Haben Sie einen Artikel verpasst? Dann klicken Sie hier. Im Archiv finden Sie auch ältere Veröffentlichungen.
1. THE BEAST
2. MEMORY
3. SAMIA
4. TREASURE – FAMILIE IST EIN FREMDES LAND
5. WALDSINFONIE
6. SLEEPING DOG – MANCHE LÜGEN STERBEN NIE
Donnerstag 03.10.2024
THE BEAST
Ab 10. Oktober 2024 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
Im Jahr 2044 haben Emotionen in einer von der KI-kontrollierten Gesellschaft keinen Platz mehr. Gefühle sind zu überflüssigen Hindernissen geworden, die die Produktivität beeinträchtigen. Gabrielle (Léa Seydoux) kann sich von ihren Ängsten nicht befreien und ist gezwungen, sich ihre DNA von der KI „reinigen“ zu lassen. Dieser Prozess schickt sie auf eine Reise durch ihre vergangenen Leben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist Gabrielle Konzertpianistin in Paris, in den 2010er Jahren lebt sie als Fotomodel in Los Angeles, immer trifft sie auf Louis (George MacKay), der mit ihr verbunden zu sein scheint. In den unterschiedlichen Inkarnationen und Epochen erzählt die Begegnung von Gabrielle und Louis von großen Gefühlen und der Schwierigkeit, diese auch leben zu können.
Bertrand Bonello (HAUS DER SÜNDE, NOCTURAMA) zeigt in seinem durch die Jahrhunderte reisenden Epos, wie Angst, Liebe und Einsamkeit in Relation zu einander stehen und wie sie sich in unterschiedlichen Gesellschaften manifestieren. Mit Léa Seydoux (DUNE 2, BLAU IST EINE WARME FARBE) und George MacKay (1917, PRIDE, FEMME) in den Hauptrollen ist THE BEAST eine komplexe, unheimliche und an David Lynch erinnernde Thriller-Adaption einer Kurzgeschichte von Henry James.

Ein Film von Bertrand Bonello
Mit Léa Seydoux, George MacKay, Kelly Guslagie Malanda u.a.



INTERVIEW MIT DEM REGISSEUR

Das Interview führte Emmanuel Burdeau

Womit würden Sie beginnen, wenn Sie uns etwas über THE BEAST erzählen?
In der Gegenwart des Films. Mit dem Jahr 2044. Der Film ist eine Quasi-Dystopie. Ich sage quasi-dystopisch, weil ich den Eindruck habe, dass wir den Beobachtungen, die er macht, Tag für Tag näher kommen. Ich wollte, dass die Zukunft so nah erscheint, dass die Zuschauer sie sich vorstellen können. Dass sie sie fast anfassen und sich in sie hineinversetzen können. Der Film lässt sich sehr einfach zusammenfassen. In einer Zeit, in der die künstliche Intelligenz alle Probleme der Menschheit gelöst hat, indem sie die Macht übernommen hat, muss eine intelligente Frau die Wahl treffen, entweder einen interessanten Job zu finden oder ihre Zuneigung zu behalten. Und möglicherweise die Liebe ihrer Träume. Um ihre Gefühle loszuwerden, muss sie in ihre vergangenen Leben zurückkehren, um die alten Traumata zu bereinigen, die ihr Unterbewusstsein
kontaminieren. Dabei stößt sie auf eine lebens- und epochenübergreifende Liebesgeschichte, die ihr die Entscheidung nicht erleichtert. Arbeit oder Gefühle... Es ist ein quälendes Dilemma, auf das wir in einer immer stärker kontrollierten Gesellschaft zusteuern, in der sich die zunehmende Abwesenheit der Verborgenheit mit einer Abwesenheit von Freiheit reimt, aber eines, das mir erlaubt, eine Erzählung und eine Reflexion über eine Geschichte der Gefühle zu erzählen. Da die Gegenwart des Films trotz - oder gerade wegen - der Abwesenheit von Problemen fast unerträglich geworden ist, wird die Vergangenheit zum Zufluchtsort.

Der Film ist sehr aktuell in Bezug auf dieses Thema. In letzter Zeit gab es viele Artikel über die Angst vor der Entwicklung der künstlichen Intelligenz. Ihre Gefahren für die Ethik, für die Moral, für eine erschreckende Veränderung der Welt.
Ja, ich hätte nicht gedacht, als ich den Film schrieb, dass das alles so rasch geschehen würde. Vielleicht ist das von mir gewählte Datum 2044 sogar schon zu weit weg! Dies ist natürlich der politischste Aspekt des Films. Wenn ich sehe, dass Professor Geoffrey Hinton, ein KI-Pionier, sagt, er bedauere seine Erfindung und dass er ein Monster geschaffen habe... Ich zitiere: „Zukünftige Versionen dieser Technologie könnten eine Gefahr für die Menschheit darstellen.“ Das sagt auch der Film, allerdings auf andere Art und Weise, mit einer anderen Prämisse. Die Katastrophe ist, dass es keine Katastrophen mehr gibt. Es ist eine Bewegung hin zum Verschwinden des Individuums und der Singularität. Wenn
wir die Angst verschwinden lassen, verschwindet auch das Gefühl, am Leben zu sein. Ja, der Film hat eine gewisse Kälte und Einsamkeit im Jahr 2044, aber er scheint mir der Realität so nahe wie möglich zu sein.

Es ist das erste Mal, dass Sie im Science-Fiction-Bereich arbeiten. Wie sind Sie dabei vorgegangen, und auf welche besonderen Schwierigkeiten sind Sie gestoßen?
Das war umso schwieriger, als ich weder als Zuschauer noch als Leser ein Spezialist in diesem Genre bin. Aber ich hatte ein paar solide Anhaltspunkte. Ich wollte, dass diese Dystopie in der nahen Zukunft angesiedelt ist. Visuell wollte ich die beiden Hauptrichtungen vermeiden, nämlich entweder den Ultra-Technologismus, der zwar beeindrucken mag, aber oft zum Veralten verurteilt ist, oder eine postapokalyptische Vision, in der alles nur noch aus Ruinen besteht.
Ich zog es vor, durch Subtraktion vorzugehen, durch das Entfernen von Dingen. Indem ich Teile der Sets ausradiere, indem ich die Stadt entleere, indem ich die Geräuschkulisse mehr verändere als die Architektur, indem ich Tiere nach Paris setze, indem ich soziale Netzwerke oder das Internet eliminiere. Indem man die Beziehungen zwischen den Menschen eher entkörperlicht als virtuell macht.
Es gibt keinen extravaganten Futurismus. Die Entwicklung der Welt ist viel verhaltensorientierter und ideologischer. Es ist eine Welt, die von einer neuen Gelassenheit erfüllt ist, die zwar an der Oberfläche beruhigend wirkt, aber in Wirklichkeit furchterregend ist. Eine Science-Fiction-Geschichte basiert immer auf einer Prämisse, und um diese dem Zuschauer zu verdeutlichen, muss sie sehr früh und sehr direkt dargelegt werden. Aus diesem Grund wird die Szene, in der Gabrielles Figur an einer Art Vorstellungsgespräch teilnimmt und Fragen beantwortet, die von einer Voice-over-Stimme (die des Filmemachers und Koproduzenten Xavier Dolan) gestellt werden, sehr früh eingeführt.

Können Sie uns etwas über das erzählen, was Sie eine „Geschichte der Gefühle“ nennen?
Man könnte sagen, dass 1910 die Gefühle zum Ausdruck kamen. Im Jahr 2014 werden sie unterdrückt. Im Jahr 2044 werden sie verdrängt. Der Film macht sich einen bestimmten Code des Melodrams zu eigen, nämlich das Scheitern der Liebe. Im Jahr 1910 scheitern die beiden Figuren, weil Gabrielle nicht nachgeben will. Sie hat Angst vor der Liebe, und sie sterben dafür. Sie lehnt ihn ab, und ein Jahrhundert später, im Jahr 2014, ist Louis von dem Gedanken besessen, dass ihn noch nie eine Frau geliebt hat. Es ist, als ob dieselbe Figur hundert Jahre später wiedergefunden wird, ohne dass er es weiß. Er verwandelt dieses Scheitern in den Wunsch zu töten, weil die Zeit und die USA diese Art von Charakter hervorbringen. Aber in Wirklichkeit geht es um Angst, und das ist es, was sie in ihm wahrnimmt. Gabrielle sieht ihn vor allem als ein verlorenes Kind. Deshalb ist sie auch bereit, ihm die Tür zu öffnen, wenn er sich weigert, einzutreten... Sie sieht etwas in ihm, was er nicht sieht, so wie er ein Jahrhundert zuvor etwas in ihr sah, was sie nicht sah. Sie hofft, etwas in ihm zu retten. Aber dieses Mal ist er es, der nicht nachgibt. Sie sterben wieder. Im Jahr 2044 erkennt sie, dass die Angst, die sie immer gespürt hat, nichts anderes ist als die Angst vor der Liebe. Aber es ist zu spät. Für Gabrielle schafft die Erfahrung der Säuberung neue Erinnerungen. Daher kann sie im Jahr 2044 mit all den Erinnerungen, die sie durchlebt hat, handeln. Bei Louis bewirkt die Erfahrung eine emotionale Amnesie. Er setzt allem ein Ende.

THE BEAST basiert auf der berühmten Kurzgeschichte DAS TIER IM DSCHUNGEL von Henry James, die bereits für die Bühne und die Leinwand adaptiert wurde. Was hat Sie dazu bewegt, diese Novelle zu adaptieren?
Ich wollte einen romantischen Film machen, ein Melodram, und das brachte mich zurück zu dieser Kurzgeschichte, die ich schon mehrmals gelesen hatte. Ich konnte keine bessere Grundlage finden, etwas Berührenderes, Herzzerreißenderes, Wahrhaftigeres über die menschliche Seele.

Ihr Film sprengt nicht nur den Rahmen der Novelle, er kehrt auch deren Ausgangsdaten um: In Ihrem Film ist es die weibliche Figur, nicht die männliche, die spürt, dass eines Tages etwas Großes und zugleich Schreckliches in ihrem Leben geschehen wird.
DAS TIER IM DSCHUNGEL ist ein Text, der mich schon seit langem beschäftigt. Aber ich habe nur das Argument der versteckten Bestie, der Angst vor der Liebe, übernommen. THE BEAST ist eine mehr als freie Adaption... Die meisten Dialoge in der langen Ballsaal-Szene am Anfang stammen von James. Ich finde, das sind wunderbare Sätze. Der Film löst sich dann von der Novelle und entfaltet sich in drei verschiedenen Zeiträumen: 1910, 2014 und 2044. Jede von den Jahren hat
eine eigene Dynamik, einen eigenen Einsatz, einen eigenen Horror, eine eigene Gefühlslandschaft, und zusammen bilden sie eine einzige Liebesgeschichte, die von einer Beziehung zur Erinnerung durchzogen ist, und das alles vor dem Hintergrund einer permanenten Katastrophe. Jedes Mal ist die persönliche Katastrophe mit einer allgemeinen verbunden: die Überschwemmung von Paris im Jahr 1910, eine Art verhaltensbedingte Amnesie in Verbindung mit sozialen Netzwerken und dem Internet im Jahr 2014 und die noch schlimmere Katastrophe einer Welt ohne Katastrophen im Jahr 2044.

Warum diese drei Jahre, 1910, 2014 und 2044?
1910 ist ein wenig später als das Jahr, in dem die Geschichte spielt: Ich habe es wegen der historischen Überschwemmung in Paris in diesem Jahr gewählt. Außerdem ist es noch eine strahlende Zeit vor dem Zusammenbruch, der ein paar Jahre später kommt. Wir haben diesen Teil auf 35 mm gedreht. Nicht aus Nostalgie, sondern um ihm einen weicheren, sinnlicheren Charakter zu verleihen. Etwas, von dem die anderen Epochen offensichtlich weniger haben.
Wenn 2014 ein bisschen früher ist als heute, dann liegt das daran, dass die Figur von Louis von einem Serienmörder inspiriert wurde, den es tatsächlich gab. Die Texte in den Videos sind wirklich aus dem Jahr 2014. Louis ist ein reines Produkt des damaligen Amerikas. Los Angeles ist in diesem Film praktisch auf ein schreckliches Haus, einen Nachtclub und einen Computerbildschirm beschränkt. Eine Monsterstadt, die als mentale Box mit all ihren Neurosen, ihrem Wahnsinn und ihren Sehnsüchten dargestellt wird. In diesem Minimalismus liegt eine Herausforderung für die Regie, die darin besteht, eine erschreckende Welt zu vermitteln, die sich uns entzieht, indem man einer Figur Angst einflößt.
Was das Jahr 2044 betrifft, so ist das morgen. Ich wollte, dass die Erkenntnisse der vergangenen Katastrophen uns direkt betreffen. Und das ist jeden Tag mehr und mehr der Fall. Auch in unserem Verhältnis zu den Effekten. Effekte werden zunehmend missbraucht. Über die Figuren hinaus finden sich in allen Teilen Motive, die sich weiterentwickeln. Wahrsagerei, Puppen, Tauben...

Können Sie etwas über das Manifest von Elliot Rogers sagen und warum Sie sich entschieden haben, eine Figur mit einer so ähnlichen Denkweise in den Film aufzunehmen?
Ich entdeckte die Videos von Elliot Rogers im Jahr 2014 und war sehr beeindruckt vom Ton seiner Stimme, seiner Sanftheit, seiner Ruhe. Ich fand das sogar noch unheimlicher. Als ich nach einer Art Umkehrung für eine zeitgenössischere Zeit suchte, sah ich mir diese Videos erneut an und dachte, das könnte ein Ausgangspunkt für eine Figur sein, die ihre Angst vor der Liebe verdrängt und
sie in einen Hass auf Frauen verwandelt.

THE BEAST ist einfach und komplex zugleich.
Es mag in seiner Struktur komplex erscheinen, aber die Konzepte sind einfach. Ich denke auch, dass Komplexität eine wunderbare Sache ist, und zwar eine, die tendenziell verschwindet.
Und gleichzeitig habe ich noch nie einen Film gemacht, der so einfach und so direkt in seinen Emotionen ist. Angst, Einsamkeit, Liebe... und das Verhältnis der Figuren zur Liebe. Gabrielle hat zwar ständig Angst, aber sie spürt auch ständig, dass diese Angst für sie wichtig ist. Denn dieses Ungeheuer ist einfach die Angst zu lieben, sich selbst aufzugeben, beschädigt zu werden, den Boden unter den Füßen zu verlieren, am Boden zerstört zu sein... das können wir alle nachempfinden. Und diese Angst durchdringt alle Epochen. Der Film umspannt zwar drei Epochen, drei Welten und sechs Figuren, aber er erzählt eine einzige Geschichte.

Was gefällt Ihnen an der Zusammenarbeit mit Léa Seydoux?
Es ist das dritte Mal, dass wir zusammenarbeiten, aber das erste Mal für eine Hauptfigur. Ich könnte mir keine andere Schauspielerin vorstellen, die die Rolle der Gabrielle über drei Epochen hinweg spielen könnte. Léa Seydoux hat eine zeitlose und eine moderne Seite. Das ist etwas Seltenes. Ihre Schönheit ist in den drei Epochen des Films sehr unterschiedlich. Ich kenne sie schon lange und gut, aber wenn die Kamera auf sie gerichtet ist, weiß man nicht, was sie denkt.
Sie ist ein Rätsel. In ihrer Herangehensweise an die Arbeit ist Léa alles andere als eine akademische Schauspielerin. Sie hat nicht unbedingt das Bedürfnis, gut vorbereitet zu sein oder alles über ihre Figur oder sogar das Drehbuch zu wissen. Man könnte sogar sagen, dass sie eine gewisse Unsicherheit oder Zögerlichkeit praktiziert, aber diese Zögerlichkeit kommt ihr zugute, denn sie erlaubt es ihr, sich leiten zu lassen, sich selbst aufzugeben und die Dinge geschehen zu lassen.
Ein weiterer wichtiger Punkt für mich ist, dass sie eine schöne Stimme hat. Ihre Phrasierung ist großartig, ob auf Französisch oder Englisch. Sie ‚bewohnt‘ die Zeilen und auch die Stille. Aus all diesen und anderen Gründen erinnert sie mich manchmal an Catherine Deneuve. Léa ist in dem Film so oft allein – persönlich, aber auch physisch, in Aufnahmen oder Szenen - dass der Film auch zu einer Art Dokumentarfilm über sie wird. Sie ist sehr allein in Los Angeles, oft vor ihrem Computer. Ganz allein im Jahr 2044, wo alle ihre Interaktionen mit anderen als körperlose Stimmen im Raum dargestellt sind.
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Donnerstag 26.09.2024
MEMORY
Ab 03. Oktober 2024 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
Was als Thriller beginnt, entwickelt sich zu einer zarten Liebesgeschichte mit Happy End. Die New Yorkerin Sylvia (Jessica Chastain) und den Eigenbrötler Saul (Peter Sarsgaard) verbindet eins: die Erinnerung. Während sie versucht, ihre schmerzliche Vergangenheit zu vergessen, kämpft er mit dem beginnenden Verlust seines Gedächtnisses. Ihr Weg kreuzt sich durch eben diese Umstände. Wider jegliche Erwartung, gegen alle Vernunft und Hindernisse finden die beiden zueinander.

