Zurück zu den neuesten Artikeln...
13. Throbbing Gristle „TGCD 1“ & „The Third Mind Movements“
14. Susanna „Meditations On Love“
15. David Orlowsky „Petrichor“
16. Vor 40 Jahren: Manuel Göttsching „E2 – E4“
17. Aroof Aftab „Night Reign“
18. Johannes Motschmann „AION“
Dienstag 27.08.2024
Throbbing Gristle „TGCD 1“ & „The Third Mind Movements“
Bilder
Bilder
Sie gehören zu jenen Außenseitern in der Kunst, die ganze Bewegungen losgetreten haben. Anerkennung auf breiter Ebene gab es hierfür nicht. Doch etwas Nachruhm ist ihnen geblieben. Denn Punk würde ohne sie anders klingen. Industrial würde es wahrscheinlich ohne TG gar nicht geben. Wie kaum eine andere Band beeinflusst das nordenglische Quartett die Subkultur seit Mitte der 1970er Jahre – bis heute.
Ihre Geschichte liest sich wie ein wütender Abenteuerroman. Randvoll mit Skandalen, stetig provozierend, dabei durchgehend zwischen abstrakter Kunst und angewandtem Pop chargierend.
1975 ging die britische Band aus der radikalen Performance Truppe COUM Transmissions hervor, einer Gruppe von Sonderlingen, die mit verstörend-schockierenden Projekten in den Bereichen Musik, Film und Aktionskunst. Ihnen ging es darum, ästhetische Konventionen in der Kunst zu sprengen.
Throbbing Gristle, gegründet als Quartett in der nordenglischen Industriegegend von den beiden „Nichtmusikern“ Cosey Fanni Tutti und Genesis P-Orridge, brachten Anfangs ihre Kunst nur auf Kassette heraus. Ihr Anliegen war es, Klang, Lärm, Rhythmen und die dunkle Seite der menschlichen Existenz miteinander in Beziehung zu setzten. Texte und Sounds sollten aus den üblichen Parametern der Pop- und Rockmusik befreit werden. Eine Art radikale Gegenkultur also.
Seit einigen Jahren wird nun der Gesamtkatalog der Band, deren Geschichte immer wieder von Trennungsphasen begleitet war, bei Mute neuveröffentlicht.
„TGCD 1“ beinhaltet durchweg Studio-Tracks, die die Band 1979 im eigenen Studio aufgenommen haben. Auf CD war „TGCD 1“ 25 Jahre vergriffen und ist jetzt zum ersten Mal überhaupt auf Vinyl erschienen. Die düstere Charakteristik der Throbbing Gristle-Aufnahmen kommt hier sehr deutlich zur Geltung. Es sind schleppende, schleifende Industrie-Grooves, ausschweifende Gitarrenkakaphonien, verfremdete elektronische Schwingungen und als diese kaum erkennbare menschliche Stimmen. Schlicht: Ein Potpourri humaner Düsternis.
„The Third Mind Movements“, aufgenommen im Juni 2007, klingt weitaus geordneter, obwohl die Band natürlich auch hier Klänge verfremdet, Samples zerhackt und mit allen möglichen Klang- und Soundansprüchen des Musikbusiness bricht.
Beide Alben zusammen sind so etwas wie ein kulturhistorischer Rückblick auf eine Band, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, alles bestehende in Frage zu stellen, um letztendlich Platz zumachen, für völlig neue Ausdrucksmöglichkeiten innerhalb des Pop. Dafür ist eine gewisse Destruktivität notwendig, ohne die ein sich deutliches Lösen von verstaubten Konventionen einfach nicht möglich wäre.
Viktor Brauer

Throbbing Gristle
„TGCD 1“ & „The Third Mind Movements“
Mute
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Montag 26.08.2024
Susanna „Meditations On Love“
Bilder
Dem Status des Geheimtipps ist sie mittlerweile längst entwachsen. Susanna (Wallumrod) arbeitet seit mehr als zwei Jahrzehnten intensiv an ihrer Musik, ist stilistisch mit vielen Wassern gewaschen und hat bisher fast zwei Dutzend Alben veröffentlicht. Vielleicht ist es ja gerade ihre Vielseitigkeit, ihr musikalisch universeller Anspruch, der es nicht leicht macht sie einzuordnen. Denn das, was sie schreibt und spielt und veröffentlicht, wie sie Kollegen covert (Leonard Cohen, Neil Young, Joni Mitchell, Tom Waits) und ihre Stücke instrumentalsiert wie arrangiert, das ist originell und anspruchsvoll.
