Scharf akzentuierte Trompetensätze auf dem Boden von Synkopen durchzogenen Rhythmen, funkelnde Girlanden von ungeraden Metren, eine pulsierende Virtuosität und explodierende Energie –
Ibrahim Maalouf sprengt mit seiner Musik jedes orthodoxe Verständnis von Mainstream. Der heute in Paris lebende libanesische Trompeter verbindet unterschiedliche Kulturen miteinander, er spielt Jazz und Klassik, improvisiert ausdrucksstark und ist zugleich ein ausgezeichneter Blattspieler; er beherrscht die Folklore seiner Vorfahren, hat Rhythm&Blues Projekte initiiert und mit französischen Rapkünstlern gearbeitet.
Er selbst fühlt sich aber stärker als Komponist, auch wenn er schon im häuslichen Umfeld sein Instrument intensiv studieren musste. „
Als ich jünger war“, erzählte er in einem Interview, „
wollte ich eigentlich Sänger werden. Aber meine Stimme war halt nicht so schön – da habe ich es gelassen.“ Er hat den Gedanken der menschlichen Stimme auf die Trompete übertragen, singt auch in sein Instrument hinein und klingt auf diese Weise, trotz seiner meisterhaften Beherrschung des Instruments und dem feurigen Temperament, ungemein gelassen und großzügig.
Im Mittelpunkt steht bei Maaloufs Klangfesten der Weltmusik die von seinem Vater Nassim
Maalouf erfundene Vierteltontrompete. Ein Instrument mit vier Ventilen, das dem Spieler ein größeres Klangspektrum ermöglicht. Ibrahim handhabt das Instrument mit atemberaubender Sicherheit, jagt mit ihm die östlichen und westlichen Ton-Skalen rauf und runter, spielt in schwindelerregenden Höhen, schmettert die Themen in den Äther, oder schmückt die melodische Ornamentik seiner packenden Kompositionen geschickt aus.
Auf „
Trumpets Of Michel-Ange“ erzählt er instrumental eine Liebesgeschichte, die Lebensreise zweier Menschen, von ihrem ersten Kennenlernen, der gemeinsamen Hochzeit, der Geburt ihrer Kinder. Maalouf spielt mit seiner Band voller Leidenschaft und das bedeutet: hart, laut, schnell, mit eingebetteten, herzerweichenden Phrasen. Eine melancholische Ekstase, bei der nicht unbedingt jeder Ton sitzt, was der Musik diese folkloristische Note gibt. Es ist Maaloufs mittlerweile sechzehntes Album und es klingt in seiner Lebendigkeit und Vielfalt einfach mitreißend. Weltmusik der Superlative.
Jörg Konrad
Ibrahim Maalouf
„Trumpets Of Michel-Ange“
Sony