Hochkarätig besetzt mit Oscar®-Preisträgerin Jessica Chastain (INTERSTELLAR, ZERO DARK THIRTY, THE HELP) und Peter Sarsgaard (GARDEN STATE, THE BATMAN, KINSEY – DIE WAHRHEIT ÜBER SEX) erzählt Michel Franco in seinem vielschichtigen Liebesfilm, welche Auswirkungen starke oder fehlende Erinnerungen auf menschliche Beziehungen haben können. Seine Weltpremiere feierte MEMORY bei den Filmfestspielen von Venedig (Preis als „Bester Hauptdarsteller“ für Peter Sarsgaard). Auf dem Zurich Film Festival erhielt Jessica Chastain den Golden Icon-Preis.

Ein Film von Michel Franco
Mit Jessica Chastain, Peter Sarsgaard, Merritt Wever u.a.


DIRECTOR’S COMMENT

„Mein Ziel mit MEMORY war es, einen Film über Menschen zu drehen, die aus welchem Grund auch immer durchs Raster der Gesellschaft fallen. Ihre Unfähigkeit – oder ihr Unwillen – sich den Erwartungen konform zu verhalten, ist oft auf Erlebnisse zurückzuführen, die nur in ihren Erinnerungen existieren. Aber manchmal bietet gerade die Marginalisierung diesen Menschen einen Ausweg, um den Schatten der Vergangenheit zu entkommen. Es ist eine Chance, sich ein Leben in der Gegenwart aufzubauen.
In MEMORY stelle ich die Frage, ob man wirklich den Schatten der Vergangenheit entkommen kann.“
Michel Franco



MICHEL FRANCO – Regie

Der Filmemacher wurde 1979 in Mexiko-Stadt geboren. Mit seiner Arbeit hat er einen maßgeblichen Anteil daran, dass das mexikanische Kino auch international wahrgenommen wird. Zu den Filmen, bei denen er für das Drehbuch, die Regie und die Produktion verantwortlich zeichnet, gehören NEW ORDER – DIE NEUE WELTORDNUNG (Silberner Löwe Grand Jury Prize, Filmfest Venedig 2020), CHRONIC (Preis für das „Beste Drehbuch“, Filmfestival Cannes 2015), APRIL’S DAUGHTER (Jury Prize Un Certain Regard, Filmfestival Cannes 2017) und AFTER LUCIA (Hauptpreis Un Certain Regard, Filmfestival Cannes 2012). Franco war Produzent von Gabriel Ripsteins Film 600 MILES (Bester Erstlingsfilm, Berlinale 2015) und Lorenzo Vigas CARACAS, EINE LIEBE (Goldener Löwe, Filmfestival Venedig 2015). Er inszenierte SUNDOWN – GEHEIMNISSE IN ACAPULCO mit Charlotte Gainsbourg und Tim Roth in den Hauptrollen. Der Film feierte 2021 seine Weltpremiere auf dem Filmfestival in Venedig. Mit MEMORY war Franco 2023 wieder in Venedig vertreten. In seinem nächsten Film DREAMS spielt erneut Jessica Chastain die Hauptrolle.

Filmografie (Auswahl):
2023 MEMORY
2021 SUNDOWN – GEHEIMNISSE IN ACAPULCO (SUNDOWN)
2020 NEW ORDER – DIE NEUE WELTORDNUNG (NUEVO ORDEN)
2017 APRIL’S DAUGHTER (LAS HIJAS DE ABRIL)
2015 CHRONIC
2013 THROUGH THE EYES (A LOS OJOS)
2012 AFTER LUCIA (DESPUÉS DE LUCÍA)
2009 DANIEL AND ANA (DANIEL Y ANA)




JESSICA CHASTAIN ist Sylvia

Mit dem Gewinn des Oscars® als beste Hauptdarstellerin für den Film THE EYES OF TAMMY FAYE krönte Jessica Chastain 2022 ihre bisherige Karriere. Die Theater- und Filmschauspielerin wurde für ihre beeindruckenden Leistungen vor der Kamera mehrfach nominiert und ausgezeichnet. Aber auch hinter der Kamera ist die Amerikanerin aktiv und verantwortete als Produzentin einige außergewöhnliche Projekte.

Zu ihren aktuellen Arbeiten zählt ihre von Kritikern hochgelobte Verkörperung der Country Music-Legende Tammy Wynette in der SHOWTIME-Serie „George & Tammy“, Die Miniserie beruht auf dem Buch „The Three of Us: Growing Up with Tammy and George“ von Georgette Jones, der Tochter der Musikerin. Jessica Chastain spielt an der Seite von Michael Shannon als George Jones. Sie erhielt für die Rolle 2023 den Screen Actors Guild Award als „Beste Schauspielerin in einer Miniserie oder TV-Film“ sowie auch Nominierungen für den Golden Globe und den Emmy. Awards Daily schrieb über ihre Darstellung: „Chastain … ist absolut überragend.“ Die Serie wurde von Freckle Films, der Produktionsfirma von Jesscia Chastain produziert.
Ein weiteres Projekt, dass Freckle Films 2023 umsetzte, ist der Film MOTHER’S INSTINCT, in dem Jessica Chastain neben Anne Hathaway eine Hauptrolle übernahm.

Jessica Chastain ist auch immer wieder auf Theaterbühnen aktiv. 2023 kehrte sie nach über 10 Jahren an den New Yorker Broadway zurück und übernahm die Titelrolle in Henrik Ibsens Klassiker „Nora oder Ein Puppenheim“. Für ihre Darstellung erhielt sie eine Nominierung für den Tony als „Beste Hauptdarstellerin in einem Theaterstück“. Bei den Drama Desk Awards gewann sie den Preis als „Beste Hauptdarstellerin“. Chastains Performance begeisterte die Theaterkritiker. So nannte The Guardian sie „die größte Schauspielerin ihrer Generation“ und Time Out schrieb: „Die großartige Chastain hält uns in Atem. Es ist, als würde man sie in Großaufnahme sehen. Sie ist verblüffend präsent. Sie erschüttert das Haus in seinen Grundfesten.“

2022 erhielt Jessica Chastain nicht nur den Oscars® als „Beste Hauptdarstellerin“, THE EYES OF TAMMY FAYE brachten ihr auch den Screen Actors Guild Award und den Critics‘ Choice Award ein.

In ihrem Portfolio finden sich außerdem die Netflix-Serie „The Good Nurse“, die HBO-Serie „Scenes From a Marriage“, der Film THE 355 von Universal und DENEN MAN VERGIBT von Roadside Pictures. Weitere wichtige Filme ihrer Karriere sind MOLLY’S GAME, INTERSTELLAR, TREE OF LIFE und ZERO DARK THIRTY, für den Chastain 2013 als „Beste Darstellerin“ den Critics‘ Choice Award und den Golden Globe gewann sowie für den Academy Award nominiert wurde.

2016 gründete Jesscia Chastain Freckle Films, eine in New York ansässige Film- und TV-Produktionsfirma. Derzeit entwickelt die Firma eine Serie, die auf dem Roman von Alice Feeney „Glaube mir“ basiert, und die Verfilmung von „Institut für gute Mütter“ von Jessamine Chan.

Filmografie Schauspiel (Auswahl):
2024 MOTHER’S INSTINCT (Regie: Benoît Delhomme, mit Anne Hathaway, Josh Charles & Anders Danielsen Lie)
2023 MEMORY (Regie: Michel Franco, mit Peter Sarsgaard, Merritt Wever & Josh Charles)
2023 THE SPACE WITHIN (Serie, mit Ellen Burstyn)
2022-2023 GEORGE & TAMMY (Serie, mit Michael Shannon)
2022 ZEITEN DES UMBRUCHS (Regie: James Gray, mit Anthony Hopkins & Anne Hathaway)
2022 THE 355 (Regie: Simon Kinberg, mit Penélope Cruz, Diane Kruger, Bingbing Fan, Lupita Nyong'o)
2021 THE EYES OF TAMMY FAYE (Regie: Michael Showalter, mit Andrew Garfield)
2021 DENEN MAN VERGIBT (THE FORGIVEN, Regie: John Michael McDonagh, mit Ralph Fiennes)
2020 CODE AVA (AVA, Regie: Tate Taylor, mit John Malkovich & Colin Farrell)
2019 ES KAPITEL 2 (IT CHAPTER 2, Regie: Andy Muschietti, mit James McAvoy)
2019 X-MEN: DARK PHOENIX (Regie: Simon Kinberg, mit James McAvoy, Michael Fassbender & Jennifer Lawrence)
2017 MOLLY'S GAME: ALLES AUF EINE KARTE (MOLLY’S GAME, Regie: Aaron Sorkin, mit Idris Elba & Kevin Costner)
2016 DIE ERFINDUNG DER WAHRHEIT (MISS SLOANE, Regie: John Madden, mit Mark Strong & Gugu Mbatha-Raw)
2015 CRIMSON PEAK (Regie: Guillermo del Toro, mit Mia Wassikowska & Tom Hiddleston)
2015 DER MARSIANER: RETTET MARK WATNEY (THE MARTIAN, Regie: Ridley Scott, mit Matt Damon)
2014 INTERSTELLAR (Regie: Christopher Nolan, mit Matthew McConaughey & Anne Hathaway)
2014 FRÄULEIN JULIE (MISS JULIE, Regie: Liv Ullmann, mit Colin Farrell & Samantha Morton)
2012 ZERO DARK THIRTY (Regie: Kathryn Bigelow, mit Joel Edgerton & Chris Pratt)
2011 THE HELP (Regie: Tate Taylor, mit Viola Davis, Emma Stone & Octavia Spencer)
2011 THE TREE OF LIFE (Regie: Terrence Malick, mit Brad Pitt & Sean Penn)




PETER SARSGAARD ist Saul

Peter Sarsgaards ist als Film- und Theaterschauspieler aktiv. Die Karriere des Amerikaners umfasst einige der bemerkenswertesten Arthouse-Filme der letzten Jahre. Sein Leinwanddebüt gab Sarsgaard in Tim Robbins Drama DEAD MAN WALKING (1995, neben Susan Sarandon und Sean Penn).

Eines seiner jüngsten Projekte ist der Film COUP!, der 2023 seine Premiere auf dem Filmfestival Venedig (Giornate degli Autori) feierte, und die Hulu-Serie „Dopesick“ über Amerikas Kampf gegen die Opioidabhängigkeit, in der Sarsgaard neben Michael Keaton zu sehen ist. Für seine Darstellung wurde Peter Sarsgaard 2022 als „Bester Nebendarsteller in einer Miniserie“ für einen Emmy nominiert. Außerdem übernahm er 2021 eine Rolle im Regiedebüt seiner Ehefrau Maggie Gyllennhaal FRAU IM DUNKELN (THE LOST DAUGHTER) und begab sich 2022 mit Matt Reeves‘ THE BATMAN neben Robert Pattinson ins Blockbuster-Genre. 2021 spielte er in Barry Levinsons THE SURVIVOR zusammen mit Ben Foster und Vicky Krieps.

Peter Sarsgaard war Teil des Casts der CBS-Serie INTERROGATION, von THE LOOMING TOWER für Hulu und der letzten Staffel der AMC-Serie THE KILLING.

Zu seinen weiteren Filmen zählen THE LIE, Pablo Larrains JACKIE: DIE FIRST LADY, in dem er Robert Kennedy spielte, Antoine Fuquas Remake von DIE GLORREICHEN SIEBEN und Scott Coopers BLACK MASS. Sarsgaard ist außerdem in Edward Zwicks BAUERNOPFER – SPIEL DER KÖNIGE zu sehen und in NIGHT MOVES von Kelly Reichardt. Zu seinen von Kritikern hochgelobten Darstellungen gehören die in AN EDUCATION, JARHEAD, BOYS DON’T CRY und SHATTERED GLASS.

Filmografie (Auswahl):
2023 COUP! (Regie: Joseph Schumann, mit Sarah Gadon)
2023 MEMORY (Regie: Michel Franco, mit Jessica Chastain, Merritt Wever & Josh Charles)
2022 THE BATMAN (Regie: Matt Reeves, mit Robert Pattinson, Zoë Kravitz & Jeffrey Wright)
2021 FRAU IM DUNKELN (THE LOST DAUGHTER, Regie: Maggie Gyllenhaal, mit Olivia Colman, Dakota Johnson & Jessie Buckley)
2019 THE SOUND OF SILENCE (Regie: Michael Tyburski, mit Rashida Jones)
2017 LOVING PABLO (Regie: Fernando León de Aranoa, mit Javier Bardem & Penélope Cruz)
2016 DIE GLORREICHEN SIEBEN (THE MAGNIFICENT SEVEN, Regie: Antoine Fuqua, mit Denzel Washington & Ethan Hawke)
2016 JACKIE: DIE FIRST LADY (JACKIE, Regie: Pablo Larraín, mit Nathalie Portman & Greta Gerwig)
2015 BLACK MASS (Regie: Scott Cooper, mit Johnny Depp, Benedict Cumberbatch & Dakota Johnson)
2014 BAUERNOPFER – SPIEL DER KÖNIGE (PAWN SACRIFICE, Regie: Edward Zwick, mit Tobey Maguire, Liev Schreiber)
2013 NIGHT MOVIES (Regie: Kelly Reichardt, mit Jesse Eisenberg & Dakota Fanning)
2013 BLUE JASMINE (Regie: Woody Allen, mit Cate Blanchett & Alec Baldwin)
2010 KNIGHT AND DAY (Regie: James Mangold, mit Tom Cruise & Cameron Diaz)
2009 AN EDUCATION (Regie: Lone Scherfig, mit Carey Mulligan)
2008 ELEGY ODER DIE KUNST ZU LIEBEN (ELEGY, Regie: Isabel Coixet, mit Penélope Cruz, Patricia Clarkson & Ben Kingsley)
2005 JARHEAD – WILLKOMMEN IM DRECK (JARHEAD, Regie: Sam Mendes, mit Jake Gyllenhaal & Jamie Foxx)
2005 FLIGHTPLAN – OHNE JEDE SPUR (FLIGHTPLAN, Regie: Robert Schwentke, mit Jodie Foster & Sean Bean)
2004 KINSEY – DIE WARHEIT ÜBER SEX (KINSEY, Regie: Bill Condon, mit Liam Neeson & Laura Linney)
2004 GARDEN STATE (Regie: Zach Braff, mit Zach Braff & Nathalie Portman)
2003 SHATTERED GLASS (Regie: Billy Ray, mit Hayden Christensen, Chloë Sevigny & Steve Zahn)
2000 THE CELL (Regie: Tarsem Singh, mit Jennifer Lopez & Vincent D’Onofrio)
1999 BOYS DON’T CRY (Regie: Kimberly Peirce, mit Hilary Swank)
1998 DER MANN IN DER EISERNEN MASKE (Regie: Randall Wallace, mit Leonardo DiCaprio, Jeremy Irons, John Malkovich & Gérard Depardieu)
1995 DEAD MAN WALKING (Regie: Tim Robbins, mit Susan Sarandon & Sean Penn)







MERRITT WEVER ist Olivia

Die amerikanische Schauspielerin Merritt Wever begann ihre Karriere in Low Budget-Produktionen, Kurzfilmen und Off-Broadway-Stücken, bevor sie vor allem im Fernsehen Fuß fasste.