Das neue Album der norwegischen Komponistin, Sängerin und Pianistin besteht ausschließlich aus eigenen Stücken. Sie hat sich für die Arbeit an „Meditations On Love“ den finnisch-norwegischen Produzenten und Musiker Juhani Silvola ins Studio geholt, um noch deutlicher die Zwischenräume von Pop, Folk, experimenteller Musik und Klassik auszuloten. „Ich wollte meine Songs und meine Musik mit dieser Platte in ein neues Umfeld bringen“, beschreibt sie den Entstehungs- und Aufnahmeprozess von „Meditaions On Love“. Zehn Songs, die zwischen Kunst- und Gebrauchsmusik changieren, die die Balladenkunst feiern, aber auch diese Susanna-typischen dunkel-barocken Klänge zum Ausdruck bringen.
Die in Kongsberg, Südnorwegen geborene Susanna zelebriert ihre von entrückter Schönheit geprägte Musik förmlich, findet berührende Klänge und Sounds, entwickelt mit ihren verschworenen Mitmusikern magische Klangteppiche von versunkener Poesie. Eine gewisse Zartheit dominiert die Aufnahme und trotzdem spürt man auch diese Dekonstruktionen der Insdustrial-Sparte. Ihre Stimme vermittelt inbrünstig etwas Sehnsuchtstrunkenes, das mit minimalen Mustern zeitlos Intimes kreiert. Musik als sanftmütige Beschwörungsformel.
Jörg Konrad

Susanna
„Meditaions On Love“
SusannaSonata
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Freitag 23.08.2024
David Orlowsky „Petrichor“
Bilder
In der schlanken Klarinette, diesem zylindrischen Holzblasinstrument, steckt ein ganzer musikalischer Kosmos – wie in fast jedem Instrument. Die Kunst ist es, eine Person zu finden, die dieses Universum an Tönen und Stimmungen aus dem Instrument herausholt, es zum Klingen, möglichst zum Jubilieren bringt und im besten Fall so, dass andere Menschen sich von dieser Kunst berührt und angeregt fühlen. Der aus Tübingen stammende David Orlowsky hat sich schon in jugendlichen Jahren diesem Instrument verschrieben, vertiefte in Essen und New York sein Wissen und Können an der Klarinette, hat bedeutende Lehrer gesucht und keinen geringeren als Giora Feidman als Mentor gefunden.
Seit er sechzehn ist tourt David Orlwosky mit eigener Band und in unterschiedlichen Besetzungen kreuz und quer durch die Welt. Sein musikalisch sehnlichster Wunsch dabei: Die Schönheit der Musik zu vermitteln, die Geringfügigkeit von Unterschieden zwischen Klassik und Klezmer herauszustellen und die Menschen an seiner ganz persönlichen Freude, die ihm das Spielen bereitet, teilhaben zu lassen.
Mittlerweile ist Orlowsky mit den Berliner Philharmonikern, dem Concertgebouw Orchestra und dem Netherland Radio Symphony Orchestra aufgetreten. Als Solist stand er auf der Bühne der New Yorker Carnegie Hall, spielte mit Martha Argerich Schubert und dem Danish String Quartet Brahms.
Als Exklusivkünstler hat er in den zurückliegenden Jahren acht Alben für Sony Classical und Warner Classical aufgenommen, von denen vier mit dem ECHO/OPUS Klassik-Preis ausgezeichnet wurden. „Petrichor“ ist David Orlowskys neustes Werk. Eingespielt mit seinem derzeitigen Trio, zu dem der Gitarrist Daniel Stelter und der Schlagzeuger Tommy Baldu gehören.
