Der größte Planet unseres Sonnensystems ist nach wie vor auch der Hauptdarsteller bei den Vorbeiflügen der NASA-Raumsonde Juno. Mittlerweile hat das im Jahre 2011 gestartete Raumschiff die 64. Passage beim Gasriesen hinter sich. Im Gegensatz zu den Langzeitsonden Voyager 1 und 2, für die lediglich ein kurzer Vorbeiflug geplant war, näherte sich Juno von Anfang an aufgrund einer ausgeklügelte Bahn dem Planeten Schritt für Schritt, so dass ein Einschwenken in einen permanenten Orbit um Jupiter möglich gemacht werden konnte. Dafür drehte sich Juno nach fünfjähriger Reisezeit am 4.Juli 2016 mit rund 20.000 km/h in eine Pol-zu-Pol-Bahn um den Planeten ein. Nach dem Start hatte die Sonne mit der so genannten Swing-by-Technik weit ausgeholt, um überhaupt in die Situation zu kommen, in eine Langzeitbahn um den Riesenplaneten einzuschwenken.
Übrigens ist Juno die erste Sonde in einer Entfernung von mehr als 750 Millionen Kilometern zu unserem Zentralgestirn (das ist die fünffache Entfernung Erde-Sonne), die ihre Energie nur aus Solarzellen bezieht. Daher wurde ein sehr komplexes Szenario für die Umkreisung des Gasriesen ausgewählt. Es mussten unter anderem zwei Hauptbedingungen erfüllt werden: Zunächst die Vermeidung des Eintritts in den Schatten Jupiters, damit die Solarzellen ununterbrochen Energie liefern können und darüber hinaus eine geringe Distanz zum Jupiter bei größter Annäherung. Diese kann nur durch eine hochelliptische Umlaufbahn erreicht werden, die sich über die Pole des Planeten erstreckt. Daher wird die Raumsonde auch als Jupiter Near Pole Orbiter bezeichnet.
Auch in diesem Jahr standen mit den Orbits Nr. 58-64 recht nahe Vorbeiflüge an. Bei diesen äußerst riskanten Manövern kommt Juno mit weniger als 20.000 km Abstand dem größten Planeten unseres Sonnensystems so nah, wie noch nie eine Raumsonde zuvor.
Dabei konnten Bild-Aufnahmen in einer bisher nicht erreichten Qualität getätigt werden. Auf diesen kann man deutlich erkennen, dass in der Hochatmosphäre des Planeten ein äußerst dynamisches Wettergeschehen herrscht. Wir schauen dabei auf verschiedenste Zyklone und Anti-Zyklone, welche die Schichten der Atmosphäre gewaltig durcheinanderwirbeln.
Auf einem gut vierminütigen Video sind - nach einem Vorbeiflug an Ganymed, dem größten Mond des Sonnensystems - zunächst im Terminator (Gebiet zwischen Licht und Schatten) deutlich elektrische Entladungen zu erkennen. Auch im weiteren Verlauf erkennt man, dass die gewaltigen Blitze in der oberen Atmosphäre des Jupiters eine ganz normale Anomalien zu sein scheinen. Hinsichtlich der Dynamik des Wettergeschehens fällt zu Beginn der dritten Minute eines der größten Wunder unseres Sonnensystems deutlich ins Auge: Fünf fast gleich aussehende weiße Wirbelstürme von jeweils halber Erdgröße reihen sich wie eine Perlenkette innerhalb eines atmosphärischen Bandes auf. Natürlich ist auch zu erkennen, dass sich die Geschwindigkeit mit über 200.000 km/h auf die Qualität der Aufnahmen auswirkt. Bei der größten Annäherung sind diese doch recht verschwommen und müssen der gewaltigen Geschwindigkeit Tribut zollen.
Eine weitere, in diesem Jahr veröffentliche Simulation erlaubt es nun sogar in das bekannteste Objekt des Jupiters, dem nach Galilei benannten Großen Roten Fleck (GRF), regelrecht einzutauchen. Der Blick beginnt etwa 3000 Kilometer über Jupiters Wolkendecke im Süden. Die eigene Position kann man mit dem Display links verfolgen. Während die Höhe abnimmt und die Temperatur gleichzeitig zunimmt, rast man mit hoher Geschwindigkeit in über 220 km Tiefe, um danach wieder in die obere Atmosphäre von Jupiter zu gelangen (https://apod.nasa.gov/apod/ap240519.html). Tatsächlich zeigen die Juno-Daten, dass der Große Rote Fleck bis zu 300 Kilometer tief in die Atmosphäre des Riesenplaneten eindringt. Es handelt sich dabei um den größten Wirbelsturm im Sonnensystem.
Beim bisher letzten Vorbeiflug am 23.Oktober dieses Jahres konnte die JunoCam des Orbiters ein ganz besonderes Bild schießen: Neben dem größten Planeten unseres Sonnensystems ist mit dem kartoffelähnlichen Jupitermond Amalthea eines der kleinsten Objekte des Jupitersystems gerade noch eben zu erkennen. Nur knapp 84 km beträgt die längste Ausdehnung des unregelmäßig geformten Mini-Mondes. Alles in allem betrachtet, ist die Mission nach mehr als acht Jahren im permanenten Jupiterorbit ein riesiger Erfolg. Doch ein Wermutstropfen gibt es bereits jetzt für die Wissenschaftler: Die im Jahr 2021 genehmigte Weiterführung aller Experimente während der Vorbeiflüge an Jupiter läuft im September 2025 aus. Ob es die Sonde tatsächlich bis zu ihrem 10jährigen Orbit-Jubiläum schafft oder bereits zuvor der Treibstoff für Kurskorrekturen ausgeht, ist höchst fraglich. Möglicherweise wird sie - ähnlich wie im September 2017 die Saturnraumsonde Cassini - in einem finalen Bogen kontrolliert in die Jupiteratmosphäre eintauchen und verglühen. Dann heißt es: Farewell Juno.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt