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13. Johannes Brahms „The Piano Concertos“
14. Marius Neset „Cabaret“
15. Jaden Evans „Evans On Evans“
16. Abel Selaocoe „Hymns Of Bantu“
17. Perceptions Trio „The Wicked Crew“
18. Tim Allhoff „Bach“
Dienstag 04.03.2025
Johannes Brahms „The Piano Concertos“
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Johannes Brahms (1833-1897) begann mit 21 Jahren sein erstes Klavierkonzert zu komponieren. Er stand zu dieser Zeit unter dem leichten Trauma des Suicidversuchs Robert Schumanns, der sich im Februar 1854 in die Wogen des Rhein bei Düsseldorf stürzte. Zudem litt Brahms unter der unerwiderten Liebe zu Clara Schumann; außerdem hatte er zuvor Beethovens 9. Symphonie gehört, die ihn innerlich aufwühlte und zugleich inspirierte. Der Komponist tat sich anfangs schwer an der klanglichen Gestaltung des Stückes, auch, weil es sein erstes großes Orchesterwerk war und ihm die Erfahrung fehlte. Insgesamt arbeitete der Norddeutsche gut vier Jahre an dem dreiteiligen Konzert, welches letztendlich zu einem Meilenstein der romantischen Klavierliteratur wurde.
Das Klavierkonzert Nr. 2 B-dur op. 83 schrieb Brahms gut zwanzig Jahre später und er selbst war Solist bei dessen Uraufführung im Jahr 1881 in Budapest. Entgegen dem ersten Konzert, das aufgrund seiner Schwere und mächtigen musikalischen Einfälle mit Zurückhaltung vom Publikum aufgenommen wurde, geriet das Folgestück beinahe heiter und strahlte in einer gewissen Gelassenheit, was vom Publikum sofort honoriert wurde.
Nun liegt eine Einspielung beider Werke mit den Bochumer Symphonikern vor, die im September 2022 in Bochum unter der Leitung von Tung-Chieh-Chuang und dem Solisten Herbert Schuch aufgenommen wurden. Der 1979 in Temeschburg (Rumänien) geborene Pianist Schuch hat eine große Nähe zu Brahms, für ihn ein Herzenskomponist, nicht zuletzt, weil er für ihn die Schnittstelle zwischen dem disziplinierten Ludwig van Beethoven und gefühlsbetonten Robert Schumann darstellt. Entsprechend hingebungsvoll geraten ihm die vorliegenden Aufnahmen. Er findet eine wunderbare Balance im Zusammenspiel mit dem Orchester. Die Dramaturgie gerät im Ausdruck dynamischer, die Kontraste in den Stimmungen klingen spannungsreich und berühren in ihrer Lebendigkeit. Es zeigt sich von Vorteil, dass die Aufnahmen Live eingespielt sind, wodurch jede Form der Sterilität ausgeblendet wurde.
Die Doppel-CD wurde aufgefüllt mit kleinen Ausschnitten aus verschiedenen Klavierzyklen, die Schuch ebenso sicher wie auch gefühlvoll interpretiert und damit die großen Werke auf eine still eindrückliche Weise einbettet.
Jörg Konrad

Johannes Brahms
„The Piano Concertos“
Herbert Schuch, Piano
Bochumer Symphoniker
Tung-Chieh-Chuang, Conductor
Naive Records
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Montag 03.03.2025
Marius Neset „Cabaret“
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Um den Jazz braucht momentan niemandem wirklich bange sein. An allen Ecken der Welt tauchen kontinuierlich neue Festivals auf, erscheinen Jazz-Alben auf CD, Vinyl und als Download, beruft sich die Gilde der Popsenioren immer öfter auf den Einfluss von Jazz und Blues. Zudem scheint der Nachschub an Newcomern unendlich. Zu ihnen gehört zwar Marius Neset nicht unbedingt, der Norweger beging im Januar seinen 40. Geburgstag. Trotzdem darf man den Saxophonisten getrost zu den jüngeren unter den Solisten zählen. 2009 veröffentlichte er sein Debüt, das für große Aufmerksamkeit und Begeisterung sorgte. Er wurde natürlich sofort in die (lange) Reihe skandinavischer instrumental-Musiker gestellt, die schon seit Mitte der 1970er Jahre die Szene bestimmen.
Aber Neset war von Beginn an anders. Er ist weit von diesem getragenen, nordischen Ton entfernt, von diesen majestätischen Soundscapes eines Jan Garbarek, eines Juhani Aaltonen oder eines Trygve Seim. Neset ist ein musikalisch agiler, kraftvoller, ein den Hörer schwindlig spielender Tenor- und Sopransaxophonist.
„Cabaret“ ist seine 12. Veröffentlichung. Ein Album randvoll mit Ideen, erfrischenden Themen, verzwickten Harmonien. Er bewegt sich in den zehn Kompositionen im Bereich einer Schnittmenge Postbop-Verweisen, Rock'n Roll-Splittern, swingenden Metaphern und folkloristischen Strukturen. Die Wechsel zwischen diesen Segmenten erfolgen fliegend und die rhythmischen Überlagerungen kommen in ihrer Perfektion, ihrem Pulsieren und der Power einem dynamischen Kraftwerk nahe. Alles ist am Brodeln, alles strebt zum Licht. „Cabaret“ ist eine musikalische Achterbahnfahrt unter Volldampf, die dem Rausch quirliger Musikalität huldigt. Eines seiner besten Alben – in einer ansonsten schon beeindruckenden Diskographie.
Jörg Konrad

Marius Neset
„Cabaret“
Act
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Mittwoch 26.02.2025
Jaden Evans „Evans On Evans“
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Väter, die den Staffelstab des Jazz an ihre Söhne oder Töchter weitergegeben haben, gibt es einige. Da wären als prominente Beispiele: John Coltrane an Sohn Ravi, Dewey Redman an Sohn Joshua, Don Cherry an Tochter Neneh, oder Flavio Ambrosetti an Sohn Franco. Nun ist mit „Evans On Evans“ ein Album erschienen, auf dem der Enkel den kreativen Faden seines Großvaters aufnimmt und in dessen ureigensten Sinn musiziert. Jaden Evans, gerade einmal siebzehn Jahre alt, ist der Enkel des großen Pianisten Bill Evans. Und auf seinem Debüt erspielt er sich in Triobesetzung die Lorbeeren seines Großvaters. Acht Titel, durchweg von Bill Evans komponiert und allesamt Klassikers des vielleicht größten Klavier-Romantikers des Jazz.
Bill Eavans hat etliche bedeutende Alben des Jazz eingespielt – als Leader und als Sideman. Seine Kompositionen, wie „Very Early“, „Time Remembered“ und natürlich „Waltz For Debby“ gehören zum Kanon des Modern-Jazz. Und gerade deshalb zählt man sie eben nicht zu den Standards, gehören sie nicht zum Realbook dieser Musikgattung. Denn hierfür sind sie, alle zwischen 1957 und 1962 entstanden, einfach zu modern.
Jaden hat sich für die Umsetzung dieser Vorgaben den gestandenen Bassisten Vicente Archer und den Schlagzeuger Marcus Gilmore, übrigens ebenfalls der Enkel des legendären Drummers Roy Haynes, mit ins New Yorker Studio geholt. Und diese Verflechtung aus Alt und Jung, aus Erkenntnis und Leidenschaft, aus Abenteurertum und Besonnenheit rückt den Klavier-Klassikern Bill Evans auf eine sehr ästhetische und anmutige Weise zu Leibe. Puristische Avantgardisten kommen mit Sicherheit nicht auf ihre Kosten. Hingegen all jene, die den swingenden, den melodiösen Jazz, das Impressionistische und Elegant-Verschattete in der Musik lieben.
„Evans On Evans“ ist ein wunderbarer Tribute des Enkels an seinen Großvater. In diesen neun Songs lebt noch einmal die ganze Faszination Bill Evans auf. Zugleich macht diese Herangehensweise Jaden Evans deutlich, wie zeitlos und unsterblich Musik sein kann.
Jörg Konrad

Jaden Evans
„Evans On Evans“
Shamus Records
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Dienstag 25.02.2025
Abel Selaocoe „Hymns Of Bantu“
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Musik ist heute grenzenlos. Und selbst jene Klänge, die vorgeben, rein traditioneller Natur zu sein, sind mittlerweile von weit entfernten Kulturen beeinflusst. Dies macht deutlich, wie sehr die Welt zusammenrückt, wie auch exotische, scheinbar abseits gelegene Stimmen emanzipiert sind und hörbar werden. So entstehen beinahe neue Stilistiken, die in ihrem Kulturen vermittelnden Ausdruck dann entsprechend weltweit auch ein Publikum finden.
Abel Selaocoe bewegt sich musikalisch weitab aller traditionellen Nationalismen. Sein Blick ist transkontinental und zugleich eine Fusion von jahrhundertealter Kultur. Der Cellist stammt aus dem südafrikanischen Sedibeng und vereint auf seinem zweiten Album „Hymns Of Bantu“ die Musik der Kulturen Zentral-, Ost- und Südafrikas, mit ihren Polyrhythmen, den modalen Skalen, den Obertonharmonien und Kehlkopfgesängen, mit dem klassischen europäischen Erbe, in Form von Johann Sebastian Bach und Marin Marais. Das liest sich fast wie eine Unmöglichkeit, wie eine provozierende Herausforderung. Doch Abel Selaocoe gelingt diese (experimentelle) Liaison beeindruckend. Seine Musik ist zeitgemäß, schreddert lustvoll Begriffe wie hoch- und Subkultur, hat keine Berührungsängste zu Pop und Jazz und füllt große Kulturtempel ebenso wie kleinere, clubähnliche Bühnen.
Auf der Basis von klassischen Vorlagen und traditionellen Rückgriffen schreibt er eigene Kompositionen, deren pulsierende Lebendigkeit besticht. Er hat diese auf „Hymns Of Bantu“ für afrikanische Percussiosnensembles, (Streich-)Orchester und Solostimmen arrangiert. Abels Stimme klingt ebenso demonstrativ frisch, wie sie in ihrem melancholischen Duktus zu überzeugen versteht. Der heute in Manchester lebende Musiker improvisiert über Bach und Giovanno Sollima und findet zugleich hörbar Zugang zu den Klängen der Menschen vom Stamm der Sotho, der Xhosa oder der Zulu. Es ist ein Fest des Lebens, das Abel Selaocoe auf „Hymns Of Bantu“ feiert, ein Fest der interkulturellen Verständigung.
Jörg Konrad

