Tuija Komi studierte in Finnland Betriebswirtschaft. Und man glaubt es nur allzugern, dass es ihr nicht schwer fiel, diesen Arbeitsbereich, trotz guter Anstellung, aufgrund ihrer künstlerischen Neigung, an den Nagel zu hängen. Denn im Grunde ihres Herzens fühlte sich Tuija Komi stark zur Musik hingezogen. Einige Jahre später unternimmt sie mit 37 Jahren tatsächlich die ersten professionellen Schritte in Richtung Jazzgesang, in dem sie in Frankfurt mit einem Studium noch einmal neu beginnt. Sie tritt mutig bei bei „The Voice of Germany“ auf, produziert anschließend ihre erste CD und beginnt mit eigener Band zu touren. Mittlerweile hat Tuija fünf Alben aufgenommen.
Auch wenn ihr vielleicht, wie sie selbst einmal sagte, ein paar Jahre des Musik machens aufgrund ihrer späten Berufung fehlen, besitzt sie doch eine immense Lebenserfahrung, die ihr über manche Schwierigkeiten hinweghilft. Vor allem fühlt sie sich frei und rundum zufrieden – endlich das zu tun, was ihr eigentliches Anliegen ist - Musik zu machen.
Am Freitag 20. Dezember gastiert Tuija Komi mit ihrer Formation, zu der Stephan Weiser (Piano), Peter Cudek (Kontrabass) und Martin Kolb (Schlagzeug & Perkussion) gehören, um 19.30 Uhr im Gilchinger Rathaussaal unter dem Thema: „Joulu & Jul“ - Skandinavischer Weihnachtszauber und Tanzende Rentiere.
KultKomplott: Welche Faktoren waren ausschlaggebend, dass Sie wurden, was Sie heute sind?
Tuija Komi: In meinem Leben hat mir stets meine Zielstrebigkeit und Anpassungsfähigkeit, sowie mein Wille alles dafür zu tun, um ein Ziel zu erreichen sehr geholfen. Mein Mut Neues zu beginnen, auch wenn der Ausgang nicht sicher war und last but not least mein Glück, eine gute und schöne Stimme, jede Menge Musikalität und auch Talent zu haben kam mir sehr zu Gute.
Auch ein bisschen Fügung war dabei … ich war früher als Projektmanagerin bei einem großen internationalen Unternehmen tätig.
Dabei war ich irgendwann nicht mehr richtig glücklich. Jedoch die Firma zu verlassen schien auch nicht „vernünftig“, ich war Teil eines Nachwuchsführungsprogrammes. An einem Abend, müde von den ganzen Abwägungen meines zukünftigen Weges, legte ich mich hin. Ich bin kurz eingeschlafen. Plötzlich war es mir, als hörte ich eine klare Stimme die sagte: „Natürlich gehst Du weg von „Firma“*, es ist doch ganz klar!“.
Da war ich mir sicher, dass ich kündigen und mir dann überlegen werde, wie meine Zukunft aussehen soll. Das Singen als Hauptberuf gab es noch nicht als Alternative für mich. Sie kam erst später. Ich bin glücklich, dass ich den Mut hatte ins „Leere“ zu kündigen. Was mir den Mut dazu gegeben hattes auf jeden Fall zu versuchen war auch die Vorstellung, es als alte Frau zu bereuen, es nicht versucht zu haben, weil ich nicht den Mumm hatte es auszuprobieren! Sollte es wider Erwartung nicht funktionieren mit dem Singen, hätte ich eben einfach neue Pläne gemacht!
*ich möchte das Unternehmen nicht namentlich nennen.
KK: Wen bzw. was möchten Sie mit Ihrer Arbeit erreichen?
TK: Ich freue mich über jeden, der sich für meine Musik interessiert. Und zum Konzert kommt. Es ist wichtig für mich Freude den Zuhörern zu bereiten. Ich lache gerne und ich bringe mein Publikum auch gerne zum Lachen. Gerade in diesen schwierigen und tristen Zeiten finde ich das enorm wichtig.
Neben der musikalischen Unterhaltung in meinen Konzerten versuche ich auch meinen Gästen etwas von der Kultur meiner Heimat zu vermitteln und das wunderschöne Land Finnland ihnen näher zu bringen und vielleicht etwas Neugierde darauf zu wecken.
KK: Mit welchen Widrigkeiten müssen Sie sich bei Ihrer Arbeit am häufigsten auseinandersetzen?
TK: Mir fehlt oft die Zeit alles was ich gerne machen möchte umzusetzen. Ich habe immer wieder schöne neue musikalische Ideen, aber leider fehlt oft die Zeit alles umzusetzen. Mich freut es gerade sehr, dass ich etwas Neues doch habe auf die Beine stellen zu können: Ich möchte Musik für und mit Kindern machen. Jetzt habe ich zusammen mit einem Kollegen ein buntes und internationales Konzertprogramm gestaltet und schon die ersten erfolgreichen Aufritte gehabt.
