Wolfgang musizierte bis zu seinem dreizehnten Lebensjahr an der Geige. Dann wechselte er, nicht zuletzt vom Virus des Rock'n Roll infiziert zur Gitarre. Kurze Zeit darauf entdeckte er die Freiheit der Improvisation und deren Vertreter, wie Keith Jarrett, Pat Metheny oder auch Gary Burton, in dessen Band er früh Mitglied wurde.
Zugleich kehrte er aber auch wieder stärker zur klassischen Musik zurück und bewegt sich heute in einem stilistischen Zwischenreich, das ihn fasziniert und seiner Arbeit immer wieder neue Impulse und Möglichkeiten entlockt. Das vorliegende Soloalbum „Etudes / Quietudes“ ist so ein Ergebnis dieser Auseinandersetzung. Etuden sind bekanntlich Übungsstücke, von denen Wolfgang Muthspiel hier dreizehn selbst komponiert und eingespielt hat. Hinzu kommen noch vier Titel, die von Bill Evans (dem Pianisten natürlich), Paul Motian (dem Schlagzeuger) und Johann Sebastian Bach inspiriert worden sind. Im ganzen klingt diese Aufnahme wie ein stiller, musikalisch nachdenklicher Akt. Muthspiel sagt: „Etüden feiern das Handwerk. Handwerk ist für mich ein zentraler Punkt – alle Musiker, die ich bewundere haben ein Leben lang an ihrem persönlichen Klang gearbeitet.“ Und das waren mit Sicherheit nicht nur Gitarristen. Beim Hören dieser leichten Minuten kommen einem Assoziationen wie eine verspielte Bodenständigkeit in den Sinn. Denn zum einen klingen die feinen Linien und Läufe so unglaublich sensibel, rührend versponnen, die Stille herausfordernd. Andererseits spürt man auch die Schwierigkeit, die Stücke derart leicht und zugänglich klingen zu lassen. Manches ist virtuos gespielt, aber nie drängt sich einem der Gedanke der Geschwätzigkeit auf. Und obwohl Übungsstücke – banal klingen sie noch lange nicht. Pat Metheny hat dieser Tage ebenfalls ein Solo-Album veröffentlicht. Vielleicht hört er sich ja „Etudes / Quietudes“ an. Es wird ihm mit Sicherheit gefallen.
Jörg Konrad
Wolfgang Muthspiel Solo
„Etudes / Quietudes“
CYH
„Etudes / Quietudes“
CYH