „Der Prinz von Homburg“ unvollendet.
Frisch überzeugt Ingeborg davon, zu ihm nach Zürich zu ziehen – auch wenn er glaubt, sie könne ihn vielleicht eines Tages unglücklich machen. Abends liest Frisch ihr aus seinem Roman „Stiller“ vor. Auf den Satz „Ich werde die Wüste nie vergessen!“ antwortet sie, sie sei noch nie in der Wüste gewesen. Und Frisch verspricht, sie ihr zu zeigen.
Nun ist sie in der Wüste, Jahre später, ohne Frisch. Sie bittet Opel, er solle sie eingraben wie eine Mumie. Dieser junge Schriftsteller aus Wien hatte sie auf ihre Einladung hin erst vor kurzem in Berlin besucht. Er begegnete einer kranken Frau, einer, wie sie sich selbst nennt, Vertriebenen. Die Trennung von Frisch hat sie nicht überwunden. Beim zweiten Besuch erzählt Opel ihr von seinen Plänen, nach Ägypten und in die Wüste zu reisen. Spontan lädt er Ingeborg ein, ihn zu begleiten. Zu seiner Überraschung stimmt sie sofort zu. Als Opel sie in der Wüste im Sand eingräbt, fühlt sie sich, als müsse sie sterben.
Wie sie sich irgendwann auch in der Beziehung mit Frisch gefühlt hat. Wenn er schon am frühen Morgen in seine Schreibmaschine hämmert, raubt das Ingeborg den Schlaf. Sie kann nicht mehr arbeiten. Das Leben in Zürich ist eine beständige Herausforderung für sie. Sein Gönnertum, wenn er sie „mein Mädchen“ nennt, empfindet sie als entmündigend. Die guten Momente, es gibt sie unverändert. Aber sie werden seltener. Frischs pathologische Eifersucht belastet sie immer mehr. Doch auch er scheint darunter zu leiden.
In der Wüste schöpft sie neuen Lebensmut. Sie genießt die Hitze, liebt die Weite der Landschaft. Hier kehrt die Hoffnung eines unbeschwerten Lebens zurück. „Meine Wüste, meine einzige, meine sanfte Vorhölle, meine Erlösung.“
„Ich liebe Herausforderungen“ - Fragen an Margarethe von Trotta
Was ist Ihre persönliche Verbindung zu Ingeborg Bachmann und Max Frisch?
Ingeborg Bachmann hat schon sehr früh zu meinen Lieblingsautorinnen gezählt. Ich habe als junge Frau selber Gedichte geschrieben, die ich allerdings nie jemandem gezeigt habe. Und ich habe damit auch sehr bald aufgehört. Später habe ich Ingeborg Bachmann mehrmals in Zusammenhang mit meinen Filmen zitiert, lange, bevor ich wusste, dass sie mir eines Tages auf diese Weise begegnen würde. Als Motto für meinen Film DIE BLEIERNE ZEIT habe ich ihren Satz: „Trauern, das wird, zwischen vielerlei Tun, ein einsames Geschäft“ gewählt, und in meinem Film L´AFRICANA, den ich in Italien gedreht habe, zitiert Samy Frey aus ihrem Gedicht „Erklär mir, Liebe…“.
Max Frisch im Gegensatz zu Ingeborg Bachmann war Schullektüre, das erste Stück, das ich von ihm sah, war „Biedermann und die Brandstifter“, also genau das Stück, zu dessen Premiere er Ingeborg Bachmann nach Paris einlädt.
Die Idee, einen Film über Ingeborg Bachmann zu machen, wurde Ihnen von den Produzent*innen von tellfilm und AMOUR FOU zugetragen. Ihre Entscheidung war es, den Fokus auf ihre Beziehung mit Max Frisch zu legen. Was war für Sie interessant? Was wollten Sie erzählen, worum ging es Ihnen?
Die Produzenten haben mir freie Hand gelassen, welche Zeit aus dem Leben Ingeborg Bachmanns ich wählen wollte. Ich habe mich für ihre vier Jahre mit Max Frisch entschieden, weil ich es spannend fand zu ergründen, wie zwei Schriftsteller es miteinander aushalten oder auch nicht.
Sie haben Ingeborg Bachmann einmal persönlich getroffen, in Rom im Jahr 1972. Hat diese Begegnung Einfluss auf das Porträt der Lyrikerin im Film gehabt?
Ja, ich habe sie - vielleicht ein Jahr vor ihrem Tod - zusammen mit Volker Schlöndorff im Haus von Hans Werner Henze getroffen. Sie war damals wohl schon sehr geschwächt, jedenfalls war sie sehr zurückhaltend, und die Unterhaltung fand hauptsächlich zwischen den Männern statt.
Nach Rosa Luxemburg, Hildegard von Bingen und Hannah Arendt stellen Sie erneut eine historische Frauenfigur in den Mittelpunkt eines Ihrer Filme, erstmals eine Künstlerin. Steht Ihnen Ingeborg Bachmann besonders nah? Haben Sie sich auch selbst in der von Ihnen geschaffenen Figur gesehen?
Ich versuche bei jeder Figur, die ich in einem Film beschreibe, eine „correspondance“, im Sinne von Baudelaire, zu finden. Im Gegensatz zu den anderen historischen Personen, war sie mir aber nicht so fremd, zu Beginn… Vom Alter her hätte sie meine ältere Schwester sein können.
Wie haben Sie die Geschichte erarbeitet? Wie sah Ihre Recherche aus? Wie wichtig war Ihnen historische Genauigkeit?
Ich glaube, es ist normal, dass man sich als Drehbuchautor zunächst so viel Lektüre und Material einverleibt, wie nur möglich. Außerdem Menschen befragt, die die jeweiligen Personen noch gekannt haben. Deswegen brauche ich immer einen langen Vorlauf, um mich der Person oder den Personen, die ich beschreiben will, anzunähern. Es bleibt ja doch immer nur eine Annäherung, ich würde nie behaupten wollen, eine Person in all ihren Verästelungen und Widersprüchen ergründen und darstellen zu können.
Der Film ist klug und sehr sensibel in Rückblenden erzählt: Ingeborg Bachmann denkt an ihre Beziehung mit Frisch zurück, während sie mit Adolf Opel unterwegs ist. Wie sind Sie auf diese Struktur gekommen?
In Rückblenden zu erzählen, gibt einem die Möglichkeit auszuwählen, im Rückblick nur die Momente zu beschreiben, die man als wesentlich und symptomatisch empfindet. Es hat mir auch die Möglichkeit eröffnet, in zwei verschiedenen Bewegungen zu erzählen: In die Wüste fährt Ingeborg Bachmann geschwächt, am Ende hat sie das Gefühl, erlöst zu sein. Die Erzählung mit Max Frisch verläuft im Gegenrhythmus. Sie beginnt euphorisch und endet traurig.
Noch während des Drehs war der Film unter dem Titel BACHMANN & FRISCH angekündigt. Warum haben Sie sich schließlich für INGEBORG BACHMANN – REISE IN DIE WÜSTE entschieden?
BACHMANN & FRISCH beschreibt zwar die vier Jahre, die die beiden zusammen gelebt haben, insofern ist er nicht falsch, aber ein wenig plakativ. Der jetzige Titel passt zum Film, so wie ich ihn realisiert habe: Im Zentrum steht Ingeborg Bachmann und ihr Kampf um Unabhängigkeit.
In der Titelrolle haben Sie Vicky Krieps besetzt, als Max Frisch erlebt man Ronald Zehrfeld. Man sieht zunächst mit einer gewissen Zurückhaltung zu, nach dem Film kann man sich niemand anders in diesen Rollen vorstellen. Was zeichnet sie aus, was machte sie zu den idealen Darstellern?
Die beiden Hauptdarsteller waren für mich von Anfang an klar. Vicky Krieps hatte ich in DER SEIDENE FADEN gesehen, Ronald Zehrfeld ist für mich, trotz seiner gewichtigen Erscheinung, einer der sensibelsten Schauspieler Deutschlands. Ich habe zwar auch, um den Schweizern Genüge zu tun, nach einem Schweizer Schauspieler gesucht, aber mich konnte niemand so sehr überzeugen wie eben Ronald. Für Ingeborg Bachmann musste es eine Schauspielerin sein, die aus dem größten Ernst heraus zu einem strahlenden, umwerfenden Lächeln fähig ist. Ich hatte das in mehreren Dokumentaraufnahmen mit Ingeborg Bachmann gesehen. Sie äußerte sich z.B. sehr negativ über Männer; der Journalist, der sie interviewt, ist offensichtlich schockiert, und dann lächelt sie ihr wunderbar strahlendes Lächeln und sagt: „Wussten Sie das nicht?“ Genau dieses überraschende und umwerfende Lächeln habe ich nur bei Vicky Krieps gesehen.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit dem jungen Schauspieler Tobias Resch als Adolf Opel, der bei Ihnen seine erste, große Rolle spielt?
Es war das reine Glück, diesen jungen Schauspieler gefunden zu haben. Er entspricht nicht nur dem jungen Adolf Opel, so wie er sich selbst in seinen Memoiren beschreibt, sondern bringt Ingeborg Bachmann, d.h. Vicky Krieps, durch seine Präsenz, durch sein Spiel, „zum Leuchten“.
Aufgrund der internationalen Koproduktion mussten Sie in vielen Gewerken mit neuen Gesichtern arbeiten. Wie sind Sie damit umgegangen? Wie war die Dreherfahrung mit vielen Künstlern hinter der Kamera, die Sie noch nicht kannten?
Ja, davor hatte ich besondere Angst, denn ich hatte noch mit keinem einzigen Mitarbeiter zuvor gedreht, wusste also so gar nicht, was auf mich zukam, abgesehen davon, dass ich sie mir habe aussuchen können, aber eben aus den Ländern, die mitfinanziert haben. Es ist zu meiner großen Freude und Erleichterung sehr gut gegangen, man sollte sich vielleicht sogar öfter dieser Challenge aussetzen.
Sie haben in 40 Drehtagen einen Dreh in sechs Ländern bewältigt – und das während Corona! War das nicht ungewöhnlich anstrengend?
Ja, es war anstrengend. Aber ich liebe Herausforderungen, insofern wurde ich während des Drehs immer gesünder und kräftiger.
Autor: Siehe Artikel
Donnerstag 12.10.2023
DER SCHATTEN VON CARAVAGGIO
Ab 12. Oktober 2023 im Kino
Italien 1600. Michelangelo Merisi (RICCARDO SCAMARCIO), besser bekannt unter dem Namen Caravaggio, sorgt für Aufsehen in der Öffentlichkeit und zieht sich den Unmut der Behörden zu. Er sieht sich als Mann des Volkes, verachtet das Dogma, was Kunst sein darf und was nicht, was und wen man abbilden darf in seinen Heiligenbildern. Als Papst Paul V erfährt, dass Caravaggio für seine Gemälde Prostituierte, Diebe und Streuner als Modelle benutzt, schickt er seinen besten Geheimagenten los. Von seinen Recherchen wird es abhängen, ob Caravaggio für die Ermordung eines romantischen Rivalen zur Rechenschaft gezogen und zum Tode verurteilt wird. Der Schatten (LOUIS GARREL) taucht ein in die schillernde Welt des Malers, der so lebt wie er malt. Die einfachen Menschen lieben ihn dafür, dass er auf die Regeln der Obrigkeit pfeift. Die Frauen können sich seiner Ausstrahlung nicht entziehen, ob es nun seine wichtigste Mäzenin ist, die reiche Marquise Costanza Colonna (ISABELLE HUPPERT), oder die berühmt-berüchtigte Prostituierte Lena (MICAELA RAMAZZOTTI), Caravaggios Lieblingsmodell. Der Ku?nstler ahnt noch nicht, dass sein Schicksal in den Händen eines Spions liegt, der keine guten Absichten hat…
Ein Film von Michele Placido
Mit Riccardo Scamarcio, Louis Garrel, Isabel Huppert, Micaela Ramazzotti u.a.
Mit seiner vierzehnten Arbeit als Regisseur ist dem legendären Michele Placido – in Deutschland berühmt für seine Hauptrolle in der Serie „Allein gegen die Mafia“ – sein Meisterwerk gelungen: ein packender, mit beiden Händen ins pralle Leben greifender Film über das Leben und Schaffen eines der größten Maler der Weltgeschichte. DER SCHATTEN VON CARAVAGGIO ist ein Biopic von außergewöhnlicher Wucht und Pracht, das Porträt eines Mannes voller Lebenslust und Widersprüchen, geküsst von der Muse und gepeinigt von der Düsternis in seiner Seele, ein gefeierter Rockstar seiner Zeit, ein Rebell durch und durch, ein zeitloses Genie, dessen Schicksal in der Schwebe hängt. In der Hauptrolle spielt das italienische Schauspiel-Ass Riccardo Scamarcio (ROMANZO CRIMINALE, DREI ETAGEN, JOHN WICK: KAPITEL 2), an seiner Seite sieht man die französischen Darstellergrößen Louis Garrel (LITTLE WOMEN, DIE GESCHICHTE MEINER FRAU) und Isabelle Huppert (ELLE, 8 FRAUEN).
PRODUKTIONSNOTIZEN
Die Idee
Die Idee zu dem Film reicht zurück bis ins Jahr 1968, als Michele Placido gerade frisch nach Rom gezogen war und die Nachmittage in Campo de Fiori mit Kollegen der Akademie verbrachte. Die großartige Stadt, ihre Geschichte und die Erzählung Giordano Brunos entfachten Diskussionen über den Philosophen und seine Ära, über Träume für zukünftige Projekte, verankert in jenem historischen Zeitrahmen, in Rom als eine Art Welttheater, auf dessen Bühne das Pontifikat, der Adel und der kleine Mann koexistierten, und in dem Caravaggio danach strebte, seinen eigenen Platz einzurichten. In dem Film, der Placido vorschwebte, sollte die Authentizität des Künstlers Caravaggio festgehalten werden, mit all seinen Lastern und Tugenden, seiner tiefempfundenen Humanität, und gleichzeitig die volle Wahrheit über die Epoche enthüllt werden, mit ihren Schauplätzen, Gerüchen und Geschmäckern, weit entfernt von jeglicher scholastischer oder akademischer Patina. Die Revolution eines wirklich unbequemen und provokativen Malers, der in einem Rom voller pro-französischer oder pro-spanischer Spione seine Gesinnungsgenossen und Gesinnungsgenossinnen von der Straße aufsammelte – Diebe, Prostituierte, Landstreicher – um sie zu Pasolini-würdigen Sujets und Modellen für seine Gemälde zu machen, verwandelt zu Heiligen, Madonnen und unsterblichen Ikonen. Die Vision des Regisseurs bringt die undurchdringbare Dunkelheit eines Genies zum Vorschein, das paradoxerweise in der Lage ist, die Welt mit seiner Kunst zu erhellen, aber selbst ein Individuum ist, das mit sich selbst in Konflikt gerät. Eine filmische Erzählung, die dem Entwicklungsverlaufs eines Künstlers entspricht, der während seines Prozesses offen und öffentlich erklärt hat: „Ich suche die Wahrheit.“
Die Schauplätze: Caravaggios Welt
Eine der großen Herausforderungen des Films war, eine Ära zu rekonstruieren, die der Vision des Regisseurs entsprach. Es ging darum, die gängige Visualität von Historienfilmen, die am Ende des 16. Jahrhunderts angesiedelt sind, zu untergraben und einen Look zu kreieren, der echt ist, schmutzig ist, auf keinen Fall der Versuchung verfällt, in einen ikonographischen und strahlenden Look abzurutschen. Die Faszination an Caravaggios Geschichte rührt zweifelsohne sowohl von den problembeladenen Beziehungen zu seinen Mitmenschen wie auch von seiner fast unaufhörlichen Wanderschaft von Ort zu Ort. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, wurde Caravaggios Umgebung als aktiver Protagonist und nicht als bloße Kulisse für die Geschichte behandelt. Die Anwesenheit der Orte im Film ist ausdrucksstark und kraftvoll, symptomatisch für die unterschiedlichen und kontrastreichen sozialen Schichten, in denen sich Caravaggio bewegte. Der Zuschauer wird von den opulenten Adels- und Papstpalästen über die Kneipen der Arbeiter und Landstraßen bis hin zu den Kirchen und Festungen geführt, die im Laufe der Jahrhunderte zu öffentlichen Denkmälern geworden sind, und taucht mit allen Sinnen in die Epoche und Atmosphäre der Erzählung ein.