Vor allem die Akquise kostet so viel Zeit, ja ich bin meine eigene „Managerin". Gottseidank habe ich dafür ein Händchen und kann sogar sagen, dass es mir mittlerweile Spaß macht (vielleicht ist das ein Geheimnis des Erfolges dabei!), aber die Tatsache bleibt, dass es sehr zeitintensiv ist.
KK: Welche Erlebnisse haben Sie zuletzt stark beeindruckt?
TK: Die heutige Welt-Situation macht mir sehr viele Sorgen. Ich kann es nicht fassen, dass man so viele und lang Kriege führen muss. Ich hatte es mir mit meinem Leben in diesem Lebensabschnitt ganz anders vorgestellt. Irgendwie einfach „normal“, so wie es früher war …
KK: Welches sind die schönsten Momente in Ihrer Arbeit?
TK: Neben schöner Musik auf der Bühne zu machen, möchte ich auch gerne Spaß haben und mein Publikum dabei mitnehmen. Und es kommt mit!
... die Reaktion der Zufriedenen und deren Reaktionen in Gesprächen nach den Konzerten …
Wenn die Konzertgäste nach dem Konzert zu mir kommen und erzählen, dass es ihnen so gut gefallen hat (Musik und Unterhaltung etc.), freut mich das sehr und tut mir gut; einfach die positiv gestimmten Menschen zu sehen und mit ihnen zu reden, wenn sie aus dem Konzert nach Hause gehen.
Kürzlich kam eine Dame zu mir, sie war zum ersten Mal in meinem Konzert. Sie hatte Tränen in ihren Augen als sie sich bei mir für ein "wunderbares Konzert" bedankte. Da kamen auch mir Tränen der Rührung.
Wir haben ja die Songs für uns arrangiert. Wenn aber auf der Bühne spontan etwas Neues entsteht, freut und erfrischt mich das sehr.
Auch habe ich viel Freude wenn ich wieder mal einen neuen schönen Song geschrieben habe.
... und noch etwas: Beim Unterrichten vom Gesang gibt es immer wieder glückliche Momente, wenn die Schüler-/ innen Fortschritte machen und sich darüber freuen.
KK: Hören Sie Musik und wenn ja, welche Art von Musik mögen Sie besonders?
TK: Jazz das ist klar, viel Vokal-Jazz, ebenso wie finnischen Jazz. Bossanova, Soul, Blues, R&B und Funk mag ich sehr gern. Tango aus Argentinien höre ich gerne. Ab und zu Klassik, z.B. Jean Sibelius oder große Opern-Stimmen. Da ich auch an einem neuen Projekt mit Musik für Kinder arbeite, höre ich auch gerne Kindermusik.
KK: Hören Sie eher CD oder Vinyl?
TK: CD, ich kaufe seit Jahren CDs am liebsten Digi-Packs, weil ich eine Haptikerin bin und gerne „die Musik auch in der Hand halten" möchte.
Einen Vinyl-Player habe ich leider nicht mehr. Streamen tue ich wenig, ab und zu höre ich mir etwas im YouTube an.
KK: Was lesen Sie momentan?
TK: Früher habe ich viel gelesen. Momentan komme ich leider nicht so gut dazu.
Aktuell lese ich ein Buch, das ich mir im Oktober in Finnland gekauft hatte. Die Autorin heißt Katja Kettu und das Buch “Forschungen einer Katze”.
Immer wieder lese ich gerne Fachliteratur (und bilde mich fort in Workshops), auch unterrichte ich als Gesangspädagogin Gesang und Sprache.
Jazz Thing, die Zeitschrift, habe ich abonniert, schon seit Jahren.
KK: Was ärgert Sie maßlos?
TK: Mich ärgert, dass der Reichtum in der Welt so ungerecht verteilt ist. Während manche Menschen über soviel Geld verfügen, dass sie es in 2 Leben nicht ausgeben könnten, hungern sich viele, besonders auch Kinder im Jahr 2024 weltweit noch zu Tode. Könnten die Reichen nicht etwas abgeben, damit es den Armen besser geht. Es gibt Reiche, die das zwar machen, ich denke als z.B. an Bill Gates und seine Stiftung, aber es sind noch viel zu wenige.
Auch ärgert es mich, dass die Menschen nicht in Frieden miteinander auskommen können. Warum haben wir so viele Kriege auf der Welt? Folgen daraus sind Armut und Hunger, Flucht und Vertreibung und Not.
Und warum schaffen es die Staaten nicht endlich den Klimaschutz voran zu bringen? Klimakatastrophen stürzen auch viele Menschen in schreckliche Not.
KK: Was freut Sie ungemein?
TK: Wenn Kindern Gutes getan wird, sie sind unsere Zukunft.
