In INTERVIEW werden Persönlichkeiten vorgestellt, die auf unterschiedlichste Weise das kulturelle Leben gestalten und bereichern - dabei oftweit über die Landesgrenze hinaus wirkend. Hier eine kleine Auswahl der Vorgestellten: Henning Venske, Gisela Schneeberger, Inga Rumpf, Hauschka, Stoppok, Wellküren, Isabelle Faust, Fritz Egner, Willy Michl, Nik Bärtsch, Ewa Kupiec, Symin Samawatie, Axel Hacke u.v.a.m.
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Mittwoch 18.06.2025
239. Maxine Troglauer: Nachfragen - Nachlesen - Nachhören
Maxine Troglauer hat sich früh für die Bassposaune entschieden. Das bedeutet einerseits wenig vorhandene Literatur und auch Ensembles müssen erst einmal gefunden werden, die diesen dunklen und warmen Instrumentalklang bevorzugen. Andererseits bedeutet die Bassposaune genau aus diesem Grund Freiheit. Von dieser Seite betrachtet es die in Wiesbaden geborene und heute in Berlin lebende Maxine Troglaurer. Auf ihrem Debüt „Hymn“ (Fun In The Church) mäandert sie durch die unterschiedlichsten Stilistiken und Jahrhunderte. Einiges auf diesem Album steht deutlich in der Nähe der Klassik, anderes wiederum scheint auf direktem Wege aus der Moderne zu kommen, manches klingt deutlich notiert und dann schwingen auch immer wieder freie Improvisationen durch Raum und Zeit. Maxine konnte für dieses Album neben dem Pianisten Julius Windisch, dem Bassisten Robert Lucaciu und dem Schlagzeuger Wouter Kühne zusätzlich den New Yorker Trompeter Peter Evans gewinnen. Evans gehört zu den großen Solisten an der Schnittstelle von Jazz, Klassik und Neuer Musik.
KultKomplott: Welche Faktoren waren ausschlaggebend, dass Sie wurden, was Sie heute sind?
Maxine Troglauer: Eine offene, unterstützende Familie, die mich frei entscheiden ließ, was ich wann machen möchte. Die Entscheidung, Posaune zu spielen, durfte ich alleine im Alter von 6 Jahren nach einem Tag der offenen Tür an der lokalen Musikschule fällen, und seit dem gab es keinen Tag, an dem meine Familie diesen Weg angezweifelt oder nicht unterstützt hätte. Erst später, als ich andere Musiker:innen und ihre genaueren Lebenswege kennengelernt habe, habe ich verstanden, dass so ein Umfeld ohne stereotype Vorstellungen und Ambitionen für die Kinder, nicht unbedingt Norm ist.
Danach kamen selbstverständlich Lehrer:innen und Mentor:innen, die mich auf jeweils einem Lebensabschnitt begleitet und inspiriert haben, aber ich würde behaupten, dass ohne die Familie, die Kuriere zu allen Unterrichten und Wettbewerben, die größten Fans im Publikum, es nicht geht.
KK: Wen bzw. was möchten Sie mit Ihrer Arbeit erreichen?
MT: Das ist eine schwierige Frage, denn wenn ich wirklich viele Menschen erreichen wollte, müsste ich Schlager oder Pop-Musik machen – das liegt mir aber aus irgendwelchen Gründen offensichtlich nicht so…
Dementsprechend muss uns Jazz- und/oder zeitgenössischen Musiker:innen immer klar sein, dass wir eine kleine Randgruppe von Connaisseur:innen ansprechen, die allerdings auch entsprechend eher die ausgefuchsten Details einer Komposition oder eines besonders sorgfältig produzierten Vinyls zu schätzen wissen. Derzeit fühle ich mich in dieser Gruppe wohl und freue mich, wenn diese Menschen auf meine Musik aufmerksam werden.
Es gibt allerdings andere Projekte von mir, zum Beispiel im Rahmen des diesjährigen Beethovenfest Bonn, bei dem ich eher ein größeres klassisches Konzertpublikum anspreche und dort durch mein Instrument, meine musikalische Ausrichtung und thematische Schwerpunkte für Horizonterweiterung sorge.
KK: Mit welchen Widrigkeiten müssen Sie sich bei Ihrer Arbeit am häufigsten auseinandersetzen?
MT: Die eigenen Ansprüche mit der Realität in Einklang zu bringen, zu akzeptieren, dass ich nicht 8 Stunden am Tag kreativ sein kann und dementsprechend meine Tage anders strukturieren muss, als in einem 9-5 Job. Außerdem akzeptieren zu können, dass es auch Tage gibt, wo einfach gar nichts fließt und das eben auch Teil des Jobs ist.
Und na klar, würde man sich freuen, wenn es mehr strukturelle, dauerhafte Förderung und Unterstützung auf allen Ebenen gäbe, aber da gibt es bereits jede Menge Verbände, die sich lautstark und wesentlich eloquenter als ich dafür einsetzen – deswegen jetzt gleich schnell Mitglied in der Deutschen Jazzunion werden !
KK: Welche Erlebnisse haben Sie zuletzt stark beeindruckt?
MT: Die Wahl von Trump, das Absetzen von Roe v. Wade, die Wahl von Friedrich Merz, der Tod eines Bandkollegen, ein Konzert von Bill Frisell beim XJazz Festival 2024, jedes Jahr, wenn es Frühling wird – das Schöne, Glückliche und das Hässliche, Traurige sind jeden Tag so nah beieinander und ich möchte für beides gleich durchlässig und aufmerksam bleiben, um aus allem Inspiration und Kraft zu tanken.