Die Dreharbeiten begannen in Neapel am 21. September 2020, nach einer Vorproduktion Ende 2019, während der Szenenbildner Tonino Zera mit Placido und Produzentin Federica Vincenti an Referenzen arbeitete, Skizzen malte und Farbpaletten und atmosphärische Stimmungen ausprobierte und damit begann, von der Moderne unberührte Orte zu finden, an denen die Welt des legendären Künstlers rekonstruiert werden konnte. Um einen originalen und authentischen Film herzustellen, der die Stereotypen von Caravaggios Umfeld zerschmettert, war es unabdingbar, bestimmte Räume zu rekonstruieren und neu zu erfinden, wie etwa der Kerker von Caracalla, die in Straßen voller Schmutz, Abwasserrinnsale und Bettler verwandelt wurden – alles stets unter Berücksichtigung einer Authentizität, die den Kern von Placidos Vision als Regisseurs bildete. „Die Wahl der Kulissen war nicht einfach“, sagt Produzentin Vincenti. „Die Herausforderung bestand nicht nur in der Suche nach historischer Genauigkeit und großer Detailtreue, sondern auch in einer der damaligen Zeit entsprechenden Rekonstruktion, die nicht auf ein falsches Spektakel, sondern die materielle Substanz der Umgebung abzielte. Es besteht ein immanenter Unterschied zwischen einer „wie lackiert“ wirkenden und einer „real bewohnbaren“ Kulisse. Die gleiche Sorgfalt ließ das Team zum Beispiel bei der Herstellung der Karnevalsmasken walten, die von Hand gefertigt wurden, und bei der Rekonstruktion der Gemälde.“
Kostümbild: Caravaggios ästhetisches Universum
Das Abenteuer der Ausarbeitung der Figuren begann ein gutes Stück vor Drehstart. Für den Regisseur war die Idee von zentraler Bedeutung, die Wahrheit einer Epoche außerhalb des akademischen Kanons auszugraben, frei von rhetorischen Andeutungen: Der Film sollte die komplette irdische Dimension des Malers und seiner Zeit zurückbringen – schmerzhaft, körperlich, menschlich; im Zeichen Caravaggios und seiner revolutionären Abbildung der Wirklichkeit. Caravaggios Welt war ein bunt gemischtes Universum, zu dem zwar der Adel und der Klerus gehörten, aber auch ein Rom, das zuvorderst aus Bürgern, Prostituierten und Straßenkindern bestand, von denen kaum bildliche Zeugnisse existieren. Schließlich gehörten sie einer sozialen Schicht an, die in der Kunstwelt der Zeit keine Rolle spielten, zumindest bis Caravaggio die ehernen Grundsätze untergrub. Kostümbildner Carlo Poggioli, ein großer Fan und Experte von Caravaggio seit seiner Zeit an der Akademie, betont, dass die Vision von Placido, seit vielen Jahren in das Projekt vertieft, sehr klar war: Dem Regisseur schwebte eine Herangehensweise an die Erschaffung der Figuren vor, die den künstlerischen Schaffensmethoden des Malers entsprach, der wie ein Regisseur seine Modelle inszenierte, um Momente der Wahrheit einzufangen und sie auf die Leinwand ohne das Zwischenstadium der Zeichnung brachte. Unmittelbarkeit, Wahrheit, Authentizität, das Ergebnis einer durchdachten kreativen Regie.
Ausgangspunkt der Arbeit an den Figuren war deshalb die Recherche historischer Referenzen, auf die sich der Kostümbildner in Zusammenarbeit mit der Hair-Stylistin Desirée Corridoni und dem Maskenbildner Luigi Rocchetti stützte.
Bei der Erarbeitung des Protagonisten wurde beispielsweise beschlossen, sich von der klassischen Darstellung, die das Gesicht des Malers mit Schnurrbart und Fliege zeigt, zu distanzieren und ihn stattdessen mit Vollbart zu zeigen. Seine Haare sind stets schmutzig und zottelig geschnitten, Ausdruck seines gequälten Schöpfergeists, ein verfluchter Künstler und Mann, der beim normalen Volk lebt, ein bisschen dreckig und verschwitzt, oft müde, selbst in seiner Erscheinung subversiv. Bei seiner Garderobe ließen wir uns von der Kleidung inspirieren, die Caravaggio liebte, gewisse Samtstoffe und bestimmte, wiederkehrende Farben, stets ein wenig verschlissen und abgetragen.
Manchmal musste Poggioli die Kostüme sogar doppelt anfertigen, weil Richard Scamarcio all die Duelle und Kämpfe, denen sich Caravaggio stellen musste, ohne Stuntdouble absolvieren wollte und die Kleidung oft Blutflecken abbekam. Poggioli arbeitete auch den Zusammenhang zwischen den Gepflogenheiten und den Veränderungen in Caravaggios Erfahrungswelt heraus: Er trägt sehr einfache Kleidung während seiner Zeit auf der Straße und eine etwas abwechslungsreichere und farbenfrohere Garderobe – eleganter, beinah edel, aber immer abgetragen, ein glaubwürdiges Geschenk des Cardinal del Monte -, als er seinen künstlerischen Ruhm mehrte und das Glück auf seiner Seite war. Bei der Verwandlung seines Aussehens war wichtig, zu jeder Zeit die Identität und Kohärenz der Figur zu bewahren.
Was Costanza Colonnas Garderobe betrifft, erwiesen sich historische Quellen als sehr nützlich, speziell ein sehr lockerer Briefwechsel mit einer Freundin. Als sehr moderne und auch ambivalente Frau, die sowohl eine tiefe Hingabe als auch große Sinnlichkeit besitzt, trägt sie dunkle, schlichte Kleider, aber auch tiefe Ausschnitte und satte Farben in den alltäglichsten Situationen. Dann gibt es den Schatten, die einzig fiktive Figur in der Geschichte, die aber sehr wohl als historisch nachvollziehbare Repräsentantin der Inquisition gelten kann. Eine zwielichtige und verstörende Gestalt, undurchschaubar und rätselhaft, ein Spion, der sowohl mit dem Klerus auf beiden Seiten als auch mit einer dubiosen Militärwelt verbunden ist – in den Augen des Regisseurs die Quintessenz der Ambivalenz.
Seine Garderobe ist deshalb dunkel und düster, im Stile der Inquisitoren, dazu Umhänge, die an das Militär erinnern. Lena hingegen ist real und umfassend dokumentiert: eine Prostituierte, die Caravaggio sehr nahesteht, eine trauernde, stoische Frau, eine zutiefst authentische Figur mit einer Kleidung und Frisur, die ihr Leiden und vor allem ihre Zugehörigkeit zum Volk unterstreichen. Die Kleidung der Protagonisten und der Statisten wurde einem sorgfältigen Alterungsprozess unterzogen, sowohl die maßgeschneiderte Kleidung als auch die zahlreichen Kostüme, die von Grund auf neu angefertigt wurden.
Allein für die Karnevalszene wurden im Verlauf von drei Monaten über 250 Kostüme und 200 Masken angefertigt. Placido war extrem präzise: Damals war alles sehr schmutzig und die Figuren sollten diese Realität widerspiegeln. Entsprechend wurden die Stoffe authentisch abgenutzt. Jedes Kostüm der zahlreichen Charaktere und Statisten musste zerrissen, gefärbt und eingeschmutzt werden, um zu einer Art Unvollkommenheit zu gelangen, die die Wahrheit vermitteln würde.
Autor: Siehe Artikel
Donnerstag 05.10.2023
CATCH THE KILLER
Ab 05. Oktober 2023 im Kino
Während der Silvesterfeierlichkeiten in Baltimore erschießt ein Scharfschütze von einem Hochhausbalkon 29 Menschen. Als die junge Polizistin Eleanor an den Schauplatz dieses brutalen Verbrechens gerufen wird, erkennt FBI-Agent Lammark, dass die psychisch vorbelastete Kollegin die einzige zu sein scheint, die sich in den unbekannten Killer hineinversetzen kann. Deshalb will er sie, trotz ihrer Unerfahrenheit, spontan in seiner Sondereinheit haben, die den Amokschützen schnellstmöglich fassen soll. Ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Während sich die Ermittler:innen noch mit falschen Spuren und internen Kompetenzstreitigkeiten herumschlagen, richtet der unberechenbare Täter ein weiteres Blutbad in einem Einkaufszentrum an. Der Druck auf das Fahndungsteam wächst.
Wird es Eleanor gelingen, die Dämonen ihrer eigenen dunklen Vergangenheit zu überwinden und den rätselhaften Massenmörder aufzuspüren, bevor er noch weitere Menschen auf dem Gewissen hat?
Ein Film von DAMIÁN SZIFRON
Mit SHAILENE WOODLEY, BEN MENDELSOHN, JOVAN ADEPO, RALPH INESON u.v.a.
PRESSENOTIZ
Baltimore in der Silvesternacht: Ein farbenprächtiges Feuerwerk illuminiert die Skyline, während Partygäste ausgelassen auf der Dachterrasse eines Wolkenkratzers den Jahreswechsel feiern. Die Stimmung schlägt in blanke Panik um, als plötzlich ein Kugelhagel die Menge durchsiebt und ein wahres Blutbad anrichtet. FBI-Agent Lammark (Ben Mendelsohn) ist ratlos. Vom Schützen, der sich im gegenüberliegenden Hochhaus befunden haben muss, fehlt jede Spur. Auch die junge Polizistin Eleanor ringt am Einsatzort nach Luft. Der Tatort erinnert sie an ihre eigene dunkle Vergangenheit, weckt aber auch ihre Intuition, die das FBI dringend für die Ermittlungen in diesem Fall benötigt. Schließlich könnte der unbekannte Killer jederzeit erneut zuschlagen...
Mit seinem Filmhit WILD TALES (2014) überraschte der argentinische Regisseur Damián Szifron das internationale Kinopublikum und wurde für seine Arbeit weltweit mit etlichen Preisen bedacht. Nun folgt mit CATCH THE KILLER sein englischsprachiges Debüt. Gekonnt verknüpft er darin True Crime-Elemente mit dem Serienkiller-Genre und besetzte in der Hauptrolle Shailene Woodley als ebenso talentierte wie knallharte Profilerin. Die vielseitige Schauspielerin stellte ihr Talent seit ihrem Durchbruch an der Seite von George Clooney in THE DESCENDANTS in vielen Genres unter Beweis, von der DIE BESTIMMUNG-Trilogie bis DAS SCHICKSAL IST EIN MIESER VERRÄTER und zuletzt in Filmen wie DIE FARBE DES HORIZONTS (2018) oder DER MAURETANIER (2021). In der gefeierten Drama-Serie BIG LITTLE LIES brillierte sie an der Seite von Nicole Kidman und Reese Witherspoon, wofür sie auch mit einer Emmy-Nominierung bedacht wurde.
In der Rolle des schroffen FBI- Ermittlungsleiters Lammark agiert Ben Mendelsohn (THE KING, STAR WARS: ROGUE ONE) neben Jovan Adepo (BABYLON - RAUSCH DER EKSTASE) und Ralph Ineson (THE NORTHMAN, THE WITCH). Für das Drehbuch zeichnet Damián Szifron zusammen mit Jonathan Wakeham verantwortlich.
Hauptdarstellerin Shailene Woodley fungiert zusammen mit Aaron Ryder (PIECES OF A WOMAN, ARRIVAL, DONNIE DARKO) und Stuart Manashil (WATCHER, HIS HOUSE) auch als Produzentin.
CATCH THE KILLER ist Hochspannungskino pur. Dieser Film eröffnet einen Blick in die tiefsten Abgründe der von der Waffenlobby geprägten US-Gesellschaft sowie auf Kompetenzgerangel und interne Rivalitäten in einem vom Ausmaß der Gewalt überforderten Polizeiapparat.
SHAILENE WOODLEY (Eleanor)
Die 1991 im kalifornischen Simi Valley geborene Schauspielerin Shailene Woodley gehört zu den facettenreichsten und talentiertesten Schauspielrinnen ihrer Generation in Film- und Serienproduktionen. Sie wechselt nahtlos zwischen den Genres, von Drama über Action bis hin zur Komödie und hat sich sowohl in großen Studio-Produktionen als auch in Independent-Filmen einen Namen gemacht.
Nicht erst seit der Trilogie-Verfilmung DIE BESTIMMUNG (2014-16) nach der dreibändigen Buchreihe der Bestsellerautorin Veronica Roth, in der sie in einer postapokalyptischen Welt die junge und unerschrockene Tris Prior spielt, gehört sie zu Hollywoods heißesten Nachwuchs-Stars. Für ihre Darstellung in Alexander Paynes Tragikomödie THE DESCENDANTS (2011) gewann sie ihre erste Golden Globe-Nominierung in der Kategorie Beste Nebendarstellerin. Sechs Jahre später wiederholte sie dieses Kunststück mit ihrer intensiven Leistung in der US-Fernsehserie BIG LITTLE LIES (seit 2017). Für Aufsehen sorgte auch ihre berührende Verkörperung einer krebskranken jungen Frau in dem bittersüßen Drama DAS SCHICKSAL IST EIN MIESER VERRÄTER (2014) an der Seite von Ansel Elgort. Dafür nahm sie den Movie Award als Beste Hauptdarstellerin entgegen.
Woodley begann bereits im Alter von fünf Jahren zu schauspielern und hatte mit acht Jahren ihren ersten Filmauftritt in dem TV-Movie REPLACING DAD (1999). Es folgten diverse Serien-Engagements in WITHOUT A TRACE (2003), O.C., CALIFORNIA (2003-04), CROSSING JORDAN (2001-04) und MY NAME IS EARL (2006). Von 2008 bis 2013 war sie als Amy Juergens in der Jugendserie THE SECRET LIFE OF THE AMERICAN TEENAGER zu sehen. Beim Sundance Film Festival 2013 wurde sie gemeinsam mit Miles Teller in THE SPECTACULAR NOW mit dem U.S. Dramatic Special Jury Award for Acting gekürt. 2014 spielte sie in WIE EIN WEISSER VOGEL IM SCHNEESTURM von Gregg Araki. 2016 war sie neben Joseph Gordon-Levitt in Oliver Stones Whistleblower-Drama SNOWDEN zu sehen, in dem sie Edward Snowdens Freundin Lindsey Mills verkörpert. Der Film feierte seine Weltpremiere auf dem Toronto International Film Festival.
2018 übernahm sie neben Sam Claflin die Hauptrolle in dem Überlebensdrama DIE FARBE DES HORIZONTS, das auf einem authentischen Fall basiert. Ein Ehepaar muss sich nach einem Segelunfall auf hoher See zum weit entfernten Hafen retten. Die Regie dieses Spielfilms, an dem sich Woodley auch als Produzentin beteiligt hat, führte der renommierte isländische Regisseur Baltasar Kormákur. Woodley überzeugt auch in Kevin Macdonalds DER MAURETANIER (2021), ebenfalls ein Drama nach einer wahren Geschichte. Darin tritt sie als Assistentin der engagierten Anwältin Nancy Holländer (Jodie Foster) in Erscheinung, der es gelingt, einem Guantanamo-Häftling zu einem rechtsstaatlichen Prozess zu verhelfen.
Woodley engagiert sich außerdem als Aktivistin für soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz. Im Oktober 2016 wurde sie als Teilnehmerin einer friedlichen Protest-Demonstration gegen die geplante Dakota-Access-Ölpipeline in Fort Yates in North Dakota wegen unbefugten Betretens festgenommen. Sie ist im Vorstand der Organisation „Our Revolution“, die während des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2016 von Bernie Sanders gegründet wurde. Gemeinsam mit ihrer Mutter wurde sie von Global Green für ihr Engagement mit ihrer NGO „All it takes“ geehrt. Darüber hinaus ist sie seit 2017 Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS).
