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110. Vollmond verdeckt Mars
109. Ringlein Ringlein …..
108. Galaktisch asoziale?
107. Distanz Berlin - New York in knapp 40 Sekunden
106. Einem lauerndem Paparazzi nicht ganz unähnlich
105. Dantes Inferno auf WASP-76 b
Donnerstag 01.12.2022
110. Vollmond verdeckt Mars
Bilder
EsWa, Galaxien 142, Digital, 150 x 120, 2022
Aus meteorologischer Sicht ist bereits der 1. Dezember der erste Wintertag, doch die Himmelskunde hat einen anderen Ansatz. Genau an dem Tag, an dem die Sonne die geringste Mittagshöhe im Südpunkt erreicht und der kürzeste Tag des Jahres uns bei guten Wetterbedingungen nur knapp acht Sonnenstunden beschert, beginnt der astronomische Winter. Man spricht auch dabei von der Wintersonnenwende, denn nach dem Durchlaufen dieses Umkehrpunktes werden die Tage langsam wieder länger.
Das Herbstviereck, welches aus den Sternbildern Andromeda und Pegasus besteht, ist nun schon mehr in westlicher Richtung zu erkennen. Flankiert wird es durch den Planeten Jupiter, der als deutlich hellstes Objekt diesen Teil des winterlichen Himmels dominiert. Dafür bestimmt nun für die nächsten Monate das Wintersechseck mit den Sternbildern Zwillinge, Fuhrmann, Stier, Orion, Großer und Kleiner Hund den Anblick in südlicher Richtung. Mitten durch diese größte Konstellation am gestirnten Himmel zieht sich ein gut sichtbarer Teil der Milchstraße. Allerdings ist diese Himmelsbrücke nur bei absoluter Dunkelheit zu erkennen.
Wesentlich einfacher ist der rote Planet Mars zu erkennen, denn seine Position oberhalb des ebenfalls leicht rötlich scheinenden Sterns Aldebaran im Stier ist nicht zu übersehen. Wenn am frühen Morgen des 8.Dezembers zwischen 6 und 7 Uhr dieses Sternbild schon fast am Untergehen ist, kann man ein ganz besonderes Himmelsspektakel bewundern. Für fast eine Stunde schiebt sich der Vollmond vor den Planeten Mars. Für Frühaufsteher ist diese sehr seltene Planetenbedeckung ein absolutes Muss.
Im Mittelpunkt des 110. Artikels der Serie Kosmos steht ein Meilenstein in der Geschichte der Astronomie: Der wichtigste Katalog der Nebel und Galaxien, erstellt von Charles Messier. Es sind genau 110 Objekte, die in diesen Index einflossen. Heute werden die von Messier aufgeführten Himmelsobjekte nur noch kurz mit M1 bis M 110 bezeichnet. Die Nummer 1 dieses Tabellariums ist der Krebsnebel.
Allein schon dieser im Fernrohr als diffus erscheinende Nebelfleck hat es in sich. Heute wissen wir, dass im Inneren von M1 ein Gravitationsmonster steckt, welches vor fast eintausend Jahren bei der Explosion einer Supernova entstanden ist. Für die Wissenschaft Astronomie begründete sich damit ein völlig neuer Beobachtungsbereich der veränderlichen Sterne. Der Pulsar, der im Zentrum dieses gigantischen Nebels sitzt und diesen gleichzeitig auseinandertreiben lässt, ist ein extrem kompakter Neutronenstern, der präzise wie ein Uhrwerk tickt. Genau dreiunddreißig Mal in der Sekunde dreht sich dieser kaum 30 km große Zwerg um seine eigene Achse und genau zwei Strahlungskeulen gehen von ihm aus. Die auch Synchrotronstrahlung genannte Emission erreicht uns auf der Erde nur durch Zufall, denn die Strahlungsquelle befindet genau in der Beobachtungsebene. Dies ist auch gleichzeitig der Grund dafür, dass viele Pulsare unerkannt bleiben, weil ihre Wellenfronten einfach über oder unter uns vorbeiziehen.
Doch zum Begründer des Katalogs selbst: Charles Messier wurde 1730 im lothringischen Badenweiler geboren und war ein französischer Astronom. Bis zum Jahr 1770 hatte er bereits 103 Objekte in seine umfassende Übersicht aufgenommen. Er galt lange Zeit als der begabteste Beobachter seiner Zeit, doch Krankheit und zunehmender Verlust der Sehfähigkeit ließen ihn im hohen Alter das Interesse an der Erweiterung verlieren, sodass erst sein Nachfolger Mechain das Register auf 110 Eintragungen erweiterte. Unter ihnen sind die bekanntesten Himmelsobjekte. Ganz vorn steht mit M 31 die Andromeda-Galaxis, die uns nächst stehende Welteninsel mit ungefähr 400 Milliarden Sternen. Aber auch M 42 ist nicht minder unbekannt, handelt es sich hier doch um den schon mit bloßem Auge erkennbaren Orionnebel. M 45 ist ein offener Sternhaufen, der gleich oberhalb des Stiers in jeder Winternacht hervorsticht Es sind die Plejaden, die bei uns auch Siebengestirn genannt werden. Die wohl schönsten Galaxien in der Aufstellung Messiers sind die Whirlpool-Galaxie M 51 und die Feuerradgalaxie M 101. Ihr Anblick ist beispielhaft für Himmelsräder, die man direkt „head on“ , also von oben sieht. Dafür ist die Spindelgalaxie M 102 der Klassiker für die „edge on“ - Kantenansicht einer fernen Milchstraße. Der Herkuleshaufen M 13 ist hingegen ein typischer Kugelsternhaufen. Mindestens 500 000 Sterne stehen hier besonders eng zusammen. Die Kugelsternhaufen stellten eine eigenständige Gruppe in Messiers Liste dar, sind sie doch im Fernrohr ein besonders schöner Anblick. Jedes vierte Objekt der Auflistung ist ein solcher „Eyecatcher“. Auch die Gruppe der planetarischen Nebel ist vertreten. Besonders eindrucksvoll ist der Ringnebel M 57 im Sternbild Leier. Allerdings ist es kein planetarischer Ursprung, der den Namen entstehen ließ: Es war einfach die falsche Annahme, dass man ein fernes Planetensystem in seiner frühen Entwicklung erkennen könnte. Erst heute wissen wir, dass auch hier ein sterbender Stern Ausgangspunkt für die ringförmig diffundierenden Nebelschwaden war,
Eine Auflistung aller 110 Objekte ist unter https://de.wikipedia.org/wiki/Messier-Katalog#Liste_der_Messier-Objekte einsehbar.
Wer sich die wunderschönen Objekte des Charles Messier selbst mit Hilfe eines Spiegelteleskops oder eines Linsenfernrohrs erschließen möchte, dem sei der Messier-Guide von Ronald Stoyan empfohlen, der 2020 im Oculum-Verlag Erlangen erschienen ist. Mit Hilfe eines Leitsterns und verschiedenen Sternkartenausschnitten kann man sich aufgeteilt nach günstigen Beobachtungsmonaten den Geheimnissen des Charles Messier eindrucksvoll nähern.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Dienstag 01.11.2022
109. Ringlein Ringlein …..
Bilder
EsWa, Galaxien 140, Digital, 150 x 120, 2022
Mit dem Monat November sind wir wieder zur Normalzeit zurückgekehrt. Schon ab 17 Uhr kann man in der Dämmerung das Sommerdreieck erkennen und im Süden ist das Herbstviereck sichtbar. In der zweiten Nachthälfte bis in die frühen Morgenstunden kommt das Wintersechseck zur Geltung. Damit sind in einer einzigen Nacht alle drei Großkonstellationen offenkundig.
Jupiter ist das hellste Objekt des Abendhimmels, da keine in der Nähe befindlichen Himmelskörper auch nur annähernd an seine strahlende Vorherrschaft heranreichen. Somit ist er problemlos erkennbar. Mars hingegen eifert in puncto Helligkeit mit den Sternen des Stiers und des Orions um die Wette. Dabei ist zu beachten, dass das Licht der Sterne in der Nachbarschaft des roten Planeten oft Jahre oder Jahrhunderte braucht, bevor es auf unsere Netzhaut fällt. So ist das Licht zum Beispiel von Aldebaran (Hauptstern des Stiers) 67 Jahre und von Beteigeuze (zweithellster Stern des Orion) 642 Jahre unterwegs. Die ruhige und deutlich rote Erscheinung des Mars rührt von der Tatsache her, dass sein Licht eigentlich von der Sonne stammt. Rund zwölf Minuten braucht es, ehe es von ihm reflektiert wird, bevor es nach weiteren acht Minuten auf der Erde angelangt ist.

Ringlein, Ringlein, du musst wandern, heißt es schon in einem alten Singspiel. Gleich zwei völlig ungewöhnliche kosmische Erscheinungen lassen ihre Ringe ebenfalls wandern, doch dies geschieht natürlich durch einen ganz anderen Antrieb.
Zu den absoluten Sonderlingen unter den fernen Himmelsobjekten zählen die Wolf-Rayet-Sterne. Diese teilweise mehr als 100 Sonnenmassen schweren und bis zu 100.000 Grad heißen Giganten verbrauchen ihren Wasserstoffvorrat enorm schnell und haben eine 2000fach geringere Lebenserwartung als unsere Sonne (Kosmos 84). Nach gerade einmal fünf Millionen Jahren endet ihre Existenz mit einer gewaltigen Supernova. Zuvor allerdings zeigen sie oft ungewöhnliche Formen von Energieausstößen. Das interessante Beispiel dieser Art wurde jetzt vom James-Webb-Space-Telescope erstmals in seiner vollen Größe erfasst. Die Aufnahme zeigt dabei den Wolf-Rayet Stern WR 140 und indirekt auch seinen unmittelbaren Nachbarstern, der ebenfalls zu den massereichen Sternen gehört. Das Doppelsternpaar bewegt sich in 8 Jahren einmal um seinen gemeinsamen Schwerpunkt. Sie kommen sich dabei auch alle 8 Jahre einmal so nah, dass der aktivere WR 140 eine Staubfront abstößt, die das System verlässt und eine neue Hülle erzeugt. Die dadurch entstehenden Ringstrukturen haben so immer den gleichen Abstand voneinander. Bisher waren nur zwei Ringe bekannt, doch das JWST hat schon auf den ersten Blick 12 weitere erfasst. Übrigens sind die Ringe nicht gleichförmig, denn sie werden teilweise vom Nachbarstern aufgesogen, sodass nur etwas mehr als die Hälfe der Hüllen sichtbar bleibt. Auf der Website https://webbtelescope.org/news/first-images/gallery kann man sich übrigens ausgiebig mit den neuen, teilweise sensationellen Bilder des neuen Weltraumteleskops beschäftigen.
Doch es gibt eigentlich eine ganze Armada von Raumteleskopen, die kontinuierlich Daten für die forschende Astronomie liefern. Auch hier sind von Zeit zu Zeit sehr aufschlussreiche Bilder zu sehen, die uns von zum Teil hochinteressanten Forschungsprojekten berichten.
So konnte unlängst das im Bereich der Gammastrahlung arbeitende Neil-Gehrels-SWIFT-Observatory einen GRB (GammaRayBurst) von bisher nicht gekannter Stärke detektieren. GRBs sind Gammastrahlungsausbrüche, bei denen in sehr kurzer Zeit enorme Energiemengen freigesetzt werden. Nun steht der offiziell GRB 221009 A genannte Blitz vom 10. September dieses Jahres uneingeschränkt an der Spitze aller bisher erfassten Ereignisse dieser Art.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei diesem über 10 Stunden nachleuchtenden Ausbruch in einer einzigen Sekunde weit mehr als 100 Million Elektronenvolt freigesetzt wurden. Umgerechnet würde dies bedeuten, dass unsere Sonne in ihrem bisherigen Leben nur halb soviel Energie produziert hat, wie sie bei der Entstehung des neuen Schwarzen Lochs als Folge des GRB 221009 A ausgestoßen wurde. Erst in ungefähr 5 Milliarden Jahren wird die Strahlungsleistung unseres Zentralgestirns die unfassbare Energiemenge dieser eine Sekunde dauernden Gammastrahlenausbruchs ausgeglichen haben.
Doch zurück zu den Ringen, die auch hier zu wandern scheinen. Der leitende Astronom Andrew Beardmore von der University of Leicester in England erklärt dies so: „Diese Merkmale sind nicht Teil der Explosion, sondern „Lichtechos“, die entstehen, wenn die vom Ereignis ausgehende Röntgenstrahlung von mikroskopisch kleinen Körnern, die in Staubwolken in unserer eigenen Galaxis schweben, zur Erde gestreut wird.“
Abschließend sei vermerkt, dass es mittlerweile mehr als 60 Jahre her ist, dass die Gammastrahlungsausbrüche eher zufällig entdeckt wurden. Der kalte Krieg hatte damals dazu geführt, dass man mit Hilfe von Satelliten versuchte, möglichen Atombombenexplosionen auf die Spur zu kommen. Sinnigerweise sind wir momentan in genau der gleichen Situation wie einst, denn die „Satelliten-Ohren“ der Geheimdienste sind derzeit auf das Schärfste konzentriert, um im ukrainischen Kriegsgebiet genau eben diese Ereignisse – hoffentlich nicht – zu erfassen.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Samstag 01.10.2022
108. Galaktisch asoziale?
Bilder
EsWa, Galaxien 135, Digital, 145 x 115, 2022
Mit jedem Tag erweitern sich die Beobachtungszeiten für die Astronomen, denn bis zum Ende des Monats wird die Nacht schon 14 Stunden lang sein und die sommerlichen Sternbilder Leier, Schwan und Adler sind nach und nach am Abendhimmel nicht mehr sichtbar. Dafür schieben sich die Herbststernbilder Pegasus und Andromeda in den Vordergrund. Ihre vier hellsten Objekte bilden das gut erkennbare Herbstviereck. Der leuchtende Planet Jupiter bestimmt allerdings den Abendhimmel.
Am Monatsanfang steht er genau gegenüber der Sonne und ist somit die ganze Nacht über als deutlich hellstes Himmelsobjekt sichtbar. Seine beste Beobachtungsmöglichkeit ist gegen Mitternacht. Am Abend des 8. Oktober bildet Jupiter gemeinsam mit dem fast vollen Mond ein interessantes Paar, denn sie stehen unmittelbar beieinander. Auch Mars und Saturn sind zu dieser Zeit in westlicher Richtung zu sehen. Die sonnennahen Planeten Venus und Merkur halten sich hingegen eher bedeckt.

Schon immer wollte der Mensch wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Der deutsche Physiker und gleichzeitige Begründer der Quantenmechanik Werner Heisenberg hatte bereits im Jahre 1958 eine Weltformel postuliert, die davon ausging, dass die Elementarteilchen die kleinsten und damit bestimmenden Teilchen der Physik sind und somit die Grundbausteine aller existierenden Himmelskörper darstellen. Doch hinsichtlich dieser These kamen schon kurze Zeit später in der Fachwelt große Bedenken auf. Der Nachweis der Quarks 1968 und die vor wenigen Jahren im Kernforschungszentrum CERN gemachte Entdeckung des Higgs-Teilchens zeigen auf, dass der klassische Atomaufbau nicht die Endstufe des inneren Zusammenhalts des Mikrokosmos darstellt.
Wie aber ist der Makrokosmos aufgebaut? Viele offenen Fragen wurden bereits in der Vergangenheit nach und nach beantwortet. Sir Isaac Newton hatte schon im Jahre 1685 mit der Formulierung des Gravitationsgesetzes die Grundlagen der Massenanziehung formuliert. Die Urkraft war gefunden und Albert Einstein postulierte 1916, dass Gravitation sich ebenso über Wellen ausbreiten könnte. Hundert Jahre später gelang den Astronomen die Bestätigung der Existenz von Gravitationswellen durch die VIRGO - und LIGO - Detektoren.