Von Orlowsky stammen auf „Petrichor“ zehn der elf Kompositionen. Sie alle sind von ihm auf der Insel Lanzarote geschrieben, auf die er sich einige Wochen dafür zurückgezogen hat. Dabei liegt es beinahe auf der Hand, dass sich der mit einem ausgeprägten synästhetischen Empfinden befähigte Klarinettist intensiv mit Gerüchen beschäftigt. Alle Menschen wissen um die Erinnerungsmacht olfaktorischer Sinneseindrücke. Liegt hier die Reizschwelle höher, sind dementsprechend auch die persönliche Sensibilität und damit die Fantasiemöglichkeiten desjenigen gesteigert. Orlowsky spricht bei seiner Musik in diesem Zusammenhang sehr bewusst von Duftnoten, Klangfarben und Farbtönen, mit denen er arbeitet und die jeweils mit bestimmten Sinneseindrücken korrespondieren.
Zugleich könnte man „Petrichor“ auch als eine Übersetzungsarbeit bezeichnen. Denn Orlowsky macht akustisch deutlich, wie sich für ihn Gerüche anhören. Im Titelsong geht es um den Geruch von Regen, der nach einer Zeit der Trockenheit erstmals wieder fällt. Der Geruch von Lissabon („...bei Lisboa denke ich an einen bestimmten Platz in Lissabon, an dem ich oft saß. Es gab eine Bäckerei und ein Fischrestaurant und je nach Windrichtung änderte sich das Aroma...“), oder der von Tankstellen („...bei Gasoline geht es um diesen typischen Tankstellengeruch. Er heißt für mich Freiheit mit einer Prise Gefahr...“). In „Circus“ stammen die Assoziationen aus der Kindheit und dem Wunsch, mit einem Zirkus auf Reisen zu gehen, in „Marrakesh“ sind es die Sinneseindrücke eines nächtlichen Autostopps in einer der vier Königsstädte Marokkos und deren ganz speziellen Gerüchen.
Orlowsky findet einen eher ruhigen, unaufgeregten musikalischen Zugang zu seinen Erinnerungen. Die Dynamik des Miteinanders lebt wenig von temperamentvollen Ausbrüchen oder virtuosen Motiven. Es sind mehr in sich ruhende, melodisch beschwingte Glückszustände, die dem ganzen Album einen leidenschaftlichen Hauch von Sehnsucht geben.
Jörg Konrad

David Orlowsky
„Petrichor“
Warner
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Dienstag 20.08.2024
Vor 40 Jahren: Manuel Göttsching „E2 – E4“
Bilder
Er ist einer der häufigsten Eröffnungzüge im Schach - weltweit: Bauer von E2 nach E4. Manuel Göttsching, 1952 in Berlin geborener Gitarrist, war bekennender Schachspieler und gehörte Ende der 1960er Jahre zur Gründungsgeneration der sogenannten Berliner Schule für elektronische Musik. Aus dieser Bewegung gingen zum Beispiel Klaus Schulze, Edgar Froese und Tangerine Dream oder auch Hans-Joachim Roedelius und Cluster hervor.
Manuel Göttsching eroberte 1970 mit Ashra Tempel die Szene. Die Band, am Anfang als Trio unterwegs, spielte Instrumentalstücke, die zeitweise strukturlosen Psychedelic-Orgien ähnelten, aber auch mit magisch-schwebenden Atmosphären im Ambient-Sound zu beeindrucken verstanden. Improvisierte Rockfiguren, Funkfragmente, elektronisches Hintergrundrauschen und Trommelexzesse bildeten die Kontraste dieser Musik.
Zwischen einer der vielen Tourneen, die Göttsching teilweise auch Solo unternahm, begann der Gitarrist 1981 auf der Basis von nur zwei Akkorden zu improvisieren. Es sollte eine fast 60-minütige Endlosschleife entstehen, die der Musiker aufgrund der technischen Möglichkeiten mit Harmonien unterfütterte und mit Rhythmen überlagerte, so dass im Laufe des Fortschreitens der Aufnahme ein tachycard pulsierender und sich dabei ständig verändernder Fluss von winzigen Klang-Details entstand. Kleine, überlagerte Variationen, die als Ganzes eine enorme Wirkung entfalten sollten.