BEN MENDELSOHN (Lammark)
Paul Benjamin Mendelsohn, besser bekannt als Ben Mendelsohn, erhielt im Alter von 15 Jahren erste kleinere Rollen in australischen Fernsehserien. Mit dem Film DAS JAHR MEINER ERSTEN LIEBE (1987), für den ihn das Australian Film Institute zum Besten Nebendarsteller kürte, gelang ihm der Durchbruch. In seinem Heimatland avancierte er zu einem der beliebtesten Darsteller und wurde gar schon auf Augenhöhe mit den Newcomer-Stars Guy Pearce und Russell Crowe gesehen, die in Anspielung auf die legendäre US Schauspiel-Gruppe „Rat Pack“ und das „Brit Pack“ aus Großbritannien von der australischen Boulevardpresse als „Mouse Pack“ tituliert wurden. Seine nächste größere Rolle übernahm er 1990 in dem australischen Spielfilm THE BIG STEA L-JAGUARS KLAUT MAN NICHT. Nach diesem fulminanten Karrierestart wurde es etwas ruhiger um den jungen Australier, bis er 1994 an der Seite von Hugh Grant, Tara Fitzgerald und Sam Neill in einer kleinen Rolle in der britisch-australischen Komödie VERFÜHRUNG DER SIRENEN zu sehen war. Im Jahr 2000 besetzte ihn der neuseeländische Regisseur Martin Campbell in dem Bergsteigerdrama VERTICAL LIMIT, einem US-amerikanischen Spielfilm mit Chris O‘Donnell in der Hauptrolle.
2005 wirkte er in fünf Folgen der australischen Erfolgsserie THE SECRET LIFE OF US mit. Im gleichen Jahr war der Schauspieler in dem Abenteuerfilm THE NEW WORLD zusammen mit Colin Farrell und Christopher Plummer auf der Kinoleinwand zu sehen. In Baz Luhrmanns monumentalem Melodram AUSTRALIA (2008) mit Nicole Kidman und Hugh Jackman spielte er die Rolle des Captain Emmett Dutton. Es folgten weitere Rollen in großen Leinwand-Abenteuern: in Christopher Nolans THE DARK KNIGHT RISES (2012) verkörperte er einen Bauunternehmer und im Star-Wars-Spinoff ROGUE ONE: A STAR WARS STORY (2016) einen imperialen Sicherheitsoffizier.
2016 war ein herausragendes Jahr für Mendelsohn. Für seine Rolle in der Netflix-Serie BLOODLINE erhielt er den Emmy als Bester Nebendarsteller und eine Golden Globe-
Nominierung. In dem von der Kritik gefeierten Film DIE DUNKELSTE STUNDE (2017) über die ersten fünf Wochen des britischen Premierministers Winston Churchill am Anfang des Zweiten Weltkriegs brillierte er als König George VI. Im Science Fiction-Drama READY PLAYER ONE (2018) von Steven Spielberg spielte Mendelsohn den Konzernchef Nolan Sorrento. Fans des Science Fiction-Dramas CAPTAIN MARVEL (2019) haben ihn als den Skrull-Anführer Talos in Erinnerung. 2021 gab er zuletzt den eifersüchtigen Herzog de Guiche in der Musical-Verfilmung CYRANO von Joe Wright mit Peter Dinklage in der Titelrolle.
Mendelsohn, der auch als Musiker in einer Band auftritt, ist seit Juni 2020 Mitglied der Academy of Motion Pictures Arts and Sciences (AMPAS).
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Donnerstag 28.09.2023
ROSE
Ab 28. September 2023 im Kino
Diese Busreise wird so schnell niemand vergessen. Denn als Inger ihre Schwester Ellen und deren Mann Vagn im Herbst 1997 auf einen Kurztrip nach Paris begleitet, läuft nicht alles nach Plan. Inger fällt unter den anderen Reisenden auf. Offen erklärt sie ihre psychologische Situation: sie ist schizophren. Dies zeigt sich vor allem in ihrer Unverblümtheit, die nicht allen gefällt. Schnell gerät die Familie zwischen Unverständnis und Vorurteile. Doch in Paris angekommen wird klar, dass alle so ihr Päckchen mit sich rumtragen. Während eines der mitreisenden Paare in einer Ehekrise steckt, freundet sich Inger mit deren Sohn an, der fasziniert ist von ihrer Direktheit. Und so verwickelt Inger die kleine Reisegruppe in ihr ganz eigenes Abenteuer, dass sie schon bald vor die Wohnungstür einer verschollenen Liebe führt.
Die bewegende Komödie von BAFTA-Preisträger Niels Arden Oplev (VERBLENDUNG) trifft mitten ins Herz. Mit einer gelungenen Mischung aus Drama und Komödie wurde ROSE in Skandinavien zum Überraschungshit an den Kinokassen. In der Hauptrolle brilliert die großartige dänische Schauspielerin Sofie Gråbøl, bekannt als Kommissarin Lund.
Ein Film von Niels Arden Oplev
Mit Sofie Gråbøl, Lene Maria Christensen, Anders W. Berthelsen u.a.
NIELS ARDEN OPLEV - DREHBUCHAUTOR & REGISSEUR
Niels Arden Oplev ist einer der national und international bekanntesten Regisseure Dänemarks. Nach seinem Abschluss an der Dänischen Filmhochschule im Jahr 1989 wurde sein Spielfilmdebüt PORTLAND auf der Berlinale 1996 für den Goldenen Bären nominiert. Einige Filme später kehrte er zur Berlinale zurück und gewann 2006 mit WE SHALL OVERCOME den Gläsernen Bären. Der internationale Durchbruch gelang ihm 2009 mit „Verblendung“, der einen BAFTA für den besten internationalen Film gewann.
REGIESTATEMENT
ROSE ist eine Ode an meine beiden Schwestern. Im Herbst 2015 habe ich begonnen das Drehbuch zu schreiben nach einem Gespräch mit einer meiner ältesten Freundinnen, die meine Familie schon seit unserer Kindheit kennt. Wir sprachen über eine Busreise nach Frankreich, die meine Schwester und ihr Mann im Spätsommer 1997 zusammen mit meiner schizophrenen Schwester - ich werde sie wie die Figur im Film Inger nennen - unternahmen. Diese Reise ist seither eine beliebte Familiengeschichte. Inger arbeitete mit 18 Jahren in Frankreich und als sie nach Dänemark zurückkehrte, begann sich ihre psychische Erkrankung zu zeigen. Die Busreise viele Jahre später war ein Versprechen meiner frisch verheirateten Schwester und ihres Mannes, Inger die Möglichkeit zu geben, Frankreich erneut zu besuchen.
Sie wurde zu einer Familienlegende, weil Inger jeden Tag der Reise rettete und weil alle Reisenden sie liebten, obwohl sie sich anfangs vor der Vorstellung fürchteten, mit einer psychisch kranken Person den ganzen Tag im Bus zu sitzen. Ich dachte immer, wenn ich jemals einen Film über meine Schwester machen würde, würde ich über den Beginn ihrer Krankheit schreiben, über die Zeit, als wir beide noch sehr jung waren. Aber die achttägige Reise im Herbst ‚97, als sie in ihren Vierzigern war, hat mich nicht mehr losgelassen. Der Schauplatz der Reise stellte das Wesen ihrer Krankheit auf den Kopf - als würde ich sie in einem neuen Licht sehen.
Als ich mit dem Drehbuch von ROSE begann, war mir klar, dass das Reisebus-Element des Films die Geschichte auf eine höhere Ebene heben würde. Die Stadt Paris, die poetisch an sich ist, hat das Drehbuch zwar beeinflusst, aber es ging hauptsächlich um Inger als Figur. Sie sagte oder tat oft etwas so witziges, dass ich mich ihrem Humor beim Schreiben hingeben musste. Mir wurde klar, dass es interessanter wäre, Ingers Qualitäten in den Mittelpunkt zu stellen, anstatt mich auf das Leiden ihrer psychischen Krankheit zu konzentrieren - um zu zeigen, wie einzigartig und talentiert sie ist, trotz der Last, die sie trägt. Ich wollte auch die enorme Verantwortung darstellen, die meine andere Schwester - Ingers engste Gefährtin - über die Jahre hinweg getragen hat, den Kampf zwischen dem Versuch, für Inger zu sorgen, ohne ihr ihre Unabhängigkeit und Würde zu nehmen. Aus diesem Grund wurde ROSE ein Film über die Schönheit des Andersseins und mehr noch eine Liebeserklärung an meine beiden Schwestern und alles, was sie durchgemacht haben.