Speziell in der uns umgebenden Welt der Milchstraße stellt sich aber die unabwendbare Frage, ob wir allein sind. Nun ist einer der größten Protagonisten, die sich mit den Fragen der außerirdischen Intelligenz beschäftigt haben, im Alter von 92 Jahren verstorben. Gemeint ist Frank Drake, einer der bekanntesten und profiliertesten Astronomen weltweit. Der 1930 in Chicago geborene Drake war bis zuletzt geistig höchst aktiv, wenn auch seine Lehrtätigkeit an der Universtity of California in Santa Cruz seit vielen Jahren ruhte. Doch unermüdlich hatte er immer wieder darauf hingewiesen, dass die Frage, ob wir allein im Universum sind, von vielen Faktoren abhängig sein müsste. Seine Überlegungen mündeten in der berühmten Drake-Gleichung, die der Autor im Jahr 1961 auf einer Konferenz in Green Bank erstmalig der erstaunten Fachwelt präsentierte.
Diese Gleichung verwendet genau sieben Variablen, um die Anzahl der nachweisbaren Zivilisationen in der Milchstraße zumindest ansatzweise zu schätzen. Grundlage und gleichzeitig Variable Nr.1 ist die durchschnittliche Sternentstehungsrate pro Jahr, die durch die Beobachtungen des Hubble-Space-Telescopes recht genau mit 10 Sonnenmassen festgelegt werden konnte. Darüber hinaus berücksichtigt sie Faktoren wie den Anteil der sonnenähnlichen Sterne mit Planetensystemen und die Anzahl der bewohnbaren Planeten in jedem dieser Systeme. Zusätzlich betrachtet sie, wie oft sich Leben auf Welten innerhalb der habitablen Zone (siehe Kosmos 105) entwickeln kann und wie oft diese Lebensformen letztendlich nachweisbare Technologien hervorbringen können. In ihrer ursprünglichen Form geht die Gleichung davon aus, dass sich technologisch hochentwickelte Außerirdische auf Planeten entwickeln würden, die sonnenähnliche Sterne umkreisen. Es ist dabei aber auch notwendig, die Kommunikationsfähigkeit dieser intelligenten Lebewesen in Betracht zu ziehen und darüber hinaus das Interesse dieser Zivilisation, mit anderen intelligenten Bewohnern unserer Galaxis in Kommunikation zu treten. Als letzte und abschließende Variable bezieht die Gleichung auch die Lebensdauer einer technischen Zivilisation mit ein.
Doch zurück zu Frank Drake: Er hatte gemeinsam mit Carl Sagan darauf gedrängt, dass die Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 mit den berühmten vergoldeten LaserDiscs ausgestattet werden, die eine Vielzahl von Nachrichten über die Entwicklung auf unserer Erde gespeichert haben. So könnte eine andere Spezies in der Milchstraße zumindest indirekt Informationen über uns Menschen erlangen. Dies war natürlich auch ein äußerst gut durchdachter Promotion-Trick, denn noch heute erinnern sich viele Menschen genau an diese überdimensionalen DVDs, kennen aber die wissenschaftlichen Resultate der beiden Voyager - Planetenmissionen der 1980er Jahre kaum. Gleichzeig erfüllte Drake damit aber wohlwissend eine wichtige Variable aus seiner Gleichung, welche die Fähigkeit und den Willen, mit anderen intelligenten Lebewesen in wissentlichen Kontakt zu treten, einfordert. Die wenig später ebenfalls von Frank Drake ins Leben gerufene SETI-Forschung (Search for Extraterrestrial Intelligence) wurde zu einem riesigen Erfolg, denn im Laufe der Jahre beteiligten sich nicht nur viele Wissenschaftler an diesem Projekt, sondern auch Tausende von Hobbyastronomen.
Leider gab es aber nie auch nur das kleinste Anzeichen dafür, dass irgendwo da draußen jemand die Absicht hatte, mit uns in Kontakt zu treten.
Sollte dahinter vielleicht gar eine Absicht stecken? Liegt es nicht nahe, dass der „Hohe Galaktische Rat“ – so er denn existieren sollte – schon längst ein Urteil über die Bewohner des dritten Planeten im System des Sterns Sonne gefällt hat? Könnte es vielleicht sein, dass wir die zu erfüllenden Kategorien einer hochentwickelten galaktischen Zivilisation doch nicht gänzlich erfüllen, weil wir unsere Intelligenz für die unsinnigsten Dinge vergeuden und es darüber hinaus noch zulassen, dass im eigentlich fortgeschrittenen 21. Jahrhundert barbarische Kriege angezettelt werden? Gelten wir vielleicht sogar als galaktisch asozial? Möglich wäre dies sicherlich und so müssten wir uns letztendlich nicht wundern, dass wir vollkommen allein sind.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Donnerstag 01.09.2022
107. Distanz Berlin - New York in knapp 40 Sekunden
Bilder
EsWa, Galaxien 128, Digital, 130 x 110, 2022
Auch in den letzten Sommertagen wird das Sommerdreieck den Abendhimmel beherrschen. Am markantesten ist dabei Wega - der Hauptstern der Konstellation Leier. Schon in der Dämmerung ist der mit 500 Millionen Jahren noch recht junge Stern hoch in Zenitnähe zusehen. Er ist dreimal so groß wie unsere Sonne, strahlt 37mal heller und ist nur 25 Lichtjahre entfernt. Während unsere Erde neben der täglichen Rotation um ihre geneigte Achse, die im Laufe von 25.700 Jahren auch einen sogenannten Präzisionskreiskegel beschreibt, wandert gleichzeitig auch der Himmelsnordpol mit. Vor 14.000 Jahren stand die Wega dort in unmittelbarer Nähe und war so Polarstern und in knapp 12.000 Jahren wird sie wieder unser Polarstern sein.
