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31. Germering: Alliage Quintett & Sabine Meyer – Beschwingt und feinsinnig
32. Landsberg: Compagnie Handmaids: Mama Europa – Chancen und Realitäten
33. Fürstenfeld: Afra Kane – Mit Sensibilität und Entschlossenheit
34. Staatsschauspiel Stuttgart: Die Präsidentinnen – Einfach monumental
35. Landsberg: Fräulein Smillas Gespür für Schnee – Ein ästhetisch überz...
36. Germering: Claus Raible – Ein Trio in Hochform
Samstag 14.10.2023
Germering: Alliage Quintett & Sabine Meyer – Beschwingt und feinsinnig
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Foto: Ira Weinrauch
Germering. Das Alliage Quintett hat sich mit der Klarinettistin Sabine Meyer bei ihrem gemeinsamen Auftritt am Freitag im Orlandosaal der Germeringer Stadthalle auf ein ganz besonderes Programm geeinigt. Kompositionen, die in dieser Zusammensetzung und Fülle nur selten zu erleben sind. Da wäre zu Beginn gleich die „Cuban Overture“ von George Gershwin, ein Stück, dass der Sohn jüdisch-russischer Einwanderer in Anlehnung an eine Kuba-Reise 1932 fertigstellte und aufgrund seiner rhythmisch-folkloristischen Ausrichtung einen bestimmten Tanzcharakter aufweist. Der Arbeitstitel lautete entsprechend auch „Rumba“.
Dieser Tanzcharakter wurde noch erweitert durch den Blumenwalzer aus Tschaikowskys „Der Nussknacker“ und natürlich durch Carl Maria von Webers „Aufforderung zum Tanz“. Es gab zudem eine Bearbeitung von Schostakowitschs „5 Stücke für 2 Violinen und Klavier“ (obwohl es sich beim Alliage Quintett um ein reines Saxophon Ensemble handelt – also an diesem Abend keine Geige zur Verfügung stand) und Alexander Borodins „Polowetzer Tänze“. Vervollständigt wurde das Programm durch Stefan Malzew, Johann Sebastian Bach und die „Brazileira“ aus „Scaramouche“ von Darius Milhaud. Selbst wenn man es nicht gelesen hatte, die Überschrift des Abends erschloss sich jedem Zuhörer wohl aufgrund der akustischen Präsentation von selbst: „Aufforderung zum Tanz“.
Es wurde entsprechend ein beschwingter Musikabend, abgesehen von zwei tragenden, sehr melancholisch umgesetzten Präludien von Schostakowitsch, die übrigens allesamt von dem russischen Komponisten, Pianisten und Pädagogeen als Film- resp. Schauspielmusik gedacht waren.
Das Alliage Quintett bestehend aus Daniel Gauthier (Sopransaxophon), Miguel Valles (Altsaxophon), Simon Hanrath (Tenorsaxophon), Sebastian Pottmeier (Baritonsaxophon) und Jang Eun Bae (Klavier) hat natürlich einen Teil der Vorgaben für ihre Besetzung plus Solostimme neu arrangiert. Und trotz der Themenvorgabe zeichnete sich der Abend durch Vielseitigkeit und passionierte Musizierweise aus. Das rauchige Tenor, das sonore Bariton, das schärfere Alt, das strahlende Sopran und die jubilierende Klarinette von Sabine Meyer finden in der Gemeinschaft zu einer das Publikum mitreißenden und aufmunternden Klangsprache.
Berührend an diesem Abend das feinsinnige Spiel Sabine Meyers, die sich besonders im Zusammenspiel mit Daniel Gauthier (Sopransaxophon) recht wohl zu fühlen schien. Ihre kurzen, frohlockenden Dialoge, das sich gegenseitig animierende „Rivalisieren“ wirkte in seiner ganzen spielerischen Dynamik raffiniert und vermittelte neben Charme auch immer einen gewissen Humor.
Jörg Konrad
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Mittwoch 11.10.2023
Landsberg: Compagnie Handmaids: Mama Europa – Chancen und Realitäten
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Landsberg. Die Zeiten änderten sich - als nach den beiden Weltkriegen der Traum von einer Europäischen Union greifbar erschien und er einige Jahre darauf tatsächlich umgesetzt wurde.
Die Zeiten hatten sich geändert - als im Herbst 1989 Europa zusammenrückte und aufgrund von Volksrevolutionen in den Ländern des Ostblocks die nächste Dekade der Hoffnung entstand. Es gab mehr Freiheit, mehr Toleranz, wohingegen nationale Grundstimmungen, als Auslöser für (ethnische) Konflikte, bröckelten.
