Er gehörte zu den umstrittensten Figuren der Literaturszene in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Kurt Erich Suckert, Sohn einer Italienerin und eines Deutschen, geboren 1898 im toskanischen Prato wurde als Autor bekannt unter dem Pseudonym Curzio Malaparte (in bewußter Anspielung auf Bonaparte, in dessen Namen eine Zufriedenheit zum Ausdruck kommt, wohingegen Malaparte soviel wie „der schlechte Teil“ bedeutet). Er galt schon zu Lebzeiten als ein stark polarisierender Charismatiker, ja als Exzentriker. Eine schillernde Gestalt, Freiwilliger im 1. Weltkrieg, 1919 als Attaché in Warschau tätig, dann Anhänger Mussolinis und Mitglied der faschistischen Partei Italiens, von dieser als Verräter eingeschätzt und verurteilt, als Journalist in ganz Europa und Nordafrika unterwegs, im 2. Weltkrieg Spion für die Amerikaner, nach Kriegsende überzeugter Kommunist - der seine Villa auf Capri den Chinesen vererbte – aber auf seinem Sterbebett 1957 letztendlich zum Katholizismus übertrat.
Berühmt geworden ist Malaparte durch zwei Bücher. „Kaputt“, ein Roman dessen Grundlage seine Arbeit als Kriegsberichterstatter bildete und „Die Haut“, ebenfalls ein Roman, dessen Handlung in Neapel nach dem Sieg der Alliierten über Italien spielt, die anschließend gemeinsam gegen die Deutschen kämpfen. In zum Teil grauenhaften, erschütternden Bildern schildert Malaparte, im Buch als Verbindungsoffizier der Amerikaner auftretend, den Kriegs- und Nachkriegsalltag. Es herrscht eine völlig verkommene Moral, als der Ergebnis des Krieges, als Folge des herrschenden Hungers und der völlig fehlenden (politischen) Orientierung. Es sind schmerzlich makabre Bilder, in denen sich Frauen zur Prostitution erniedrigen, junge Burschen für eine Tüte Bonbons zu Strichjungen werden. Zugleich erzählt Malaparte die Geschichte Neapels jener Zeit mit einer gewissen distanzierten Kühle, einem zwar sprachgewaltigen, aber zynistischen Vokabular, das in seiner Analyse, aber auch Wirkung stark an Celines „Reise ans Ende der Nacht erinnert“ und dabei ein gewaltiges provozierendes Potenzial entfacht.
Malaparte wurde, obwohl immer wieder als Opportunist verschrien, der sich den gesellschaftlichen Gegebenheiten schonungslos anpasst, ja sich ihnen sogar selbstaufgebend unterordnet, von öffentlicher Seite Amoralität und Antipatriotismus vorgeworfen. Aufgrund der oft verunglimpfenden Darstellungen der Neapolitaner erklärte man ihn in der drittgrößten Stadt Italiens sogar zur unerwünschten Person.
Trotzdem darf, ja muss man einschätzen, dass „Die Haut“ ein flammendes Plädoyer gegen Krieg ist. Der Autor beschreibt die mit jeder Form von Zerstörung und existenzieller Bedrohung einhergehende emotionale, wie letztendlich auch intellektuelle Verwahrlosung und ist damit ein beklemmendes Bekenntnis gegen Gewalt.
Der Vatikan setzte das Buch gleich nach Erscheinen auf den Index, wobei es in Deutschland, ein Jahr später 1950 erscheinend, zum Bestseller avancierte.
Jörg Konrad
Curzio Malaparte
„Die Haut“
Rowohlt