Nacheinander gehen die Planeten Saturn, Jupiter und Mars auf. Allerdings kann man sie gemeinsam erst weit nach Mitternacht sehen. Venus und Merkur sind derzeit nicht sichtbar.
Am 23.September ist um 3.04 Uhr die zweite Tagundnachtgleiche des Jahres und die Möglichkeit der nächtlichen Beobachtung erhöht sich nach und nach wieder auf mehr als 12 Stunden.
In den tiefsten Fernen unseres Sonnensystems gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Die Ursache liegt zum Teil darin, dass auch viele Jahre nach dem direkten Vorbeiflug der Raumsonden noch Bilder ausgewertet werden. Die ungeheure Datenflut bringt dies mit sich: Nach und nach werden die Daten geordnet, aufbereitet und analysiert. Erstmals geschah eine solche „Spätauswertung“ bei den immer mit Spannung erwarteten Bildern, welche die Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 abschickten, während dem Vorbeiflug an allen vier Gasplaneten. Während der direkten Passage dieser Planeten und deren Monde ist keine Zeit für Übertragungen, denn Bild auf Bild war zunächst zu speichern. Erst in den teilweise bis zu vier Jahren dauernden Passagen zwischen den Himmelskörpern wurden die Speicherinhalte zur Erde gefunkt. Ein äußerst kompliziertes Verfahren, wenn man bedenkt, dass ein Computer der 3.86er Baureihe an Bord ist und die Sendekapazität der Antenne gerade einmal 12 Watt beträgt.
Etwas besser ausgestattet ist die im Jahre 2006 gestartete Raumsonde New Horizon, Auch ihre Datensätze stellen nach der Decodierung die Grundlage einer weitgefächerten Feldforschung für viele Jahre dar. So ist es nicht verwunderlich, dass sieben Jahre nach dem direkten Vorbeiflug beim Zwergplaneten Pluto jetzt eine Forschergruppe um Kelsi Singer vom Southwest Research Institute in Boulder (Colorado) eine sensationelle Entdeckung verkündete. Immerhin ist Pluto vierzig Mal weiter von der Sonne entfernt als unsere Erde. Trotzdem konnte nun erstmals Kryovulkanismus nachgewiesen werden. In Kosmos 98 war beschrieben worden, dass der kleine Saturnmond Enceladus eifrig Eis spukt. Eine Erklärung dafür ist die Gezeitenreibung des kleinen Mondes während seines Umlaufes um den Ringplanten. Für Pluto gibt es diese Erklärung nicht, denn der Himmelskörper bewegt sich einmal in 248 Jahren um unsere Sonne und hat selbst fünf Monde, die ihn auf unterschiedlichen Bahnen umrunden. Es stellt sich also die Frage, welche inneren Energien bei Temperaturen von unvorstellbar kalten -210° C wirken. Was bringt und hält diese Eisbewegungen in Schwung? Hat Pluto in seinem Inneren noch Wärme aus seiner Entstehungszeit gespeichert oder kann er sogar selbst Wärme erzeugen? Die Forscher stehen vor einem Rätsel. Fest steht jedoch, dass in der Nähe der bis zu sieben Kilometer hohen Berge Piccard Mons und Wright Mons Eis ausgetreten ist oder dies möglicherweise sogar noch immer der Fall ist ( https://www.sueddeutsche.de/wissen/astronomie-pluto-vulkane-zwergplanet-1.5556886). Es gibt Hinweise darauf, dass riesige Mengen von Stickstoff-Eis sich von den Bergeshöhen hinab in die rund 1000 Kilometer große Tiefebene Sputnik Planitia gewälzt haben, um sich dort großflächig anzusammeln.
Doch zurück zur Sonde New Horizon, denn die ist immerhin das schnellste bisher von Menschenhand entwickelte Flugobjekt, welches das Sonnensystem verlässt. Mit einer Geschwindigkeit von 16,21 km/s jagt sie hinaus in die Fernen des Alls. Schon nach knapp 14 Monaten passierte sie den Gasriesen Jupiter mit einem sogenannten Swing-by-Manöver. Dieser physikalische Effekt der Schwerkraftumlenkung erzeugte eine weitere Erhöhung der Geschwindigkeit auf 83.600 Kilometern pro Stunde.
So dauerte es bis zum fernen Pluto nicht einmal zehn Jahre. Vor wenigen nun Tagen konnte sie die magische Grenze von 50 Astronomischen Einheiten erreichen (https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/von-meteoriten-bis-kleinplaneten/new-horizons/). Zum Vergleich: Unsere Erde bewegt sich im Mittel 150 Millionen Kilometer entfernt von der Sonne und diese Distanz wird als eine Astronomische Einheit (1AE) bezeichnet. Trotz dieser hohen Geschwindigkeit wird es noch sehr lange dauern, bis New Horizon das derzeit am weitesten entfernte Flugobjekt Voyager 1 (momentaner Abstand zur Sonne 157,3 AE) „einholen“ wird. Erst im Jahre 2170 wird dies der Fall sein.