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Donnerstag 21.09.2023
FALLENDE BLÄTER
Seit 14. September 2022 im Kino
KOMMENTAR DES REGISSEURS
In der Vergangenheit habe ich mir als Regisseur von irrelevanten, gewaltvollen Filmen eine fragwürdige Reputation erarbeitet. Da mich der Gedanke an all die sinnlosen, unnötigen und kriminellen Kriege in unserer Welt sehr quält, habe ich beschlossen, eine Geschichte über diejenigen Themen zu schreiben, durch die meiner Meinung nach in der Zukunft eine Chance auf mehr Humanität in unserer Gesellschaft besteht: Eine Geschichte über die Sehnsucht nach Liebe, nach Solidarität, nach Hoffnung und dem Respekt für andere Menschen, für die Natur und allem, was in ihr lebendig oder tot ist – vorausgesetzt, das Subjekt dieser Geschichte verdient diese Aufmerksamkeit. In FALLEN LEAVES ziehe ich meinen zu kleinen Hut vor meinen Göttern Bresson, Ozu und Chaplin – aber sollte das Unterfangen scheitern, meine Geschichte zu erzählen, dann bin ich es höchstpersönlich, auf dessen Mist diese Katastrophe gewachsen ist.
Ein Film von Aki Kaurismäki
Mit Alma Pöysti, Jussi Vatanen, Janne Hyytiäinen u.a.
FALLENDE BLÄTTER erzählt von zwei einsamen Menschen, Ansa (Alma Pöysti) und Holappa (Jussi Vatanen), die zufällig im nächtlichen Helsinki aufeinandertreffen. Beide sind auf der Suche nach der ersten, einzigen und endgültigen Liebe ihres Lebens. Der Weg zu diesem ehrenwerten Ziel wird erschwert durch die Alkoholsucht des Mannes, verlorene Telefonnummern, die Unkenntnis des Namens und der Adresse des jeweils anderen – und nicht zuletzt durch die allgemeine Tendenz des Lebens, denjenigen, die ihr Glück suchen, Steine in den Weg zu legen.
Diese sanfte Tragikomödie kann als "vierter Teil" von Aki Kaurismäkis Arbeitertrilogie ("Schatten im Paradies", "Ariel" und "Das Mädchen aus der Streichholzfabrik") angesehen werden.
ALMA PÖYSTI (Ansa)
Geboren im Jahr 1981, schloss Alma Pöysti 2007 ihr Studium an der Universität der Künste in Helsinki mit einem Master ab. Seitdem hat sich Pöysti sowohl als Theaterschauspielerin auf namhaften Bühnen im skandinavischen Raum, als auch vor der Kamera einen Namen gemacht. Ihren Durchbruch als Filmschauspielerin hatte sie 2020, als sie die Hauptrolle in dem Spielfilm „Tove“ (Regie: Zaida Bergroth) über die bekannte finnische Autorin und Malerin Tove Jansson übernahm, für die sie mit dem Finnischen Filmpreis als beste Schauspielerin geehrt wurde. Alma Pöysti war in verschiedenen skandinavischen TV- und Filmproduktionen zu sehen, darunter die Serie „Helsinki Crimes“, „Blackwater“ und in dem Debütfilm „Four Little Adults“, für den sie bei Gothenburg Film Festival 2023 den Preis als beste Schauspielerin erhielt. Neben ihrer Rolle in FALLENDE BLÄTTER wird Alma Pöysti demnächst in einer Hauptrolle in dem Spielfilm „A Day and a half“ von Fares Fares und in dem neuen Film „Orenda“ von Pirjo Honkasalo zu sehen sein.
USSI VATANEN (Holappa)
Jussi Vatanen wurde 1978 geboren. Seinen Durchbruch feierte er mit Hauptrolle in der schwarzen Komödie „Lapland Odyssey“ (Regie: Dome Karukoski) feierte. Seitdem war er regelmäßig in verschiedenen TV- und Filmproduktionen vor der Kamera zu erleben. Bekannt ist er unter anderem für seine Rollen in „The Unknown Soldier“ (2017, Regie: Aku Louhimies) – ein Film, der alle Box Office-Rekorde in Finnland gebrochen hat – und für seine Rolle als Zaney im Spielfilm „Dark Corners“ von Richard Parry 2021. Darüber hinaus war Vatanen 2020 in „Forest Giant“ (Regie: Ville Jankeri) zu sehen und erhielt dafür eine Nominierung als bester Schauspieler beim Finnischen Filmpreis 2020. Zuletzt war Jussi Vatanen in der Krimiserie „Man in Room 301“ (2019) zu sehen, die in der Reihe Cannes-series lief sowie in der Hauptrolle in dem Thriller „The Man Who Died“ (Regie: Samuli Valkama).
MAUSTETYTÖT (Musik)
Das finnische Pop-Duo Maustetytöt besteht aus Anna (Gitarre) und Kaisa (Keyboard) Karjalainen. Die Musik der Schwestern besticht durch eingängige Melodien, kombiniert mit düsteren Texten und einer unverwechselbar lakonischen Perfomance. Maustetytöt gehört zu den bekannten Größen der Pop-Avantgarde Finnlands, aber auch weit über die Grenzen Skandinaviens hinaus sind sie inzwischen bekannt. Allein ihre erste Single „Tein kai lottorivini väärin“ („Ich muss den Lotto-schein falsch ausgefüllt haben“) wurde auf Spotify mehr als fünf Millionen mal gestreamt.
In FALLENDE BLÄTTER haben Maustetytöt ihren ersten Auftritt in einem Film.
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Mittwoch 13.09.2023
VOLL INS LEBEN
Ab 14. September 2023 im Kino
Tridan Lagache (Dany Boon) hat sein ganzes Leben im Club Med verbracht und damit alle 8 Tage seine Freunde gewechselt. Im Alter von 50 Jahren verlässt er den mexikanischen Urlaubsclub, in dem er geboren wurde, um seine große Kindheitsliebe Violette zu finden – nach 42 Jahren! Naiv und verloren kommt Tridan in Paris an und freut sich, bei Louis (Kad Merad) unterzukommen, seinem Halbbruder, von dem er gar nichts wusste. Der möchte den mühsamen Tridan aber lieber wieder loswerden. So bittet Louis eine seiner Eroberungen, Roxane (Charlotte Gainsbourg), als die Violette aufzutreten, von der Tridan glaubt, dass er sie auf den ersten Blick wieder erkennen wird …
Ein Film von Dany Boon
Mit Dany Boon, Kad Merad, Charlotte Gainsbourg u.a.
Mit „Willkommen bei den Sch’tis“ schuf Dany Boon den bislang erfolgreichsten französischen Film in Frankreich. Auch in der Komödie LIFE FOR REAL übernimmt Kad Merad („Willkommen bei den Sch’tis“, „Ein Triumph“) eine Hauptrolle: Diesmal bringt er Dany Boons herausragenden Humor und die grandiose Situationskomik gemeinsam mit Charlotte Gainsbourg („Heute bin ich Samba“) – und natürlich Dany Boon selbst – auf die Kino-Leinwand. Dany Boon gewinnt hier seine warmherzige Komik aus der hinreißenden Naivität und Begeisterungsfähigkeit seiner Figur, die auf Kad Merad und Charlotte Gainsbourg als unverbindliche und oberflächliche Großstädter trifft. Vor dem weltläufigen Flair der Stadt Paris als Kulisse inszeniert Dany Boon seine Charaktere mit mitreißenden Gags, überraschenden Wendungen und einer großen Portion Herzlichkeit.
INTERVIEW MIT DANY BOON
Der Film beginnt im Club Med und zeigt die Jugend von Tridan, ihrer Figur. Stammt die Idee für die Geschichte von einem wirklichen Ausflug in solch ein Feriendorf?
Das ist in der Tat der Fall. Während ich mich mit meinen Kindern im Club Med aufhielt, unterhielt ich mich mit dem Manager des Restaurants. Er war französischer Herkunft, hatte aber nie in Frankreich gelebt. Seine Eltern lernten sich im Club kennen – wie in dem Film. Die Mutter wurde schwanger und arbeitete auch nach seiner Geburt dort weiter. Er folgte schließlich der Familientradition. Ich fragte im Scherz: „Aber über das Leben da draußen weißt du eigentlich nichts, oder?" Das war natürlich übertrieben, aber ich hatte sofort das Gefühl, dass dies ein guter Ausgangspunkt für ein Drehbuch sein würde.
Sie mussten die Details etwas ausmalen, um die Geschichte zu konstruieren.
Es galt herausfinden, warum Tridan in 50 Jahren noch nie einen Fuß außerhalb des Clubs gesetzt hatte und schließlich, warum er nun plötzlich diesen Schritt wagte. Ein Film über einen Gentil Organisateur (G.O.), der direkt aus dem Club Med kommt und keine Ahnung von der Außenwelt hat, ist ein klassisch komisches Vehikel, würde aber nicht über die volle Länge tragen. Sobald die erwartbaren Gags und Situationen erschöpft sind, müssen wir uns auf eine echte Geschichte einlassen. Da kam mir die Idee, dass Tridan sich auf die Suche nach seiner Jugendliebe machen könnte. Ein kleines Mädchen, das eines Sommers seinen Weg kreuzte und sein Leben für immer veränderte.
Basiert das auch auf persönlichen Erinnerungen?
Während der Dreharbeiten zu Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen tauchte meine Mutter mit meiner Kindheitsliebe und einem Lächeln im Gesicht am Set auf, wie um mir zu sagen ‘Schau mal, wen ich gefunden habe‘. Es stellte sich heraus, dass die beiden Nachbarinnen sind. Ich war froh, Valérie wiederzusehen, aber es war auch ein wenig unangenehm. Das hat meine Mutter zum Lachen gebracht! Ich war acht Jahre alt, als wir uns kennenlernten, und ich bin mir dessen bewusst, dass es allen so geht. Also stellte ich mir vor, dass, obwohl die Touristen im Club jede Woche wechseln, Tridan nie die Begegnung mit Violette vergessen hat. Tridan hat nichts aus seinem Leben gemacht. Er hat sich vollkommen seinem Job und anderen Menschen verschrieben, aber dabei sich selbst vergessen. Jetzt will er plötzlich die Frau finden, zu der das kleine Mädchen geworden ist.
Im Gespräch berichten fast alle G.O.s, wie schwierig es ist, in ein normales Leben außerhalb des Clubs zurückzukehren, insbesondere in Bezug auf die Beziehungen zu anderen Menschen. Das sieht man sehr gut, in dem Moment als Tridan anfängt zu weinen, wenn er einen Stadtbus wegfahren sieht, oder wenn er die Leute in der U-Bahn begrüßt, als er in Paris ankommt.
Ja. Die G.O.s, die ich im Rahmen der Vorbereitung traf, bestätigten das alle. Es fällt ihnen schwer, in die Realität einer Stadt zurückzukehren, mit öffentlichen Verkehrsmitteln und den anonymen Beziehungen. Club Med ist kein Partner des Films, aber ich musste ihre Zustimmung einholen. Ich beruhigte sie schnell, indem ich betonte, dass mich vor allem die Menschlichkeit meiner Figur interessierte. Tridan ist freundlich und kontaktfreudig. Er ist ein liebenswerter Kerl, der die Welt entdeckt, wie sie heute ist. Sobald er den Club verlässt, sieht er sich einer egoistischeren, kühleren Gesellschaft gegenüber als der geschlossenen Blase eines Feriendorfes. Tridan grüßt natürlich jeden, den er trifft. Aber das gilt auch für Nordfrankreich. Man grüßt die Menschen, auch wenn man sie nicht kennt! Ich habe das als Kind so praktiziert, aber die Welt war damals vermutlich weniger feindselig und auch weniger beängstigend als heutzutage.
Tridan mag etwas vom wirklichen Leben abgekoppelt sein, aber das macht ihn noch nicht zu einem kompletten Außenseiter.
In diese Falle wollte ich nicht tappen. In den ersten Entwürfen des Drehbuchs hatte ich mir vorgestellt, dass Tridan keine Ahnung vom Internet hat. Aber das hätte ihn zu schrullig und unbeholfen gemacht, fast geistig nicht auf der Höhe, und es funktionierte nicht. Nach und nach habe ich alles rausgenommen und wir sehen jetzt sogar, wie er seine Reise online vorbereitet, sich Bilder von Paris anschaut und plötzlich automatisierte Warnungen vor Unruhen bekommt, basierend auf den Algorithmen seiner Suchanfragen. In diesem Moment entdeckt er den bedrohlichen und unangenehmen Aspekt des Netzes. Er hat dennoch eine etwas simple, aber unschuldige Vision von der Liebe. Als er Louis, seinen Halbbruder, kennenlernt, begegnet er einem Mann, der eine Reihe von Beziehungen unterhält. Mit einer Wischgeste springt er zur Nächsten. Ich erinnere mich an eine junge Frau, die mich im Olympia besuchte und mir berichtete, dass sie allein gekommen war, weil ihr Date, mit dem sie auf einer dieser Seiten gematcht hatte, während des gesamten Abendessens vor der Show surfend mit der Suche nach anderen Frauen verbracht hatte! Das erschien mir unglaublich, aber in Gesprächen mit 30- bis 40-Jährigen, die diese Apps häufig nutzen, wurde mir klar, dass dies häufiger vorkam.
Von allen Figuren in Ihren Filmen ist dies sicherlich die unschuldigste, manchmal fast poetischste Rolle, deutlich zu sehen bei der Taube, die Tridan zu Louis nach Hause bringt.
Ich wollte, dass es dem Film und der Geschichte dient. Die Kostüme spielen auch eine Rolle, zum Beispiel das zeitlose Outfit, das er am Anfang trägt, ein Bohème-Look, den sich meine Kostümbildnerin Laetitia Bouix ausgedacht hat. Und die Taube ist auch Tridans Art, ein wenig seines ursprünglichen Selbst in eine Großstadt wie Paris zu transportieren. Der Vogel als Symbol verdeutlicht, was die beiden Charaktere trennt, Louis sieht eine Ratte und Tridan antwortet: „Nein, Ratten haben keine Flügel." Auf diese Idee bin ich auch dank meiner Mutter gekommen. Einer ihrer Freunde aus Quebec hob auf einem Parkplatz eine Taube auf, die halbtot, unter dem Reifen eines Autos lag. Er pflegte sie gesund, steckte sie in eine mit Baumwolle ausgeschlagene Kiste, brachte ihr wieder das Laufen bei und filmte sie mit seinem Telefon. Er wollte ihr wieder das Fliegen beibringen, aber die Taube ist gestorben! Tridan behandelt Vögel wie Menschen, im Gegensatz zu Louis, der die Menschen, die in seinem Mietwagen fahren, als Mittel sieht, um so viel Geld wie möglich zu verdienen und seine Schulden zu begleichen. Während Tridan die Menschen fragt, wie sie sich fühlen, was sie mit ihrem Leben anfangen, macht Louis einfach weiter und verschwendet keinen Gedanken an seine Mitmenschen. Er ist härter geworden, vermeintlich um sich zu schützen, aber jeden Tag sinkt er ein bisschen tiefer. Tridan versucht, ihn davon zu überzeugen, wieder zu träumen und an das Leben zu glauben. Am Ende lernen sie beide voneinander. Louis stellt ihn der Welt vor und Tridan hilft ihm, mehr Empathie für andere Menschen aufzubringen.
Louis könnte in der Tat ein düsterer Charakter sein, abgesehen von seinem chicen Auto hat er so ziemlich alles verloren.
Und genau deshalb zerstöre ich es im Film! Louis steht für den Nachhall bestimmter Erlebnisse und Beobachtungen, basierend auf meinem ersten Besuch in Paris. Wie schwer es ist, in einem Dienstmädchenzimmer zu leben und noch Schlimmeres. Ich hatte einen Freund, der auch eine One-Man-Show realisieren wollte, der es aber nicht geschafft hat. Irgendwann lebte er in seinem Auto. Über seine Scheidung, die komplizierten Beziehung zu seinem Sohn und seine Geldsorgen ist Louis völlig gefühllos geworden. Die überraschende Ankunft seines Halbbruders wird nicht dazu beitragen, die Dinge besser zu machen. Er versucht sogar, seine zwanghaften Beziehungen zu Frauen, insbesondere zu Roxane, zu benutzen, um Tridan loszuwerden, indem er ihn glauben lässt, sie sei Violette.
