Der deutsche Historiker Volker Reinhardt hat sich mit Brunos Biographie tief in das Mittelalter begeben und sehr detailliert dessen Leben und Arbeit aufgefächert. Herausgekommen ist ein Buch, das sowohl das Kämpfertum des Freidenkers in den Mittelpunkt stellt, als auch die Zeit in der er lebte und wirkte. Reinhardt begleitet in "Der nach den Sternen griff. Giordano Bruno - Ein ketzerisches Leben" Bruno bei seiner Weihung zum Priester 1572 und bei seinen ersten deutlichen Zweifeln an der Dreifaltigkeitslehre, die ihn nur vier Jahre später dazu bewegen, aus dem Orden wieder auszutreten. Anschließend beschreibt der Historiker die Reisen Brunos, quer durch ein zerrissenes Europa, hin zu dessen intellektuellen wie religiösen Zentren, nach Genf, Toulouse, Paris, Oxford, London, Wittenberg, Prag, Zürich, wo er jeweils zwar teilweise mit Neugier empfangen wurde, letztendlich aber, nach dem man seine Geisteshaltung und naturwissenschaftlichen Arbeiten kennen lernte, als Ketzer vom Hof verjagte.
Bruno selbst war trotz seiner Überzeugungen, seinem Eintritt für Toleranz eine streitbare und manchmal auch ambivalente Persönlichkeit. Doch er fühlte sich immer der Freiheit des Denkens verpflichtet und wandte sich deutlich gegen jede Form von Religionen, die er einzig als ein Machtinstrument der Herrschenden einschätzte. So wurde Bruno als tätiger Oppositioneller und überzeugter Zweifler an allem Religiösen zu einer Art Spielball der Mächtigen seiner Zeit.
Es war eine Frage der Zeit, bis die Kirche mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen diesen unangepassten Skeptiker vorging. Reinhardt hat für diese Abhandlung neue Dokumente ausfindig gemacht, wie die Verhörprotokolle der Verhandlungen, die die Hintergründe und den tatsächlichen Ablauf der Verfahren noch einmal in einem völlig neuen Licht darstellen. Reinhardt kommt nach akribischen Untersuchungen zu dem Schluss, dass an Giordano Bruno ein „Ausnahmeverbrechen“ konstruiert und durch Papst Clemens VIII. ein Exempel statuiert wurde. Letztendlich ist seine Hinrichtung ein eindeutiger Justizmord. Als Bruno das Urteil verkündet wurde, sagte er den berühmt gewordenen Satz: „Ihr verhängt das Urteil vielleicht mit größerer Furcht, als ich es annehme!“
Brunos Schriften wurden zugleich auf den Index gesetzt und erst 1966(!) wieder frei gegeben. Und erst im Jahr 2000(!!) erklärte Papst Johannes Paul II. Giordano Brunos grausame Hinrichtung für Unrecht – wobei eine vollständige Rehabilitierung aus „formal religiösen Gründen“ bis heute nicht stattfand.
Jörg Konrad
Volker Reinhardt
„Der nach den Sternen griff. Giordano Bruno - Ein ketzerisches Leben“
C.H. Beck
„Der nach den Sternen griff. Giordano Bruno - Ein ketzerisches Leben“
C.H. Beck