Den absoluten Rekord für kosmische Geschwindigkeiten halten allerdings Raumsonden, die unser Sonnensystem nicht verlassen. Ganz im Gegenteil umlaufen sie unser Zentralgestirn auf extrem schnellen Kepler-Ellipsen. Hier ist die Parker Probe Sonde absoluter Spitzenreiter. Mit fast 700.000 Kilometern pro Stunde wird sie am Heiligabend 2024 den sonnennächsten Punkt passieren und der Sonnen so nah kommen, wie noch nie ein anderer Himmelskörper. Noch ein Vergleich zum Abschluss: Mit der oben genannten Geschwindigkeit der Sonde könnte man die Distanz Berlin - New York in knapp 40 Sekunden überwinden. In unserer eigenen Galaxis kommen wir natürlich mit diesem „Schneckentempo“ nur sehr langsam voran. Reisezeiten von mehr 100.000 Jahren zu den nächsten Sternen wären einzuplanen.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Montag 01.08.2022
106. Einem lauerndem Paparazzi nicht ganz unähnlich
Bilder
EsWa, Galaxien 125, Digital, 140 x 140, 2022
Der Sommersternhimmel bietet am Abend einen wunderschönen Anblick. Eine der wohl eindruckvollsten Konstellationen findet man leicht neben dem sehr hellen Stern Arktur im Sternbild Bootes. Dort stehen gleich sieben Sterne in einer bogenförmigen Aufreihung, die als Sternbild Nördliche Krone (lat. Corona borealis) bekannt sind. Wie ein Juwel funkelt dabei der hellste unter ihnen. Daher ist auch sein Name Gemma (lat. Edelstein) leicht nachvollziehbar.
Für den morgendlichen Beobachter hält der August ein besonderes Planetenspektakel bereit. Wie auf einer Perlenschnur aufgereiht, kann man (von Ost nach West) die Planeten Venus, Mars und Jupiter bestaunen. Zum Monatsende gesellt sich dann noch der abnehmende Mond sehr dekorativ dazu.
Selten hat es in der Gemeinde der Astronomen so viel Vorfreude auf die ersten Bilder des neuen James Webb Space Telescope gegeben wie zu Beginn des vergangenen Monats Juli. Natürlich war diese Spannung auch ordentlich angeheizt worden, denn bereits im März hatte ein erstes Bild, das eigentlich nur die Schärfeeinstellung der verschiedenen Spiegel dokumentieren sollte, bei den Enthusiasten für einen ersten Wow-Effekt gesorgt (siehe Kosmos 103).
Knapp eine Woche vor der Erstveröffentlichung der ersten Farbbilder wurde dann noch geschickt ein zweites Bild der staunenden Öffentlichkeit präsentiert: Die eigentlich nur für die präzise Ausrichtung auf das Zielobjekt zuständige Optik hatte sich 36 Stunden lang auf einen einzigen Himmelsauschnitt in der Nähe eines Sterns konzentriert, der nicht einmal mit bloßem Auge zu sehen ist. Dieses Verfahren verdeutlicht, dass das neue Weltraumteleskop gegenüber der alten Variante einen großen Vorteil hat: Während das Hubble-Space Telescopes während seiner Aufnahmesequenzen beständig nachjustiert werden muss, da es sich einmal in 90 Minuten um die Erde bewegt, steht das James Webb Space Teleskop quasi wie ein stundenlang auf der Lauer liegender Paparazzi auf seinem Beobachtungspunkt L 2. Dies ist einer der insgesamt fünf Lagrange-Punkte. Der italienische Astronom Giuseppe Lagrangia (später in Frankreich Lagrange genannt) hatte um 1800 berechnet, dass in diesen fünf Punkten die Anziehungskräfte von Sonne und Erde auf einen dort befindlichen Körper gleichgerichtet sind.
Zurück zum Teaser-Bild: Der Stern 2MASS 16235798+2826079 überstrahlt im rechten Bildrand durch seine zackenförmigen Beugungsmuster einen Teil des Bildes. Die eigentliche Sensation des Bildes ist aber, dass man mit dieser Langzeitbelichtung so tief wie noch nie ins All geschaut hat. Es wurden dadurch logischerweise Objekte sichtbar, die bisher noch völlig unbekannt waren. Wahre Massen an extrem weit entfernten Galaxien sind erkennbar und beherrschen das Bild. Mit viel Glück zählte man ein Dutzend zu unserer eigenen Milchstraße gehörenden „Zackensterne“, heraus, doch die Anzahl der Galaxien geht in die Hunderte. Lässt sich vielleicht schon aus diesem Testbild herauslesen, dass es dort draußen mehr weit entfernte Galaxien gibt als Sterne in unserer eigenen Milchstraße. Hierbei ist zu erwähnen, dass auch diese Zahl immer konkretere Ausmaße annimmt, denn der Zensus der Sterne unseres eigenen galaktischen Systems wird von der Raumsonde GAIA immer weiter vorangetrieben (siehe Kosmos 93). Der gerade veröffentlichte 3.Katalog verweist darauf, dass ungefähr 175- 225 Milliarden Sterne um das Zentrum unserer Milchstraße kreisen. Doch das erwähnte Testbild legte nahe, dass da draußen möglicherweise bis zu 1 000 000 000 000 Galaxien existieren. Eine Billionen -das hieße gleichzeitig, dass man die Lehrbücher erneut umschreiben könnte.
Dann kam aber mit dem 12.Juli der entscheidende Tag für die Veröffentlichung der allerersten Farbbilder. Unter absolutem Stillschweigen waren diese in den vorhergehenden Wochen und Monaten minutiös herausgefiltert wurden.