Eine Aufnahme mit Improvisationscharakter mit über einem Dutzend elektronischer Instrumente eingespielt: ARP Odyssey, ARP Sequencer, AKG BX-5, Dynacord DRS-78, Dynacord TAM-19, EKO Computerhythm, EMS Synthi A, Farfisa Syntorchestra, Korg Polysix, Moog Minimoog, Pearl Syncussion, Publison DHM-89B2 und Sequential Circuits Prophet-10.
Es entstehen regelrecht hypnotische Effekte, deren Harmonien faszinieren und denen man sich in ihrer Wirkung nur schwer entziehen kann. Alles entwickelt sich weitab jedweder Monotonie, nimmt ständig neue Anläufe, wiederholt und ergänzt sich, wird verdichtet, baut gegenläufige Strukturen auf - und hält doch immer die Balance. Ein hypnotisches Stück mit Minimal-Charakter, wie ihn einst La Monte Young lehrte.
Im letzten Drittel der Aufnahme kommt Manuel Göttsching der Gitarrist zum Zuge. Er entwickelt über diesen sprudelnden und gärenden Rhtyhmus-Wogen ein Gitarrensoli von beeindruckender Dramaturgie. Mit ihm füllt er kleine Unebenheiten, er zitiert Blues-Phrasen, schlägt Funk-Akkorde und verfeinert so noch einmal den musikalischen Kontex – ohne dass sich die gut 59 Minuten tatsächlich ändern.
Als das Stück, dass Göttsching spontan „E2-E4“ nannte, fertig war, hatte der Gitarrist kein Plattenlabel, um die Aufnahme zu veröffentlichen. Die Bänder landeten im Archiv. Drei Jahre später gründete Klaus Schulze sein Label INTEAM und fragte bei Göttsching nach, ob er noch die Bänder dieses Solostückes besäße – er würde es gern herausbringen. So erschien „E2-E4“ 1984 als limitierte Pressung von 1000 Exemplaren, die sich nur schwer verkauften.
Erst ein Jahrzehnt später wurde der englische BBC-DJ John Peel und einige amerikanische Techno- und House-Produzenten Djs auf dieses Stück aufmerksam. „E2-E4“ wurde zu einem Underground-Hit, für Housetracks ungezählte Male gesampelt. Es gibt Remixe von Moritz von Oswald und Mark Ernestus, Mad Professor und Aufführungen mit dem Contemporary Music Ensemble Zeitkratzer.
Manuel Göttsching präsentierte „E2-E4“ im Sommer 2006 erstmals Live - in Japan. Vier Monate später spielte er es anlässlich des 25. Jubiläums der Einspielung im Berliner Technoclub Berghain.
Jörg Konrad

Manuel Göttsching
„E2 – E4“
MG.ART
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Montag 19.08.2024
Aroof Aftab „Night Reign“
Bilder
Aroof Aftabs Alben verzaubern. Mit ihrer dunklen, transzendentalen Altstimme, die ihre Kunst bestimmt, schafft sie berührende Schneisen in einer Welt, die von Kontroversen, Polemik und Differenzen geprägt ist. Sie rüttelt auf mit sanften Tönen, die die Welt unter der Oberfläche beschreibt, setzt auf lautmalerische Spiritualität, die sich jedem Mainstream triumphierend entzieht.
Vor zwei Jahren erhielt die Pakistani einen Grammy und man darf zu recht behaupten: Nur selten wurde diese Auszeichnung passender vergeben. Ihre musikalische Positionierung zwischen Pop, Folk, Jazz und Minimal Music ist einzigartig. Hinzu kommt eine unglaublich sparsame, wie transparente Instrumentierung, die der Musik eine zusätzlich exotische Note verleiht. Aftab klingt in der Begleitung von so überragenden Solistinnen und Solisten wie Linda May Han, Shahzad Ismaily, Petros Klampanis am Bass, den Pianisten Vijay Iyer und Elvis Costello oder dem Trommler Jamey Haddad in sich ruhend, trotzdem aber auch leichtfüßig und stets verbindlich. Melancholischen Beschwörungsformeln ähnlich bewegt sich die Sängerin in einem Zwischenreich von lasziver Coolness und traditionellen Sprachmelodien.
Aftab singt hauptsächlich in Urdu, einer indoarischen Sprache und vertont auf „Night Reign“ mehrere Texte der indischen Poetin, Kurtisane und Philanthropin Mah Laqa Bai (1768 – 1824) und dem persischen Sufi-Mystiker Jalal al-Din Muhammad Rumi (1207-1273). Gleichzeitig gibt es auf dem Album auch eine Interpretation des Standards „Autumn Leaves“ von Joseph Kosma und Jacques Prévert. Ungezählte Male ist dieser Evergreen schon interpretiert worden. Doch Aftabs Fassung sprengt in ihrer Sparsamkeit und percussiven Instrumentierung alle bisherigen Fassungen. Vielleicht eine der schönsten Versionen überhaupt. Beschwörende Klänge in einer diffusen Welt auf einem Album der Hoffnung.
Jörg Konrad

Aroof Aftab
„Night Reign“
Verve
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Freitag 16.08.2024
Johannes Motschmann „AION“
Bilder
Sie ist der Schrecken der Musikbranche – oder sagen wir besser aller Komponisten. Aller? Johannes Motschmann, in Berlin lebender Pianist, Elektronik-Produzent und Komponist, hat ein vom Ensemble Modern in Auftrag gegebenes Musikstück für großes Orchester, Live-Elektronik und künstliche Intelligenz geschrieben. Auch, weil für Motschmann KI eine Möglichkeit zur Wissenserweiterung ist, die den Komponisten wie ein kreatives Werkzeug unterstützen kann. Herausgekommen ist die Aufnahme AION, im letzten Jahr in Bielefeld vom Ensemble Modern unter der Leitung von Peter Tilling aufgeführt und jetzt auf CD erschienen.
Eine der wichtigsten Fragen für Motschmann hierbei lautete: Mit welcher Software sollte er arbeiten. Da es diese für ein derartiges Projekt nicht gab, entwickelte der Komponist in Zusammenarbeit mit dem SWR Experimentalstudio in Freiburg und mit Thomas Hummel, ebenfalls Komponist und Musikinformatiker, zwischen 2018 und 2020 ein solches Programm. Grundlage hierfür war das „Übersetzen“ der Kompositionsmethoden Motschmanns in Algorithmen.
Das besondere an dieser Arbeit sollte sein, nicht wie bei schon existierender Software, die verarbeiteten Daten zeitversetzt einzusetzen, sondern Töne möglichst in Echtzeit entstehen zu lassen, die mit den Live-Instrumentalstimmen agieren.
„Eine Besonderheit von AION ist, dass alle Teile per se keinen Anfang und kein Ende haben, also theoretisch ewig weiterfließen könnten“, schreibt Motschmann. „Das griechische Wort aion steht für Ewigkeit.“
Der Komponist betont in diesem Zusammenhang, dass es ihm in diesem Prozess immer darum gehen wird, dass die musikalischen Entscheidungen stets von Menschen getroffen werden sollten.
Insofern ist „AION“ ein spannender Versuch, mit KI vom Komponisten selbst kreativ umzugehen und somit neue Möglichkeiten und Stimmen in der Entstehung von Musik zu entwickeln und einzusetzen.
AION gerät in der Bielefelder Interpretation sehr lebendig, mit warmen als auch ungemein temperamentvollen Phasen. Die Musik ist somit abwechslungsreich, changiert zwischen surrealem Puls und labyrinthischer Sogkraft. Eingängige Sequenzen wechseln mit geheimnisvollen Klangräumen, geballte Geräuschkonstellationen mit leichtfüßigen Klaviermotiven. Ein herausforderndes Klangabenteuer insgesamt.
Jörg Konrad

Johannes Motschmann
„AION“
Berlin Classics
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
© 2024 kultkomplott.de | Impressum
Nutzungsbedingungen & Datenschutzerklärung
KultKomplott versteht sich als ein unabhängiges, kulturelle Strömungen aufnehmendes und reflektierendes Portal.