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37. Nástio Mosquito „0“
38. Kenny Barron „Beyond This Place“
39. Douglas Dare „Omni“
40. Kenny Wheeler, Lee Konitz, Dave Holland, Bill Frisell „Angel Song“
41. Piano Conclave (10): Taranczewski „LOM“
42. Piano Conclave (9): Ludwig van Beethoven „Klaviersonaten Opp. 10, 13, 27...
Dienstag 25.06.2024
Nástio Mosquito „0“
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Er ist jemand, der in seinem Tun polarisiert. In der zeitgenössischen Kunst, in seiner Lyrik, seinen charismatischen Videos und natürlich auch mit seiner Musik. Nástio Mosquito stammt aus Angola und setzt sich seit Jahren mit den (politischen und sozialen) Ungerechtigkeiten besonders der westlichen Welt auseinander. Seine Ausstellungen, zum Beispiel in der IKON Gallery in Birmingham und bei der 56. Biennale von Venedig, zeugen von Wut und Kreativität und beinhalten zudem Botschaften, die deutlich machen, wie kritisch er sich mit dem Wohlstand auf Kosten der Armut in dieser Welt beschäftigt.
Seine musikalischen Arbeiten fallen besonders aufgrund ihrer Eigenständigkeit auf. Sie sind keinem Genre und keinem Stil verpflichtet. Jazz, Worldmusic, (afrikanische) Folklore, Pop, Spoken Words – alles sind im erweiterten Sinn für ihn nur Zutaten, die er nutzt, um wie in einem Puzzle ein Abbild dieser Welt zu schaffen.
Auch „0“, Mosquitos neuster Veröffentlichung, lebt von dieser bemerkenswerten Individualität. Es sind offene Songs, die in einer rhythmischen Lebendigkeit pulsieren, inhaltlich provozieren, in denen die Stimmungen wechseln und letztendlich wie ein Dialog klingen, der den Zustand dieser Welt dokumentiert und gleichzeitig in die Zukunft weist. Trotz des verarbeiteten Zorns wirkt die Musik insgesamt erfrischend, unverbraucht, konstruktiv und zeigt damit Wege auf, wie auch abseits von strategischen Marketingvorgaben großartige Musik kreiert werden kann.
Jörg Konrad

Nástio Mosquito
„0“
Eight to Infinity
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Freitag 21.06.2024
Kenny Barron „Beyond This Place“
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Kenny Barron, Jahrgang 43, begann seine Klavier-Karriere als 15jähriger in Rhythm & Blues Bands rund um Philadelphia. Über Yusef Lateef, den Saxophonisten und Flötisten, der zu den ersten Vertretern der damals unter dieser Bezeichnung noch unbekannten Weltmusik zählte, fand Barron Gefallen an modernem Jazz. Mit siebzehn gehörte der Pianist fest zu Lateefs Band und komponierte erste Stücke. In den folgenden Jahren arbeitete er mit allen Größen der Szene, mit Dizzy Gillespie, James Moody, Lou Donaldson, Freddie Hubbard und Stan Getz. Man riss sich förmlich um diesen diskreten wie vollendeten Begleiter. Zudem nahm er dutzende Alben unter eigenem Namen auf, die durchgehend aufgrund ihres perkussiven Swing-Stil begeisterten.
In diesem Jahr erhielt Kenny Barron, der seit Beginn der 1970er Jahre auch als Jazzpädagoge tätig ist, den deutschen Jazzpreis. Wie um diese besondere Ehrung zu bekräftigen veröffentlichte er nur wenige Wochen nach dieser Preisverleihung „Beyond The Place“. Ein überwiegend in Quintett-Besetzung eingespieltes Album, das die ganze Erfahrung, Raffinesse und Ästhetik des Jazzspiels von Kenny Barrons zum Ausdruck bringt. Er ist als Vertreter der Postbop-Ära nun einmal ein begnadeter Ensemble-Leiter und zugleich als Solist ein eleganter und kühner Geschichtenerzähler.
In Immanuel Wilkins hat er einen exzellenten Altsaxophonisten an seiner Seite, der mit einem wunderbaren und fast schon verführerischen Ton den Aufnahmen eine poetische Atmosphäre beschert. Zudem gibt Vibraphonist Steve Nelson dem Album eine verspielte, luftige Leichtigkeit – selbst in den temperamentvollen Nummern, wie dem Barron-Klassiker „Scratch“ oder dem „Blues On Stratford Road“.
Mit Kiyoshi Kitagawa (Bass) und Joanthan Blake (Schlagzeug) besitzt die Band eine Rhythmusgruppe der Superlative. Keine selbstverliebten Instrumentalisten, sondern Rhythmiker, die jedem Sturm gewachsen sind, die begleiten, zusammenhalten, motivieren, und die solistischen Spitzfindigkeiten auf eine erfrischende und spontane Art moderieren, wie es nur echte Partner verstehen.
Das Spektakuläre an „Beyond This Place“ ist das Unspektakuläre der Einspielung. Hier passt alles zusammen. Das jeweilige Selbstbewusstsein geht Hand in Hand mit einer allenthalben spürbaren Empathie der Instrumentalisten. Mainstream mit Adelsprädikat.
Jörg Konrad

Kenny Barron
„Beyond This Place“
Pias/Artwork
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Mittwoch 19.06.2024
Douglas Dare „Omni“
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Douglas Dare ist und bleibt Melancholiker – auch wenn die Musik auf seinem neuen Album stärker von Electro und Rave infiziert ist. „Omni“ lebt von pulsierenden Beats und raffinierten Rhythmusschleifen, von gesampelten Sounds und dreisten Pop-Akkorden. Radikale Techno-Trümmer kontra lyrischem Schmerz-Vokabular. Im Mittelpunkt steht weiterhin Dares androgyne Stimme und seine gebrochenen Texte. Vier Jahre und drei Vorgängeralben hat der Engländer gebraucht, um an diesem selbstbewussten Punkt seines Lebens anzukommen und um dieses kleine Meisterwerk abzuliefern. Eng an seiner Seite: Daniel Brandt (von Brandt Brauer Frick), TJ Allen und Ryan Lee West aka Rival Consoles, die sich alle für die originären Sounds verantwortlich zeichnen.
Dare zeigt sich wieder als ein großartiger Singer/Songwriter, der sein Heil in neuen Klangstrukturen und kompensierter Dancemusic sucht. Auf „Omni“ hat er beides gefunden. Diese Musik ist ebenso für die Undergroundtempel dieser Welt geeignet, wie auch für die Altäre der Hochkultur. Eben weil die Songs ihre mitreißende wie nachdenkliche Wirkung sowohl in engen Clubs entfalten und ebenso in seriösen Tanzlokalen. Für Stadien hingegen sind sie nicht geeignet – zum Glück. Hoffen wir, dass niemand Douglas Dare versucht, diesen Blödsinn einzureden.
Alfred Esser

Douglas Dare
„Omni“
Erased Tapes
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Dienstag 18.06.2024
Kenny Wheeler, Lee Konitz, Dave Holland, Bill Frisell „Angel Song“
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Eine Besetzung, die damals Wellen schlug und ein Album, das in seiner in sich ruhenden Dynamik und berührenden Poesie bis heute fasziniert. Eingespielt im Februar 1996 in New York gehört „Angel Song“ zu den Klassikern des modernen (Kammer-)Jazz. Vier Musiker, deren Karrieren nicht unterschiedlicher verlaufen konnten und die trotz dieser Verschiedenartigkeit doch über einen traumwandlerischen Pfad zueinander fanden.
Da ist Lee Konitz (Jahrgang 27), dieses Altsaxophon spielende Urgestein Jazz, der, ähnlich seinem Partner auf dem vorliegenden Album Kenny Wheeler (Jahrgang 30), sowohl die amerikanische Variante des Jazz beherrschte, wie er auch deren europäische Ästhetik verinnerlichte und glänzend zum Ausdruck brachte. So war er als Sideman und damit Geburtshelfer an der Entstehung von Miles Davis „Birth of the Cool“-Album beteiligt, spielte mit Charles Mingus und Derek Bailey und mit dem Brandenburgischen Staatsorchester (anlässlich eines Tributes für den deutschen Komponisten und Musikjournalisten Günter Buhles).
Kenny Wheeler gehörte an Trompete und Flügelhorn zumindest für eine Weile der zweiten Reihe der europäischen Aventgardemusiker um Alexander von Schlippenbach an, ehe er mit seinen weiten melodischen Bögen und den melancholisch verhangenen Musikgeschichten so inspirierend wirkte; Bill Frisell (Jahrgang 51), war aufgrund seiner Sensibilität und Empathie schon damals einer der meistbeschäftigten Gitarristen der Szene. Er ist keiner dieser Geschwindigkeitsapostel an den Saiten, sondern mehr der reduzierte, introvertierte Typ mit Wirkung und Einfluss. Und zu guter letzt Dave Holland (Jahrgang 46), einer besten und effektivsten auf seinem Instrument, einer der Räume öffnet und schließt, der virtuos improvisiert, unerschütterlich die Zeit hält und ebenso kraftvoll begleitet, wie er mit wunderbaren lebendigen Figuren homogen gestaltet.
Komponiert hat „Angel Song“ komplett Kenny Wheeler und es scheint, als habe er die Stücke einzig für diese schlagzeuglose Besetzung verfasst, sie den Solisten förmlich auf den Leib geschrieben. Die Instrumentalstimmen passen wunderbar zueinander – und selbst ihrer scheinbaren akustische Divergenz, wie zum Beispiel im Stück „Unit“, wohnt in der Verbindung des etwas nasalen Altsax und dem drahtigen Gitarrensound ein poetischer Zauber inne. Nichts an diesen Aufnahmen ist überflüssig, keine eitlen Floskeln, schon gar kein Geschwätzigkeit. Sparsamkeit ist Trumpf auf „Angel Song“. Aber das musikalische Versmaß passt perfekt, zielt auf das Wesentliche. Sehnsuchtsvolle Miniaturen, die Zukünftiges und Vergängliches beinhalten und in ihrer Traurigkeit einfach nur freudig stimmen.
Jörg Konrad

Kenny Wheeler, Lee Konitz, Dave Holland, Bill Frisell
„Angel Song“
ECM „Luminessence“-Series (Vinyl)
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Dienstag 11.06.2024
Piano Conclave (10): Taranczewski „LOM“
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Musik in Bildern, Tonfolgen als Klanggemälde. Schon auf ihrem Debütalbum „When I Was“ vor zwei Jahren hat das Trio um den Berliner Pianisten Olaf Taranczewski mit behutsamen, aber eigenwilligen Beschwörungsformeln auf sich aufmerksam gemacht. Diesen Weg der stillen Rückbesinnung geht die Formation nun weiter. Die zehn Songs auf „LOM“, alle von Olaf Taranczewski komponiert, finden einen instrumentalen Ton, der ebenso intim wie durchsichtig ist, der anrührt und doch auch eine gewisse Intensität vermittelt. Eine emotionale Intensität, erdig verspielt, voll induktiver Energie.
Lom ist ein kleiner Ort in Zentralnorwegen, dessen Landschaft Olaf Taranczewski stark beeindruckt hat. Zugleich erinnert er mit seiner Musik an skandinavische Instrumentalisten, allen voran den Schweden Esbjörn Svensson, von dem sich Taranczewski stark inspiriert fühlt, von der Hinzufügung der Stille und dem Prinzip der Klangaskese.
So kommt das Beruhigende dieser Musik aus deren Entschleunigung. Denn in einer Zeit, in der visuelle Eindrücke, Informationen und damit oft auch Gefühle im Zehntelsekundentakt wechseln, erscheint diese Form des musikalischen Innehaltens wie ein reflektierendes Durchatmen. Es ist eine Form der Hingabe an die Musik und deren humanen Geist. Die rhythmischen Verstrebungen, die anmutigen Harmonien und lindernden Melodien sind wie Balsam für die Seele. Introvertierte Raumkunst auf höchstem Niveau.
Jörg Konrad

Piano Conclave (8):
Taranczewski
„LOM“
Hey!Blau
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Freitag 07.06.2024
Piano Conclave (9): Ludwig van Beethoven „Klaviersonaten Opp. 10, 13, 27, 53, 79, 101“
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Piano Conclave (8):
Ludwig van Beethoven
„Klaviersonaten Opp. 10, 13, 27, 53, 79, 101“
Moritz Winkelmann, Klavier

Was wird und wurde nicht alles über Ludwig van Beethovens Klaviersonaten geschrieben. Sie seien der „Achttausender der Klavierliteratur“, das „Neue Testament der Klaviermusik“ oder der „unverzichtbare Kern jeglicher musikhistorischer (Aus-)Bildung“. Was bleibt, ist deren Anziehungskraft und Magie, die, nachdem sie bis heute etliche Male komplett eingespielt wurden, ungebrochen sind. Dabei steht nicht immer die Virtuosität und die Perfektion der Interpretation im Vordergrund. Mindestens ebenso wichtig ist der Umgang mit der Zeit, mit dem Tempo, in dem die Stücke gespielt werden und natürlich der emotionale Bezug des Pianisten zu Beethoven selbst. Dieser ist bei Moritz Winkelmann stark ausgeprägt. Zum einen gibt es eine indirekte Linie, ausgehend von Winkelmanns Lehrer Leon Fleischer über einige seiner Mentoren und wiederum deren Dozenten, wobei diese Ahnengalerie bis zu Beethoven selbst führt. Andererseits war für den Stuttgarter Pianisten Beethoven so lang er denken kann, das Maß der Dinge. So spielte er schon als Vierjähriger mit seinem Großvater Stücke des großen Komponisten und fühlt sich rückblickend musikalisch von ihm geprägt.
So kommt es nicht von ungefähr, dass sich Winkelmann zu dieser monumentalen Herausforderung, sämtliche 32 Sonaten neu einzuspielen, regelrecht berufen fühlt. „Diesen Berg zu erklimmen“, sagt Winkelmann, „ja allein sich auf die Reise einzulassen, ermöglicht mir weiter in die Richtung zu wachsen, in die ich wachsen will.“
Die hier vorliegenden neun Sonaten auf drei CDs sind in der Festeburgkirche in Frankfurt am Main eingespielt. Sie spiegeln Winkelmanns hohe Konzentration bei der spielerischen Umsetzung der Vorlagen wieder. „Ich bin in einem Dauer-Flow – nicht besonders aufgeregt, aber sehr konzentriert und fokussiert.“ Eingespielt auf einem Steinway D-274 zieht der Pianist auch Urtextausgaben und zuweilen sogar Beethoven-Autographen zur Interpretation mit heran. Trotzdem klingen die Aufnahmen an vielen Stellen tänzerisch leicht, leuchtet die Melancholie in transparenten, berührenden und manchmal sogar schillernden Klangfarben. Doch vorherrschendes Merkmal ist die Intensität dieser spürbaren individuellen Einspielung – selbst in den ruhigen, lyrischen Momenten der Musik.
Jörg Konrad

Piano Conclave (8):
Ludwig van Beethoven
„Klaviersonaten Opp. 10, 13, 27, 53, 79, 101“
Moritz Winkelmann, Klavier
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Autor: Siehe Artikel
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