Die Zeiten haben sich wiederholt geändert - als nur ein gutes Jahrzehnt später die Nationalismen wieder auf dem Vormarsch waren und in einigen Ländern Europas, trotz Freizügigkeit und Unabhängigkeit, wieder den Alltag bestimmten.
Werden sich die Zeiten wiederholt ändern, in dem das Streben nach einem gemeinsamen Europa an diesen nationalen Eitelkeiten zerbricht?
Mama Europa“, entworfen und gespielt von Sabine Mittelhammer von der Berliner Compagnie Handmaids, beschäftigt sich mit den Kulturen und der neueren Geschichte des zweitkleinsten Kontinents der Erde. Ein Kontinent, dessen Historie so reich ist an Erfolgen und Niederlagen, an individuellen Schicksalen, an Not, Hoffnung, Verfolgung und Erlösung bis in unsere Tage. Festgemacht an ihrer eigenen Biographie gab die Schau- und Puppenspielerin am Dienstag im Landsberger Stadttheater einen sehenswerten Diskurs über die Chancen und Realitäten – quasi eine Art (verkürzte) Geschichtsstunde Europas der Neuzeit.
Sabine Mittelhammers Familiengeschichte gehört eindeutig in das hoffnungsvolle Kapitel der europäischen Integration. Haben sich ihre Vorfahren noch als Franzosen und Deutsche unversöhnlich gegenüber gestanden, lernten sich ihre Eltern, der Vater bei Augsburg, die Mutter im bretonischen Brest lebend, kennen und lieben. Sie gründeten eine Familie. Tochter Sabine wiederum lernte, aus Berlin kommend, einen Franzosen kennen – und beide gründeten ebenfalls eine Familie.
Doch dieser Erfolgsgeschichte stehen europäische Entwicklungen gegenüber, die stärker auf Ab- und Ausgrenzung setzen, als auf kluge Eingliederung und Solidarität. Der einstige Gedanke einer gemeinsamen nachhaltigen Entwicklung als Beitrag zu Frieden und Sicherheit, sowie die Umsetzung des Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte („Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen“) steht auf dem Spiel und läuft Gefahr, wieder verloren zu werden.
Diese Träume und Realitäten hat Sabine Mittelhammer in ihrem Ein-Personen-Stück beeindruckend in Szene gesetzt. Sie arbeitet mit Papier und Klebeband, formt kurzerhand Spielfiguren, zieht Grenzlinien, macht Fluchtlinien auf einfache Art deutlich und gibt damit eine zwar spielerische, aber zugleich auch bedrückende europäische Bestandsaufnahme. Träume und Trauer, Hoffnung und Not, Liebe und Enttäuschung, Glück und Abkehr, Not und Trost gehören (leider) oft zur gleichen Seite einer Medaille.
Sabine Mittelhammer machte in ihrer Inszenierung deutlich was Europa war, was Europa ist und was Europa letztendlich sein könnte. Ideale Vermittlung von Schulstoff - nicht trocken und theoretisch, sondern kreativ und lebendig, provozierend, auch verklärend und vor allem immer die Möglichkeiten einer humanen Entwicklung aufzeigend.
Jörg Konrad
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Freitag 06.10.2023
Fürstenfeld: Afra Kane – Mit Sensibilität und Entschlossenheit
Fürstenfeld. In Afra Kane steckt ebenso viel afro-amerikanischer Jazz, wie auch europäische Klassik, westliches Pop-Entertainment und leidenschaftliches Soulfieber. Derart ausgestattet braucht die italienisch-nigerianische Singer-Songwriterin keine Vergleiche mit den großen Vocal-Diven zu fürchten. Zu dem ist Afra Kane eine ausgezeichnete Pianistin, mit spürbarem Sinn für Form, für improvisatorische Dramaturgie und leidenschaftliches Powerplay. Ihre Anschlagskultur ist formidable, ihre Individualität subtil. So präsentierte sich die Sängerin, Pianistin und Komponistin mit ihrem musikalischen Partner Marius Rivier am Mittwoch im mittlerweile 150. Konzert(!!!) der Fürstenfelder Reihe Jazz First.
Das Programm bestand aus eigenen Songs, die Afra mit Hingabe und der ihr eigenen Selbstverständlichkeit vortrug. Viele Sängerinnen in ähnlicher Situation hätten sich in ihrer Repertoireauswahl stärker auf Jazz-Standards oder bekanntere Cover-Versionen gestützt. Afra Kane, heute in der Schweiz lebend, platzierte sich mit ihren Kompositionen in den nah beieinander liegenden stilistischen Territorien von Gospel, Soul und Rhythm & Blues. Hier kann sie ihre Möglichkeiten, nach eigenem Bekunden, am auffälligsten ausschöpfen.
Afra wurde im norditalienischen Vicenza geboren und erhielt als Neunjährige ersten Klavierunterricht. Sie liebt Chopin und Debussy und wurde gleichzeitig durch ihr Elternhaus mit afrikanischem Gospel konfrontiert. Später kamen dann wichtige Einflüsse durch die Stars des Motwon-Labels, wie Marvin Gaye und Aretha Franklin hinzu. „In der klassischen Musik war alles auf perfektionistische Interpretation ausgerichtet. Beim Singen von Soul konnte ich dagegen meine Gefühle ausdrücken, ohne mich irgendwie um die Technik kümmern zu müssen“, sagte sie in einem Interview.
Sie siedelte nach Wales um und kam dann, über das internationale Erasmus-Programm, nach Genf, wo sie promovierte. Gleichzeitig lernte sie die Musik von Keith Jarrett, dem Brasilianer Hermeto Pascoal und dem ukrainischen Pianisten und Komponisten Nikolai Kapustin kennen und lieben. Mit all diesen Einflüssen ausgestattet entwickelte sie ihre eigene Musik, die letztendlich ihren ungewöhnlich reichen Erfahrungsschatz widerspiegelt.
In Fürstenfeld musizierte sie mit dem Schlagzeuger Marius Rivier, der versuchte, mit einer möglichst breiten rhythmischen Vielfalt dem Set einen weltmusikalischen Rahmen zu geben. Dieser wirkte letztendlich jedoch einengend und die Musik begrenzend.
Afra Kane beeindruckte mit ihrer freien, bewusst nicht perfekten Interpretation der eigenen Kompositionen. Ihre warme, berührende Stimme vermittelte sowohl Sensibilität als auch Entschlossenheit, ihre Taktverschleppungen sowie ihr Gespür für Dynamik und Nuancen sind als ein Teil ihrer vocalen Identität zu verstehen. Im Nachhall darf man gespannt beobachten, ob sich hier eine Große Stimme entwickelt, die die Tradition der sophistizierten Jazz- und Soulladys fortsetzt.
Jörg Konrad
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Foto: Katrin Ribbe
Mittwoch 04.10.2023
Staatsschauspiel Stuttgart: Die Präsidentinnen – Einfach monumental
Alles ist groß. Riesengroß. Einfach monumental. Die Möbel - überdimensioniert; das erfahrene Elend - kolossal; die unerfüllten Träume - gewaltig. Die Bühne: Eine heruntergekommene Puppenstube, mit turmhohen Sitzgruppen und eine nur unter Lebensgefahr zu ersteigende Standleuchte als Klettergerüst. Zwischen den Utensilien agieren drei bipolare Ladys in seelisch unscheinbaren Grautönen. Das klingt trostlos, das ist trostlos. Aber so inszeniert nun einmal Amélie Niermeyers das Stück „Die Präsidentinnen“ von Werner Schwab (1958 – 1994), einem jener Autoren, die das Theaterpublikum noch schrecken konnten.
Das Ensemble des Staatstheater Stuttgart ging bei seiner Vorstellung am Dienstag im Veranstaltungsforum Fürstenfeld bis an die Grenzen des Erträglichen. Manchmal darüber hinaus. Körperlich wie unmittelbar, verbal unkontrolliert und rein impulsgesteuert. Erna (Anke Schubert, Grete (Christiane Roßbach) und Mariedl (Celina Rongen) bringen das Stück aufdringlich, lärmend, ruhelos über die Rampe. Bei ihnen gehen Leidenschaft, Intensität und Hoffnungslosigkeit beeindruckend Hand in Hand. Kein Satz ohne derbe Anzüglichkeiten, das scheint die einzige Regel.
Alle drei fühlen sich mit ihrem Schicksal allein gelassen, fühlen sich gegenüber dem Leben nackt und ausgeliefert. Und Schuld an dieser Misere sind (natürlich) die Anderen. Erna, geschlagen mit einem alkoholabhängigen Sohn, träumt von einer Beziehung zum örtlichen Fleischhauer Wottila, Grete, die von ihrem Mann wegen einer weitaus jüngeren Asiatin verlassen wurde, steht auf den feschen Tubaspieler Freddy. Und Mariedl, „Klofrau“ mit Leib und Seele, liebt den Herrn Pfarrer und hasst jede Form von Blasphemie. Was sie zusammenhält ist neben der Not die Religion: Alle drei vergöttern Jesus.
Die Präsidentinnen des Leids schreien immer lauter werdend ihre Träume und Hoffnungen und ihren seelischen Schmerz heraus, werden immer stärker zu kämpfenden Rivalinnen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann und wie die skurile Konstellation in einer Zimmerschlacht explosionsartig auseinanderfliegt.
Amélie Niermeyers grelle wie exzessive Inszenierung lebt stark von der Lust an Provokationen, lebt von der Herausforderung an die scheinbare heile Welt die voller irrationaler Lebenslügen ist. Die Sprache ist markant bis grob, manchmal unerträglich, aber auch komisch - obwohl dem Publikum das Lachen immer wieder im Halse stecken bleibt.
Die Schauspielerinnen geben in ihren Rollen alles. Sie agieren leidenschaftlich, intensiv, sind körperlich enorm präsent. Sie machen die Tragik und Komik ihres Lebens deutlich und arbeiten ihren Frust aneinander ab - bis zur endlichen Katastrophe.
Wenn das Theater, wie der spanische Dramaturg Federico Garcia Lorca behauptet, eine Schule des Weinens und des Lachens ist, dann bewegt sich „Die Präsidentinnen“ genau auf diesen Spuren.
Und was war die Moral des Abends? Wahrscheinlich gab es keine und wenn, dann vielleicht als Frage verpackt: Ist die Welt tatsächlich eine Fäkaliengrube?
Jörg Konrad
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Freitag 29.09.2023
Landsberg: Fräulein Smillas Gespür für Schnee – Ein ästhetisch überzeugendes Konzept
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Foto: Lutz Edelhoff
Landsberg. Es ist an die drei Jahrzehnte her, da sprengte ein Roman des damals noch relativ unbekannten dänischen Autors Peter Høeg die Bestsellerlisten deutschsprachiger Literaturgazetten. Ein Krimi in Zeiten als diese, ähnlich den Kochbüchern, in der Welt der Bücher noch ein Nischendasein fristeten. Gleichzeitig war im Grunde aber klar: An diesem Text musste inhaltlich mehr sein, als dass ein einfacher Kriminalfall von einem verqueren (Privat-)Detektiv mit überdurchschnittlichem Intelligenzquotienten auf noch so skurrile Weise gelöst würde.
Høeg strickte in „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ aus unterschiedlichsten Problemaspekten, von denen manche Kritiker behaupteten, es wären vielleicht zu viele, eine Geschichte, die, aus heutiger Perspektive betrachtet, ihrer Zeit ein wenig voraus schien. Aber das Publikum damals kaufte, las und liebte dieses Buch, das von einem vom Dach gestürzten sechsjährigen Eskimojungen, einer Naturwissenschaftlerin aus Grönland, von Alkoholsucht, einem weit zurück liegenden, aber bis in die Gegenwart wirkenden Katastrophenszenario und mehreren Nordland-Expeditionen handelte. Die Story wurde (natürlich) verfilmt, dramatisiert und erfuhr am Donnerstag als Puppenspiel des Erfurter Theater Waidspeicher eine Aufführung im Stadttheater Landsberg.
Eine Geschichte, die ihre Dramaturgie, ihren Charme und ihre Brisanz durch das Zusammenspiel von Handpuppen und Schauspielern entwickelte, die tatsächlich aufgrund ihres ästhetischen Konzepts und der spieltechnischen Umsetzung zumindest die Verfilmung deutlich in den Schatten stellt. Frank Alexander Engel hat diese Aufführung inszeniert und kann sich bei der Umsetzung des Stoffes auf ein engagiertes und professionelles Ensemble stützen.
Die Handlung wirkt hingegen ein wenig hölzern, abgesehen davon, dass hier Menschen mit Umwelt- bzw. Naturkatastrophen konfrontiert werden, die in der Lage sind, biologische Grundlagen auf der Erde gehörig aus dem Gleichgewicht zu bringen. In diesem Kontext kommt der kleine Jesaja zu Tode und die 37jährige arbeitslose Mathematikerin und Geologin Smilla Jaspersen zeigt auf, dass es sich hier um Mord handelt, als dem Ergebnis eines politischen und wirtschaftlichen Komplotts.
Beide, Smilla als auch Jesaja haben grönländische Wurzeln, wobei das Verhältnis zwischen Grönland, einem politisch selbstverwalteten Bestandteil des Königreichs Dänemark, und Dänemark seit Jahrhunderten von sozialen Spannungen geprägt ist. Insofern bekommt die Geschichte neben der individuellen Identitätsfindung auch eine gewisse gesellschaftliche Sprengkraft und damit einen gegenwärtigen, sehr realen Bezug.
Das Ensemble des Theater Waidspeicher mit Karoline Vogel, Kathrin Blüchert, Paul Günther, Tomas Mielentz und Maurice Voß spielt selbst und führt die Handpuppen auf eine sehr inspirierende und, trotz der herausfordernden und manchmal rücksichtslosen Lebenswirklichkeit, immer wieder beeindruckend poetische Art und Weise. Oft sind es nur kleine Nuancen, wie die Körpersprache der Figuren, die berühren und die Charaktere deutlicher herausschälen. Ein insgesamt anregender und fesselnder Theaterabend, der vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen und Bravo-Rufen bedacht wurde.
Jörg Konrad
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Samstag 23.09.2023
Germering: Claus Raible – Ein Trio in Hochform
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Fotos: TJ Krebs
Germering. Bebop ist die Musik der Revolte. Schrieb zumindest Scott DeVaux. Aber hat die Revolte auch tatsächlich und spürbar stattgefunden? In kleineren, eingeschworenen Kreisen diskutiert man diesen Fakt positiv. Wer genau hinhört, erkennt auch seit Beginn der frühen 1950er Jahre deutliche Veränderungen in der Musiklandschaft und hier speziell im Jazz. Damals ist der Terminus Modern eingezogen. Doch Massenbewegungen samt sozialem Sprengstoff hat der Bebop ganz sicher nicht ausgelöst. Dafür war und ist er zu speziell – für manch einen Rezipienten zu komplex.
Zu den Wegbereitern gehörten Dizzy Gillespie, Fats Navarro, Charlie Parker - bis heute Favoriten aus dem engeren Kreis von Claus Raible, natürlich neben den Pianisten.
Der Münchner Klavierspieler Raible fühlt sich diesem intensiven Klangbild verpflichtet. Ständige Harmoniewechsel, rhythmische Verlagerungen und überraschende Intervallsprünge sind für ihn Herausforderung und Erfüllung seines Musikideals schlechthin. Am Freitag gastierte der Pianist mit seinem Trio in der Germeringer Stadthalle. Nicht zum letzten Konzert unter der künstlerischen Regie von Hans-Jürgen Schaal. Eines folgt noch. Aber dazu später.
Claus Raible, ein Klavierspieler, der all die Tugenden in sich vereint, die einen leidenschaftlichen Bebopper ausweisen: Schnell am Instrument, verspielt in den Harmonien, Querverbindungen zwischen den Rhythmen schaffend, melodisch manchmal fast eingängig, eben immer ein wenig verrückt – vom Mainstream.
Und natürlich zitiert er die Großen der Zunft, die Genies, Propheten und Revolutionäre, wie Monk und Powell und Dameron. Aber auch das kreative Kraftwerk Coleman Hawkins fehlt in seinem Repertoire nicht, oder der aus Polen stammende und in Los Angeles als Filmkomponist große Erfolge feiernde Bronis?aw Kaper. Raibles eigene Kompositionen sind in Anlehnung an diese Heroen entstanden, atmen den Geist des Bebop, sind weniger kantig, dafür fließend und virtuos. Und in der Seele des Jazz, im Blues, erfindet der Pianist die Langsamkeit neu, zeigt auf, wie weniger tatsächlich mehr und Tradition zugleich auch Avantgarde sein kann.
Diese Musik braucht einen Fels in der Brandung. Claus Raible besitzt ihn in Form seines Bassisten Giorgos Antoniou. An ihm bricht die Gischt vertrackter Passagen, er hält die Zeit, flutet die Musik mit griffigen Läufen. Ein Magier der rhythmischen Zwischenräume, der auf hervorragende Weise mit Schlagzeuger Xaver Hellmeier korrespondiert. Dieser trommelt die Musik mit Intensität vor sich her, raffiniert wie zielstrebig, mit jeder Menge Drive und Swing. Insgesamt: Ein Trio in Hochform.
Das Publikum verdankt diesen musikalisch leidenschaftlichen Abend Hans-Jürgen Schaal, der seit 2007 „Jazz It“ künstlerisch betreut und mit dem Claus Raible Trio das 118. Konzert dieser Reihe präsentierte. Eines wird noch folgen (15. Dezember mit Philip Catherine & Martin Sasse), dann übernimmt Sven Faller diese herausfordernde Aufgabe.
Jörg Konrad
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Autor: Siehe Artikel
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