Fürstenfeld. Nun, es gibt im Jazz ganz ausgezeichnete Streicher, Improvisatoren von Rang sozusagen. Auch Streichquartette, ja sogar ganze Streichorchester! Und es gibt im Jazz eindrucksvolle Cellisten, beim jüngeren Bruder Rock'n Roll gar reine Cello-Besetzungen. Ein Duo Violine/Violoncello ist in der zeitgenössischen Szene hingegen eher selten auszumachen. Hier klafft eine kleine Lücke - die von BartolomeyBittmann gekonnt geschlossen wird. Zwei Musiker, die, wie kann es bei dieser Instrumentierung anders sein, aus der Klassik kommen und irgendwann den Wunsch verspürten, ihr Interpretationsrepertoire zu erweitern.
Am gestrigen Mittwoch waren Matthias Bartolomey und Klemens Bittmann Gast der Reihe Jazz First in Fürstenfeld. Und was beide musikalisch präsentierten, war erst einmal ganz große Kunst. Man spürte vom ersten Augenblick an ihr Verwurzeltsein in der Klassik, doch zugleich auch ihre Lust und ihre Neugier, diese Enklave zu erweitern und sich sinnlich wie mutig neuen Ausdrucksformen zu stellen. Statt dem altehrwürdigen (und natürlich immer noch zeitlosen) Bach, statt Mozart und Dvo?ák gab es ausschließlich Eigenkompositionen, deren Expressivität beeindruckte, aber auch in ihren lyrischen Momenten absolut überzeugte.
Selten, das darf man nach diesem Abend wohl behaupten, wurde an diesem Ort Jazz akademischer und in ausgefeilterer Technik gespielt. Das bedeutet nun nicht, dass bei den Wiener Temperamentbündeln kein leidenschaftliches, vollmundiges und bodenständiges Statement aus den Saiten drang. Nein, ihre Handhabung der Instrumente ist ihrer Ausbildung geschuldet.
Doch ihre ungestüme, risikofreudige Herangehensweise an die Musik, ihre Einbeziehung von manchmal halsbrecherischen Improvisationen war dem Jazzgedanken doch sehr sehr nahe.
Von großem Vorteil erwies sich der Gebrauch einer Mandola von Klemens Bittmann, ein der Familie der Mandolinen zugehöriges Zupfinstrument, die dem Auftritt eine zusätzliche Klangfarbe und erweiterte harmonische Möglichkeiten gab. Bittmann war dann auch derjenige, der deutlich vokalistisch in Erscheinung trat und damit der Musik noch eine zusätzliche Note gab, die zeitweise den Bereich von Independentpop zu streifen schien.
Und so wurde von BartolomeyBittmann auf ihren Instrumenten gestrichen, gezupft, geklopft, geschabt und gerieben, es griffen Melodien und Rhythmen dramaturgisch geschickt ineinander, die Spieler ergänzten sich passioniert auf ihren Instrumenten und entwickelten letztendlich ein begeisterndes Konzert, das allen Vorurteilen und Klischees entgegen lief.
Jörg Konrad