Sie haben Kad Merad die Rolle des Louis gegeben. Damit bringen Sie das Duo aus Willkommen bei den Sch‘tis und Super-Hypochonder wieder zusammen. Es ist 10 Jahre her, dass Sie das letzte Mal zusammengearbeitet haben. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Ich musste einen Grund dafür finden, warum Tridans Familie nie nach Frankreich zurückgekehrt ist. Ich stellte mir vor, dass sich sein Vater (Maxime Gasteuil) in Paris etwas geleistet hatte. Er schwängerte eine Frau und als eine Art Widergutmachung hinterließ er den Schlüssel zu seiner Wohnung. Dann ward er nie wieder gesehen. Als ich daran dachte, dass Tridan irgendwann herausfinden würde, dass er einen Halbbruder hat und der auch noch in der Wohnung ihres Vaters lebt, konnte ich mir nur noch Kad Merad in der Rolle vorstellen.
Ich gehe davon aus, dass Sie um jeden Preis vermeiden wollten, Material von Ihrer früheren Zusammenarbeit wieder aufzuwärmen, ist das richtig?
Absolut. Deshalb wurde ihre Beziehung von Anfang an als sehr konfliktreich dargestellt. Ich wollte einen fruchtbaren Boden schaffen, um fantastisch komische Situationen zu entwickeln, die trotzdem völlig anders sein sollten als bei den Vorgängern. Kad und ich haben eine großartige Chemie, es ist fast wie Alchemie. Und die ermöglicht uns, Gags während des Drehs zu entwickeln. Die Szene, in der ich ihm meine Zahnpasta in den Nacken spucke, stand nicht im Drehbuch. Ich nahm einen Alka-Seltzer und etwas Sprite in den Mund, damit es wie verrückt schäumte, und als ich sah, wie Kad sich über das Waschbecken beugte, da konnte ich nicht anders! Natürlich haben wir uns beide weggeschmissen, also mussten wir noch einen zweiten Take drehen, in dem wir die Dialoge und die Situation improvisierten. Diese spontanen Momente funktionieren, weil wir uns so gut kennen. Ständig versuchen wir, einander zu überraschen, aber auch uns dabei zu helfen, das Beste aus uns herauszuholen.
Ihr Duo wird zu einem Trio, als Charlotte Gainsbourg in der Rolle der Roxane auftaucht und Tridan meint, in ihr seine Jugendliebe Violette wiederzuerkennen. Sie ist eine großartige Besetzung!
Beim Schreiben stellte ich mir Schauspielerinnen vor, mit denen ich schon zusammengearbeitet hatte, aber Fünfzigjährige, die im komischen Fach auftreten können, sind ziemlich schwer zu finden. Ich wollte auch etwas Neues ausprobieren mit dieser so wichtigen weiblichen Rolle in der Geschichte. Wir mussten ein echtes Trio bilden. Wie es der Zufall will, hatte Charlotte 8 Rue de l’Humanité gesehen und mochte ihn wirklich. Also bekam ich diese süße Nachricht: „Du hast schon Yvan (Attal) engagiert, wann arbeiten wir zusammen?" Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte ich mich wahrscheinlich nicht getraut, ihr die Rolle anzubieten. Also habe ich das Drehbuch umgeschrieben, um es für Charlotte passender zu machen, und das hat die Geschichte tatsächlich bereichert. Charlotte ist so strahlend, gleichzeitig sanft und schüchtern, und sie vermag es, Situationen plötzlich umzudrehen und sich etwas unwiderstehlich Lustiges einfallen zu lassen. Ihre Figur ist eine manchmal exzessive Fünfzigjährige, die tief in ihrem Inneren Angst hat, allein in einer Großstadt wie Paris zu landen, wegen des Umgangs der Gesellschaft mit Frauen ihres Alters. Es war mir wichtig, dieses Thema in eine Komödie einzubauen.
Sie ist unglaublich. Der Drehplan sah vor, dass sie mich gleich in ihrer ersten Szene in der Wohnung anspringt und sich als Violette ausgibt. Es ist eine sehr komische Szene und ein Schlüsselmoment im Film, insofern als dass Roxane inmitten des Gerangels zwischen Tridan und Louis die Oberhand gewinnt und die Bedingungen diktiert. Der Blick in Kads Augen, als er begreift, dass er die Kontrolle verloren hat! Das Großartige an Charlotte ist, dass sie sich wirklich etwas traut. Als sie das Drehbuch las, überzeugte sie mich davon, Details zu ergänzen, die ich versucht hatte, zu beschönigen, weil ich dachte, sie könnten Charlotte verschrecken! Sie ist die perfekte Verkörperung dieser Figur, die sowohl stark als auch auf sich allein gestellt ist. In ihr spiegelt sich das Verhältnis der Gesellschaft zu Frauen und zwischen den Geschlechtern. Dann überwindet Tridan plötzlich den äußeren Schein und nimmt Roxane wirklich wahr. Das wird auch sein Leben verändern.
Wie haben Sie es hinbekommen, Charlotte Gainsbourg einen gleichberechtigten Platz an der Seite ihres symbiotischen Duos zu verschaffen?
Darauf achte ich immer sehr genau. In den Szenen im Pure Café habe ich dafür gesorgt, dass Tatiana Goussef, die ich seit meinem 20. Lebensjahr kenne, in der Rolle der Besitzerin, genauso eine Chance bekommt, zu glänzen wie Charlotte, Kad und ich. In der Regel mache ich zuerst eine Drehbuchlesung mit allen Schauspielern, um zu sehen, ob die Chemie stimmt. Es ist nie die endgültige Version des Dialogs, aber ich bekomme so die Möglichkeit, zu sehen, was funktioniert und was nicht. Das ist keine leichte Übung für den Autor, aber es ist nötig, damit man Überarbeitungen vornehmen kann und schließlich für das Shooting bereit ist. Da ich bei meinen Filmen sowohl Schauspieler als auch Regisseur bin, hält mich das ganz schön auf Trab! Also ja, ich habe dafür gesorgt, dass Charlotte sich wohlfühlt, aber sie passte auch wunderbar in das Team. Am Vorabend der ersten gemeinsamen Szene von uns dreien, lud ich die beiden zum Abendessen in ein kleines japanisches Restaurant mit Tischen im Freien ein, um die Dinge aufzulockern, falls es noch Bedarf geben sollte!
VOLL INS LEBEN ist ihr achter Film als Regisseur. Wenn man ihn betrachtet, wird deutlich, wie wichtig die technische Seite der Dinge geworden ist, die Beleuchtung, die Kulissen, die Kostüme. Jede dieser Abteilungen ist unerlässlich.
Ich wollte, dass der Film schön anzusehen ist. Heutzutage habe ich mehr Ressourcen und Zeit zur Verfügung als zu Beginn meiner Karriere, aber die Liebesgeschichte im Mittelpunkt des Films, verlangte danach umso mehr. Ich glaube, ich bin handwerklich besser geworden, obwohl es mir schwerfällt, das zu beurteilen. Ich habe Willkommen bei den Sch’tis vor einiger Zeit wieder gesehen und fand ihn wirklich charmant. Können Sie sich das vorstellen? Wir haben damals noch auf 35mm gedreht. Ich erinnere mich daran, wie ich mit dem Filmmaterial und dem Wetter gerungen habe! Ich hatte schon viel Wert auf die Beleuchtung gelegt, aber es stimmt, ich bin stolz darauf, was wir bei VOLL INS LEBEN erreicht haben. Dass meine Sets nicht wie Sets aussehen, war mir schon immer wichtig! Ich bin mir insofern nicht sicher, ob ich im Laufe der Jahre technisch besser geworden bin, oder ob ich jetzt einfach weiß, was ich nicht will. Sobald ich ein packendes Thema gefunden habe, über das ich schreiben kann, benötige ich für die Ausarbeitung der Geschichte und die Charakterentwicklung weniger Zeit als früher. Ich denke auch, dass man die Schönheit eines Motivs erst richtig wahrnimmt, wenn die Emotionen der Figuren voll zum Tragen kommen. Während des Drehs schreibe ich neue Szenen und berate mich ständig mit meinen Gewerken(Pierre Renson für die Sets, Glynn Speeckaert für Kamera und Laetitia Bouix für die Kostüme). Sie alle haben Spitzenarbeit geleistet, ganz zu schweigen vom Schnitt, der natürlich genauso wichtig ist.
(Quelle: Verleih)
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