Und auch wenn Tierleben gerettet werden. Diese zwei Sachen sind besonders wichtig für mich.
KK: Haben Sie jemals ein Kleidungs- bzw. Möbelstück selbst gemacht?
TK: Als ich jung war, habe ich mir einige Kleidungsstücke genäht. Auch Stoffe bedruckt, das war toll, ich hatte dabei sehr viel Spaß solche hübsche Dinge zu machen.
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KK: Von welchem Schauspieler / welcher Schauspielerin sind sie in welchem Film beeindruckt?
TK: Ich finde viele Schauspieler toll, so finde ich Anthony Hopkins, Robert de Niro, Tom Hanks und Brad Pitt beeindruckend.
Bei den Damen wären es z.B. Meryl Streep und Nicole Kidman. Es gibt mehr tolle Schauspielerinnen, jetzt fallen mir die ganzen Namen nicht ein ...
Hier möchte ich jetzt einen finnischen Film nennen: Tove. Es ist eine biografische Verfilmung von Tove Jansson, einer großartigen finnischen Künstlerin und Autorin. Hier kennt man sie als die “Mama” der Mumins.
Die Schauspielerin Alma Pöysti hat sie sehr gekonnt und authentisch verkörpert.
KK: Was würden Sie gern erfinden, was es Ihrer Meinung bisher noch nicht gibt?
TK: Einen funktionierenden Zauberstab. Mit dem würde ich all denen etwas geben, die zu wenig haben.
KK: Fühlen Sie sich eher als Einzelkämpfer, oder Teamplayer?
TK: Beides, je nach Situation und Thema. Auf der Bühne unbedingt ein Teamplayer, denn so machen wir die beste Musik und haben riesen Spaß.
KK: In welcher Situation haben Sie die besten Einfälle?
TK: Es ist bei mir weniger die Situation als die Uhrzeit, bei der ich die besten Einfälle habe! Und zwar kurz nach dem Aufwachen oder kurz vorm Einschlafen bin ich am kreativsten. Und auch mal wenn ich traurig bin, dann entstehen die besten sentimentalen Balladen.
KK: Welche Websites oder Blogs lesen Sie?
TK: Eigentlich fast nur die Websites von Konzertveranstaltern. Und die von der Deutsch-Finnischen Gesellschaft e.V. Das Problem ist, dass ich nicht so viel Zeit habe dafür, leider.
KK: Was würden Sie ändern, wenn Sie für einen Tag Staatsminister für Kultur wären?
TK: Angemessene Unterstützung und Förderung der Kultur auch für kleinere Künstler.
Ich würde die Politiker mit einem Musiker oder Musikerin mindestens eine Woche lang „mitgehen“ und „miterleben“ lassen, damit sie sich ein Bild davon machen zu können, wie es ist, als Musiker anno 2024 zu arbeiten und dessen Alltag zu bewältigen.
KK: Wenn Sie eine Autobiographie schreiben würden, wie wäre der Titel?
TK: „REMPALLAAN“ … ist Finnisch. Nicht so einfach auf Deutsch zu übersetzen. Es heißt etwa wie "wunderbar und entspannt durcheinander" - ein absolut positives und schönes Gefühl.
Apropos, mein erstes Album heißt auch so. Es war ein erfolgreiches Album. Wir haben es Nachpressen lassen und trotzdem war es schnell wieder vergriffen.
KK: Wie stellen sie sich die Zukunft vor?
TK: Wenn ich in die Glaskugel schauen könnte…
Es wird an Geld für die Kultur gespart. Das macht alles noch schwieriger. Nur die ganz „Harten“ schaffen es weiter Musik in Vollzeit zu machen, fürchte ich. Also wird es auch weiterhin eine große Herausforderung sein. Dabei ist es wichtig mehrere Standbeine zu haben. Ich meine musikalischer oder kultureller Art, z.B. als Sängerin neben der Konzerttätigkeit auch zu unterrichten, Studiojobs (Sprecherin) zu haben. Ich habe auch ein paar mal als Moderatorin bei Festivals gearbeitet, das hat mir viel Spaß gemacht.
„EXTRAS":
Meine Wünsche:
- Ich habe schon in Finnland mit einer Big Band gesungen und würde dies gerne wieder machen.
Die Kraft und Energie dieser Musik gefällt mir sehr gut und es macht mir Spaß auch mit Power zu singen. Also Big Bands meldet Euch!
- Ich habe früher auch für Filmmusik gesungen, auch das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Gerne würde ich es jederzeit wieder machen.
- Ich hätte auch Lust auf ein neues Projekt mit einem männlichen Gesangspartner.
Stilistisch könnte es internationaler Jazz, Blues, Soul und R&B sein - also nichts Finnisches.
Es sollte jemand sein, mit dem es bei vielen Faktoren passt (Stimme, Stil, Repertoire, Alter etc.).