KK: Welches sind die schönsten Momente in Ihrer Arbeit?
MT: Auf der Bühne zu stehen und diesen flüchtigen Moment eines Konzerts voll genießen zu können – wenn all die Vorbereitung, Sorgen, Nervosität von einem abfällt und man nur im Moment ist. Klingt kitschig, fühlt sich manchmal auch so an, aber ist wirklich so!
Diesen Zustand musste ich mir aber hart erarbeiten, die ersten 15 Jahre Konzertieren waren eher geprägt von starker Nervosität, überhöhten Ansprüchen, Stress, Blackouts und Unerfahrenheit.
Ansonsten bin ich täglich dankbar für die Selbstständigkeit meiner Arbeit im Denken, Handeln, Interessieren, Recherchieren, Komponieren, Spielen – alles, was ich tue, ist intrinsisch motiviert und hat das Potential, mir ganz nah zu gehen, im Positiven wie im Negativen.
KK: Hören Sie Musik und wenn ja, welche Art von Musik mögen Sie besonders?
MT: Ich höre viel Jazz, versuche up to date zu bleiben mit der Entwicklung sowohl im deutschsprachigen, als auch amerikanischen Raum. Ein paar meiner zeitlosen Favorit:innen sind z.B. Cécile McLorin Salvant, Sullivan Fortner, Ambrose Akinmusire, Florian Weber, Chet Baker.
Häufig bewege ich mich aber auch komplett aus der Szene heraus, in der ich selbst aktiv bin und höre westafrikanische Musik von Fela Kuti, RnB à la Queen B, Indie Pop wie Tune-Yards und Bobby Cohn oder ganz selten auch mal klassische Musik.
KK: Was lesen Sie momentan?
MT: Die Biographie von Virginia Woolf, „Liebe in Zeiten der Cholera“ (dieser Klassiker war mir bisher entgangen, muss dementsprechend nachgeholt werden) und Alex Ross „Die Welt nach Wagner“ (mich interessiert Geschichte sehr und die Verknüpfung von Musik, Macht, Despotismus, Propaganda und die Verherrlichung von Wagners antiken Thematiken ist schon spannend..)
KK: Was ärgert Sie maßlos?
MT: Ignoranz gegenüber allem, was den eigenen Horizont überschreitet, zu denken, dass die eigenen Gedanken Fakten seien.
Wenn man das tut, lässt sich aber dadurch natürlich vieles rechtfertigen, das uns global, national und im Privaten gerade passiert.
Außerdem Vandalismus, Egozentrismus, Umweltverschmutzung, Lebensmittelverschwendung, Rassismus, Homophobie, Misogynie.
KK: Was freut Sie ungemein?
MT: Vögel, die morgens vor meinem Fenster zwitschern und einem das Gefühl geben, dass es sich auch an diesem Tag wieder lohnen wird, aufzustehen, egal wie trist es in einem ist.
Außerdem Freund:innen, Familie, gutes Essen, meine Posaune, Musik erleben, Sport, das Leben eben, wie wir es hier leben dürfen.
KK: Fühlen Sie sich eher als Einzelkämpfer, oder Teamplayer?
MT: Ich glaube eher Einzelkämpferin, wünsche mir aber häufig ein Team und wenn ich eines habe, bin ich auch gute Teamplayerin (würde ich behaupten – zweite Meinungen müssten hierzu noch eingeholt werden)
KK: In welcher Situation haben Sie die besten Einfälle?
MT: Leider sehr unvorhersehbar, deswegen funktioniert das mit dem 9-5 Kreativjob auch so schlecht. Deshalb ist meine Devise: immer wachsam & aufmerksam sein, ganz viel rausgehen und Dinge erleben, neue Einflüsse zulassen, ganz viele Gespräche, nachfragen, nachlesen, nachhören.
KK: Was würden Sie ändern, wenn Sie für einen Tag Staatsminister für Kultur wären?
MT: Oha, ich bin eigentlich sehr froh, dass ich das nicht tun muss. Ich würde hier auch wieder auf die tollen Verbände verweisen, die wir in Deutschland haben, und die sicherlich nicht nur einen Vorschlag hätten.
KK: Wenn Sie eine Autobiographie schreiben würden, wie wäre der Titel?
MT: Da würde ich erstmal noch die nächsten 30 Jahre abwarten, bevor ich mich festlege, da tut sich ja hoffentlich noch mehr ;)
KK: Wie stellen sie sich die Zukunft vor?
MT: Hoffentlich mehr Miteinander, weniger Gedanken-sind-Fakten und allgemeingültige Rechte & Freiheiten für alle.
Weniger ich und mehr wir.
Weniger Autos und mehr Pflanzen.
Ich bin aber leider Pessimistin, was das alles angeht und befürchte, wir nehmen erstmal einen anderen Abzweig.
Autor: Siehe Artikel
Mittwoch 21.05.2025
238. Peter Gall – Alles kann mich beeinflussen und inspirieren
Vor nicht allzu langer Zeit ist Peter Galls zweites Album unter eigenem Namen erschienen. „Love Avatar“ (Compost/Groove Attack) verarbeitet Einflüsse des Jazz ab den späten 1960er Jahren, Musik von Joe Henderson, Wayne Shorter, aber auch Messiaens, 12-Ton-Musik, Kendrick Lamar, Hermeto Pascoal und Flying Lotus sind ideeler Teil der Musik. Zudem hat er eine Band zusammengestellt, die ihm aufgrund der Individualität ihrer Einzelstimmen und ihrer Dynamik ebenfalls etliche Inspirationen geben konnte.