Abel Selaocoe
„Hymns Of Bantu“
Warner Classics

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Sonntag 23.02.2025
Perceptions Trio „The Wicked Crew“
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Diese Musik lebt von ausdrucksstarken Melodien, vom rhythmischen Kalkül und von erfrischenden Harmonien. Gespielt von einem internationalen Trio mit Sitz in Basel. Hier, in der Kulturhauptstadt der Schweiz, haben sich der französische Saxophonist Charley Rose, der New Yorker Gitarrist Silvan Joray und der brasilianische Schlagzeuger Paulo Almeida getroffen, wobei sich sofort eine gewisse Seelenverwandtschaft zwischen ihnen bemerkbar machte. Sie traten als das Perceptions Trio mehrmals in kleinen Clubs auf, entwickelten dabei Ideen und arbeiteten an ihrem Klangbild. So ist ihr Debüt „The Wicked Crew“ in relativ kurzer Zeit entstanden.
Zehn eigene Kompositionen, mal mit meditativem Grundgestus, mal rhythmisch wuchtig voranschreitend, mal südamerikanisch angehaucht, dann wieder diese magischen Soundscapes. Stimmungen und Atmosphären wechseln, virtuose Zwischensprints inklusive. Es sind komplexe Kompositionen mit variierenden Skalen und subtilen Nuancen. Vielleicht entwickelt sich ja hier eine Art Supertrio, das in manchen Momenten wie Michael Brecker und seine letzten Formationen klingt. Auf jeden Fall sind Rose, Joray und Almeida Ende Februar quer durch Deutschland unterwegs. Und wenn alles wie geplant läuft, dürften anschließend etliche Großveranstalter (und mit Sicherheit auch kleinere Clubs) das Trio buchen. Zumindest für sie könnte die Zukunft rosig aussehen.
Jörg Konrad

Perceptions Trio
„The Wicked Crew“
Sense
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Mittwoch 19.02.2025
Tim Allhoff „Bach“
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Wie kann etwas derart Mathematisches, das von intellektueller Brillanz und formaler Perfektion durchströmt ist, gleichzeitig von solch purer, emotionaler Schönheit sein?“, fragt Pianist Tim Allhoff. Und gibt zugleich mit seinem ersten rein klassischen Album ein Beispiel für diese Einzigartigkeit. „Bach“ bringt die ganze Eleganz, die Perfektion und Würde des Barockmeisters zum Ausdruck. Der Klavierkünstler Allhoff stützt sich dabei auf eine Art Werkschau Bachs, indem er unter anderem Auszüge aus dem Zyklus das „Wohltemperamierte Klavier“ und der „Matthäus Passion“ interpretiert. Und das Besondere: Allhoff verzichtet fast ausnahmslos auf Improvisationen, die in seiner bisherigen musikalischen Kariere als erfolgreicher Jazzpianist mit ausschlaggebend waren. „Es war mir wichtig, dass ich Bach nicht jazzig mache“, erläutert der in Augsburg geborene und heute in München lebende Solist. „Ich wollte Bach wirklich in seiner ursprünglichen Form auf meine Art und Weise spielen.“ Der Bezug zu dem einstigen Thomaskantor stammt schon aus seiner früher Kinderzeit, als er als 12jähriger in den Chorproben an einem musischen Gymnasium die barocke Klangwelt erstmals bewusst wahrnahm.
Natürlich hörte er als Teenager auch „angesagte“ Musik, die Beatles, Radiohead – selbstverständlich Jazzpianisten wie Bill Evans und Keith Jarrett. Aber es war ihm schon zeitig klar, dass all diese Musik wahrscheinlich völlig anders klingen würde – gäbe es nicht Johann Sebastian Bach, der interessanterweise zu Lebzeiten mit seinen Kompositionen nur wenig populär war.
Das Album „Bach“ klingt in seinem Duktus gelassen aber respektvoll, leidenschaftlich aber diszipliniert. Hier steckt jemand seine ganze Liebe und sein musikalisches Selbstverständnis in die Vorgaben, die übrigens in der Münchner Himmelfahrtskirche im Sommer 2024 eingespielt wurde.
Allhoff macht mit dieser Einspielung letztendlich deutlich, welche Magie Musik auszuüben in der Lage ist. Es ist, als zelebriere der Pianist altbewährte Standards – was diese Kompositionen im Grunde ja auch sind. Nur wird hier nichts frisiert, oder individuell zurechtgestutzt. Bach bleibt bei Allhoff Bach.
Jörg Konrad

Tim Allhoff
„Bach“
Berlin Classics
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