Die gebürtige New Yorkerin war nicht nur in den Serien „New Girl“, „Law & Order“ und „Criminal Intent – Verbrechen im Visier“ zu sehen, sondern machte sich einen Namen als Zoey Barkow in „Nurse Jackie“, die sie in sieben Staffeln verkörperte. 2013 erhielt sie dafür einen Emmy. Wever war Teil des Casts von einigen Folgen der Kultserie „The Walking Dead“ und der Netflix-Serie „Godless“, für die sie 2018 erneut mit einem Emmy ausgezeichnet wurde. 2019 veröffentlichte Netflix die Miniserie „Unbelievable“, in der die Schauspielerin neben Toni Collette zu sehen ist. Für diese Rolle erhielt Merritt Wever eine Nominierung für den Golden Globe.

Neben MEMORY zählen viele andere Spielfilme zu Wevers Portfolio, z.B. Noah Baumbachs MARRIAGE STORY an der Seite von Scarlett Johansson und Adam Driver, CHARLY SAYS über den Serienkiller Charles Manson, gespielt von Matt Smith, und Alejandro G. Iñárritus BIRDMAN ODER (DIE UNVERHOFFTE MACHT DER AHNUNGSLOSIGKEIT) mit Michael Keaton und Edward Norton. Weitere Filme mit Merritt Wever sind Noah Baumbachs GREENBERG, Oren Movermans THE MESSENGER – DIE LETZTE NACHRICHT, Sean Penns INTO THE WILD und Tony Gilroys MICHAEL CLAYTON.


Filmografie (Auswahl):
2023 MEMORY (Regie: Michel Franco, mit Jessica Chastain, Peter Sarsgaard & Josh Charles)
2020 RUN (Miniserie, mit Domhnall Gleeson)
2019 MARRIAGE STORY (Regie: Noah Baumbach, mit Scarlett Johansson & Adam Driver)
2018 CHARLY SAYS (Regie: Mary Harron, mit Matt Smith & Hannah Murray)
2017 GODLESS (Miniserie, mit Michelle Dockery)
2015-2016 THE WALKING DEAD (Serie)
2009-2015 NURSE JACKIE (Serie)
2014 BIRDMAN ODER (DIE UNVERHOFFTE MACHT DER AHNUNGSLOSIGKEIT) (BIRDMAN, Regie: Alejandro G. Iñárritu, mit Michael Keaton, Edward Norton, Zach Galifianakis & Emma Stone)
2010 GREENBERG (Regie: Noah Baumbach, mit Ben Stiller, Greta Gerwig & Jennifer Jason Lee)
2009 THE MESSENGER – DIE LETZTE NACHRICHT (THE MESSENGER, Regie: Oren Moverman, mit Ben Foster, Samantha Morton & Woody Harrelson)
2007 INTO THE WILD (Regie: Sean Penn, mit Emile Hirsch)
2007 MICHAEL CLAYTON (Regie: Tony Gilroy, mit George Clooney, Tilda Swinton & Tom Wilkinson)
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Donnerstag 19.09.2024
SAMIA
Ab 19. September 2024 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
Jeden Morgen läuft Samia auf dem Schulweg mit ihrem besten Freund um die Wette – und immer gewinnt sie. Die Neunjährige will unbedingt am jährlichen Stadtlauf von Mogadischu teilnehmen. Doch während ihr Vater sie unterstützt und im Falle eines Sieges echte Turnschuhe verspricht, hält ihre Mutter sie zurück. Frauen ist es untersagt, Sport zu treiben, und die Gefahr, einer Patrouille in die Arme zu laufen, groß. Aber Samia lässt sich nicht aufhalten. Nachts trainiert sie heimlich weiter und läuft beim Stadtlauf vor allen Erwachsenen als Erste ins Ziel. Plötzlich scheint alles möglich und die Sterne zum Greifen nah: Eines Tages will Samia als schnellste Frau Somalias an den Olympischen Spielen teilnehmen.

Ein Film von Yasemin Samdereli in Zusammenarbeit mit Deka Mohamed Osman
Mit Ilham Mohamed Osman, Elmi Rashid Elmi, Riyan Roble u.a.

Nach ihrem Millionenerfolg ALMANYA – WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND erzählt Regisseurin Yasemin ?amdereli die unglaubliche Geschichte der somalischen Leichtathletin Samia
Yusuf Omar, die 2008 an den Olympischen Spielen in Peking teilnahm. Der auf wahren Ereignissen basierende Film nach dem Bestseller „Sag nicht, dass du Angst hast“ ist das berührende Porträt einer starken und lebensfrohen jungen Frau, die gegen alle Widerstände ihren Traum verfolgt.


DIRECTOR’S NOTE

Wie sehr man für etwas brennt, wie sehr man etwas liebt und an etwas glaubt, lässt sich gut daran ablesen, wie lange man bereit ist, dafür zu kämpfen. Was man alles bereit ist, dafür zu tun, zu opfern, um das Projekt in die Tat umzusetzen. SAMIA ist seit acht Jahren mein absolutes Herzensprojekt. An kein Projekt und an keine andere Geschichte habe ich so sehr geglaubt wie an die Lebensgeschichte der somalischen Leichtathletin Samia Yusuf Omar. Für kein Projekt habe ich nach ALMANYA – WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND so sehr gekämpft.
Die Geschichte basiert auf dem Roman „Sag nicht, dass du Angst hast“ von Guiseppe Catozzella, der wiederum durch einen Zeitungsartikel auf das Schicksal dieser bemerkenswerten Somalierin aufmerksam wurde und dann nach langer Recherche und nach langen Gesprächen mit Samias Schwester Hodan den Roman schrieb. Der Roman erzählt Samias Geschichte, die es aus ärmsten Verhältnissen kommend bis zu den Olympischen Spielen nach Peking schaffte. Samia ließ sich nicht von den frauenfeindlichen Verboten und Repressalien der Islamisten aufhalten, die einer Frau nicht einmal das Recht auf Sport zugestehen.
Das Buch gibt nicht nur einen berührenden Einblick in die Familiengeschichte von Samia, sondern schafft es, die großen und grundlegenden Probleme dieser Region eindrucksvoll darzustellen und zu zeigen, warum Menschen aus Afrika fliehen müssen. Warum sie ihre Heimat verlassen und immer wieder die lebensgefährliche Reise über das Mittelmeer riskieren, um in Europa ein neues Leben zu beginnen. Was ihre Hoffnungen sind und warum Europa für viele die letzte Chance bedeutet. Eine Chance auf ein lebenswürdiges Leben. Eine Chance, sich und der eigenen Familie zu helfen. Eine Chance, man selbst sein zu dürfen.
Yasemin Samdereli


IHRE GESCHICHTE BEWEGTE DIE WELT
SAMIA YUSUF OMAR
* 25. März 1991 in Mogadischu, Somalia
† 2. April 2012 im Mittelmeer
Die Ereignisse in SAMIA beruhen auf dem wahren Leben der somalischen Leichtathletin Samia Yusuf Omar, die 1991 in Mogadischu geboren wurde und dort in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs. Trotz widriger Bedingungen in ihrem vom Bürgerkrieg zerrissenen Land trainierte sie mit Begeisterung das Laufen und nahm 2008 als 17-Jährige als einzige somalische Sportlerin an den Olympischen Spielen in Peking teil. Stolz trug sie bei der Eröffnungsfeier die Flagge ihres Landes.
Beim 200-Meter-Lauf schied sie mit einer persönlichen Bestzeit von 32,16 Sekunden im Vorlauf aus, gewann aber die Herzen des Publikums, das sie frenetisch feierte. Ihr Foto ging um die Welt.
Samias großer Traum war die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 in London. Doch in ihrem Land bekam die Athletin keine Unterstützung, erlitt Repressalien und erhielt sogar Todesdrohungen, weil sie ohne Kopftuch lief. In der Hoffnung auf eine bessere und sichere Zukunft in Europa begab sie sich auf die gefährliche Flucht durch den Sudan nach Libyen und danach auf den Seeweg, um die italienische Küste zu erreichen. Am 2. April 2012 erlitt ihr Boot im Kanal von Sizilien nahe Malta Schiffbruch. Samia Yusuf Omar ertrank mit weiteren Geflüchteten im Mittelmeer. Sie wurde nur 21 Jahre alt.


ÜBER DIE DREHARBEITEN

Die Dreharbeiten zu unserem Film waren lang und sehr kompliziert. Wir haben in Kenia, Italien (Apulien und Rom), Tunesien und Deutschland (Berlin) über einen Zeitraum von einem ganzen Jahr gedreht. Die Dreharbeiten starteten im Dezember 2022 und endeten im November 2023. Logistisch und finanziell war das eine unglaubliche Herausforderung. Unser größtes Problem war, dass wir NICHT in Somalia/Mogadischu drehen konnten. Die Sicherheitslage ist leider immer noch so, dass man da nicht drehen kann bzw. darf. Wir haben keine Versicherung bekommen und natürlich wollte niemand sein Leben aufs Spiel setzen, denn leider hat es einen sehr ernsten und traurigen Grund, dass Menschen wie Samia und viele andere aus Somalia fliehen. Sie fliehen, weil sie dort in Lebensgefahr sind und von Terror oder Krieg bedroht sind. Vieles hat sich zwar gebessert, aber es bleibt leider alles unglaublich labil und es gibt immer wieder herbe Rückschläge.
Da wir nicht in Somalia drehen konnten, mussten wir den Ort finden, der die besten Voraussetzungen hat, um „Somalia“ als Filmrealität dort zu erschaffen. Die Hauptdreharbeiten fanden in Kenia, in Malindi statt. Dort hat unsere tolle Szenenbildnerin Paola Bizarri zusammen mit ihrem Team das Haus der Familie Omar gebaut. Allein das hat vier Wochen gedauert und wir hatten mit der Regenzeit zu kämpfen, die 2023 einfach nicht aufhören wollte. Der Regen zog sich gute vier Wochen länger hin als sonst und hat uns einen ziemlichen Strich durch die ohnehin schon sehr dünne Rechnung gemacht. Aber beim Film sind wir ja darauf spezialisiert auf alles zu reagieren. Komme da was wolle.
Stets an meiner Seite war meine großartige Partnerin Deka Osman. Deka war einfach meine bessere, somalische Hälfte. Für die Teammitglieder und Schauspieler, die kein Englisch konnten, war sie die Ansprechpartnerin. Wir saßen zusammen vor der Videocombo und haben nach jedem Take kurz gesprochen. Deka hat sich auf den Dialog konzentriert und geschaut, dass der richtig war, und wenn nicht, dann hat sie mir das mitgeteilt. Wenn etwas im Dialog anders ausgedrückt werden musste oder ein „Versprecher“ drin war. Sie und ihre Mutter Suad Osman waren auch die Sprachexpertinnen, wenn es um den Akzent aus Mogadischu ging. So wie in jedem Land unterscheidet sich der Dialekt je nach Region. Das ist wie mit Bayerisch oder Kölsch. Wir haben versucht, das so authentisch wie möglich zu machen, waren uns aber auch bewusst, dass einige unserer Darsteller nicht ursprünglich aus der Region kommen oder schon lange in der Diaspora leben. Besonders bei den Kindern war uns klar, dass wir da zwar ein Auge drauf haben werden, aber im Prinzip immer das Schauspiel im Vordergrund stand.
Das war ohnehin eine unserer größten Anstrengungen – den Schauspielern so viel Freiheit wie möglich zu lassen und es ihnen zu ermöglichen, dass sie die vielen Familienszenen mit viel Freiheit spielen konnten. Deswegen haben wir auch in diesen Szenen mit zwei Kameras gearbeitet. Unser DOP Florian Berutti war großartig darin, einzuschätzen, wie viel Freiheit er den Darstellern geben konnte. Auch die ganzen Laufaufnahmen haben wir im Vorfeld so vorbereitet und getestet, dass Florian alle dieser Aufnahmen selbst machen konnte. Wir hatten keine Steadycam. Florian hat die Laufaufnahmen alle mit einer kleinen Ronin gedreht. Das System war gerade ganz neu und hat perfekt zu unserem Projekt gepasst.


REGISSEURIN YASEMIN SAMDERELI

Yasemin Samdereli, geboren und aufgewachsen in Dortmund, führte es nach ihrem Abitur direkt an die Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) nach München. Während ihres Studiums wirkte sie u. a. als Regieassistenz bei zwei Internationalen Kinoproduktionen von Jackie Chan mit. Ihr Abschlussfilm, der Kurzfilm „Kismet“, wurde auf vielen renommierten Filmfestivals gezeigt und mit dem Short Tiger Award ausgezeichnet. Nach zwei TV-Produktionen realisierte sie 2011 ihren erfolgreichen Kinoerstling ALMANYA – WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND, der 2011 auf der Berlinale Premiere feierte und zahlreiche Preise erhielt, darunter den Deutschen Filmpreis in Silber für den Besten Film und den Deutschen Filmpreis in Gold für das Beste Drehbuch. Zwei Jahre später drehte ?amdereli ihren ersten Dokumentarfilm DIE NACHT DER NÄCHTE. Beim Bayerischen Filmpreis wurde der Film als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.
Mit ihrem aktuellen Film SAMIA über die somalische Leichtathletin Samia Yusuf Omar verwirklicht Yasemin ?amdereli gemeinsam mit Deka Mohamed Osman ein absolutes Herzensprojekt. Weltpremiere feierte der Film im Juni 2024 auf dem Tribeca Film Festival.

Filmographie:
2024 SAMIA
2018 DIE NACHT DER NÄCHTE
2011 ALMANYA – WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND
2007 ICH CHEF, DU NIX! (TV)
2003 ALLES GETÜRKT! (TV)
1999 KISMET (Kurzfilm)
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Donnerstag 12.09.2024
TREASURE – FAMILIE IST EIN FREMDES LAND
Ab 12. September 2024 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
Kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs reist die New Yorker Musik-Journalistin Ruth Rothwax (LENA DUNHAM) in Begleitung ihres Vaters Edek (STEPHEN FRY) nach Polen, um dem Vermächtnis ihrer jüdischen Familie auf den Grund zu gehen. Für Edek, einen Holocaust-Überlebenden, ist es die erste Reise zurück zu den Orten seiner Kindheit. Während Ruth entschlossen ist, die Traumata ihrer Eltern besser zu verstehen, will der stets vergnügte Edek die Vergangenheit ruhen lassen. So sabotiert er Ruths Pläne und sorgt dabei für mehr als nur eine unfreiwillig komische Situation. In dieser erlebnisreichen Woche decken die beiden alte Familiengeheimnisse auf. Aus ihrer brüchigen Beziehung wächst Liebe und tiefes Verständnis.
Mit der Verfilmung des Schlüsselromans „Zu viele Männer“ von Bestseller-Autorin Lily Brett legt die deutsche Filmemacherin und Drehbuchautorin Julia von Heinz (HANNAS REISE, UND MORGEN DIE GANZE WELT) ihre bislang ambitionierteste Arbeit vor. In den Hauptrollen brillieren die mit der Kult-Serie „Girls“ bekanntgewordene Lena Dunham sowie der gefeierte britische Ausnahmekünstler Stephen Fry („The Dropout“, WILDE). Durch die Auseinandersetzung mit der erschütternden Vergangenheit ihrer Familie, findet das charismatische Vater-Tochter-Duo im Laufe ihrer Reise endlich wieder einen Weg zueinander. Julia von Heinz inszeniert diese bewegende Familiengeschichte feinfühlig und mit warmem Humor.
TREASURE - FAMILIE IST EIN FREMDES LAND, der im Rahmen der diesjährigen 74. Internationalen Filmfestspiele Berlin in der Sektion Berlinale Special GALA seine Welturaufführung feierte, ist der krönende Abschluss ihrer Aftermath-Trilogie, die sich mit den Auswirkungen des Holocaust auf nachfolgende Generationen beschäftigt.

Ein Film von Julia von Heinz
Mit Lena Dunham, Stephen Fry u.a.