Der in Bad Aibling geborene Schlagzeuger hat an der Hochschule der Künste Berlin studiert und machte seinen Master an der Manhattan School of Music. Er war Mitglied des Landesjugendjazzorchester Bayerns und von 2004 bis 2006 des Bundesjazzorchester unter Peter Herbolzheimer. Anschließend gehörte er fest zur Band Subtone und war Teil des Quartetts Web Web, zudem spielte er mit den New York Voices, mit Take 6, Nils Landgren, der NDR Big Band, Seamus Blake, dem Kurt Rosenwinkel Trio, Thomas Quasthoff und vielen anderen.
Am 6. Juni wird Peter Gall mit Wanja Slavin (Saxephon), Reinier Baas (Gitarre), Rainer Böhm (Klavier) und Matthias Pichler (Bass) in der Reihe Jazz It! in der Germeringer Stadthalle auftreten. Beginn des Konzertes ist 19.30 Uhr.
KultKomplott: Welche Faktoren waren ausschlaggebend, dass Sie wurden, was Sie heute sind?
Peter Gall: Das musikalische Umfeld in meiner Familie (einer der älteren Brüder ist der Pianist Chris Gall) seit frühester Kindheit hat den Weg geebnet, die Musik zum Beruf zu machen.
KK: Wen bzw. was möchten Sie mit Ihrer Arbeit erreichen?
PG: Mir ist es sehr wichtig, dass die Leute, die auf die Konzerte kommen oder das neue Album kaufen, erreicht und irgendwie berührt werden, auch wenn die Musik vielleicht nicht jedermanns Lieblingsmusik ist. Die Musik soll definitiv musikalisch aufgeschlossene Menschen
bereichern - egal in welcher Form und egal wie gut sie sich in der Musik auskennen. Eine gewisse Stimmung oder einen Vibe kann man immer wahrnehmen. Und letztendlich geht's mir darum, die Menschen an meiner Leidenschaft und an meiner Musik teilhaben zu lassen. Dabei ist jedes Konzert letztendlich ein Dialog zwischen allen Anwesenden … Publikum und MusikerInnen.
KK: Mit welchen Widrigkeiten müssen Sie sich bei Ihrer Arbeit am häufigsten auseinandersetzen?
PG: Der Beruf des Musikers ist kein einfacher und auch nicht voller Selbstverständlichkeiten. Aber die Leidenschaft hat mich meist dann doch immer zum Glück geführt. Ich würde niemals tauschen wollen...
KK: Welche Erlebnisse haben Sie zuletzt stark beeindruckt?
PG: Wenn's ein musikalisches Erlebnis sein soll, denke ich spontan an ein Konzert der Sängerin Feist im Jahr 2023 in Berlin … die Dramaturgie ihres Konzerts war unglaublich.
KK: Welches sind die schönsten Momente in Ihrer Arbeit?
PG: Nicht nur auf der Bühne stehen, auch Studioarbeit, Momente alleine im Proberaum, am Klavier, Proben, gemeinsam mit den KollegInnen reisen - auch das Unterrichten im Rahmen meiner Professur an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Mannheim gehört dazu und gibt mir wahnsinnig viel.
KK: Hören Sie Musik und wenn ja, welche Art von Musik mögen Sie besonders?
PG: Ich liebe alle Formen von guter Musik und ich kenne eigentlich beim Hören keine Grenzen …. egal ob Jazz, Hip Hop, Klassik, Avantgarde, Pop oder Weltmusik … alles kann mich inspirieren und beeinflussen.
KK: Hören Sie eher CD oder Vinyl?
PG: Wenn ich Zeit dafür finde, Vinyl zu Hause auf der Couch … für mich klingt das immer noch einen Tick musikalischer und lebendiger.
KK: Was lesen Sie momentan?
PG: Im Moment: „The Inner Game Of Tennis“. Ich spiel selbst Tennis, lese es aber vor allem aus Drummer-Perspektive. Davor: Die Autobiographie von John JR Robinson (legendärer Studio-Schlagzeuger)
KK: Was ärgert Sie maßlos?
PG: Ungerechtigkeit in der Welt, sinnlose Aggressivität und dummer Populismus.
KK: Was freut Sie ungemein?
PG: Ich kann bei 'nem sensationellem Kaffee, 'ner unglaublichen Pizza, 'nem guten Abend mit FreundInnen oder bei inspirierender Musik schon sehr glücklich sein. Das Glück liegt wohl grade eher in den kleinen Dingen als im aktuellen Weltgeschehen.
KK: Haben Sie jemals ein Kleidungs- bzw. Möbelstück selbst genäht oder getischlert?
PG: Nein.
KK: Von welchem Schauspieler / welcher Schauspielerin sind sie in welchem Film beeindruckt?
PG: Von vielen … aber spontan denke ich an: Loriot in eigentlich jeder Szene. Bryan Cranston in „Breaking Bad“ oder Kyle MacLachlan in „Twin Peaks“.
KK: Was würden Sie gern erfinden, was es Ihrer Meinung nach bisher noch nicht gibt?
PG: Vermutlich gibt es schon alles. Und davon zu viel.
KK: Fühlen Sie sich eher als Einzelkämpfer, oder Teamplayer?
PG: Teamplayer, definitiv.
KK: In welcher Situation haben Sie die besten Einfälle?
PG: Selten vor dem Abendessen, und dann eher spät am Abend...
KK: Welche Websites oder Blogs lesen Sie?
PG: Ich freue mich jedes Mal, ein frisches Exemplar der Süddeutschen in Printform in die Hände zu bekommen.
KK: Was würden Sie ändern, wenn Sie für einen Tag Staatsminister für Kultur wären?
PG: Mit allen Mitteln gegen den Kulturabbau an allen Ecken und Enden ankämpfen.
KK: Wenn Sie eine Autobiographie schreiben würden, wie wäre der Titel?
PG: Ich mag diese reißerischen oder pathetischen Titel von vielen Autobiographien meist nicht. Insofern: „P.G.’s Autobiographie“.
KK: Wie stellen sie sich die Zukunft vor?
PG: Musik wird für die Menschheit immer bereichernd, hoffnungsspendend und verbindend bleiben.
Autor: Siehe Artikel
Freitag 02.05.2025
237. Vadim Neselovskyi – Er konnte seine Musik in 28 verschiedenen Ländern spielen
Foto: Yaroslavna Chernova
Vadim Neselovskyi wurde 1977 in Odessa geboren. Er träumte schon früh von fernen Welten, von anderen Kulturen und vor allem von der Musik, die „dort draußen“ gespielt wurde. 17-jährig wanderte er als jüdischer Kontingentflüchtling mit seinen Eltern nach Deutschland aus. Sein wichtigstes Umzugsgut: Sein Klavier. Er studierte Klassik in Essen und Jazz in Boston, spielt heute in großen Konzerthallen und kleinen Clubs. Er unterrichtet angehende Musiker und spielt mit gestandenen Solisten. Stilistische Grenzen sind für ihn nicht existent. „Entweder berührt mich Musik oder sie berührt mich nicht“, erzählte er in einem Interview. „Das ist das einzige Kriterium.“
Der Krieg in seiner Heimat hat ihn verändert. „Man kann nicht mehr sagen: Wir sind Künstler, wir haben nichts mit Politik zu tun. Das kann man sich jetzt nicht mehr leisten. Es geht nicht um Politik. Es geht um Gerechtigkeit. Es geht um das Schlechte und das Gute.“
Nun tourt er weltweit mit seinem Programm „Odessa“, das zum Teil zwar schon vor dem Krieg entstanden ist, aber im Grunde all die Dinge zum Ausdruck bringt, die für Vadim Neselovskyi von entscheidender Bedeutung sind: Menschlichkeit, Freiheit, Inspiration und Improvisation. Pianist Fred Hersch sagt über ihn: „Ich glaube wirklich, dass er einer der größten Pianisten-Komponisten ist, die es derzeit gibt.“
Vadim Neselovskyi wird am 20. Mai in Pullach und am 21. Mai in Fürstenfeld seine Hommage an die Heimatstadt Odessa präsentieren.
KultKomplott: Welche Faktoren waren ausschlaggebend, dass Sie wurden, was Sie heute sind?
Vadim Neselovskyi: Geboren wurde ich in Odesa, Ukraine. Ich hatte wunderbare unterstützende Eltern, Mutter Pianistin, Vater: Ingenieur. Ich habe komponiert seitdem ich 8 Jahre alt war. Neben der Musik habe mich sehr für Physik interessiert. Zuerst habe ich 17 Jahre lang in Ukraine gelebt. Danach während sechs Jahren in Deutschland und jetzt 23 Jahre in den USA. Meine Musik durfte ich in 28 verschiedenen Ländern spielen.
KK: Wen bzw. was möchten Sie mit Ihrer Arbeit erreichen?
VN: Musik kommt weil sie kommen will. Sie muss mich zuerst selber als Komponist berühren und bewegen. Dann kann meine Musik auch den Zuhörer ansprechen und ihn bewegen. Wenn meine Musik Gefühle, Emotionen, Träume schafft, ist mein Ziel erreicht.
KK: Mit welchen Widrigkeiten müssen Sie sich bei Ihrer Arbeit am häufigsten auseinandersetzen?
VN: Wie geht diese Melodie weiter? Wo will die Musik hin? Habe ich schon das Richtige gefunden, oder muss ich weiter suchen? Wie finde ich mehr Zeit für das Komponieren? Für das Üben? Was ist der nächste Schritt?
KK: Welche Erlebnisse haben Sie zuletzt stark beeindruckt?
NV: Der Krieg in meinem Heimatsand Ukraine beschäftigt mich seit dem Kriegsbeginn jeden Tag.
KK: Welches sind die schönsten Momente in Ihrer Arbeit?
VN: Wenn ich spüre: Ja, ich habe was gefunden! Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Das macht mich immer so glücklich!
KK: Hören Sie Musik und wenn ja, welche Art von Musik mögen Sie besonders?
VN: Ich bin zu aller Musik offen, von alter Musik aus dem 11. Jahrhundert bis zu Heavy Metal und Hip Hop. Als Komponist suche ich ständig nach neuen Anregungen. Ich hätte mir mehr Zeit für das Musikhören gewünscht. Als Musiker, der selber viel Musik schafft, habe ich nicht viel Zeit dafür übrig. Meistens höre ich Musik im Flug oder im Zug.
KK: Hören Sie eher CD oder Vinyl?
VN: Leider weder noch. Meistens Apple Music.
KK: Was lesen Sie momentan?
VN: Stefan Zweig „Die Welt von Gestern“
KK: Was ärgert Sie maßlos?
VN: Ich versuche, mich nicht zu ärgern. Das ist fast immer kontraproduktiv.
KK: Was freut Sie ungemein?
VN: Jeder neue Tag. Besonders wenn ich Zeit habe, Sachen zu machen, die mich glücklich
machen: komponieren, Klavier üben.
KK: Haben Sie jemals ein Kleidungs- bzw. Möbelstück selbst genäht oder getischlert?
VN: Nein.
KK: Von welchem Schauspieler / welcher Schauspielerin sind sie in welchem Film beeindruckt?
VN: Zum Beispiel: Gary Oldman als Winston Churchill in „The Darkest Hour“.
KK: Was würden Sie gern erfinden, was es Ihrer Meinung bisher noch nicht gibt?
VN: Das ist ja mein täglicher Job: Musik erfinden, die es hoffentlich noch nicht gibt.
KK: Fühlen Sie sich eher als Einzelkämpfer, oder Teamplayer?
VN: Mal so mal so. Als Komponist ist man immer ein Einzelkämpfer. Als Spieler ist man immer ein Teamplayer, selbst wenn man Solo spielt. Man kooperiert mit dem Publikum, dem Veranstalter, dem Produktionsteam...
KK: In welcher Situation haben Sie die besten Einfälle?
VN: Wenn ich das wüsste, würde ich nur noch die besten Einfälle jeden Tag haben:) Einfälle sind unvorhersehbar...
KK: Welche Websites oder Blogs lesen Sie?
VN: Unter anderem lese ich jeden Tag die New York Times.
KK: Was würden Sie ändern, wenn Sie für einen Tag Staatsminister für Kultur wären?
VN: Das ist ausgeschlossen für mich. Ich bleibe lieber bei Musik.
KK: Wenn Sie eine Autobiographie schreiben würden, wie wäre der Titel?
VN: Mein Mentor und lieber Freund Gary Burton hat seine Autobiography Learning to Listen genannt. Den Titel würde ich gerne klauen..
KK: Wie stellen Sie sich die Zukunft vor?
VN: Ich versuche, so viel wie möglich in der Gegenwart zu leben, jeden Moment zu genießen. Den Frühling nicht zu verpassen, der so kurz ist in Boston...
Autor: Siehe Artikel
Mittwoch 16.04.2025
236. Benyamin Nuss – Ich liebe alle Arten von Musik
Foto: Manuel Chillagano
Benyamin Nuss ist schon zeitig mit Musik unterschiedlichster Stilistik konfrontiert worden. Sein Vater, Posaunist Ludwig Nuss, war jahrelang Mitglied der SDR - und der WDR Big Band, sowie zahlreicher internationaler und nationaler hochkarätig besetzter Jazzbands. Sein Onkel Hubert Nuss gehört zur ersten Rieger deutscher Jazzpianisten.
Benyamin erhielt mit sechs Jahren ersten Klavierunterricht. Er studierte unter anderem bei Ilja Scheps an der Musikhochschule Köln, trat sechzehnjährig als Solist des Landesjugendorchester NRW auf und gab 2010 sein Debüt bei der Deutsche Grammophon. Zudem gibt er Gastspiele mit seinem Vater im Jazzbereich. Mit seinen Alben „Nuss plays Uematsu“ und „Fantasy Worlds“, die Musik jeweils aus bekannten Computerspielen beinhalten, wurde er über die Klassikszene hinaus auch einem jungen Publikum weltweit bekannt.
Ende dieser Woche erscheint auf dem Label Neue Meister Benyamin Nuss Solo-Einspielung „Personal Stories“, eine Sammlung von neunzehn selbst komponierten Klavierstücken, die persönliche Geschichten des Künstlers in Form einer musikalischen Reise zusammenfassen.
„Dieses Album enthält Stücke, die alle relativ schnell und aus starken Emotionen heraus entstanden sind“, beschreibt Nuss seine Herangehensweise. „Den aufgeschriebenen Kompositionen stelle ich manchmal Miniaturen gegenüber, die Momentaufnahmen beschreiben, oder Improvisationen, die – ähnlich wie die längeren Stücke – aus intensiven Gefühlen und ohne viel Nachdenken entstanden sind.“
KultKomplott: Welche Faktoren waren ausschlaggebend, dass Sie wurden, was Sie heute sind?
Benyamin Nuss: Mein Vater – und die Musik, die bei uns zuhause rauf und runter lief: eine Mischung aus Klassik, Jazz und Pop.
KK: Wen bzw. was möchten Sie mit Ihrer Arbeit erreichen?
BN: Ich möchte Menschen glücklich machen.
KK: Mit welchen Widrigkeiten müssen Sie sich bei Ihrer Arbeit am häufigsten auseinandersetzen?
BN: Mit der Tatsache, dass es nie genug Zeit zum Üben gibt.
KK: Welche Erlebnisse haben Sie zuletzt stark beeindruckt?
BN: Die Japan-Tournee mit meinem Vater, die Konzerte mit Masashi Hamauzu, und die Aufführung von Poulencs La voix humaine mit Barbara Hannigan.
KK: Welches sind die schönsten Momente in Ihrer Arbeit?
BN: Wenn ich in den Flow komme. Oder wenn ich an neuen, unbekannten Orten auftreten darf.
KK: Hören Sie Musik und wenn ja, welche Art von Musik mögen Sie besonders?
BN: Sehr viel und sehr gern – ich liebe alle Arten von Musik, am meisten das, was ich noch nicht kenne.
KK: Hören Sie eher CD oder Vinyl?
BN: CD.
KK: Was lesen Sie momentan?
BN: „Hardboiled Wonderland“ von Haruki Murakami.
KK: Was ärgert Sie maßlos?
BN: Ziemlich vieles.
KK: Was freut Sie ungemein?
BN: Dass ich Musik machen darf.
KK: Haben Sie jemals ein Kleidungs- bzw. Möbelstück selbst genäht oder getischlert?
BN: Nein.
KK: Von welchem Schauspieler / welcher Schauspielerin sind Sie in welchem Film beeindruckt?
BN: Christoph Waltz in „Inglourious Basterds“.
KK: Was würden Sie gern erfinden, was es Ihrer Meinung nach bisher noch nicht gibt?
BN: Eine Zeitmaschine.
KK: Fühlen Sie sich eher als Einzelkämpfer oder Teamplayer?
BN: Beides.
KK: In welcher Situation haben Sie die besten Einfälle?
BN: In traurigen Momenten – oder nach einer inspirierenden Reise.
KK: Welche Websites oder Blogs lesen Sie?
BN: Ich lese online eher wenig.
KK: Was würden Sie ändern, wenn Sie für einen Tag Staatsminister für Kultur wären?
BN: Mehr Musik in die Schulen bringen. Und mehr Vielfalt im musikalischen Angebot.
KK: Wenn Sie eine Autobiografie schreiben würden, wie wäre der Titel?
BN: Nuss, wie die Nuss.
KK: Wie stellen Sie sich die Zukunft vor?
BN: Wenn alles so weiterläuft – leider ziemlich düster.
Autor: Siehe Artikel
Mittwoch 26.03.2025
235. Tobias Meinhart - Musik hat die Kraft, Grenzen zu überschreiten
Tobias Meinhart lebt seit fünfzehn Jahren in New York, am East River. Aufgewachsen ist er an der Donau, in einem kleinen Ort bei Regensburg. Hier begann seine musikalische Karriere. Mit sieben lernte er Schlagzeug, mit dreizehn Saxophon. Mit siebzehn tourte er als Roadie mit dem Bob Brookmeyer Orchestra durch Portugal. Anschließend studierte er in Basel, Amsterdam und Bern. Zu seinen Mentoren gehörten Dominic Landolf und Johannes Enders.
Mittlerweile hat er sich in New York eingelebt, gehört dort zur angesagten Jazzszene und spielt regelmäßig in bekannten Clubs wie dem Blue Note, dem Birdland, Smalls oder dem Jazz at Lincoln Center.
Am 18. April erscheint sein neues, sein mittlerweile zehntes Album unter eigenem Namen. „Sonic River“ erscheint auf Meinharts eigenem Laben „Sonic River Records“. „Es geht auf dem Album um den Spirit des Jazz. Ich traue mich, das auszudrücken, was in diesem Moment gerade in mir vorgeht“, erläutert er den Inhalt des Albums. Seine Mitspieler: Eden Ladin (Klavier), Charles Altura (Gitarre), Matt Penman (Bass) und Obed Calvaire (Schlagzeug). Ab Anfang April ist das Tobias Meinhart Quartet in Deutschland auf Tour und stellt in einer Reihe von Konzerten sein Album „Sonic River“ vor. Am 15. April gastiert die Band im Nightclub Hotel Bayerischer Hof, Promenadeplatz 2-6 in 80333 München. (Weitere Termine am Ende des Interviews)
KultKomplott: Welche Faktoren waren ausschlaggebend, dass Sie wurden, was Sie heute sind?
Tobias Meinhart: Mein Großvater – er war Bassist und hat mir die Liebe zur Musik und zum Jazz vermittelt. Durch ihn habe ich früh gelernt, dass Musik nicht nur Handwerk ist, sondern vor allem Ausdruck und Kommunikation.
KK: Wen bzw. was möchten Sie mit Ihrer Arbeit erreichen?
TM: Meine Musik soll Menschen berühren – unabhängig von Alter, Herkunft oder Background. Musik hat die Kraft, Grenzen zu überschreiten, und ich habe oft erlebt, wie sie Verbindungen schafft, wo Worte nicht mehr ausreichen. Das ist mein Antrieb: Leidenschaft und Emotionen durch Musik weiterzugeben.
KK: Mit welchen Widrigkeiten müssen Sie sich bei Ihrer Arbeit am häufigsten auseinandersetzen?
TM: Dass es oft um alles Mögliche geht – nur nicht um die Musik. Finanzielle Fragen, organisatorische Hürden, die ständige Selbstvermarktung – das kann manchmal frustrierend sein. Aber am Ende lohnt es sich, weil die Musik immer das Wichtigste bleibt.
KK: Welche Erlebnisse haben Sie zuletzt stark beeindruckt?
TM: Die Zusammenarbeit mit Musikern aus ganz unterschiedlichen Kulturen. Meine US-Band besteht aus einem israelischen Pianisten, einem neuseeländischen Bassisten und einem afroamerikanischen Drummer – und dennoch sprechen wir auf der Bühne eine gemeinsame Sprache. Besonders bewegt hat mich unsere Tour durch den Mittleren Westen der USA, wo Menschen nach dem Konzert zu Tränen gerührt waren. Musik kann Mauern einreißen – das erlebe ich immer wieder.
KK: Welches sind die schönsten Momente in Ihrer Arbeit?
TM: Wenn ich auf der Bühne spüre, dass die Musik etwas auslöst – bei mir und beim Publikum. Wenn da plötzlich eine Energie im Raum ist, die alles andere in den Hintergrund rückt.
KK: Hören Sie Musik und wenn ja, welche Art von Musik mögen Sie besonders?
TM: Ja, ständig. Neben Jazz höre ich viel Klassik, Hip-Hop, Singer-Songwriter und guten Pop. Ich mag Musik, die eine Geschichte erzählt und eine eigene Klangwelt schafft.
KK: Hören Sie eher CD oder Vinyl?
