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1. DER MANN, DER IMMER KLEINER WURDE - Die unglaubliche Geschichte des Mr. C
2. DRACULA (plus Interview mit Luc Besson)
3. DAS VERSCHWINDEN DES JOSEF MENGELE
4. ZIRKUSKIND
5. REFLECTION IN A DEAD DIAMOND
6. KARLA
Donnerstag 06.11.2025
DER MANN, DER IMMER KLEINER WURDE - Die unglaubliche Geschichte des Mr. C
Ab 06. November 2025 im Kino
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Was wäre, wenn die vertraute Umgebung plötzlich immer größer werden würde? Konfrontiert mit einer schließlich gigantischen Welt spielt Oscar®-Preisträger Jean Dujardin herausragend die Hauptrolle in diesem außergewöhnlichen und spannenden Thriller!

Ein Film von Jan Kounen
Mit Jean Dujardin, Marie-Josée Croze, Stéphanie Van Vyve u.a.

Pauls (Jean Dujardin) Leben spielt sich zwischen dem Schiffbau-Geschäft und seinem schönen Haus am Meer mit Frau (Marie-Josée Croze) und Tochter (Daphné Richard) ab. Als er eines Tages auf hoher See in ein merkwürdiges Wetterphänomen gerät, beginnt er unaufhaltsam zu schrumpfen, ohne dass die Ärzte es erklären könnten oder ein Gegenmittel hätten. Seine vertraute Umgebung verwandelt sich plötzlich in eine feindliche Welt, in der Begegnungen mit Katzen, Mausefallen und Spinnen zu einer Frage von Leben und Tod werden und er um sein Überleben kämpfen muss.
DER MANN, DER IMMER KLEINER WURDE – DIE UNGLAUBLICHE GESCHICHTE DES MR C. ist ein packend inszenierter dramatischer Thriller um den Überlebenskampf und existenziellen Reise eines Mannes. In der Hauptrolle brilliert Oscar®-Preisträger Jean Dujardin („The Artist“). Regisseur Jan Kounen („39,90“) inszenierte packend die Adaption des Romanklassikers von Richard Matheson. Der vielfach ausgezeichnete Komponist Alexandre Desplat ("The Grand Budapest Hotel") zeichnet für die Musik verantwortlich.
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Donnerstag 30.10.2025
DRACULA (plus Interview mit Luc Besson)
Ab 30. Oktober 2025 im Kino
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Im 15. Jahrhundert wendet sich der transilvanische Prinz Vlad II, Graf von Dr?cul (Caleb Landry Jones), nach dem grausamen Verlust seiner angebeteten Frau Elisabeta (Zoë Bleu), voller Zorn von der Kirche ab. In seiner unbändigen Trauer tötet er einen Priester, verflucht Gott – und wird zum ewigen Leben verdammt. Er wird zu Dracula. Als bluttrinkender Vampir muss er fortan durch die Jahrhunderte irren. Dracula ist von der finsteren Hoffnung besessen, irgendwann mit seiner großen Liebe wiedervereint zu sein. 400 Jahre später scheint er sie in Paris gefunden zu haben, in Gestalt der verführerischen Mina (Zoë Bleu).

Ein Film von Luc Besson
Mit Caleb Landry Jones, Christoph Waltz, Zoë Bleu, Matilda de Angelis, Ewens Abid und Guillaume de Tonquedec u.a.

Erfolgsregisseur Luc Besson („Valerian – Die Stadt der 1000 Planeten“, „Lucy“) präsentiert mit DRACULA – DIE AUFERSTEHUNG eine düster-opulente Neuinterpretation der legendären Schreckens-Figur Dracula und zeichnet für Regie und Drehbuch des bildgewaltigen Fantasy-Horror-Films verantwortlich. In der Rolle des unheimlichen Vampirs ist Caleb Landry Jones („DogMan“, „Three Bildboards Outside Ebbing, Missouri“) zu sehen, der 2021 mit dem Darstellerpreis des 74. Filmfestivals von Cannes ausgezeichnet wurde. Sein Gegenspieler im Film ist der zweifache Oscar©- Preisträger Christoph Waltz als Vampirjäger-Priester („Inglourious Basterds“, „Django Unchained“). In weiteren Rollen spielen Matilda De Angelis („Citadel: Diana“), Ewans Abid („Andor“) und Haymon Maria Buttinger („Vienna Blood“). In der Doppelrolle von Mina und Elisabeta, der einstigen Frau des Prinzen, ist Zoë Bleu („Gonzo Girl“) zu sehen – Tochter von Schauspielerin Rosanna Arquette.



INTERVIEW MIT REGISSEUR LUC BESSON

Ein Projekt, geboren aus einem gemeinsamen Wunsch
„Das Projekt ist entstanden, weil Caleb Landry Jones und ich noch einmal zusammenarbeiten wollten. Während wir DogMan drehten, fragte ich ihn, was er nach dem Film gerne machen würde. Wir unterhielten uns über klassische Figuren, insbesondere die Monster, und entdeckten unsere beiderseitige Begeisterung für Dracula. Also nahm ich mir den Roman noch einmal vor, was meinen Wunsch, dieses Projekt in Angriff zu nehmen, nur weiter verstärkte. Das Buch ist im Kern eine Liebesgeschichte, aber zur Zeit der Veröffentlichung waren die Leser mehr von der fantastischen und blutrünstigen Dimension fasziniert. Mit der Zeit entwickelte sich die Figur zu einem monströsen Mythos. Doch ich nahm vor allem die Liebesgeschichte wahr. Die Geschichte eines Mannes, der es vermochte, 400 Jahre zu warten, um die Frau wiederzusehen, die er liebt und die ihm von Gott genommen wurde. Ich wollte unbedingt das Drehbuch dazu verfassen, ursprünglich ohne die Absicht, Regie zu führen. Nach einer Weile war ich aber so begeistert von dem Skript, dass ich beschloss, doch auch die Regie zu übernehmen.“

Charismatisch und menschlich
„Graf Dracula verfügt von Anfang an über eine echte Aura: Er ist der Prinz der Region. Trotz seiner Jugend folgen ihm die Leute in die Schlacht, weil er ein echter Anführer ist. Ich wollte vermitteln, dass er dem Krieg nicht viel abgewinnen kann. Er kämpft zwar im Namen Gottes, würde aber lieber bei seiner Frau bleiben. Dracula formuliert sogar die Frage: “Es wird eine blutige Schlacht werden, ist das Gottes Wille?" Es entzieht sich ihm, warum er so viel Blut vergießen und töten muss, aber er tut es im Namen Gottes. Als er aus dem Krieg zurückkehrt, fühlt er sich verständlicherweise betrogen. Im Roman transformiert sich sein Körper in eine Fledermaus oder in grünen Rauch. Aber ich war der Auffassung, dass ihn diese übernatürlichen Kräfte nicht interessanter machten. Ich wollte keine Figur mit Superkräften nach amerikanischem Vorbild. Wenn, dann sollten seine Fähigkeiten plausibel bleiben. Da er nirgendwo hingehen kann, benutzt er ein Parfüm, um junge Frauen anzulocken. Dracula erinnerte mich auch an den exzentrischen Zeitungsmagnaten William Randolph Hearst, da seine Figur ähnlich dramatisiert wirkt. Wie Hearst, der ein Schloss und sogar einen Zoo sein Eigen nannte, ist mein Dracula ein Ästhet, der die schönen Dinge, seidige Stoffe, Schmuck und Reisen liebt. Man kann ein leidenschaftlicher Liebhaber sein, ohne darüber zwingend unglücklich zu werden. Meine Inspiration tendierte eher in Richtung Dandy-Ästhetik als Nosferatu. Ich war nur bedingt an der dunklen Seite der Figur interessiert.“

Zeitlose Werte
„Ich wollte die wesentlichen Prinzipien aufgreifen, die uns als Menschen prägen: die Liebe, aber auch andere, die mitunter ein wenig ins Hintertreffen geraten, wie Respekt, Freundschaft, das Bedürfnis zu teilen, Gemeinwohl, Beharrlichkeit und Gerechtigkeit. Natürlich werden wir nie Perfektion erreichen, aber es ist ein steter Kampf. Heutzutage hat das Geld all diese Werte zunichte gemacht. Was mich beim erneuten Lesen des Romans erstaunte, ist die Verwirrung, die man durchaus empfinden könnte: Man weiß, dass der Protagonist nur am Leben bleibt, um seine Frau zu finden, aber derweil lebt er mit drei Nymphen in seinem Schloss. Nach der Ankunft in London verführt er sogleich Minas beste Freundin. Wie kann er das miteinander vereinbaren? Es war mir wichtig, seine Gefühle deutlicher herauszuarbeiten.“

Ein Vampir in Paris?
„Der Roman hatte ein Problem: Als der Priester sich auf die Suche nach Dracula macht, muss er, um England zu erreichen, ein Schiff und dann einen Zug nehmen. Es gab darüber hinaus eine Menge logistischer Probleme, unter denen die Erzählung litt. Wenn man die Handlung hingegen auf den Kontinent verlegt, kann Dracula reiten, und die anderen können ihn mit dem Zug verfolgen. Das war viel logischer und kohärenter. Den Engländern machte es nichts aus, Les Misérables in ein Musical zu verwandeln, warum sollte es sie also kümmern, wenn man Dracula nach Paris verpflanzt? (lacht)“
Was mich noch interessierte, war das Datum des 14. Juli 1889: Das ist der hundertste Jahrestag der Revolution, und Paris feiert. Die Lebenswege aller Figuren kreuzen sich, was in unglaublicher Aufregung und Dynamik gipfelt. Dieser Kontext könnte auch erklären, warum ein Vampir in Paris unbemerkt bleiben konnte. Polizei und Bevölkerung waren schlichtweg mit anderen Dingen beschäftigt. Mir gefiel dieser Aufbau, der sich wie eine Symphonie anfühlte, die in einem Höhepunkt gipfelt: Mina verschwindet, Dracula taucht auf und der Priester weiß nicht, wo er suchen soll. Diese Energie hat mir sehr gefallen. Denjenigen, die meine Filmografie kennen, wird nicht entgangen sein, dass ich Paris liebe!

Ein amüsantes Gespann
„Aus dramaturgischen Gründen brauchte ich eine Figur, die Informationen preisgibt, und eine zweite, die sich das anhört, damit der Zuschauer versteht, worum es geht. Die Dynamik zwischen diesen beiden macht sie zu Komplizen. Von da an wollte ich den Schwerpunkt weg von diesen Figuren, die im Roman tatsächlich existieren, hin zu mehr Humor verlagern. Die Geschichte ist emotional ausgesprochen stark. Ich dachte daher, dass es nützlich sein könnte, sie etwas aufzulockern. Die erste Figur ist ein Arzt, der von einem Phänomen überwältigt wird, das nichts mit der Wissenschaft zu tun hat. Die zweite Figur ist ein Priester, der unscheinbar wirkt, sich aber als Vortänzer entpuppt! Für mich ist der Arzt eine Art bretonischer Spaniel, der keine Ahnung hat, während der Geistliche sowas wie ein Foxterrier ist, der einfach nicht aufgibt. Ich fand es amüsant, dass der rationale Arzt den Priester um Hilfe bittet, in einer Zeit, in der die Wissenschaft in aller Munde ist.“

Die Inkarnation von Dracula
„Dies ist der zweite Film, den ich mit Caleb gedreht habe. Wir stehen uns sehr nahe, kennen uns gut und vertrauen einander. Für ihn war es wichtig, die Stimme und den Akzent der Figur zu finden. Er brauchte Bezugspunkte, an denen er seine Vorstellung festmachen konnte. Die Stimme, aber auch die Zeichnung der Figur, der lila Anzug, die hochhackigen Schuhe, um ihm dieses übergroße Aussehen zu geben, haben ihm dabei geholfen. Caleb arbeitete mit einem rumänischen Coach zusammen und fand nach mehreren Versuchen schließlich seine Stimme. Ab diesem Punkt hat sich alles andere von selbst ergeben. Er probierte die Kostüme zum ersten Mal an und die Körpersprache stellte sich spontan ein, dieses Dandy-Gefühl, mit den langsamen Bewegungen.
Mithilfe des Make-ups hat es Caleb dann auf das nächste Level gebracht. Ich erinnere mich an einen Tag während der Vorbereitungen, als er sich um vier Uhr morgens schminken ließ, das Kostüm anzog und schreiend in die Menge rannte! Sobald er seine Stimme gefunden hatte, legte er sie für den Rest der Dreharbeiten nicht mehr ab. Caleb drückte sich nur noch mit diesem rumänischen Akzent aus, selbst wenn wir abends zusammen aßen.

Zwei Enthüllungen
„Es war Caleb, der mir Zoë Bleu für die Rolle der Mina vorschlug, weil er sie singen gehört hatte. Später stellte ich fest, dass sie die Tochter von Rosanna Arquette ist, und dass ich sie gesehen hatte, als sie drei Tage alt war! Ein Kreis schloss sich, da ich mit ihrer Mutter Im Rausch der Tiefe drehte, als sie im selben Alter war wie Zoë jetzt. Ich bin nach New York geflogen, um sie zu treffen. Sie hatte nur wenig Filmerfahrung, aber man sah es ihr in keinem Moment an. Zoë performte tadellos. Wir haben wie verrückt gearbeitet und dann alle Szenen mit Caleb geprobt, damit sie ihren Text in- und auswendig konnte. Ich bevorzuge es, die Schauspieler schon vor dem Dreh mit Text zu füttern und auch die Bewegungsabläufe bereits zu proben. Wenn man erst einmal am Set ist, dann ist man durch die technischen Herausforderungen und die knappe Zeit befangen.
Für die Besetzung der Maria hatte ich mir Testvideos angeschaut und war sehr angetan von Matilda De Angelis leicht brüchiger Stimme. Als ich sie traf, hat mich sofort angesprochen, dass Matilda mit größter Aufmerksamkeit zuhörte und agierte, ohne den Anschein zu erwecken, etwas Besonderes zu tun. Mir wurde klar, dass dies ein Kennzeichen besonders guter Schauspieler ist. Ich fragte Matilda, ob sie sich der Schwierigkeit der Rolle bewusst sei, und sie antwortete: "Ja, ich glaube, es wird eine Herausforderung". Ihre Klarheit hat mich sehr beruhigt. In dem Film muss sie weinen, lachen und schreien, während sie gegen einen zweifachen Oscar®-Preisträger anspielt. Matilda stand unter großem Druck, zumal sie zwei Filme gleichzeitig drehte, meinen und Mario Martones Fuori, der dieses Jahr in Cannes für die Goldene Palme nominiert wurde.“

Zwei Stradivari
„Ich habe Guillaume de Tonquédec bereits in vielen Rollen gesehen, und er beherrscht seine Kunst perfekt. Guillaume wechselt nahtlos von Film zu Theater und gehört zu den Schauspielern, die Meister ihres Handwerks sind. Christoph Waltz hatte ich sofort für die Rolle des Priesters im Kopf, ohne zu wissen, ob er annehmen würde. Ich habe für ihn eine frühe Vorführung von DogMan organisiert, weil ich weiß, dass bei den großen Schauspielern die Mitspieler das Entscheidende sind. Als er Caleb sah, sagte er sofort zu, noch bevor er das Drehbuch gelesen hatte.
Guillaume und Christoph sind beide sehr präzise und wollen sich immer verbessern. Ich bin offen für Schauspieler, die mich bitten, eine weitere Einstellung zu drehen. Sie sollen das Gefühl haben, dass ihnen das Set zur Verfügung steht und sie die nötige Ruhe haben, um sich auszudrücken. Christoph nahm sich Zeit, um seine Stimme und seine Gesten zu platzieren. Beim dritten oder vierten Take war er schon warmgespielt. Ich konnte ihn dann bitten, sich von einem Element des ersten oder zweiten Takes inspirieren zu lassen. Manchmal drehten wir bis zu 20 Takes, weil er die Intensität immer weiter steigerte. Mitunter haben wir fünf oder sechs Takes lang eine Stimmung erforscht, dann eine andere für weitere 5-6 Takes. Das ist besonders wichtig, denn dadurch hat man anschließend beim Schnitt eine unglaubliche Menge an Material zur Verfügung und kann die Szene nach Belieben verfeinern.“

Ein edler Kampf
„Ich habe die einzige gemeinsame Szene von Caleb und Christoph am Ende des Films platziert. Sie waren beide versessen auf diese Konfrontation. Schauspieler ihres Kalibers gehen bis an die Grenzen ihrer Fähigkeiten und loten die Möglichkeiten der Rollen vollkommen aus. Sie versuchen nie, sich gegenseitig zu destabilisieren. Ich habe aber auch schon Darsteller erlebt, die versuchen ihre Partner aufs Glatteis zu führen und dabei nicht alles geben. Das ist jedoch bei guten Schauspielern nicht der Fall. Bei ihnen gibt es einen edlen Wettkampf. Caleb und Christoph waren in dieser Szene außergewöhnlich.“

In erster Linie Kreativität
„Ich arbeitete erneut mit dem wundervollen Patrice Garcia zusammen, der schon an Das fünfte Element mitgewirkt hatte und der eigentliche Schöpfer von Arthur und die Minimoys ist. Bei diesem Projekt haben wir unsere Kooperation bereits sehr früh begonnen, in einer Phase, die ich immer sehr genieße, weil man nur zu zweit ist und sich alles nur um Kreativität dreht. Man denkt noch nicht darüber nach, ob ein Vorschlag realisierbar ist oder wie viel er kosten würde. Alle drei, vier Tage schickte mir Patrice neue Zeichnungen. Ich reagierte auf seine Vorschläge und wir tasteten uns langsam voran. Bis er mir eines Tages die Zeichnung von Dracula schickte, die alles ins Rollen brachte. Dank dieses Ausgangspunkts konnte ich die romanhafte Seite der Figur, den Aspekt des verfluchten Künstlers, seine Kostüme und sogar die Schauplätze, an denen sich die Figur weiterentwickeln würde, vor meinem inneren Auge erkennen. Patrice hat sich dann die Schlösser ausgedacht und sich Draculas Helm in Form eines Drachens vorgestellt!

Funktionale Kulissen, ästhetisch herausragend
Ich arbeite seit über zwanzig Jahren mit Szenenbildner Hugues Tissandier zusammen. Wir kennen uns mittlerweile sehr gut. Ich wusste, dass er sich in der Ära, in der unser Film spielt, pudelwohl fühlen würde, zumal wir schon bei Adèle und die Geheimnisse des Pharaos kooperiert hatten. Ich begann, im Internet zu recherchieren und gab ihm dann etwa fünfzig Referenzen für Zeichnungen, Gemälde und Grafiken. Er hat die Epochen und Länder gründlich dokumentiert, um anschließend ein Moodboard zu erstellen. Für Draculas Schloss wollte ich eine fantastische barocke Architektur, aber ohne Übertreibungen, damit es glaubwürdig blieb. Hugues schlug mir Kulissen in Gold- und Kupfertönen vor, was mich wirklich überraschte. Ich dachte zuerst, wir sollten uns eher an die Klassik halten, aber er überzeugte mich.
Mit Hugues gibt es zwei wichtige Phasen: erstens die Form des Bühnenbilds, anhand derer ich meine Inszenierung projiziere, die Perspektiven überprüfe und unter Umständen feststelle, dass die Decken zu niedrig sind. Wir bauen dann Styropormodelle sowie maßstabsgetreue Figuren und benutzen ein Periskop, mit dessen Hilfe ich Hugues genaue Angaben machen kann. Danach legen wir fest, welche Wände entfernt werden müssen, damit ich meine Kamera platzieren und die Inszenierung umsetzen kann.
Schließlich geht es um Materialien und Farben. An diesem Punkt wird es deutlich künstlerischer: Es gilt Stoffe und Dekoration auszuwählen und die Patina festzulegen.
Bei diesem Dreh verwendeten wir eine Mischung aus realen Motiven und Studiokulissen. Das Hôtel de la Marine am Place de la Concorde hat uns zum Beispiel drei wesentliche Sets zur Verfügung gestellt: die Szene in Versailles, Marias Hochzeitszimmer sowie Draculas Hotelzimmer in Paris. Draculas Schlosszimmer hingegen wurde im Studio errichtet. Die Apotheke des Arztes ist eine Mischung aus Hôtel-Dieu und Studio. Wir haben auch im Intercontinental in Opéra gedreht, das meiner Meinung nach über den schönsten Ballsaal Frankreichs verfügt.

Eine Fülle an Kostümen
„Corinne Bruand, die 2.000 Kostüme für den Film entworfen hat, war zuvor die Assistentin einer Kostümbildnerin, mit der ich lange zusammengearbeitet habe und die wiederum Assistentin meiner Kostümbildnerin bei Johanna von Orleans war! Man könnte sagen, sie ist meine Kostümbildnerin in der dritten Generation! (Lacht) Zuerst hat sie die Figuren genau studiert, um dann Moodboards mit verschiedenen Stoffen und Materialien zu erstellen. Dabei suchte sie nach Farbtrends für die Hauptfiguren. Dracula und Elisabeta sind in Violett gehalten, eine Entscheidung, die ich auf Basis der Zeichnungen von Patrice Garcia getroffen habe. Mina wird in blasses Blau getaucht, die Vampirin Maria wiederum in Burgunderrot. Ich wollte, dass der Priester aus Bayern kommt, und ließ Christoph Waltz anfangs sogar Lederhosen und einen Hut mit Fasanenfedern anprobieren! Am Ende entschieden wir uns für eine schlichtere Variante. Aber der Stil der Tunika, die er gegen Schluss trägt, ist ein traditioneller bayerischer Schnitt aus dem späten 19. Jahrhundert. Wir haben uns auch viele Gedanken gemacht über den Inhalt seines Koffers, in dem sich alles befindet, was man im Kampf gegen Vampire braucht. Die Gestaltung des Kofferinneren nahm Wochen in Anspruch.“

Die Zusammenarbeit mit Danny Elfman
„Ich hatte das Gefühl, dass Danny Elfmans musikalische Welt perfekt zu dem Film passen würde. Als ich mit ihm Kontakt aufnahm, berichtete er mir, dass er davon träumt, einen Dracula-Soundtrack zu gestalten, dass er aber bereits drei Projekte abgelehnt hat. Lustigerweise ist er mit Bridget Fonda verheiratet, mit der ich mich sehr gut verstehe, weil sie in Kiss of the Dragon mitgespielt hat, einem von mir produzierten Film. In kürzester Zeit entstand zwischen uns eine fast familiäre Atmosphäre.
Danny kam zu den Dreharbeiten, um in den Film einzutauchen, aber die Zeit danach war für mich etwas schwierig, da er wieder in seiner eigenen Welt verschwand und nur wenig kommunizierte. Dann schickte uns er uns eines Tages, während wir im Schnitt saßen, das Thema der ersten Szene: Ich bekam sofort eine Gänsehaut! Danny hatte die Stimmung des Films genau verstanden. Schon beim ersten Versuch traf er den richtigen Ton und fand die ideale Klangfarbe. Wir haben dann einige Anpassungen vorgenommen und wie alle großen Komponisten war er offen für Anregungen, ohne sich jemals beleidigt zu fühlen. Nur mit der Tanzsequenz in den Höfen Europas tat er sich etwas schwer, weil ich zuerst ein Stück von Billie Eilish benutzt hatte und wir eine Weile brauchten, um dieses zu vergessen.“

Im Verborgenen, aber unverzichtbar
„Ich habe meine ersten Filme mit sehr wenig Geld realisiert. Deswegen achte ich heutzutage genau darauf, dass wir unser Investment auf der Leinwand wiederfinden und nirgendwo sonst. Ich konnte mich glücklich schätzen, Hunderte von Tänzern und Statisten mobilisieren zu können, die zwar im Schatten blieben, aber eine Hingabe an den Tag legten, die mir Kraft verlieh. Sie bevölkerten alle Massenszenen, an den Höfen Europas, im Kloster und auf dem Jahrmarkt in Paris. Ihnen ist es zu verdanken, dass diese Momente im Film so überzeugen.
Darüber hinaus hatte ich das Vergnügen, mit einigen der besten Techniker der Welt zu kooperieren, sei es beim Ton, bei der Mischung oder bei der Farbkorrektur. Der Kolorist, ein Franzose, der in den USA lebt, ist regelmäßig für Martin Scorsese, Quentin Tarantino und Steven Spielberg unterwegs. Er hat die Fähigkeit, die Wahrnehmung eines Films zu verändern. Ich habe mich sehr gefreut, mit ihm an DRACULA – DIE AUFERSTEHUNG arbeiten zu können. Der Waffenschmied, der die Rüstungen der Soldaten entworfen hat, hat bereits vor 25 Jahren an Johanna von Orleans mitgewirkt. Es war mir eine wahre Freude, wieder mit ihm zu kooperieren!
Mehr gibt es nicht zu sagen. Ein großes Dankeschön geht an alle Statisten und die Arbeiter, die im Schatten des Films wirken, denn erst durch sie erhält DRACULA – DIE AUFERSTEHUNG seine wahre Dimension!“



INTERVIEW MIT HAUPTDARSTELLER CALEB LANDRY JONES

Ein universeller Ansatz
„Die tragische Dimension von Draculas Geschichte und die verstörende Seite der Figur sind immer noch präsent, aber Luc Besson wollte sich vor allem auf die Beziehung zwischen Dracula und Mina, der Frau, die er über alles liebt, konzentrieren. Der Film handelt von dem Verlust, den er empfindet, als sie ihm genommen wird, und von den Anstrengungen, die er unternimmt, um sie zurückzuholen. Die Vision von Luc gibt sich viel romantischer und intimer als frühere Versionen des Mythos. Ich denke, jeder kann sich mit einer Figur identifizieren, die ihre wahre Liebe verloren hat. Beim Lesen des Drehbuchs fiel mir die große Sanftmut auf, ebenfalls sehr ungewöhnlich für Dracula. Das verleiht der Liebesgeschichte eine magische Dimension, die das Publikum ansprechen sollte. In seiner Annäherung an das Liebesdrama beweist Luc eine Aufrichtigkeit, die meiner Auffassung nach in früheren Adaptionen fehlte. Denn auch wenn es sich um einen außergewöhnlichen Charakter und ein übernatürliches Wesen handelt, muss doch etwas Wahres dran sein an der Geschichte.“

Ein Dandy und Ästhet
„Mir ist sofort seine große Eleganz ins Auge gestochen, denn er ist nun mal ein Prinz. Er liebt die schönen Dinge des Lebens und achtet auf sein Äußeres, damit er in den Palästen, in denen er nach Mina sucht, nicht auffällt. Diese Details mögen unbedeutend erscheinen, aber sie haben es mir erleichtert, in die Haut der Figur zu schlüpfen. Das Parfüm, dass ich extra für diesen Anlass hergestellt habe, oder die Schuhe mit Absätzen, die einen größer wirken lassen, sind gute Beispiele.

Eine strenge Ausbildung
Obwohl ich in dem Film nur wenig Zeit auf Pferderücken verbringe, bestand Luc darauf, dass ich ein strenges Training absolviere. Er wollte sicherstellen, dass ich mich in der Nähe der Pferde wohl fühle. Dank des Trainings hat mir das Reiten am Ende sogar Vergnügen bereitet. Ich wurde auch im Umgang mit Schwertern und Schwertkampf geschult. Das Stunt-Team von Alain Figlarz sorgte dafür, dass die Übungen und Haltungen ständig variierten, so dass es nie langweilig wurde.!

Wie ein Atemzug
„Bezüglich meiner Stimme wiederholte Luc immer wieder "Tiefer, tiefer!" und bezog sich dabei auf fast stumme Tiere wie Eidechsen. Schließlich entdeckte ich diese fast reptilienartig wirkende Stimme, besonders tief, wie ein Atemzug. Luc ist immer sehr präzise in seinen Anweisungen, und er wollte, dass Draculas besondere Atmung zu einem integralen Bestandteil der Stimme wird. Als ich den passenden Akzent und die Stimme gefunden hatte, behielt ich sie bis zum Ende der Dreharbeiten bei, weil ich Angst hatte, sie wieder zu verlieren.“

Zoë Bleu und Matilda De Angelis
„Ich habe Luc geraten, sich mit Zoë zu treffen. Ohne sie zu kennen, schien es mir, dass die Rolle sehr gut zu ihr passen würde. Luc traf sie und ihr Vorsprechen verlief sehr gut. Außerdem hatte ihre Mutter vor fast 30 Jahren in Im Rausch der Tiefe mitgespielt!
Matilda ist sehr professionell. Sie drehte zur gleichen Zeit einen anderen Film und pendelte ständig. Ihre Energie hat mich wirklich beeindruckt. Jedes Mal, wenn ich Matilda am Set sah, legte sie eine Lockerheit an den Tag, die ihrem Spiel unglaubliche Lebendigkeit verlieh. In der Jahrmarktszene in Paris war sie so voller Leben und setzte trotz des Wirbels, der sie umgab, ihre Präsenz durch.“

Die Konfrontation mit Christoph Waltz
„Christoph und ich hatten nur eine gemeinsame Szene, die sich Luc für den Schluss aufgehoben hatte. Das war eine weise Entscheidung, denn dadurch ließ sich die Begegnung intensiver gestalten und die Spannung erhöhen. Ich war total nervös, bevor wir die Szene in Angriff genommen haben. Letztlich war diese Nervosität der Situation sogar zuträglich, obwohl ich von meinem Gegenüber stark beeindruckt war. Christoph gab sich jedoch sehr großzügig und hat nie versucht, mich zu übervorteilen. Im Gegenteil, er war ein echter Partner in diesem Spiel.“

Mehr Effizienz
„Dies ist der zweite Film, den ich mit Luc gedreht habe, und obwohl DRACULA – DIE AUFERSTEHUNG ein viel ehrgeizigeres Projekt mit einer riesigen Crew ist, habe ich seine Anweisungen schneller verstanden und präziser auf seine Wünsche reagiert. Manchmal hat er mich gebeten, den Take zu wiederholen und eine andere Richtung einzuschlagen. Aber im Großen und Ganzen lief die Kommunikation sehr gut, ohne dass wir immer miteinander reden mussten. Wir waren auch viel effizienter.“

Die Magie der Inszenierung
„Wir wollten die Jahrmarktszene in einer realen Umgebung drehen, und Luc hatte es geschafft, ein touristisches Gebiet mitten in Paris, die Gärten des Palais Royal, absperren zu lassen und Drehgenehmigungen zu erhalten. Alle Stände waren aufgebaut und die Statisten präsent: die bärtige Dame, die Clowns, die Zauberer und der Mann auf Stelzen. Dann fing es an zu regnen und hörte nicht mehr auf. Zwischen zwei Schauern hatte Luc knapp zehn Minuten Zeit, um ein paar Aufnahmen zu machen. Schließlich entschied er sich, die Szene, die zu den teuersten des Films zählte, nicht vor Ort zu drehen, sondern sie stattdessen komplett im Studio nachzustellen, mit den identischen Sets, Kostümen und Statisten! Als ich den fertigen Film einige Monate später zu sehen bekam, war mir zwischendurch vollkommen entfallen, dass die Szene im Studio gedreht worden war und ich konnte es kaum glauben. Zugegebenermaßen hatte ich anfangs Skepsis an den Tag gelegt, aber Luc bewies, dass er wirklich ein Magier ist.“
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Donnerstag 23.10.2025
DAS VERSCHWINDEN DES JOSEF MENGELE
Ab 23. Oktober 2025 im Kino
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Kirill Serebrennikovs erster deutschsprachiger Film DAS VERSCHWINDEN DES JOSEF MENGELE mit August Diehl in der Titelrolle feierte bei den diesjährigen Internationalen Filmfestspielen in Cannes Weltpremiere und kommt am 23. Oktober 2025 bundesweit in die Kinos.

Ein Film von Kirill Serebrennikov
Mit August Diehl, Max Bretschneider, Dana Herfurth, Friederike Becht, Mirco Kreibich, David Ruland, Annamaria Lang, Tilo Werner u.a.

Buenos Aires, 1956. Unter dem Namen Gregor lebt Josef Mengele, der ehemalige KZ-Arzt von Auschwitz, im Exil. Unterstützt durch ein Netzwerk aus Sympathisanten und finanziert von seiner Familie, gelingt es ihm über Jahre hinweg, der internationalen Justiz zu entkommen. Der Film folgt Mengeles Fluchtweg von Argentinien über Paraguay bis nach Brasilien, wo er zuletzt unter falscher Identität in São Paulo lebt. Er ist gealtert, einsam, krank. Als ihn sein erwachsener Sohn Rolf aufspürt, kommt es zu einem letzten, stummen Aufeinandertreffen zwischen den Generationen.

DAS VERSCHWINDEN DES JOSEF MENGELE basiert auf dem preisgekrönten Roman von Olivier Guez und zeichnet ein schonungsloses Bild von Ideologie, Verdrängung, Verantwortung und einer Gesellschaft im Schatten ihrer Vergangenheit.
„Wir sind aktuell von stark ideologisch geprägten Systemen umgeben und ich hoffe, dass der Film in seiner genauen Beschreibung der ideologischen Verengung dazu beiträgt, sich nicht von Ideologien jeglicher Art vereinnahmen zu lassen.“ (Produzent Felix von Boehm)
Der Film versammelt ein starkes Ensemble um August Diehl: In weiteren Rollen sind Max Bretschneider, Dana Herfurth, Friederike Becht, Mirco Kreibich, David Ruland, AnnamariaLang, Tilo Werner und Burghart Klaußner zu sehen.

Produziert wurde der Film von Lupa Film (Felix von Boehm), CG Cinéma (Charles Gillibert) und Hype Studios Entertainment (Ilya Stewart, Aleksandr Fomin). Die Koproduzenten sind Piano (Julio Chavezmontes), Lorem Ipsum Entertainment (Yan Vizinberg, Abigail Honor, Chris Cooper), Scala Films (Mélanie Biessy), Bayerischer Rundfunk (Carlos Gerstenhauer, Harald Steinwender, Bettina Ricklefs), Arte (Claudia Tronnier), Gold Rush Pictures (Vladimir Zemtsov), Arte France Cinema, Red Production (Miloš Dukelic) und Forma Pro Films (Julie Zaytseva, Igor Pronin), in Zusammenarbeit mit Access Creative Productions, Kinology, Forma Pro Films, Cinecap 7, Cinemage 18 und Indéfilms 12.
Gefördert wurde die Produktion von Eurimages, dem Medienboard Berlin-Brandenburg, dem FilmFernsehFonds Bayern, der Filmförderungsanstalt, der Région Île-de-France, der Agencia del Cine y el Audiovisual del Uruguay, der Investment and Development Agency
of Latvia sowie von CANAL+.
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Mittwoch 15.10.2025
ZIRKUSKIND
Ab 16. Oktober 2025 im Kino
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Santino ist ein Zirkuskind. Seine Familie zieht mit ihrem Zirkus durchs Land - heute hier, morgen dort. Sein Uropa Ehe erzählt ihm die Geschichten von früher. Während Ehe auf sein Leben zurückblickt, beginnt Santinos gerade erst.


Ein Film von Julia Lemke & Anna Koch

Santino ist ein Zirkuskind. Sein Urgroßvater ist einer der letzten großen Zirkusdirektoren Deutschlands und erzählt ihm die Geschichten seiner Vorfahren: Von der Freundschaft zu einem Elefanten, von Abschieden, Neuanfängen und seinen ersten Schritten als Clown in der Manege.
ZIRKUSKIND erzählt vom Aufwachsen mit der Großfamilie und Tieren, von der Faszination des Zirkus und von denen, die seit Generationen die Kunst und Unterhaltung in die Manege bringen.
Ein dokumentarisches Roadmovie für Kinder und deren Familien über das Leben einer Zirkusfamilie zwischen Realismus und Magie.


Santino ist ein Zirkuskind. Sein Zirkus zieht mit Wagen und Tieren durchs Land.
Zuhause ist für ihn kein Ort, sondern seine Familie. Zu dieser gehören nicht nur seine Eltern Angie und Gitano und sein Bruder Giordano, sondern auch viele Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins und ganz besonders sein Uropa Ehe.
“Opa Ehe” ist einer der letzten großen Zirkusdirektoren Deutschlands und erzählt Santino spannende Geschichten aus seinem langen Zirkusleben. Vom prachtvollen Elefantenbullen Sahib, seinen eigenen ersten Schritten als Clown und dem Freiheitsgefühl, für das es sich lohnt, alle Strapazen in Kauf zu nehmen.
An Santinos 11. Geburtstag stellt Ehe die Frage, was Santino denn in der Manege einmal zeigen will. Weil auch er, Santino, müsse etwas zu ihrer Gemeinschaft beitragen. Doch wie findet man das nur heraus?
ZIRKUSKIND erzählt vom Aufwachsen mit der Großfamilie, mit Tieren und einem Leben geprägt von der harten Arbeit bis hin zum magischen Moment, wenn das Zelt sich füllt und das Publikum den Atem anhält. Der Film erzählt von Gemeinschaft, Kreativität und dem Zauber des Zirkus. Ein dokumentarisches Roadmovie mit Animationen über die Kraft von Zugehörigkeit und Gemeinschaft.


DER CIRCUS ARENA

Die Familie Frank stammt aus einer langen Ahnenreihe von Zirkusfamilien ab. Seit fast 200 Jahren betreiben ihre Vorfahren mal größere, mal kleinere Familienzirkusse. Auch die Verfolgung der Familie in der NS-Zeit als Sinti und reisende Menschen konnte ihre Familientradition nicht auslöschen.
Der bekannteste ihrer Zirkusse war der ur-urgroßväterliche Circus Frankello, welcher seine Hochzeiten in den 60er und 70er Jahren hatte. Zu dieser Zeit war er einer der bekanntesten Zirkusse Deutschlands und vor allem seine Elefantennummern erfuhren internationale Aufmerksamkeit. Ihr Elefantenbulle Sahib und deren berühmte Nummer „Tarzan & Sahib“ reiste um die ganze Welt. Korea, Marokko, Spanien und Portugal waren nur einige der Stationen ihrer Reisen.
Wie andere Privatunternehmen in der DDR auch, wurde der "Circus Frankello" enteignet, sein Besitz einem Staatszirkus übergeben. Die Großfamilie floh bei Nacht und Nebel in den Westen und begann dort von vorne.
In den 80er Jahren gründete „Ehe“ Frank den Circus Arena, welcher nun von seinem Sohn Markus und dessen Sohn Gitano geführt wird. Die Haltung und Dressur von Wildtieren gab die Familie auf.
Heute hat der Familienzirkus ein Zelt für rund 600 BesucherInnen und wird von den etwa 20 Angehörigen der Familie über Wasser gehalten. Sie sind immer noch einer der größeren Zirkusse in Deutschland, aber die Zuschauerzahlen sinken von Tag zu Tag. Aber auch wenn sie 24/7 und 365 Tage im Jahr arbeiten müssen, um ihren Zirkus am Leben zu halten, können sie sich nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Sie sind stolze Komödianten, wie sie sich selber nennen, und sie möchten nichts anderes sein.
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Mittwoch 08.10.2025
REFLECTION IN A DEAD DIAMOND
Ab 09. Oktober 2025 im Kino
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Der ehemalige Geheimagent John D. (Fabio Testi) lebt zurückgezogen in einem Luxus-Hotel an der Côte d’Azur und ist fasziniert von seiner Nachbarin, die Erinnerungen an seine wilden Abenteuer in den 1960er Jahren weckt. Als die mysteriöse Fremde plötzlich spurlos verschwindet, erwachen in ihm die Geister der Vergangenheit. Ist seine einstige, stets in schwarzes Leder gehüllte Widersacherin Serpentik (Thi May Nguyen) zurück, um eine alte Rechnung zu begleichen?
Ein Film, der Tarantino vor Neid erblassen lässt: REFLECTION IN A DEAD DIAMOND ist eine überbordende Hommage an die europäischen Agentenfilme und James-Bond-Klone der 1960er und 70er Jahre, in denen Stil stets über Logik triumphierte. Dem Regieduo Hélène Cattet und Bruno Forzani ist ein visuelles Spektakel der Superlative gelungen, in dem die italienische Schauspiellegende Fabio Testi ein grandioses Comeback feiert.

Ein Film von Hélène Cattet, Bruno Forzani
Mit Fabio Testi, Yannick Renier, Koen De Bouw

INTERVIEW MIT HÉLÈNE CATTET UND BRUNO FORZANI

Was war die Inspiration für REFLECTION IN A DEAD DIAMOND?
Alles begann, als wir 2010 Monte Hellmans ROAD TO NOWHERE mit Fabio Testi in der Hauptrolle sahen. Er erinnerte uns an Sean Connery und trug einen weißen Anzug, der uns an Dirk Bogarde in Viscontis TOD IN VENEDIG erinnerte. Da sagten wir uns: „Warum nicht ein Universum schaffen, das zwei gegensätzliche Filme wie James Bond und TOD IN VENEDIG verbindet und sehen, was passiert?“ Im Laufe der Jahre haben die Ausstellungen, die wir gesehen haben, die Welt, in der wir leben, die Orte, die wir kennen, usw. dieses Universum genährt... Schließlich gaben uns Christophe Honorés Inszenierung der Oper „La Tosca“ und sein unkonventioneller Ansatz für einen großen Klassiker den Anstoß zum Schreiben.

Können Sie für diejenigen, die mit einigen der europäischen Filme oder Comics, auf denen ein Teil des Ausgangsmaterials basiert, überhaupt nicht vertraut sind, erklären, was daran am interessantesten und spezifischsten ist?
Die Welt der Superhelden und von James Bond ist hauptsächlich durch die amerikanische Brille bekannt. Aber all diese Figuren gab es auch im Italien der 1960er Jahre. Einerseits mit dem Genre der Eurospy-Filme: billigen, poppigen europäischen James-Bond-Imitaten, andererseits mit „Fumetti Neri“: Comics für Erwachsene wie „Diabolik“, in denen die Bösewichte in einer Grauzone weit entfernt vom „Gut/Böse“-Ansatz angesiedelt sind. Es sind diese Gedanken, die uns heute eine gewisse Frische im Umgang mit diesem Universum verleihen und es uns ermöglicht haben, einige Themen wie Nostalgie, den Verlauf der Zeit und die soziokulturellen Veränderungen dazwischen zu erforschen.
Diese damals populären Filme nutzten oft Tricks aus der Op-Art (Kunst der optischen Täuschung). Wir fanden es daher sehr passend, dieses Thema auch visuell aufzugreifen, indem wir Elemente aus der Op-Art integrierten, ähnlich wie wir es mit dem Jugendstil in DER TOD WEINT ROTE TRÄNEN und dem Nouveau Réalisme in LEICHEN UNTER BRENNENDER SONNE gemacht haben.

Sie haben in Ihrer Karriere als Filmemacher sehr unterschiedliche Genres erkundet, verfügen jedoch über eine ganz eigene Sprache, die sich durch Ihr gesamtes Werk zieht. Gibt es einen Grund dafür, dass sie keinen „geradlinigen“ Ansatz verfolgen?
Wir haben uns für einen „weniger geradlinigen“ Ansatz entschieden als klassische Superhelden- oder James-Bond-Filme, da es sich hierbei um weltweit bekannte Archetypen handelt, sodass wir davon abweichen konnten und etwas anderes bieten wollten. Wir versuchen den Nervenkitzel
beim erstmaligen Ansehen eines „geradlinigen“ Erzählfilms mit einer zusätzlichen Dimension der Grauzonen und Zweifel zu verbinden, die es dem Zuschauer ermöglicht bei jeder Sichtung etwas neues zu entdecken. Wir haben uns für das „stereoskopische Schreiben“ entschieden, das typisch für den Regisseur und Drehbuchautor Satoshi Kon (PERFECT BLUE, MILLENNIUM ACTRESS) ist, da es durch die Entwicklung der Geschichte mit verschiedenen thematischen Schichten eine Illusion von narrativem 3D vermittelt.
Das Prinzip besteht darin, die Geschichte mit verschiedenen Themen- und Erzählebenen zu schreiben, um eine Relief-Effekt zu erzielen, der mit der Wahrnehmung der Figur und des Zuschauers spielt und es so ermöglicht, die Welt im Kopf des Protagonisten organisch zu formen,
zusammen mit dem Verlust seiner Orientierung darin. Die Erzählung wird so zu einem „facettenreichen“ Diamanten mit seinen vielfältigen Gitternetzen kaleidoskopischer Interpretationen.

Wie kam es zu der Entscheidung, Fabio Testi in der Hauptrolle des älteren John D. zu besetzen?
Fabio war eine der Inspirationen, nachdem wir Monte Hellmans Film gesehen hatten. Die Tatsache, dass er sowohl Rollen in Autorenfilmen wie DER GARTEN DER FINZI CONTINI (1970) oder ?u?awskis NACHTBLENDE (1975) als auch Exploitation-Filmen wie DAS GEHEIMNIS DER GRÜNEN STECKNADEL (1972) und RACKET (1976) hatte, ermöglichte uns, diese Art „gegensätzliches“ Kino zu machen, das wir lieben.

Was ist mit Yannick Renier, der den jungen John spielt?
Die Rolle des jungen John war am schwersten zu besetzen. Man kann sich diese Art von Rolle sehr gut als englischsprachigen Charakter vorstellen, aber in der französischen Welt ist es nicht so leicht, jemanden dafür zu finden. Wir haben Yannick getroffen, als er gerade für die Rolle eines Schwerkranken extrem viel Gewicht verloren hatte. Sein Schauspiel passte genau zu dem, was wir suchten, aber er sah einfach sehr schwach aus. Er sagte aber, wir könnten ihm vertrauen und tatsächlich hat er es geschafft, in 4 Monaten 10 Kilo Muskelmasse aufzubauen. Wir waren schwer
beeindruckt.

Wie sieht es mit den anderen Casting-Entscheidungen aus. Was macht Maria de Medeiros und die weiteren Darstellerinnen so besonders?
Für die Rolle der Serpentik suchten wir nach einer Darstellerin, die die Rolle verkörperte, aber auch die Stunts selbst erledigen konnte. Bereits seit 2002 sind wir Fans des zeitgenössischen Tanzens seit wir die Show „Blush“ der belgischen Tanzgruppe „Ultima Vez“ gesehen haben. Eine Tänzerin faszinierte uns ganz besonders, aber wir wussten nicht, wie sie hieß.
Während der Vorbereitung auf den Film trafen wir Wim Vandekeybus, den Choreographen von „Ultima Vez“ im Supermarkt. Wir sprachen ihn an und beschrieben ihm die Tänzerin, die wir meinten und er zeigte uns Photos auf dem Handy: Es war Thi-Mai Nguyen und wir hatten unser Serpentik gefunden.
Was Maria de Medeiros betrifft, suchten wir nach einer auffälligen, zeitlosen Schauspielerin, die zwischen den beiden Erzählepochen des Films wechseln und ein Gefühl der Unruhe vermitteln konnte, Pierre Foulon, der Produzent des Films, kannte sie und als wir die aktuellen Fotos von ihr
sahen, wussten wir, dass sie genau die ist, nach der wir suchen.

Ihre Geschichten spielen oft in ganz bestimmten Umgebungen. Diesmal geht es um die sonnige Südküste Frankreichs. Was bedeutet diese Region für Sie im Bezug auf diese spezielle Genre?
Die Côte d’Azur ist ein Ort der Illusionen und des Scheins, was sie zum idealen Schauplatz macht. In den 60er Jahren nutzten Eurospy-Filme und andere italienische B-Filme den Glamour und Luxus, um das Publikum zum Träumen zu bringen und ihren Geschichten Prestige zu verleihen. Bruno stammt ursprünglich von dort und dieser Film war für uns auch eine Möglichkeit, Orte, die wir kennen, wieder zu besuchen und sie in unsere Fantasie zu integrieren. Die Riviera ist eine der Hauptfiguren des Films und die Handlung wurde mit Blick darauf geschrieben.
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Donnerstag 02.10.2025
KARLA
Ab 02. Oktober 2025 im Kino
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1962, Deutschland: Die zwölfjährige Karla stellt sich mutig einer Welt entgegen, in der Kinder schweigen sollen. Sie widersetzt sich der Macht ihres Vaters, dem Schweigen ihrer Familie und einer Gesellschaft, die lieber wegsieht als zuhört. Doch Karla bleibt nicht stumm – sie spricht, klagt an und verändert damit mehr, als sie je für möglich gehalten hätte.
Inspiriert von einem wahren Gerichtsfall erzählt Karla von einem jungen Mädchen, das den Mut findet, für sich selbst einzustehen – und dadurch auch anderen eine Stimme gibt. Elise Krieps berührt in ihrer ersten Rolle mit stiller Kraft und unerschütterlicher Präsenz.
Rainer Bock und Imogen Kogge verstärken das eindrucksvolle Ensemble mit großer Tiefe. Ein kraftvoller Film über Zivilcourage, Selbstermächtigung – und das Recht, gehört zu werden.

Ein Film von Christina Tournatzes
Mit Elise Krieps, Rainer Bock, Imogen Kogge u.a.



INTERVIEW MIT DER REGISSEURIN CHRISTINA TOURNATZES

Wie sind Sie auf die Geschichte der realen Karla gestoßen – und was hat Sie so sehr an ihr bewegt, dass Sie diesen Stoff filmisch erzählen wollten? Konnten Sie ihr auch persönlich begegnen?
Wenn es um Debütfilme geht, braucht es oft ein ganzes Dorf, um das Talent eines Regisseurs oder einer Regisseurin hervorzubringen. In meinem Fall war es mein Drehbuchprofessor, Prof. Egbert van Wyngaarden, der mich und meinen Kurzfilm CARGO vor fünf Jahren der Autorin Yvonne Görlach sowie den BR Redakteurinnen Claudia Simionescu und Claudia Gladziejewski vorgeschlagen hat.
Als ich Yvonne damals kennenlernte und sie mich fragte, ob ich Karla als mein Debüt inszenieren wolle, sagte ich sofort zu. Das Drehbuch war für mich wie ein kostbarer Schatz: empowernd und gleichzeitig zerbrechlich. Eine Geschichte, die ich unbedingt erzählen wollte, denn der unglaubliche Mut und die innere Stärke, die in Karla stecken, können vielen Menschen Hoffnung geben. Karla ist für mich eine Kämpferin und ein Vorbild.
Yvonne erzählte mir, dass es sich um die Geschichte eines ihr sehr nahestehenden Familienmitglieds handelte — eines Menschen, den sie ihr ganzes Leben lang gekannt hatte. Mir war sofort klar, dass es eine große Verantwortung sein würde, Karla die Stimme zu geben, die sie verdient. Ich nahm diese Herausforderung mit großem Respekt an und stürzte mich sofort in die Arbeit.
Als Achtung Panda! schließlich an Bord kam, ermutigten sie uns, die Form zu reduzieren und daraus ein intimes Kammerspiel zu machen ein konzentriertes Stück, das sich ganz auf die Hauptfiguren fokussiert. Also schrieben Yvonne und ich das Drehbuch gemeinsam um. Durch unsere enge Zusammenarbeit entwickelte sich auch eine Freundschaft — und die Geschichte wurde für mich noch persönlicher, als ich die echte Karla kennenlernte.

Der Film spielt in einer Zeit, in der das Wort eines Kindes kaum zählte. Wie haben Sie filmisch mit dieser Sprachlosigkeit gearbeitet – dem Nicht-Gehörtwerden als zentrales Thema?
Wir erzählen ganz aus Karlas Perspektive – und immer auf Augenhöhe mit ihr. Mir war wichtig, dass das Publikum die Welt durch ihren Blick wahrnimmt, durch ihren inneren Filter. So wird auch das Nicht Gehörtwerden, diese fundamentale Ungerechtigkeit, direkt spürbar.
Ein zentrales Mittel dafür war für mich das Weglassen – etwa von Musik. Die Stimmgabel, die Karla bekommt, steht symbolisch für ihre Selbstermächtigung: Sie kann selbst einen Ton
erzeugen. Sie findet – ganz langsam – ihre eigene Stimme. Musik hätte diesen Prozess überlagert oder emotional vorstrukturiert.
Ich wollte, dass der Raum für die Zuschauer offenbleibt. Von Anfang an war mir klar: Ich brauche Momente der Stille, um die Atmosphäre von Sprachlosigkeit erfahrbar zu machen. Als Zuschauer:in muss man da durch im wahrsten Sinne des Wortes – wenn Karla nicht sprechen will oder kann. Das hat Elise unglaublich fein gespielt.
Aber das Problem ist ja nicht nur, dass sie nicht gehört wird, sondern auch, dass sie nicht erzählen kann, was genau passiert ist. Sie sagt A – „Paragraph 176 StGB“ – aber nicht B. Gehört zu werden, ohne das Unsagbare aussprechen zu müssen – das ist Karlas Prämisse.

Karla zeigt große innere Stärke, aber auf stille, nie überzeichnete Weise. Wie sind Sie an die Arbeit mit der jungen Darstellerin Elise Krieps herangegangen, um diese feine Balance zu finden?
Ich habe mir bewusst Zeit genommen, um ein Vertrauensverhältnis zu ihr aufzubauen. Vor dem Dreh haben wir überhaupt nicht geprobt – wir haben viel über KARLA gesprochen – oder über ganz andere Dinge. Ich habe sie nie mit unnötigen Details überfrachtet, aber wenn sie eine Frage hatte, habe ich sie ehrlich beantwortet.
Vicky Krieps die Mutter von Elise war eine große Unterstützung. Sie war nicht oft am Set, aber sie hat Elise emotional gestärkt, viel mit ihr gesprochen – und wir drei sind schnell zu einer engen kleinen Einheit geworden.
Relativ früh kam die Idee auf, dass Elise das Drehbuch gar nicht lesen sollte – um ihr Spiel möglichst unmittelbar und authentisch zu halten. Es reichte, wenn sie ihre Perspektive kannte – also was Karla in der jeweiligen Situation weiß und fühlt – und sich so, Stück für Stück, im Laufe des Drehs gemeinsam mit der Figur entwickelt. Damit das funktioniert, war es wichtig, dass wir chronologisch gedreht haben. Natürlich haben wir ihr die Geschichte erzählt und erklärt, wer Karla ist – aber wir haben dar auf geachtet, dass sie das volle Gewicht der Geschichte nicht auf einmal erfährt.
Bis etwa zur Hälfte der Dreharbeiten hat das wunderbar funktioniert: Elise hat sich jeweils nur auf den nächsten Drehtag vorbereitet – und nie weiter vorausgeschaut. Irgendwann hat sie dann doch aus Neugier das restliche Drehbuch gelesen – und das war auch völlig in Ordnung.
Mir war am wichtigsten, die Balance zu halten – sie einerseits zu schützen, ihr aber gleichzeitig auch ein Gefühl von Selbstbestimmung zu geben.

Was war Ihnen bei der Figur des Richters Lamy besonders wichtig – und wie haben Sie gemeinsam mit Rainer Bock an seiner Vielschichtigkeit gearbeitet? Inwieweit hat er eigene Zugänge zu dieser Rolle gefunden?
Richter Lamy ist eine komplexe Figur – bitter, verschlossen, ein Einzelgänger. Die Arbeit ist sein Lebensinhalt, doch innerlich trägt er tiefe Wunden, die das Dritte Reich in ihm hinterlassen hat. Trotz seiner Karriere sieht er sich selbst als gescheitert. Diese Ambivalenz war mir wichtig: seine Entwicklung sollte spürbar sein, aber glaubwürdig bleiben – leise, zurückhaltend, realistisch.
Lamy wirkt zunächst abweisend, fast hart – und doch begegnen wir ihm durch die Augen anderer Figuren als jemandem, der berührt. Karla etwa vertraut ihm, weil sie seine Direktheit schätzt und daran glaubt, dass er ihr helfen kann. Und auch seine Sekretärin Frau Steinberg, gespielt von der wunderbaren Imogen Kogge, begegnet ihm mit Respekt – als Richter und als Mensch. Diese Spiegelungen waren für mich zentral, um ihn plastisch und menschlich erfahrbar zu machen, obwohl wir ihn ausschließlich im beruflichen Umfeld erleben.
Viele kleine Details – sein Spiel mit den zwei Brillen, sein goldener Füller, sein Schweigen – haben geholfen, ihn als echte Figur zu zeichnen. Dabei war Rainer Bock von Anfang an ein entscheidender Partner. Er war einer der ersten, die an das Projekt geglaubt haben. Die Geschichte hat ihn persönlich berührt, und er hat einen sehr persönlichen Zugang zur Figur gefunden.
Schon früh im Drehbuchprozess war er involviert und hat entscheidend dazu beigetragen, Richter Lamy zu einem vielschichtigen, tiefgründigen Menschen zu machen. Seine Sensibilität, seine Präsenz und sein Gespür für Nuancen haben diese Figur letztlich mit Leben gefüllt.

Was, würden Sie sagen, können wir heute aus Karlas Mut lernen – nicht nur im Umgang mit Missbrauch, sondern auch im Hinblick auf institutionelles Zuhören und Gerechtigkeit?
Karlas Mut ist deswegen so bemerkenswert, weil sie in einem tiefen Dilemma steckt. Sie sprengt die Familie, um aus ihrer Hölle herauszukommen. Das institutionelle Zuhören ist in diesen Fällen bis heute herausfordernd und enorm wichtig. Denn allein durch die institutionelle Zeugenschaft entsteht ein Gefühl von Gerechtigkeit und Selbstermächtigung. Das gibt den Betroffenen die Kontrolle über das eigene Leben zurück und damit eine echte Chance.


BIOGRAFIE
Christina Tournatzes, geboren 1992, ist eine deutsch griechische Regisseurin aus München. Sie absolvierte 2019 ihr Regiestudium an der Macromedia Akademie für Medien und Design. Ihr mehrfach ausgezeichneter Abschlussfilm CARGO – DER TRANSPORT lief weltweit auf über 50 Festivals. Ihr Langfilmdebüt KARLA feiert Premiere auf dem 42. Filmfest München und startet im Herbst 2025 in den deutschen Kinos.
Mit ihrer Arbeit möchte sie Personen, die unsere Gesellschaft oft überhört, eine Stimme und eine empathische Bühne geben. Komplexe, ambivalente Figuren und detaillierte Beobachtungen alles Menschlichen und Zwischen menschlichen faszinieren sie ebenso sehr, wie das Atmosphärische Unausgesprochene.
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