„A WALL IS A WALL, A COAT IS A COAT” - Ein Gespräch mit Julia von Heinz

Was ist die Initialzündung für TREASURE - FAMILIE IST EIN FREMDES LAND?
Ich war 16 Jahre alt, als ich erstmals auf die Bücher von Lily Brett aufmerksam wurde. Zunächst las ich „Just Like That“. Meine Mutter hatte jedes Buch von ihr, das in Deutschland herauskam, gekauft. Im Regal nahmen ihre Romane bald eine ganze Reihe ein. Die Figurenkonstellation ist in Lily Bretts Büchern stets eine Vater-und-Tochter-Beziehung in unterschiedlichen Variationen. Nach meiner ersten Begeisterung las auch ich alle ihre Bücher. Ich werde nie vergessen, wie ich entdeckte, dass Lily Brett ein Profil auf Facebook hat.
Ich habe ihr spontan eine Nachricht geschickt. Ich sei aus Deutschland und ein Riesenfan, sei obendrein Regisseurin und ob sie mir sagen könne, ob die Verfilmungsrechte an „Too Many Men“ noch frei seien. Tatsächlich hat sie mir geantwortet und mich mit ihrer Agentin verbunden. Die deutschen Verfilmungsrechte waren gerade an Suhrkamp gegangen, und wir haben uns umgehend darum beworben. Wir waren nicht die Einzigen und „Chuzpe“, als Buch die Fortsetzung von „Too Many Men“, wurde kurz darauf als deutscher Fernsehfilm verfilmt.
Unsere Hoffnung war es aber, den Film zwar aus Deutschland heraus zu produzieren, aber eben nicht mit deutschen Darstellern und Berlin als Schauplatz. Wir haben eine internationale Verfilmung angestrebt, die der Vorlage entspricht, mit englischsprachigen Schauspielern und vor Ort in Polen. Als ich in New York im MOMA mit German Films meinen Film HANNAS REISE vorstellen durfte, konnte ich Lily Brett zu der Vorführung einladen, um sie persönlich kennenzulernen und ihr meine Arbeit zu zeigen. Danach haben wir den Zuschlag erhalten.

Darauf folgte eine langjährige Entwicklungsarbeit.
Wir haben viele Drehbuch-Fassungen geschrieben. Man darf nicht vergessen, dass es ein wirklich großer Roman ist, den mein Mann John Quester und ich adaptiert haben. Er umfasst 700 Seiten. Die vielen Fassungen waren nötig, um aus dieser sehr komplexen Vorlage eine wirklich einfache und emotionale Geschichte zu extrahieren, die Vater und Tochter im Fokus hat.

Warum dieser Roman?
An „Too Many Men“ hat mir eben diese Liebesgeschichte zwischen Vater und Tochter gefallen. Das ist oft ein besonders kompliziertes Verhältnis. Zu sehen, dass man Sprachlosigkeit und Unsicherheit überwinden kann und anhand einer einwöchigen Reise ein neues Verständnis füreinander aufgebaut wird, habe ich geliebt an dem Roman. Der Film erzählt vor allem, dass die Tochter den Vater verstehen muss, um auch sich selbst zu verstehen.
Darin steckt etwas sehr Universelles, was uns alle mit unseren Eltern verbindet. Als Filmemacherin suche ich natürlich genau danach, nach einem Universalismus, der uns alle betrifft.

Wo war für Sie der kreative Funke?
In diesem Fall war er es so, dass mich das Genre Dramedy angezogen hat. Das ist eine Kombination, die ich immer wieder reizvoll finde: Drama, das unterhaltsam ist und bei aller Ernsthaftigkeit und Wahrhaftigkeit die Leichtigkeit bewahrt; Komödie, die tieftraurige Anteile hat. Genau dafür stehen auch die Bücher von Lily Brett. Sie macht das in einer Form, die schonungslos ist mit ihren Figuren. In „Too Many Men“ entwirft sie mit Ruth Rothwax eine weibliche Hauptfigur, die behaftet ist mit Makeln und Fehlern und Problemen, die haarklein beschrieben werden und sie einem genau deshalb ans Herz wachsen lässt, auch wenn sie es einem nicht immer einfach macht, sie zu mögen. Unser Anspruch war, eine filmische Form zu finden, die Lily Bretts Tonalität gerecht wird.

Wie gestaltete sich die Arbeit mit Lily Brett?
Bei HANNAS REISE hatten John und ich bereits die Erfahrung gemacht, mit einer Schriftstellerin zusammenarbeiten, in dem Fall mit Theresa Bäuerlein, die mit ihrem Roman „Das war der gute Teil des Tages“ die Vorlage geliefert hatte. Man muss die Autorin davon überzeugen, dass der Geist der literarischen Vorlage erhalten bleiben muss. Es geht nicht darum, eins zu eins die Figuren oder die Geschichte abzubilden, sondern der Kern eines Buches muss erhalten bleiben und seine Tonalität. Die Erfahrung, diesen Weg mit einer Schriftstellerin schon einmal gegangen zu sein, war sehr wertvoll. Lily hat im ersten Moment sicherlich auch gedacht, dass viele Elemente aus ihrem Roman noch in die Adaption hätten finden sollen. Es ist ein langer gemeinsamer Weg, das Buch hinter sich zu lassen, aber am Ende doch das Gefühl zu haben: Ja, das ist die Essenz des Romans. Dieser Film wird ihm gerecht. Lily hat jede neue Fassung zu lesen bekommen und hat jede einzelne dieser Fassungen ausführlich mit uns besprochen.

Ein Filmdreh ist immer auch ein Glaubenssprung.
Einen Durchbruch hatten wir erzielt, als wir wussten: „A wall is a wall, a coat is a coat.“ Bisher haben wir das vorgeschobene Desinteresse von Edek erlebt. Und jetzt ist er an dem Punkt: Es geht nicht, er kann das nicht länger aufrechterhalten. Dieser Satz stammt nicht aus dem Roman. Aber für uns war er entscheidend. Als wir ihn im Verlauf unserer Fassungen erstmals geschrieben hatten, war es, als hätten wir nun ein Fundament, auf dem wir stehen können. Das war ein Moment des Glücks. Von da an wusste ich, dass die Geschichte funktioniert.

Wie sehr blicken Sie bei der Arbeit am Drehbuch auf die spätere Verfilmbarkeit?
Es war ein großer Wunsch von mir, die Geschichte in Polen spielen zu lassen und auch in Polen zu drehen. Entsprechend haben wir unser Drehbuch geschrieben. Aber ich muss auch sagen: Es war ein Wunsch, aber es war nicht gesetzt. Mit „Chuzpe“ hatte ich gesehen, dass es auch funktioniert, Lily Brett in Deutschland spielen zu lassen. Ich habe auch die Bühnenfassung mit Ulrike Folkerts in der Hauptrolle als Ruth gesehen, wo die Geschichte ebenfalls nach Berlin verlegt worden war. Ich hatte dennoch den Eindruck, dass dann etwas sehr Essenzielles fehlt. Eben das lag mir aber am Herzen, dieses Essenzielle, das Lily Brett definiert und ausmacht. Ich wusste aber auch, dass dieser Wunsch nach einer internationalen Umsetzung des Stoffs nur dann in Erfüllung gehen konnte, wenn es uns gelingen würde, englischsprachige Stars für die beiden Hauptrollen zu gewinnen. Durch UND MORGEN DIE GANZE WELT ergab sich diese Möglichkeit schließlich. Die Teilnahme am Wettbewerb in Venedig gab mir eine Sichtbarkeit, mit der es auf einmal möglich war, via CAA in Kontakt mit entsprechenden Schauspielerinnen zu treten. Und ich muss unbedingt meinen Seven-
Elephants-Kollegen Fabian Gasmia nennen, der bereits UND MORGEN DIE GANZE WELT, den
ersten Film der Seven Elephants, produziert hatte. Er hatte seinen Debütfilm vor Jahren in Polen realisiert, verfügte also über das nötige Wissen und die richtigen Kontakte. Noch bevor wir Lena Dunham und Stephen Fry für die Hauptrollen gewinnen konnten, hatte er bereits Magdalena Szwarcbart ins Boot geholt, die schon bei SCHINDLERS LISTE beim polnischen Casting beteiligt war und für uns die Besetzung der polnischen Darsteller übernahm.

Waren Sie bereits vertraut mit Polen?
Mit Beginn der Drehbucharbeit haben wir zwei Wochen lang Polen bereist die ganze Familie: John, ich, unsere Kinder. Wir fuhren zu allen Stationen des Romans. Wir haben in ?ód?, alle beschriebenen Orte besucht, teilweise im Austausch mit Lily, weil wir einzelne Adressen nicht wussten. Wir haben selbst erlebt, dass wir es mit einem sensiblen Thema zu tun haben. Als wir uns im Innenhof des Hauses befanden, in dem Lilys Vater aufgewachsen war, kam gleich jemand, der sich erkundigte, was wir da machten. Wir erzählten ihm, dass wir die Orte eines Romans recherchierten, woraufhin er uns gleich die Karte seines Anwalts gab. Man merkte, dass Ressentiments und Ängste bestehen. Natürlich haben wir Auschwitz besucht, wo auch Teile des Films spielen, wenngleich nicht in Auschwitz I, sondern Auschwitz II. Für John und mich war das ein schwerwiegender Besuch. Nachts wachten wir auf und konnten nicht mehr einschlafen, haben uns lange ausgetauscht über diese Erfahrung, was es mit uns gemacht hatte, wirklich diesen Ort zu besuchen, an dem der industrialisierte Massenmord stattgefunden hatte. Es hat auch unseren Wunsch, diesen Film zu machen, noch einmal sehr verstärkt. Auschwitz liegt in einem entlegenen Flecken Land, und das aus einem guten Grund. Man fährt nach Krakau und ist dann noch einmal Stunden unterwegs auf Landstraßen, bis man diesen abgelegenen Ort erreicht. Wenige reisen dort hin, insbesondere Deutsche sieht man dort nicht viele. Es war ein einschneidendes Erlebnis, das immer noch nachwirkt. Und uns, wie gesagt, die Motivation gab, so lange dranzubleiben, nie den Mut zu verlieren, immer an diesem Stoff festzuhalten.

Wo konnten Sie drehen?
In Auschwitz selbst ist der Dreh von Spielfilmen nicht gestattet. Das ist richtig so, es ist eine Gedenkstätte. Es wurde nichts verändert an diesem Ort. Man sieht die zusammengebrochenen Schornsteine, man läuft buchstäblich auf der Asche der ermordeten Menschen. Es ist ein riesiger Friedhof. Da kann man kein Filmteam arbeiten lassen. Wir erhielten allerdings die Erlaubnis, direkt am Zaun zu drehen sowie am Parkplatz und am Eingang. Wir durften dabei nicht den Betrieb stören und haben gemeinsam eine Tageszeit gefunden, an der das gewährleistet war. Die Leute von der Gedenkstätte waren immer bei uns und trugen Sorge, dass die Abmachungen eingehalten wurden. Aber sie haben uns auch sehr unterstützt, räumten die Fahrzeuge beiseite, sperrten den Parkplatz und gestatteten uns, ihn für unsere Bedürfnisse ein wenig historisch abzuändern. Wir haben bei der „Alten Judenrampe“ gedreht, die kein Teil der Gedenkstätte ist und sich in einem Zustand des Zerfalls befindet. Dafür war keine Sondergenehmigung nötig, sondern nur eine Genehmigung der Stadt. Die Szenen an der Baracke haben wir digital umgesetzt in einem Nachbau, mit Videomaterial, das wir vor Ort aufnehmen durften.
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Donnerstag 05.09.2024
WALDSINFONIE
Ab 05. September 2024 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
600 Kilometer nördlich von Helsinki liegt mitten im finnischen Wald die kleine Stadt Kuhmo. Auf den Straßen ist wenig los, der Supermarkt im Zentrum geht regelmäßig in die Insolvenz und wichtige Dinge bespricht man beim Bier in der Sauna. Kurz: Kuhmo ist eine typische finnische Kleinstadt.
Mit einer Ausnahme: Dem Kuhmo Kammermusikfestival, welches jedes Jahr im Sommer das kleine verschlafene Nest in eine Metropole verwandelt. Musiker bevölkern mit ihren Instrumenten die Straßen, Menschenmassen strömen von Konzert zu Konzert und Musik schwirrt über Seen und Feuer.
In ruhigen beobachtenden Bildern erzählen Meri Koivisto und Nils Dettmann die Geschichte von zwei gegensätzlichen Welten, die sich einmal im Jahr vereinen: Die Welt von Pertti und Lassi, die seit der Kindheit beste Freunde sind und nun ihren Ruhestand mit Angeln und Eisbaden verbringen, und die trubelige Welt eines hochkarätig besetzten internationalen Musikfestivals. Mit sehr viel Humor tritt WALDSINFONIE den Beweis an, dass Hochkultur im Hinterwald nicht nur möglich, sondern magisch ist.

Ein Film von Meri Koivisto und Nils Dettmann

Meri Koivisto ist geboren und aufgewachsen in Finnland, lebt seit 2000 in Berlin. Nach ihrer Schauspielausbildung am Europäischen Theaterinstitut in Berlin, arbeitet sie seit 2005 als freischaffende Schauspielerin im Theater und bei Film- und Fernsehen. WALDSINFONIE ist ihr erster Film.

Nils Dettmann ist in Schleswig-Holstein aufgewachsen und lebt in Berlin. Nach dem Abitur und einem Studium der audiovisuellen Medien an der HAW Hamburg, arbeitet er seit 2000 beim Film, seit 2012 als Regisseur und Produzent im fiktionalen Bereich. WALD:SINFONIE ist sein erster Dokumentarfilm.

Directors Note

Meri: WALD:SINFONIE ist eine Liebeserklärung an meine Heimat, an die Menschen, die dort leben, an die Ruhe und an die Musik, die für ein paar Wochen alles verzaubert.

Nils: Nachdem ich Kuhmo schon fünfzehn Jahre kannte, war ich das erste mal beim Kammermusikfestival und mir wurde klar, wie sehr ich diesen wundervollen Ort trotz meiner Begeisterung unterschätzt hatte. Diese Offenheit, dieser Humor, diese Gastfreundschaft…. Und die Musik! Aus der Philharmonie steigt man in die laute U-Bahn - in Kuhmo steigt man in den kühlen See. Zwei Wochen pure Lebensfreude, die wollte ich teilen.
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Mittwoch 28.08.2024
SLEEPING DOG – MANCHE LÜGEN STERBEN NIE
Ab 29. August 2024 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Der ehemalige Ermittler der Mordkommission Roy Freeman (Russell Crowe), der unter Gedächtnisschwund leidet, sieht sich gezwungen, einen früheren Fall (an den er sich nicht erinnern kann) wieder aufzurollen, um einen brutalen Mord aufzuklären. Während das Leben eines Mannes in der Todeszelle auf dem Spiel steht, beginnt Freeman mit aller Entschlossenheit zu recherchieren und versucht, die Beweise aus der zehn Jahre zurückliegenden Mordermittlung zusammenzusetzen. Was er dabei aufdeckt, ist ein düsteres Netz aus streng gehüteten Geheimnissen und Verrat, das auch mit seiner eigenen Vergangenheit und seinen Dämonen verbunden ist. Bruchstückhaft blitzen Erinnerungen und Hinweise auf, die sich wie kleine Puzzleteile langsam zusammenfügen und immer neue Wendungen nehmen … In einem Geflecht aus Mysterium und Täuschung gefangen, kann sich Freeman nur noch auf seinen Instinkt verlassen und muss die erschreckende Wahrheit erkennen: Manchmal ist es besser, schlafende Hunde nicht zu wecken.

Ein Film von Adam Cooper
Mit Russell Crowe, Karen Gillan, Márton Csókás, Thomas M. Wright, Harry Greenwood und Tommy Flanagan


Neben Oscar®-Preisträger Russell Crowe („Gladiator“, „A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn“) sind Karen Gillan („Guardians of the Galaxy“, „Avengers: Infinity War“, „Avengers: Endgame“, „Jumanji“-Filmreihe), Márton Csókás („The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro“, „Sin City 2: A Dame to Kill For“, „The Equalizer“) und Tommy Flanagan („Gladiator“, „Sin City“, „Sons of Anarchy“, „Guardians of the Galaxy Vol. 2“) in den Hauptrollen zu sehen. Regie führte Adam Cooper (Drehbuch „Die Bestimmung – Allegiant“, „Assassin’s Creed“, „Transporter Refueled“, „Exodus: Götter und Könige“), der zusammen mit Bill Collage auch das Drehbuch verfasste. Produziert wurde der Crime-Thriller von Mark Fasano („Halloween Haunt“) und Adam Cooper.
SLEEPING DOGS – MANCHE LÜGEN STERBEN NIE basiert auf dem gefeierten Roman Das Buch der Spiegel von E.O. Chirovici.
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
© 2024 kultkomplott.de | Impressum
Nutzungsbedingungen & Datenschutzerklärung
KultKomplott versteht sich als ein unabhängiges, kulturelle Strömungen aufnehmendes und reflektierendes Portal.