TM: Vinyl. Es hat eine andere Haptik, einen anderen Klang – und man hört bewusster zu.
KK: Was lesen Sie momentan?
TM: „The Sea“ von John Banville – ein wunderschön poetisches Buch. Außerdem die neue Autobiografie von Werner Herzog, die großartig geschrieben ist.
KK: Was ärgert Sie maßlos?
TM: Rassismus, Ungerechtigkeit, wenn Menschen nicht gleich behandelt werden. Und Engstirnigkeit – in jeder Form.
KK: Was freut Sie ungemein?
TM: Offenheit, Großzügigkeit, Vertrauen. Mut und Nächstenliebe.
KK: Haben Sie jemals ein Kleidungs- bzw. Möbelstück selbst genäht oder getischlert?
TM: Ja, ich habe mal einen Küchentisch gebaut. Er steht immer noch.
KK: Von welchem Schauspieler / welcher Schauspielerin sind Sie in welchem Film beeindruckt?
TM: Ich habe Jan Josef Liefers mal bei einem Konzert getroffen – sehr charismatisch. Tilda Swinton finde ich ebenfalls beeindruckend, weil sie so wandelbar und unkonventionell ist.
KK: Was würden Sie gern erfinden, was es Ihrer Meinung nach bisher noch nicht gibt?
TM: Zeitreisen wären spannend. Oder Beamen – das würde den Tourstress enorm reduzieren. Aber vielleicht auch etwas für die Umwelt: eine Erfindung, die Plastik in organisches Material umwandelt und unsere Ozeane reinigt.
KK: Fühlen Sie sich eher als Einzelkämpfer oder Teamplayer?
TM: Im Jazz ist man immer Teamplayer – man hört einander zu, reagiert, vertraut. Diese spontane Interaktion ist das Herzstück der Musik. Im Musikbusiness dagegen fühlt es sich manchmal wie ein Einzelkampf an, weil man sich um so viele Dinge selbst kümmern muss – Booking, Promotion, Management. Da wäre ein gutes Team Gold wert.
KK: In welcher Situation haben Sie die besten Einfälle?
TM: Ganz klischeehaft: unter der Dusche oder beim Laufen im Prospect Park.
KK: Welche Websites oder Blogs lesen Sie?
TM: Hauptsächlich die New York Times und die Süddeutsche Zeitung. Außerdem höre ich viele Podcasts, zum Beispiel The Daily.
KK: Was würden Sie ändern, wenn Sie für einen Tag Staatsminister für Kultur wären?
TM: Musik sollte in Schulen einen viel höheren Stellenwert bekommen – mindestens auf Augenhöhe mit Sport. Und nicht nur Theorie, sondern vor allem praktisches Musizieren. Außerdem wären Mindestgagen für Musiker extrem wichtig, ebenso wie eine bessere Förderung für kleine Spielstätten.
KK: Wenn Sie eine Autobiographie schreiben würden, wie wäre der Titel?
TM: Keep Doing Your Thing
KK: Wie stellen Sie sich die Zukunft vor?
TM: Ich hoffe, dass die Welt wieder offener wird und sich von Angst und Engstirnigkeit löst. Persönlich wünsche ich mir, dass Live-Musik und die Wertigkeit von Musik generell wieder stärker wahrgenommen werden – als Gegenpol zu einer zunehmend KI-gesteuerten, oft emotionslosen Welt. Musik macht uns als Menschen einzigartig, und das sollten wir bewahren.
Releasetour Deutschland 2025:
04.04. Karlsruhe – Hemingway Lounge
05.04. Berlin – Zig Zag Jazz Club
07.04. Freiburg – Jazzkongress
10.04. Plattling – Jazz-Forum
11.04. Lörrach – Jazztone
12.04. Köln – Stadtgarten (Jaki)
14.04. Heilbronn – Jazzclub CAVE 61
15.04. München – Nightclub Bayerischer Hof
17.04. Worms – BlueNite (JazzNights Festival)
18.04. Leipzig – Salon de musique
19.04. Hamburg – Birdland
08.06. Hildesheim – Hi Five Preisträger Konzert
10.07. Regensburg – Artist in Residence
11.07. Regensburg – Artist in Residence
12.07. Regensburg – Artist in Residence
13.07. Regensburg – Artist in Residence
05.08. Berlin – A-Trane
06.08. Berlin – A-Trane
07.08. Berlin – A-Trane
08.08. Berlin – A-Trane
09.08. Berlin – A-Trane
09.10. Regensburg – Theater Regensburg
10.10. Hamburg – Halle 424
12.10. Frankfurt am Main – Jazzkeller
Autor: Siehe Artikel
Freitag 28.02.2025
234. Black Patti – Natürlich Vinyl
- „(...) Und ich sage Euch, diese Scheibe ist ein Hit!“
Roland Biswurm, Bayern 2 kulturWelt, 04/2021
- "Mehr Authentizität geht kaum."
Soultrainonline.de, Oktober, 2017
- „(...) Mit viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen setzen Black Patti den Ur-Klang des schwarzen Amerika in Szene. Da wimmern die Gitarren und die Mandoline, da heult die Mundharmonika, und der zweistimmige Gesang setzt ausdrucksstarke Akzente.“
Christoph Wagner, NZZ, Mai, 2015
- „Hier klingen die wahren Wurzeln all dessen, was uns tagtäglich an Popklängen manchmal unerträglich um die Ohren fliegt. Es sind rudimentäre Versatzstücke wie aus einer anderen Welt.“
Viktor Brauer, KultKomplott, 04/2021
Black Patti sind ein Phänomen. Das Blues-Duo, benannt nach einem alten, 1927 in Chicago, Illinois gegründeten Plattenlabel, orientiert sich an Blues- & Roots-Musik, die vor dem zweiten Weltkrieg in den ländlichen Gebieten der USA entstandenen ist. Es sind Klänge, die man aus dem tiefschwarzem Delta Blues, dem federndem Ragtime und beseelten Spirituals her kennt. Hinter dem Duo stehen (bzw. sitzen) die beiden Münchner Peter Crow C. (Gesang, Gitarre, Harmonika) und Ferdinand „Jelly Roll“ Kraemer (Gesang, Gitarre, Mandoline, Harmonika). Ihre Plattenproduktionen darf mnan getrost als legendär bezeichnen. So haben sie, neben der bemerkenswerten Musik, für die Covergestaltung von „Satans Funeral“ den amerikanischen Illustrator und Gründervater der Underground Comix Szene Robert Crumb gewinnen können. Und ihr letztes Album „Favorite Requests“ erschien limitiert als 10inch Vinyl EP.
Am Freitag den 07. März und am Samstag den 08. März findet im Puchheimer Kulturzentrum das nunmehr 14. Bluesfestival im PUC statt. Von Beginn an zeichnen sich Peter Crow C. und Ferdinand Jelly Roll Kraemer für das Programm verantwortlich. Diesmal gastieren der dänische Ausnahme Bluesmusiker Big Creek Slim und die Mississippi-Hill-Country-Blues Band Juke Joint Smokers (07. März), sowie Dr. Will & The Wizards und das italienische Duo Veronica & Max mit Blues, Ragtime, Country und Vaudeville (08. März). Natürlich werden an beiden Tagen auch Black Patti Teil des Programms sein.
KultKomplott: Welche Faktoren waren ausschlaggebend, dass Sie wurden, was Sie heute sind?
Black Patti: Zum einen das persönliche Verständnis untereinander, welches über musikalische Aspekte hinaus reicht und zum anderen eine gewisse Hartnäckigkeit im Musikgeschäft welches, abgesehen vom Musik machen, nicht nur Spaß mit sich bringt.
KK: Wen bzw. was möchten Sie mit Ihrer Arbeit erreichen?
BP: Wir spielen grundsätzlich für jedes Publikum gerne Musik und möchten den Spirit der Blues Musik der Zwanzigerjahre einem breiteren Publikum zugänglich machen und ihn durch eigene Songs in die Neuzeit transportieren.
KK: Mit welchen Widrigkeiten müssen Sie sich bei Ihrer Arbeit am häufigsten auseinandersetzen?
BP: Dadurch, dass der Begriff Blues in der Jetztzeit häufig fehlinterpretiert wird, müssen wir uns oft damit auseinandersetzen, Menschen den Ursprung dieser Musik näher zu bringen..
KK: Welche Erlebnisse haben Sie zuletzt stark beeindruckt?
BP: Die Platte „Sentimental Fool“ von Lee Fields.
KK: Welches sind die schönsten Momente in Ihrer Arbeit?
BP: Die schönsten Momente sind, wenn wir mit unserem Spiel zufrieden waren und das Publikum glücklich nach Hause geht.
KK: Hören Sie Musik und wenn ja, welche Art von Musik mögen Sie besonders?
BP: Abgesehen von der Roots Musik, die vor dem Zweiten Weltkrieg in den USA entstand, hören wir außerdem gerne Artverwandtes wie Jazz, Soul, Bluegrass oder karibische Musiken.
KK: Hören Sie eher CD oder Vinyl?
BP: Vinyl natürlich.
KK: Was lesen Sie momentan?
BP: Peter liest gerade ein Buch über die Caro-Kann Eröffnung im Schach. Ferdinand liest gerade die Biografie über den Countrygitarristen Merle Travis.
KK: Was ärgert Sie maßlos?
BP: Die German Blues Challenge, weil sie mit allem, nur nicht mit Blues zu tun hat und Musik kein Wettbewerb sein sollte.
KK: Was freut Sie ungemein?
BP: Wenn junge Menschen unser Konzert besuchen und wenn getanzt wird.
KK: Haben Sie jemals ein Kleidungs- bzw. Möbelstück selbst genäht oder getischlert?
BP: Nein.
KK: Von welchem Schauspieler / welcher Schauspielerin sind sie in welchem Film beeindruckt?
BP: Von George Clooney in „O Brother Where Art Thou?“ und von Steve Buscemi in „Ghost World“
KK: Was würden Sie gern erfinden, was es Ihrer Meinung bisher noch nicht gibt?
BP: Eine moderne Schellack Produktionsstätte.
KK: Fühlen Sie sich eher als Einzelkämpfer, oder Teamplayer?
BP: Als Duo natürlich als Teamplayer.
KK: In welcher Situation haben Sie die besten Einfälle?
BP: Am kreativsten sind wir in spielfreien Zeiten, da wir dann den Kopf frei haben für neue musikalische Ideen.
KK: Welche Websites oder Blogs lesen Sie?
BP: Peter liest lichess.org und Ferdinand liest sundayblues.org
KK: Was würden Sie ändern, wenn Sie für einen Tag Staatsminister für Kultur wären?
BP: Kultursubventionen neu verteilen.
KK: Wenn Sie eine Autobiographie schreiben würden, wie wäre der Titel?
BP: Schwer zu sagen…
KK: Wie stellen sie sich die Zukunft vor?
BP: Keine Visionen, um nicht desillusioniert zu werden.
Autor: Siehe Artikel
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