Eine Panne wie vor drei Jahrzehnten bei der Veröffentlichung der ersten Fotos des Hubble-Space-Telescopes wollte man sich nicht leisten. Damals hatten Unkorrektheiten beim Spiegelschleifen zu absolut unscharfen Bilder geführt. Mehrere finanziell aufwendige Missionen mit dem Space Shuttle waren damals notwendig, um dem Prestigeobjekt der astronomischen Feldforschung quasi eine Brille zu verpassen, die übrigens in Deutschland angefertigt wurde. Seit dem die NASA im Dezember 1993 mit den Worten „The troubble with Hubble is over“ den Erfolg der einzigartigen Reparaturen im Erdorbit verkündet konnte, arbeitet das Instrument nahezu einwandfrei. Die fast dreißig Stunden Außeneinsatz der Astronauten hatten sich überaus gelohnt, denn eine ungeheure Anzahl an faszinierenden Bildern des Universums sind heute verfügbar (https://esahubble.org/images/archive/top100/).
Eine derartige Service-Mission wird es zukünftig für das neue James Webb Space Telescope jedoch nicht geben, denn der bereits erwähnte Lagrange-Punkt 2 ist für ein konventionelles Raumschiff mit mehreren Astronauten an Bord nicht ansteuerbar. Auch existiert so ein „Space Ship“ in dieser Form nicht, denn aktuellen Konstruktionen sind für einen erneuten Flug zum Mond in der Erprobung.
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass das neue Super-Teleskop vor seinem „First Light“ ausgiebig getestet und kalibriert wurde. Hierbei galt es sogar ein Spiegelsegment neu auszurichten, da es Anfang Juni von einem Mikrometeoriten getroffen wurde. Derartige Zwischenfälle sind natürlich auch in der Zukunft nicht auszuschließen und stellen eine nicht zu vernachlässigende Gefahr für das 10 Milliarden Dollar teure Projekt dar.
Am 12.7. um 16.30 Uhr MESZ war es dann endlich soweit. Die (astronomisch interessierte) Welt hielt den Atem an. Als die ersten Bilder dann endlich präsentiert wurden, kam man aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Bleibt zu hoffen, dass das JWST- wie es zukünftig wohl kurz und bündig bezeichnet wird- noch viele eindrucksvolle Bilder, verbunden mit einer hohen wissenschaftlichen Ausbeute, zur Erde senden wird und von unvorhersehbaren Treffern verschont bleibt.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Freitag 01.07.2022
105. Dantes Inferno auf WASP-76 b
Bilder
EsWa, Galaxien 124, Digital, 130 x 110, 2022
Das Sommerdreieck, welches die drei hellen Sterne Atair (Adler), Deneb (Schwan) und Wega (Leier) bilden, sind die auffälligsten Himmelsobjekte des abendlichen Himmels im Juli. Hoch oben in Zenitnähe sind sie kaum zu übersehen. Möchte man jedoch eines der schönsten Sternbilder des Sommerhimmels sehen, so ist unbedingt der freie Blick Richtung Süden gefragt. Dort steht gegen 23 Uhr das Sternbild Skorpion mit seinem prachtvollen Hauptstern Antares. Es handelt sich hierbei um einen deutlich rot schimmernden Sternengiganten in 600 Lichtjahren Distanz. Der auch als Alpha Scorpii bezeichnete Rote Riesenstern ist fast 1000mal so groß wie unsere Sonne und kann in ungefähr 20 bis 25 Grad Höhe bewundert werden.
Wesentlich flacher stehen dagegen die Planeten. Ihre Sichtbarkeit im Südosten ist nach wie vor auf die morgendlichen Stunden vor der Dämmerung beschränkt.
Gibt es nun acht oder neun Planeten in unserem Sonnensystem? Seit fast zwei Jahrzehnten streiten sich die Astronomen, denn Pluto wurde auf der Konferenz der Internationalen Astronomischen Union (IAU) im Jahr 2006 der Planetenstatus aberkannt – mit knapper Mehrheit. In die Lehrbücher fand so eine neue Einteilung in Gesteins-, Gas- und Zwergplaneten Einzug. Pluto ist nun der größte Himmelskörper unter den Zwergplaneten, Jupiter der Gasriese und unsere Erde der größte Planet als fester Begleiter der Sonne.
Heute geht eine Vielzahl von Wissenschaftlern davon aus, dass die Planetenbildung bei ungefähr 90 Prozent aller anderen Sterne in der Milchstraße die Normalität darstellt und somit solare Einzelgänger eher die Seltenheit sind. Da liegt es nahe, dass man nach diesen „Exoplaneten“ Ausschau hält. Vor nunmehr 27 Jahren wurde die Jagd eröffnet und es gab tatsächlich von Anfang an große Erfolge. Für die Entdeckung des ersten Exoplaneten 51 Pegasi b bekamen 2019 Michel Mayor und Didier Queroz den Nobelpreis für Physik zugesprochen (siehe Kosmos 63).
Zu Beginn des Jahres 2022 wurde nun eine neue Rekordmarke geknackt: Die Entdeckung des Exoplaneten Nr. 5000 konnte vermeldet werden. Schon jetzt können sich die Ergebnisse der Exoplaneten-Suche sehen lassen, denn eine Vielzahl von exotischen Welten wurden durch die verschiedensten Methoden erfasst.
Für die Astronomen sind natürlich jene Planeten besonders interessant, die unserem eigenen Heimatplaneten ähneln. Voraussetzung dafür ist jedoch der ideale Abstand zum jeweiligen Zentralgestirn, der als habitable Zone bezeichnet wird. In unserem eigenen Sonnensystem erfüllt nur unser blauer Planet dieses Kriterium, denn die fast gleichgroße Schwester Venus ist zu nah an der Sonne und ihre Durchschnittstemperatur zu hoch, während der kleine Bruder Mars zu weit entfernt und viel zu kalt ist. Nur die Erde besitzt relativ geringe Schwankungen in der Temperatur und das reichlich vorhandene Wasser ist daher vorwiegend in flüssiger Form anzutreffen.
Genau nach diesen Merkmalen sucht man auch bei den Exoplaneten weit ab von unserem Mutterstern. Doch die Ergebnisse sind eher ernüchternd: Bei den mittlerweile 5000 Kandidaten konnten gerade einmal ein rundes Dutzend dieser „Exoerden“ nachgewiesen werden.
Doch diese erdähnlichen Himmelskörper in vielen Lichtjahren Entfernung können leider nicht zu 100% der Erde gleichgestellt werden, denn wenn es die eine oder andere Abweichung von den Idealwerten gibt, kann man nicht eindeutig von einem Zwilling unseres Planeten sprechen. Am nächsten kommt diesem Anspruch noch Kepler 452 b im Sternbild Schwan, der in 1400 Lichtjahren Entfernung beständig um seinen Stern kreist. Für die Umrundung wurden 385 Tage gemessen. Damit braucht er nur 20 Tage mehr als unsere Erde auf ihrer Ellipsenbahn. Es gibt noch weitere Ähnlichkeiten: Seine Sonne, genannt "Kepler-452", ist etwas heller, größer und älter ist als unsere Sonne. Sie sorgt dafür, dass die Temperaturen auf dem Planeten Kepler-452 b flüssiges Wasser als Grundvoraussetzung für Leben zulassen würden, wenn es denn eines Tages nachgewiesen werden kann. Sollte dies der Fall ist, könnte man von einem etwas älteren und größeren Cousin der Erde sprechen.
Ein anderer Kandidat mit dem Namen LHS 3844 b scheidet nach neusten Erkenntnissen aus der Gruppe erdähnlicher und lebensfreundlicher Exoplaneten aus: als bisher einziger Gesteinsplanet außerhalb des Sonnensystems besitzt er keine nachweisbare Atmosphäre. Da LHS 3822 b in nur 11 Stunden seinen Stern umrundet, wird dieser die Lufthülle höchstwahrscheinlich weggeblasen haben.
Für die Astronomen steht nach knapp drei Jahrzehnten der Suche im All allerdings fest, dass die Mehrzahl der gefunden Exoplaneten sogenannte Super-Jupiter-Planeten sind. Das sind Himmelskörper, die viele übereinstimmende Merkmale mit unserem Gasriesen Jupiter haben. Der große Unterschied besteht darin, dass sie fünf bis zehn Mal so groß wie unser Jupiter sind und somit wahre Planetengiganten darstellen.
Die außergewöhnlichsten Exoplaneten sind den Forschern erst in den letzten Monaten näher aufgefallen. Nach der Auswertung aller vorhandenen Daten stand zum Beispiel fest, dass es auf dem Exoplaneten HD189733b Glas regnet, unter bestimmten Windbedingungen sogar seitwärts. Noch ungewöhnlicher geht es auf WASP-76 b zu. Auf dem 390 Lichtjahre entfernten Planeten im Sternbild Fische ist es mit bis zu 2400 °C derart heiß, dass es auf der Tagseite kleine Eisentröpfchen regnet. Das Besondere daran ist allerdings, dass WASP-76 b eine gebundene Rotation besitzt. Das wiederum bewirkt, dass seine Tagseite immer dem Mutterstern WASP-76 zugewandt ist. Die dunkele Nachtseite hingegen ist immer abgewandt und damit wesentlich kälter. Die Temperaturunterschiede von mehr als 1000 °C verursachen heftige Winde, die ihrerseits den heißen Eisenregen vor sich hertreiben: Eine wahre Gluthölle, die Dantes Inferno recht nahekommt.
Entdeckt wurden diese Phänomene übrigens mit dem neuen Instrument „Espresso“ (Echelle SPectrograph for Rocky Exoplanets and Stable Spectroscopic Observations) am VLT (Very Large Telescope) der ESO (Europäisches Südobservatorium) in der chilenischen Atacama-Wüste. Dahinter versteckt sich keine neuartige Kaffeemaschine, sondern ein ausgetüfteltes spektroskopisches System, mit dem erstmals die chemischen Veränderungen in der Atmosphäre eines extrem heißen Super-Jupiter-Planeten nachgewiesen werden konnten.
Die Beobachtungstechnik des in der Erdumlaufbahn stationierten Kepler-Teleskops, mit dem übrigens mehr als 4000 Exoplaneten entdeckt werden konnten, ist unlängst so optimiert worden, dass in der Nähe des Exoplaneten Kepler-1708 b der erste Exomond nachgewiesen werden konnte. Allerdings ist zu erwähnen, dass dieser „Exotrabant“ 2,6 mal so groß wie unsere Erde bzw. 10 mal so groß wie unser Erdmond ist.
Wenn man nun noch bedenkt, dass bis zum Jahr 2026 mit ARIEL (Atmospheric Remote-sensing Infrared Exoplanet Large-survey) und PLATO (PLAnetary Transits and Oscillations of stars) zwei weitere Satelliten mit ihren spezifischen Beobachtungsprogrammen zur Identifizierung weiterer ferner Welten in Dienst gestellt werden, sind die bisherigen Erkenntnisse vielleicht erst der Beginn einer neuen Forschungsära der modernen Astronomie.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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