Der recht helle Saturn ist der Planet der zweiten Nachthälfte. Venus hingegen wird zum prachtvollen Morgenstern und ist aufgrund seiner relativ großen Höhe bereits gegen 4 Uhr früh gut in östlicher Richtung zu beobachten.
Noch vor 100 Jahren glaubten die Astronomen, dass Galaxien kosmische Gebilde sind, die zu unserer eigenen Milchstraße gehören. Für sie standen diese Objekte knapp außerhalb der galaktischen Ebene im umgebenden Halo unserer Milchstraße. Somit galten sie gewissermaßen als lose Anhängsel. Der Hauptgrund für diese Fehlinterpretation war, dass sie hinsichtlich ihrer Entfernung nicht zu vermessen waren. Dann aber konnte der Astronom Edwin Paul Hubble (1889-1953) und seine Assistentin Henrietta Leavitt mithilfe einer neuen Methode die Entfernung von Andromeda genauer zu bestimmen. Es gelang ihnen durch das Auffinden von so genannten Delta Cepheiden, die aus unserer eigenen Heimatgalaxis schon längst bekannt waren. Es sind veränderliche Sterne, die zu genau sich wiederholenden Zeiten hell aufleuchten. Nach mehreren Jahren der Beobachtung am damals größten Teleskop der Welt auf dem Mount Palomar konnten sie die ersten Sterne dieser Klasse in der Andromeda-Galaxie ausfindig machen.
Dadurch gelang erstmalig der Nachweis, dass unsere Nachbargalaxie mit der Bezeichnung M 31 mindestens 1 Milliarde Lichtjahre von uns entfernt sein muss und somit kein Teil unseres Milchstraßensystems ist. Da die geltende Lehrmeinung dadurch mit einem Schlag ad absurdum geführt wurde, war der Aufschrei unter den alteingesessenen Gelehrten unüberhörbar. Doch nachdem im Laufe der Jahre weitere Beweise für die Richtigkeit der Methode der neuen Entfernungsbestimmungen vorlagen, änderte sich die Sichtweise nach und nach grundlegend.
Heute gilt Andromeda als unsere direkte Nachtbargalaxie. Sie ist nach neusten Messungen mit 2,25 Mrd. Lichtjahren mehr als doppelt so weit entfernt wie einst von Hubble und Leavitt angenommen und beheimatet mit 400 Milliarden Sternen doppelt so viele Sonnen wie unsere Galaxie.
Durch diese grundlegende Entfernungsbestimmung wurde aber auch schnell klar, dass alle anderen Sterneninseln dieser Art noch wesentlich weiter von uns entfernt sein müssen. Hubble schuf mit seinen Forschungen gleichzeitig die Grundlage für die von ihm vorgenommene Klassifizierung der Galaxien. Noch heute unterscheiden wir dadurch vier verschiedene Arten: Neben den Spiralgalaxien kennen wir noch elliptische, linsenförmige und irreguläre Galaxien.
Das Team des James Webb Space Telescopes hat seit Beginn seiner wissenschaftlichen Arbeit viele spektakuläre Aufnahmen von diesen verschiedenen Galaxienarten machen können. Dabei traten zum Teil höchst interessante Eigenschaften der fernen Sternenassoziationen zu Tage: Eines der wohl aufregendsten Bilder stellt dabei die Aufnahme der Galaxie NGC 628 dar. Hier schauen wir direkt von oben (Head on) auf einen weitgefächerten Wirbel. Deutlich sieht man wie sich vom galaktischen Zentrum die einzelnen Spiralarme weit nach außen hin ausdehnen.
Eine völlig gegensätzliche Ansicht stellt das Foto der berühmten Sombrero-Galaxie dar: Bei einem Winkel von nur 6° sehen wir hier fast genau auf die Kante (Edge on) der gigantischen Formation mit fast 800 Milliarden Sternen. In der zweigeteilten Aufnahme der 300 Millionen Lichtjahre entfernten Sterneninsel sieht man deutlich die Unterschiede zwischen dem nahen Infrarot im linken Bildbereich und dem mittleren Infrarot auf der rechten Seite, die jeweils mit den Kamerasystemen NIRCam und MIRI des Webb Space Telescopes gewonnen wurden.
Auf der Website „Galaxies over time“ sind noch weitere interessante Vertreter der riesigen Sternansammlungen vertreten: So schauen wir zum Beispiel auf die irreguläre Galaxie I Zwicky 18. Es ist eine Galaxie ohne Spiralarme und man erkennt sie als Vorstufe eines künftigen Spiralsystems.
Bei der mit dem Spitznamen Egg-Galaxy (Eiergalaxie) versehenen Struktur von NGC 2937 schauen wir auf eine Sternansammlung, die nach der Hubble-Klassifikation als elliptisch eingeschätzt werden muss.
Im vierten Bild des Galaxien-Sixpacks ist eine Ansammlung von Galaxien sichtbar, die als Stephan’s Quintet schon seit längerem bekannt ist. In der extremen räumlichen Auflösung erkennt man eine Region der Sternentstehung mit ausufernden Schweifen aus Gas und Staub, die durch die Wechselwirkungen der Gravitation zwischen den Galaxien herausgezogen.
Abschließend sei noch auf zwei neue Entdeckungen des Webb-Teams verwiesen, die ebenso geheimnisvoll wie bedeutend sind: Die jüngsten Galaxien, die schon kurz nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren entstanden sind, stellen die Forscher vor ein Problem. Gleich fünf Aufnahmen sind in der Sammlung „Galaxies over time“ kombiniert. Die jungen Welteninseln, die 650 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden sind und als kleine rote Punkte auszumachen sind, zeigen uns einen neuen Typ von „Urgalaxien“, die interessanterweise bereits eine Milliarde Jahre später wieder verschwunden sind.Die sechste Bildveröffentlichung offenbart uns die jüngste jemals entdeckte Galaxie mit dem Namen JADES-GS-z14-0. Bei dem in der Bezeichnung vorkommenden Wert von z=14,0 handelt es sich um die so genannte Rotverschiebung, die der österreichische Physiker Johann Christian Doppler entdeckte. Dieser enorme Wert des Dopplereffekts bedeutet, dass sich diese Galaxie mit ungefähr 90 Prozent der Lichtgeschwindigkeit von uns fortbewegt. Sie ist damit ein eindeutiger Beweis für die ebenfalls von Hubble postulierte Theorie der Galaxienflucht, die wiederum ein Beweis für ein expandierendes Universum darstellt. Sie entstand tatsächlich sogar nur 300 Millionen Jahre nach dem Big Bang. Allerdings sollten sich nach der gängigen Theorie zu diesem Zeitpunkt noch keine Galaxien gebildet haben: Ein neues Rätsel aus den Anfangszeiten unseres Universums, das es zu lösen gilt. Man sieht, die Astronomie war, ist und bleibt eine äußerst dynamische Wissenschaft und wir stehen - um mit den Worten von Carl Sagan zu sprechen - vor den größten aller Geheimnisse.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt