Fürstenfeld: Jazz als Happening - ein eher selten anzutreffendes Phänomen, sollte man glauben. Nicht aber bei der Jazzrausch Bigband. Deren Auftritte geraten fast jedesmal zu einer Art Spektakel. So auch am letzten Mittwoch in Fürstenfeld, als die fünfzehn Musikerinnen und Musiker des Orchesters im Rahmen der Reihe Jazz First den Großen Saal des Veranstaltungsforums mit ihrer Performance regelrecht auf den Kopf stellten. Dass Jazz noch eine derartig enthusiastische (Tanz-)Stimmung aufkommen lässt und unter seinem Dach alt und jung miteinander vereint, das ist schon eine bemerkenswerte Botschaft!
Sie selbst nennen ihre Musik eine klangliche Verbindung von Jazz, Klassik und Techno. Im Grunde gibt diese Einstellung allen drei Stilen neue Sichtweisen und ermöglicht ihnen eine Erweiterung ihrer inhaltlichen Texturen. Obwohl man, was den Jazz betrifft, eher eine Art Reduzierung, um nicht zu sagen Vereinfachung, ausmachen kann. Denn eines der Merkmale des Jazz ist dessen Rhythmus, gekennzeichnet durch polyrhythmische Strukturen afrikanischen Ursprungs. Die Jazzrausch Bigband bedient hingegen überwiegend die „eins“, wodurch der Takt einfacher, überschaubarer und der Puls virulenter wird.
Ausgeglichen wird diese rhythmische Justierung durch die „wilden“, mal mehr, mal weniger spitzfindigen Arrangements, in deren Mittelpunkt die blitzartig agierenden und vor allem disziplinierten Bläsersätze stehen. Raffiniert das Zusammenspiel von Trompeten, Posaunen und Saxophonen, die als eine Art Antidepressiva wirken. Schüchtern wirkt niemand auf der Bühne, alles ist in einem ständigen, groovenden Fluss und die solistischen Beiträge haben Potenz. Selbst Johannes Brahms, als der Vertreter der Klassik in dieser Großformation, bekommt eine Techno-Jazz-Verjüngungskur. Ob er diese wirklich braucht? Egal, vielleicht kommt es seiner Musik und der Akzeptanz junger Hörer ihm gegenüber entgegen.Viel ausgeschriebene Noten, wenig traditionelle Jazznummern. Aber jede Menge Spaß. Dem Status des Geheimtipps ist diese Band wohl längst entwachsen.
Jörg Konrad